Zu hohe Mietforderungen
Neustart in Hofheim
Frankfurt verliert so allmählich seine Wahrzeichen und bekannten Institutionen. Erst den Henninger Turm und das Sudfass und jetzt auch noch die legendäre Konditorei Hollhorst am Römerberg. Im historischen Fachwerkhaus wurde die traditionelle Handwerkskunst wie sonst nirgendwo in der Stadt gepflegt. Es gab dort die allerbesten Kreppel (mit Vanillefüllung), eine erstklassige Bündner Nusstorte oder saftigen Zwetschgenkuchen. Selbst der sonst recht langweilige Frankfurter Kranz schmeckte. Jetzt ist Schluss mit lecker. Der kleine Familienbetrieb, der seit 1930 an dieser Stelle bestand, geht keineswegs freiwillig und konnte sich vor Kunden und Fans kaum retten. Es sind vielmehr neue und als viel zu hoch empfundene finanzielle Forderungen der Vermieterin und ausbleibende Investitionen, die zur Aufgabe veranlassen.
Die Geschichte beginnt im Jahre 1930 als Jean Hollhorst das historische Fachwerkhaus „Haus Wertheym“ kaufte und aus dem Café Keller sein Café Hollhorst machte. Als einziges Fachwerkhaus der Frankfurter Altstadt wurde es nicht von den Brandbomben der Alliierten im Zweiten Weltkrieg zerstört. Nach dem Krieg übernahm Georg Anderlohr das Café, es folgten Sohn Manfred und schließlich Enkel Daniel. Ein ganz besonderer Tag in der Geschichte des Café Hollhorst war der 25. Juni im Jahre 1963, als John F. Kennedy in einer Fahrzeugkolonne am Haus zum nahen Rathaus fuhr – das Bild dazu hängt seitdem neben der Kuchentheke.
1982 fielen die Innensitzplätze einem Umbau zum Opfer, seitdem ist Hollhorst nicht mehr Café, sondern Konditorei. Während die Touristen vor allem wegen Baumkuchen, Frankfurter Brenten oder Bethmännchen in Scharen kamen, schätzten Frankfurter die mit der Saison wechselnden Kuchen und Torten, etwa die gut beschwipste Zuger Kirschtorte. Das vielleicht Größte im Sortiment ist für uns jedoch die geschmeidige Apfelwein-Joghurt-Sahnetorte. Ein solcher Betrieb sollte eigentlich wie das alte Fachwerkhaus selbst unter Denkmalschutz stehen. Doch an Hausbesitzern, für die vor allem Geld zählt, sind schon viele alteingesessene Betriebe gescheitert.
Doch so ganz auf die geliebten Erzeugnisse müssen die Kunden auch künftig nicht verzichten. Da die Backstube in Sachsenhausen bestehen bleibt, können einige Betriebe auch weiter mit ausgesuchten Erzeugnissen beliefert werden. Das Café Cash & Coffee, die Wechselstube am Frankfurter Römerberg vor dem Gerechtigkeitsbrunnen, gehört ebenso dazu, wie das Café Stern am Paulsplatz und der „Kaffeegenuss“ am Eingang zum P&C-Parkhaus. Nicht ausgeschlossen ist auch eine Rückkehr der Traditionskonditorei nach Frankfurt, wobei sich hier insbesondere die neu entstehende Altstadt am Dom-Römer-Areal anbietet, für die ja genau solche kleinen und guten handwerklichen Frankfurter Betriebe gesucht werden.
Während Bärbel und Manfred Anderlohr sich langsam in den Ruhestand verabschieden wollen, übernehmen Konditormeister Daniel und seine Frau Katja das Alte Rathaus Café inmitten der historischen Altstadt von Hofheim am Taunus. Ob mit der S-Bahn oder dem Auto, der Ort ist von Frankfurt aus in nicht einmal 20 Minuten zu erreichen. Dort gibt es im ehemaligen Rathaus 40 Plätze plus 35 weiteren auf der Terrasse. Der schmucke Fachwerkbau erinnert an das Haus Wertheym, ist aber weit besser in Schuss. Dort wollen die Anderlohrs Frühstück, Mittagsnacks sowie natürlich Kaffee und Kuchen servieren. Seit 3. Oktober sind sie nun in Hofheim am Start.
Nachfolger von der Konditorei Hollhorst im Haus Wertheym am Fahrtor wird Jesco Mann, der mit seinem Unternehmen ConditCouture in Langen „individuelle Konditorei-Kollektionen“ entwirft. Im letzten Jahr war er noch als Chefkonditor im Café Siesmayer am Frankfurter Palmengarten beschäftigt. In Langen wohnt übrigens auch die Vermieterin vom Haus Wertheym. Das lässt aufhorchen. Wenn der Kuchen spricht, schweigen die Krümel.
Ludwig Fienhold
Altes Café Rathaus in Hofheim
www.konditorei-cafe-altes-rathaus.de
Hollhorst Backstube Frankfurt-Sachsenhausen Tel. (069) 28 27 69.
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