Weitere Schließung im Frankfurter Bahnhofsviertel: Bye Bye Stanley | BISS

Weitere Schließung im Frankfurter Bahnhofsviertel: Bye Bye Stanley

Stanley Diamond

Aus für das beste Restaurant im Problem-Quartier

 

Das beste Restaurant im Frankfurter Bahnhofsviertel, Stanley aka Stanley Diamond, schließt am 1. Oktober. Die Betreiber James und David Ardinast sahen keinen anderen Weg mehr. Die Gründe für das Aus sind ebenso eindeutig wie vielfältig: Die Verelendung des Bahnhofsviertels, Inflation, steigende Energiepreise, Personalkosten, Steuern, hohe Mietpreise, gravierender Personalmangel, der Ausfall an Messegästen.

James Ardinast analysiert: „Seit der Pandemie sehen wir uns mit einer zunehmenden Verrohung konfrontiert, die Drogenkranken werden alleine in ihrem Elend gelassen, Crack hat Heroin längst abgelöst und verursacht Gewalt und Aggressionen. Auch in unserer Straße. Es gibt kaum fühlbare Strukturen, die den Menschen helfen, sie von der Straße zu kriegen. Die Entwicklungen im Viertel führen dazu, dass auch immer mehr Gäste nicht mehr in die Ottostraße kommen, wo das Stanley zu Hause ist.“ Die Stadt ist nach Meinung von Ardinast eine andere als vor Corona. Viele Gastronomen seien auf die großen Messen und Touristen aus aller Welt angewiesen. Mit dem Wegfall vieler Messen habe man jedoch ein wichtiges Gästesegment verloren. Außerdem hat das Restaurant zu wenig Personal aufstellen können, um weiter wirtschaften zu können, neue qualifizierte Mitarbeiter zu finden ist derzeit mehr als schwierig.

Inflation, steigende Energiepreise, Personalkosten, Steuern, hohe Mietpreise: „Selbst mit einem knackig vollen Laden war es schwierig, bei der Qualität, die wir liefern, Gewinne zu machen. Die Kosten sind so hoch, dass wir die Lücken privat nicht immer wiederausgleichen können und wollen“, zieht Ardinast Bilanz. Jeden Monat werde man mit der großen Sorge konfrontiert, ob man überlebe. So ganz loslassen wollen die Ardinast-Brüder aber noch nicht. Das Stanley soll als Marke bestehen bleiben, das Lokal in der Ottostraße zunächst auch noch als Ort für private Feiern, Vermietungen, Pop-Ups. Zudem arbeiten James und David Ardinast an neuen Projekten.

 

Im Bahnhofsviertel ist der Zug abgefahren

 

Erst kürzlich beendete nach nur einem Jahr das Iimori Kaiseki sein Dasein. Die Lage im kaputten Frankfurter Bahnhofsviertel vertrug sich offenbar nicht mit dem hochpreisigen Konzept. Küchenchef Björn Andreas wechselte vom Offenbacher schauMahl nach Frankfurt, das wie von uns berichtet auch gerade schließen und Insolvenz anmelden musste.

Das Frankfurter Bahnhofsviertel versinkt im Sumpf aus Kriminalität, Drogen und Dreck. Vor einigen Jahren sogar von der New York Times als Ausgehrevier gehypt, bangen die Gastronomen inzwischen um ihre Existenz, einige haben sie bereits verloren. In den Straßen breiten sich Müllberge und Gestank aus, Ganoven und aggressive Bettler sind überall präsent. Offenbar nur die Polizei nicht genug. Bürger, Geschäftsleute und Gastronomen fühlen sich von der Politik im Stich gelassen, die trotz der äußerst prekären Situation bislang kein Idee entwickelte, das hochexplosive Milieugemisch zu entschärfen.

Yaldy

Einst waren viele junge engagierte Gastronomen, Barkeeper und Köche angetreten, um das Bahnhofsviertel aufzuwerten. Der immer noch architektonische Prachtboulevard Kaiserstraße bildete dazu die Hauptschlagader, mit vielen pulsierenden Seitenarmen. Einige Lokale zeigen noch immer Flagge, die jedoch weiter auf Halbmast sinkt. Allen voran die lebhafte und flüssig gut aufgestellte Wein & Cocktail-Bar Yaldy und das von den Ardinast-Brüdern betriebene Lokal Bar Shuka mit israelischer Bazar-Atmosphäre und Markt-Küche. Ausgerechnet in diesem dem Untergang nahen Revier hat nun TV-Koch Steffen Henssler ein neues Restaurant eröffnet, das GO by Steffen Henssler mit Sushi, Sashimi & Co. Der Hamburger ist ortsfremd und hat sich wohl nicht gut beraten lassen. Im Frankfurter Bahnhofsviertel scheint der Zug jedenfalls abgefahren zu sein.

Ludwig Fienhold

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