Die lustigste Lokalmeile von Frankfurt | BISS

Die lustigste Lokalmeile von Frankfurt

Walden

Schlemmen, nippen, flirten in der Weißadlergasse

 

Die Weißadlergasse plus Appendix Salzhaus ist ein zentrales munteres Ausgehrevier mit enormer Kneipendichte. Hier residiert ganz in der Nähe des Goethehauses das sympathische Restaurant Medici, der legendäre Musik-Club Cooky´s, das schmusige Bistro Dichtung & Wahrheit, der Szene-Treff Walden, das Wohnzimmerlokal The Place to be mit benachbarter Suppenküche, die Tex-Mex-Kneipe Tequila, der Stullen-Imbiss Brot und seine Freunde, das schlurfige Café Karin, der rustikale Österreicher Salzkammer und das neue und sehr nette Café Roseli.

Semra Dimant vom Roseli

Ein schönes und gutes Café hat bislang in dieser Straße, die im Grunde nur aus Lokalen besteht, gefehlt. Dies haben die Betreiber des neuen Lokals Roseli gemerkt und eine Lücke genau damit geschickt gefüllt. Was dort geboten wird, zudem noch fast durchgehender Qualität, macht Freude. Die Bohemien-Hinterhof-Atmosphäre ist sympathisch, es geht sehr lässig und ohne jede Wichtigtuerei zu, die sonst in der Stadt ja gerne mangels Professionalität aufgesetzt wird. Der Service ist unkompliziert und sehr bedacht, was bei jungen Menschen in diesem Gewerbe eher selten ist. Man sitzt auf kleinen Kaffeestühlen oder hellen Bierbänken, die Terrasse grenzt unmittelbar an das benachbarte Lokal Salzkammer. Die Idee der leckeren Kleinigkeiten wird in diesem Lokal gut umgesetzt. Oft will man ja nicht mehr als einen soliden Cappuccino und ein leckeres Croissant – beides bekommt man hier in guter Qualität. Der Kaffee der Marke Gorilla ist gut und wird auch anständig zubereitet, das saftig-buttrige Croissant auf Wunsch erwärmt. Damit könnte man schon glücklich sein, doch es gibt noch mehr. Neben Weinen und Prosecco auch frisch gepresste Säfte. Keine Selbstverständlichkeit. Die Paninis und Wraps, allesamt hausgemacht, fallen tadellos aus. Hervorragend aber sind die hausgemachten Kuchen und Tartes. Apple-Cramble und Käsekuchen sollte man nicht versäumt haben, hier versteht einer vorzüglich sein Handwerk. Alles wird täglich frisch zubereitet. Vieles gibt es auch lactosefrei (Kaffee-Spezialitäten, Tartes, Sandwichs). Aus dem Stand heraus gehört die Café-Bar Roseli jedenfalls zu den liebenswertesten Adressen der Stadt.

Betrieben wird das schnuckelige Roseli von der aparten Semra Dimant (31), die schon immer von einem eigenen Café träumte. Bislang jobbte sie neben ihrem Jurastudium in verschiedenen Lokalen und entdeckte dabei, dass sie „lieber hinter dem Tresen als vor Gericht stehen würde“. In nur wenigen Wochen hat Semra Dimant mit ihrem kleinen Lokal wahrhaftig eine Wohlfühl-Oase geschaffen. Der Name „Roseli“ setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von Semra, ihrem Mann und ihrem besten Freund zusammen – Ronen, Semra, Liran. Eröffnet hat es Semra allerdings allein. Viele Gäste nennen sie nicht bei ihrem richtigen Namen, sondern sagen lieber „Roseli“.

Einige Meter weiter begegnet man einer Legende. Das Cooky´s ist einer der ältesten Musikclubs in Frankfurt und wurde 1978 von Volker „Cooky“ Dahl gegründet, einer mehr als phosphorisierenden Person. Das erste Konzert von Fanta 4 fand im Cooky´s statt. Tocotronic, The Goe Betweens und The Housemartins standen hier ebenfalls auf der kleinen Bühne, während Mick Jagger und Madonna sich als reine Partygäste amüsierten. Vor allem aber die Mischung der Besucher war einmalig, der Frankfurter Flaneur, Maler und Autor Peter „Hamlet“ Kuper zählte zu den Stammgästen. Achim Straßburger, der den Club nach dem frühen Tod von Cooky Dahl 30 Jahre lang führte und zeitweise sogar ganz gutes Essen anbot, übergab die Geschäftsführung längst an seinen Schwiegersohn Zoran Mamic. Der vor gut zwei Jahren totalrenovierte Musikclub hat seine Patina verloren und ist kein Platz mehr für die Veteranen, jetzt gehört man schon mit 40 zu den Greisen. Das ziemlich gleichgültig gestaltete Café Karin ist seit eh Lieblingsplatz derer, die sich über ihr Outfit ebenfalls keine Gedanken machen und bevorzugt mit dem Rad und dem Kinderwagen anfahren. Lobenswert: Es gibt frisch gepressten Karottensaft. Damit ist man auch besser beraten als mit den Weinen des Lokals. Leckeres bietet die Konditorei und Chocolaterie von Jochen Opitz nebenan, der aber wegen der Ausbreitung des Café Karin keine Tische vor die Tür stellen darf, während das Café Karin seinen Vorplatz gleich mit besetzt hält. Wie sozial ist das denn?

Szenetreff Walden

Das Walden gegenüber ist Teil eines Parkhauses – und ein Phänomen. Das Angebot an Speisen und Getränken ist bescheiden (immerhin guter Wacker-Kaffee), die Einrichtung gleicht der einer Krabbelstube. Was also ist das Geheimnis des Erfolgs? Die Terrasse liegt so dicht an der Straße, dass man sich den Kaffee unfreiwillig mit Auspuffgasen aufspritet. Doch dürfen die Männchen unter den Gästen so oft um das Lokal fahren, bis jeder ihre tollen Autos gesehen haben. Das libertine Ausgehvolk mag jedenfalls das Walden – die Gästemischung ist alles andere als langweilig, der Service sehr nett. Das Lokal Walden hat jedenfalls einen hohen Flirtfaktor. Die bunten Terrassen-Schirme und die Gäste selbst – mehr Geheimnisse gibt es nicht ums erfolgreiche Walden? Ein wenig mehr schon: Den Chef Thomas Klüber mögen auch viele, denn der besitzt ein gutes Händchen für Gastronomie und Gäste und hat über viele Jahre immer wieder besuchenswerte Adressen aufgebaut. Er führte einst auch ebenso erfolgreich das gastronomisch in jeder Hinsicht bemerkenswerte Lokal Lounge gegenüber, das zuvor Bratwurstglöckle hieß und zu den berühmten Spießerlokalen der Stadt gehörte, bis Klüber daraus etwas Flottes machte. Aus der munteren Lounge wurde dann die etwas tröge Gaststätte Binding am Goethehaus, die man am liebsten schon wegen des dämlichen Namens gemieden hätte. Doch der Betreiber Walter Barth gehört nun mal zu den Netten in der Szene und deshalb schleppte man sich dann doch immer wieder mal hin.

Das Lokal musste letztes Jahr wegen eines Wasserschadens schließen. Es wurde als Salzkammer wieder eröffnet und bietet jetzt  traditionelle und moderne Alpenküche an. Walter Barth (aus Salzburg) und sein Sohn Michael (aus dem Salzkammergut) haben die Gelegenheit genutzt, um mit neuem Konzept und anderem Namen zu starten. Das schwere folkloristische Mobiliar wurde gegen leichteres, modernes und doch ansehnlich zur Küche passend rustikales ausgetauscht. Der Service war schon immer sehr nett hier. Inzwischen ist Günter Brze als Küchenchef mit im Boot. Er hat zuvor im Wessinger in Neu-Isenburg und der Merzenmühle in Langen gearbeitet und steht für eine klare deutsche Basis-Küche. Jetzt kocht er auch Klassiker aus Österreich, was er aber auch schon in der entsprechend ausgerichteten Merzenmühle getan hat. Die Speisekarte vermittelt Lust auf schöne Gassenhauer, etwa hausgemachte Taunus-Wildbratwürste mit Wacholder-Sauerkraut, Preiselbeersenf und Bauernbrot. Das Wiener Schnitzel fällt tadellos aus, wobei es lobenswerter Weise gleich in drei Größen zu haben ist: klein, mittel, groß. Die kleine Portion für 13 € reicht uns völlig. Das ausgelöste Backhendl ist in Frankfurt inzwischen ein Renner, die besten gibt es bei Mario Lohninger, Zarges und der Leiter. Im Lokal Salzkammer ist es von sehr ordentlicher Qualität. Dem Backhuhn und dem Wiener Schnitzel würden am Ende des Backens ein Stück Butter gut tun. Wenn jetzt noch im Sommer ein paar leichtere Gerichte dazukommen, soll es uns sehr recht sein. Im Lokal Salzkammer trinkt man Grünen Veltliner oder Heurigen. Dennoch könnte man die Weinkarte etwas abwechslungsreicher gestalten und mehr als zwei Winzer führen.  

Restaurant Medici

Die anspruchsvollste kulinarische Adresse in der Weißadlergasse bleibt bislang noch das Restaurant Medici. Das Ambiente zeigt lässigen Chic, die Atmosphäre ist entspannt, der sehr freundliche Service gehört zu den angenehmsten in der Stadt. Die Preise wirken äußerst fair, die Küche zeigt seit sieben Jahren gleichbleibend gute Leistungen, vor allem mittags findet man ohne Reservierung keinen Platz. Die Brüder Stamatios und Christos Simiakos haben zwar griechische Wurzeln, sind aber im Bergischen Land, in der Handballstadt Gummersbach aufgewachsen. Sie konnten bei vielen Großmeistern ihrer Zunft Station machen, etwa Alfons Schuhbeck (München) Jörg Müller (Sylt) und Dieter Müller (Bergisch Gladbach). Ihre Küche nennen sie Modern European Cuisine, wobei auch viele asiatische Einflüsse zu spüren sind, was ja durchaus dem zeitgemäßen Stil in ganz Europa entspricht. Vor allem aber merkt man solide handwerkliche Arbeit und eine feinfühlige Geschmacksabstimmung bei den Kombinationen. Die Gerichte sind appetitlich, aber nicht wichtigtuerisch gekünstelt angerichtet. Wie aus unpersönlich internationaler Küche eine individuell kosmopolitische zu werden vermag, demonstriert der Büsumer Krabbensalat an Mango-Chilicoulis mit milder Wassabi-Mousse, eingelegtem Ingwer und weißem Tomatenschaum. Bissfest und bestens balanciert ist das Gericht mit Rigatoni, Garnelen und Kokos-Curry-Sauce. Der Tunfisch wird auf den Punkt mit rosa Kern serviert, der Zander ist perfekt gegart, das Gänseleberparfait zeigt klassische Schule. Das Restaurant Medici ist inzwischen seit Ende Mai geschlossen und unterzieht sich einer gründlichen Renovierung, die vor allem die Küche betrifft. In zwei Monaten soll es Anfang August dann wieder in noch schönerer Form weitergehen.

LF

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