Diese Hinterhof-Hütte
verdient einen Oscar
für schräges Design
Von Ludwig Fienhold
Wir lieben Paläste, aber auch Hütten, wenn sie so fantasievoll gestaltet sind wie die von Suzy. Vor wenigen Monaten eröffnete sie in einem abgerockten Hinterhof in der Uhlandstraße im Frankfurter Ostend ihr abenteuerliches Barbecue-Lokal. Origineller ist kein Zweites in der Stadt und auch nicht in Deutschland. Die Atmosphäre ist so einzigartig, dass sich allein dafür ein Besuch lohnt, aber auch das Essen ist bemerkenswert gut. So ganz nebenbei wird hier ein Trend gesetzt, denn dieses Lokal ist die konsequente Weiterentwicklung und Optimierung der Food Trucks, bei gleichzeitiger Reduzierung von Küche und Service ohne Qualitätsverlust.
Man fühlt sich wie Alice im Wunderland. In jeder Ecke dieser ehemaligen Werkstatt blitzt eine Überraschung auf. Eine Badewanne wird zum Kühlschrank, Türen dienen als Tisch. Normale Gläser gibt es nicht, man trinkt aus Einweckgläsern. Statt Servietten steht eine Küchenrolle auf dem Tisch. Sogar die Toiletten sind sehenswert. Ein bisschen Geisterbahn, ein wenig Trödelmarkt und ein Touch Kunstgalerie. Ein wunderbar verwegenes Gaudium. Suzy hat alles selbst entworfen und zusammengebastelt und hätte dafür einen Preis für originelles Interieur-Design verdient.
In der BBQ Hütte wippt es, Bluegrass, Kansas City Jazz, St. Louis Blues, Musik wie man sie nie bei uns im Radio hört und allein schon deshalb um so begeisterter ist. Dazwischen tönen die Stimmen der einzigen beiden Protagonisten, Suzy röhrt vom Regiesessel an der Bar die Bestellungen zu Will in der Smoker-Küche. Sie erinnert an Janis Joplin, auch vom Phänotyp her. Suzy und Will sind kein Paar, aber ebenso gut eingespielt.
Man kann nicht reservieren und muss sich seinen Platz an Ort und Stelle sichern. Das ist gar nicht schwierig, denn das Lokal ist größer als erwartet. Für ihre amerikanische Fangemeinde und die Ostendler aus der Umgebung ist das neue Lokal ein Highlight, aber die Gäste kommen auch von weiter her – alle verbindet sie die Lust auf Fleisch und diesen wunderbar würzigen Rauch, der nach Abenteuer riecht. Die Pork Ribs St. Louis Cut (half rack 17,50 €, full rack 30 €) sind von außen ziemlich schwarz, aber keineswegs verbrannt, denn so dunkel wird der Rub, die trocken eingeriebene Würzmischung, die aus mehr als einem Dutzend Zutaten besteht. Das Fleisch schmeckt dadurch auf unnachahmliche Weise spicy. Die Schweinerippe ist sehr saftig und zart und fällt beinahe schon von selbst vom Knochen. Ein Erlebnis ist auch der Pork Belly Burnt Ends, der aussieht als käme er aus dem Kohlenkeller. Das Fleisch ist ausgeprochen saftig und zart, über die Kruste fließt ein schöner Karamellgeschmack ein. Es gibt noch einiges mehr zu entdecken, wie das Smoked Beef Brisket oder die Rib Tips (ähnlich wie Spareribs, nur anderer Cut). Die beiden guten Saucen sind hausgemacht und stehen an der Theke in Flaschen bereit, aber man braucht sie eigentlich nicht, denn das schöne Fleisch bietet mehr als genug Geschmack. Als Beilage kann man Cole Slaw, selbstgemachte Pickles oder Smoked Macaroni & Cheese wählen. In Kansas City ist es nichts Ungewöhnliches auch Süßes dazuzuessen, in diesem Fall Suzys Cinamon Rolls.
Einen Service gibt es nicht, die Gäste werfen die Reste in die aufgestellte Tonne am Eingang und ordnen alles andere in die dafür aufgestellten Fächer ein. Sehr ordentlich. Spülen muss hier aber niemand. Es gibt Budweiser Bier und einen französischen Chardonnay im Minifäschchen. Wer einen guten Wein schätzt, sollte ihn sich besser gleich mitsamt einem richtigen Weinglas selbst mitbringen, die 15 € Korkgeld sind es allemal wert, damit man zu diesen Fleischgerichten auch gleich das Passende im richtigen Glas hat.
Suzanne „Suzy“ Günther wuchs in Kansas City und Umgebung auf, ihr dampfender Mitarbeiter Will stammt aus Oregon, wobei der Großvater Deutscher war. Suzy kam der Liebe wegen nach Deutschland und kaufte in Gambach einen Tankstellen-Imbiss, in den nicht lange nach der Eröffnung ein Truck knallte und ihren Takeaway BBQ Shack zerstörte. Ihr Traum löste sich damit noch nicht in Rauch auf, denn sie wurde schließlich in einem Hinterhof im Frankfurter Ostend fündig.
Suzy war auch mal Toningenieurin und hat aus dieser Zeit gute Kontakte zur Musikszene. Nicht ganz zufällig ist ihre struppige Fleisch-Hütte deshalb auch eine Musikkneipe, in der viele spannende Künstler auftreten (siehe Facebook/Instagram). Nicht nur die Frankfurter werden dadurch an die großartigen Zeiten der legendären Musiklokale Zoom und Sinkkasten erinnert.
Photocredit: Barbara Fienhold
Little Suzy´s Smoke Shack BBQ, Frankfurt, Uhlandstr. 44, Tel. 0151 50482954. Keine Reservierungen möglich. Mittwoch bis Samstag 17 – 23 Uhr.
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