Tanz auf dem Vulkan: Große Weine aus Lanzarote | BISS

Kategorie | 2023, Aktuelles, Dezember 2023

Tanz auf dem Vulkan: Große Weine aus Lanzarote

Lanzarote Tanz auf dem Vulkan - 1 (3)

Die Avantgarde-Winzer: Titerok Akaet und Puro Rofe

 

Lanzarote wird immer mehr zur Wein-Destination

 

Von Ludwig Fienhold

Der Wein auf Lanzarote ist ein einzigartiges Naturereignis. Er wächst in Vulkantrichtern unter extremen Bedingungen und muss ungestümen Winden und großer Trockenheit trotzen. Wir kennen Lanzarote und seine spannende Weinwelt seit sehr vielen Jahren. Der geniale „Inselkönig“ César Manrique konnte uns in seinem Haus seinerzeit nur mit einem Süßwein begrüßen, trockenen Malvasia gab es nicht. Heute sind die Inselweine so vielfältig und faszinierend wie nie zuvor. Das haben auch zwei der wichtigsten deutschen Weinhändler erkannt (Lobenberg und Wein am Limit) und sich gleich Flaschen der besten Erzeuger an Land gezogen: Puro Rofe und Titerok Akaet, die Avantgarde-Weingüter von Lanzarote.

Das Naturschutzgebiet La Geria auf Lanzarote ist die größte Weinbauregion der Kanaren, das Museum of Modern Art in New York erklärte es in den 60er Jahren zum Gesamtkunstwerk. Kaum sonst auf der Welt wird der Wein auf solch ungewöhnliche Art erzeugt. Die Reben wachsen in Trichtern aus Vulkanasche. Tagsüber sind sie ein Wärmespeicher, nachts nehmen sie Feuchtigkeit auf. Das Wasser bringt Leben in die Reben und die dauerhafte Trockenheit der Insel. Die meisten Winzer sind recht alt und der Nachwuchs will meist mit anderer Arbeit Geld verdienen. Die junge Avantgarde aber will das einzigartige Trinkkulturerbe nicht aufgeben und stürzt sich geradezu tollkühn in die harte Arbeit.

Puro Rofe

Der Rotwein von Puro Rofe nennt sich treffend: Reine Asche. Beim Tinto Soco aus der kanarischen autochthonen Rebsorte Listán Negro glaubt man, der Winzer habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Vulkan-Asche, Schwefel, Kaminfeuer, flüssiges Magma brodeln den Geschmack hoch. Mehr Teer als jeder Barolo. Ungewöhnlich wild, herb und doch aromatisch. Mehr Lanzarote ist in keiner Flasche.

Soco – so heißen die windschützenden Mauern aus Lavabrocken um die Vulkantrichter – nennt sich die preiswertere und doch sehr anspruchsvolle Wein-Linie von Puro Rofe, ein famoses Trio aus Blanco, Rosado und Tinto. Alle top.

Der Rosado ist von saftiger Süffigkeit und hinterlässt jene schöne und animierende Salzspur, die typisch für die meisten guten Weine der Insel ist, aber besonders charaktergebend für die Spitzen von Puro Rofe. Der Blanco steigert mit seiner straighten kühlen Frische den Trinkfluss und gehört mit seiner kreidigen Mineralität zu den richtig trockenen Inselweinen. Ein vulkanischer Chablis, aber einer von den besten.

Die anderen großen Weine von Puro Rofe sind noch ein wenig spezieller und tragen oft die Namen der jeweiligen Rebflächen wie Masdache, Chupadero oder Juan Bello, um das Terroir zu betonen. Die Weißweine werden geprägt durch eine salzige Meeresbrise, Vulkangestein, präzise Säure und packende Mineralität. Man sollte sie grundsätzlich 20 Minuten vor dem Trinken öffnen (oder dekantieren), der Juan Bello Blanco braucht zumindest eine halbe Stunde Sauerstoffzufuhr, um ihn zum Leben zu erwecken. Aber dann zeigt er sich in seiner ganzen Größe, Dichte und spannenden Aromatik. So aufregend und vielschichtig sind nur die wenigsten Weine der Insel. Mit 600 Flaschen äußerst limitiert, wie alle Weine von Puro Rofe.

Das außergewöhnliche Weinprojekt Puro Rofe wurde vom Weinberater und Weinhändler Rayco Fernandez und dem Weinmacher Carmelo Peña ins Leben gerufen, die mit den lokalen Bio-Winzern Rafael Mota, Vicente Torres und Ascensión Robaina ihre Vision von einem echten Lanzarote-Wein 2017 starteten und 2018 ihren ersten Jahrgang präsentierten. Sie traten an, um ganz eigene individuelle Weine zu erzeugen, die den Charakter von Lanzarote spiegeln und dessen Seele einfangen. Sie wollten keine Souvenirweine für Touristen machen, wie es sie schon genug gibt, sondern authentische Terroir-Tropfen.

Carmelo Peña hat unterdessen nach vier Jahren Puro Rofe ein neues Projekt gestartet (siehe BISS-Artikel „Neues Weingut auf Lanzarote). Er und sein ehemaliger Partner Rayco Fernandez haben sich überraschend und unversöhnlich getrennt.

Titerok Akaet

Marta & Juan von Titerok Akaet

Ein ähnliches Qualitätsstreben mit der Betonung auf das ungewöhnliche Biotop strebt auch das kleine Weingut Titerok Akaet seit dem ersten Jahrgang 2017 an, wobei es zu anderen Ergebnissen und einer anderen Stilistik führt. Es sind zu 100% Terroir-Weine, bei denen jede Parzelle und ihre unterschiedliche Beschaffenheit ausgelotet werden. Titerok Akaet setzt voll und ganz auf heimische Reben.

Marta Labanda und ihr Partner Juan Daniel Ramirez sind sensibel, feinsinnig und doch von kraftvoller Energie. Genau das macht auch ihre Weine aus. Ihnen mutet etwas Burgundisches an, Ruhe und Ausgeglichenheit, zarte Cremigkeit und Finesse. Die Weine sind puristisch, unverfälscht und alles andere als geschminkt. Eine anregende Salzigkeit und diskrete Kräuterdüfte durchzieht das gesamte Repertoire. Die Weine basieren meist auf den Rebsorten Malvasia Volcanica, Listan Blanco und Diego. Es gibt keine Weinberge wie bei uns. Die Anbauflächen sind klein und verteilen sich. Es sind kaum mehr als Parzellen mit Weinen, die aus den Vulkanaschelöchern kriechen. Teilweise wurzelechte Reben von 100 und sogar 200 Jahren. Bei einem solch phänomenalen Naturereignis wie man es auf Lanzarote vorfindet, sehen sich Marta und Juan der biologischen Bewirtschaftung verpflichtet. Der Ausbau erfolgt in Holzfässern, großen Glasballons und Amphoren.

Marta & Juan mit Susanne (Mitte) von der wunderbaren Weinbar Sede in Playa Honda

Der Malvasia Finca Guatisea 2022 von Titerok Akaet, schmeckt trotz seiner Salzigkeit wie keiner sonst auf der Insel. Es ist ein leiser Wein mit leichter Würze und taktvollen Aromen von Grapefruit, Quitte, Melone und Apfel. Es ist aber die ruhige gentile Haltung, die ihm Würde und Statur verleiht. Saftiger angenehmer Trinkfluss, ohne die Spur eines Folklore-Zechers. Braucht eine halbe Stunde bis er sich offenbart. Es gibt nur 374 Flaschen, lediglich 177 schafften es nach Deutschland.

Der Akaet Paraje 2021, eine Cuvée aus Malvasia, Diego, Listan Blanco und Listan Negro, ist ebenfalls sehr geschmeidig. Getrocknete Kräuter, praller Apfel, ein Hauch Holz- und Waldduft. Dicht und ergreifend, satt und schlank dabei. Ein Stück Burgund auf Lanzarote. Aber immer mit dieser betörenden salzigen Meeresbrise.

Noch schlanker ist der Volcan de la Corona aus 100% Listan Blanco. Er wird in korbumflochtenen 54-Liter-Glasballons vergoren. Frische Brise im Glas, Grapefruit und Zitrus. Knackig-saftig wie ein guter Riesling, aber nicht so nervös. Sehr limitierte Produktion von wenigen hundert Flaschen.

Die frische und leicht prickelnde Art vom Barranco del Obispo macht ihn vielleicht noch freundlicher als die anderen Weine von Titerok Akaet. Die ultrafeine Kohlensäure ist der Maceration semi-carbonique in gebrauchten Kastanienholzfässern zu verdanken, die auch die Frucht betont, ohne dabei laut zu werden.

Egal zu welche Flasche man bei Titerok Akaet greift, man hat es immer mit einem sehr persönlichen Wein zu tun, der die Liebe ausstrahlt, die ihm bei der Entstehung zuteil wurde. Welch ein schöner Name: Titerok-Akaet nannten die Ureinwohner die feuerroten brennenden Berge des Timafaya-Vulkans. Heute ist daraus eine brennende Leidenschaft geworden.

Fotos; Barbara & Ludwig Fienhold, Titerok Akaet

Wein am Limit, www.weinamlimit.de

Titerok Akaet

Lobenberg, www.gute-weine.de

Puro Rofe

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