Paukenschlag: Zwei-Sterne-Koch Nils Henkel hat Burg Schwarzenstein verlassen | BISS

Kategorie | 2020, Aktuelles, Archiv, Mai 2020

Paukenschlag: Zwei-Sterne-Koch Nils Henkel hat Burg Schwarzenstein verlassen

Nils Henkel - Titel

Das Hotel verabschiedet sich von seinem Gourmetkurs

 

Die Corona-Krise hinterlässt in der Gastronomie viel zerbrochenes Geschirr. Wenn in diesen Tagen die Restaurants wieder eröffnen, kehrt einer garantiert nicht mehr an seinen Herd zurück: Nils Henkel hat die Burg Schwarzenstein in Geisenheim im Rheingau verlassen. Der Zwei-Sterne-Koch gehört zu den Besten des Landes und ist der einzige derart hochdekorierte Chef in Hessen, neben Jochim Busch vom Gustav und Andreas Krolik vom Lafleur in Frankfurt. Das Aus für Nils Henkel kam ziemlich überraschend, wobei er selbst gerne weitergemacht hätte, während der Direktor des Hotels, Michael Teigelkamp, aber offenbar keinen Sinn mehr im Gourmetkurs sah und das Vertragsverhältnis beendete. Eine einvernehmliche Trennung war es jedenfalls nicht.

Nils Henkel wurde von allen Restaurantführern gefeiert und hoch bewertet. Das aufwendig geführte Spitzenrestaurant war, wie alle Topadressen in Deutschland, knapp kalkuliert. Eine Verringerung der Platzkapazität, wie durch die Corona-Auflagen vorgesehen, bei gleichzeitig laufenden hohen Personal- und Food-Kosten wäre schmerzlich gewesen, aber vielleicht noch verkraftbar. Besonders Verlustreich ist seit vielen Wochen der Wegfall von Hochzeiten und anderen Events, die bei der Burg Schwarzenstein eine große wirtschaftliche Rolle spielen. In solchen Zeiten muss man sich ein Gourmetrestaurant leisten können und wollen. Zunächst dementierte Stephanie Teigelkamp unseren Bericht vom Abgang Nils Henkels und bewies damit nur, dass sie von Pressearbeit rein gar nichts nichts versteht und sich mit ihrer realitätsfernen Haltung nur der Lächerlichkeit preisgab.  Als auch andere Medien durch unseren Bericht auf den Fall aufmerksam wurden und das gleiche berichteten, sah sich Teigelkamp genötigt mit der Wahrheit herauszurücken und doch noch eine offizielle Pressemitteilung in die Welt zu schicken. Darin äußert sich Michael Teigelkamp, geschäftsführender Gesellschafter des Relais & Châteaux Hotels Burg Schwarzenstein: “ „Eine durchschnittliche Belegung von zehn Gästen im letzten Jahr in unserem Gourmetrestaurant haben uns zu dieser Entscheidung gezwungen. Durch die Corona-Krise und die dadurch entstandenen Umsatzverluste geht uns nun endgültig die Puste aus“. Auch nach dem Aus für das Gourmetrestaurant Schwarzenstein Nils Henkel betreibt das Hotel weiterhin noch das Burgrestaurant und die Grill & Wine Bar. Für das Gournetrestaurant wird an einem neuen Konzept gearbeitet, wonach es „demnächst leger, vielseitig und kosmopolitisch in dem stylischen Glaspavillon mit der atemberaubenden Aussicht über das Rheintal“ zugehen soll.

So lange die Politik die Gastronomie vernachlässigt und vor allem die Spitzenrestaurants nicht als kulturelle Eckpfeiler unserer Gesellschaft wahrnimmt und entsprechend subventioniert oder zumindest durch eine geringere Mehrwertsteuer dauerhaft entlastet, wird die Pleitewelle exponentiell steigen. Derzeit existieren in Deutschland 300 Sternerestaurants, von denen viele nicht mehr bleiben werden und ihr Konzept ändern müssen.

Nils Henkel

Nils Henkel startete im Februar 2017 auf der Burg Schwarzenstein in Geisenheim und freute sich, dass sein Restaurant in den Weinbergen den perfekten Rahmen für seine naturverbundene Küche bieten würde. Mit seiner Pure Nature Küche hatte er einen ganz eigenen Weg eingeschlagen. Aus der Natur schöpfte er Kraft. Wilden Kräutern und alten Gemüsesorten widmete er besondere Aufmerksamkeit und setzte sie oft als Hauptdarsteller in den Mittelpunkt seiner Menüs. Mit den Menüs „Fauna“ und „Flora“ knüpfte Henkel auch auf der Burg Schwarzenstein an die früheren Zeiten an. Das Menü „Flora“ war komplett vegetarisch, beim Menü „Fauna“ versuchte er mit den besten Produkten vom Land und aus dem Wasser zu arbeiten. Neu in seinem Repertoire waren auf die Menüs abgestimmte nicht alkoholische Getränkebegleitung aus Tee, Säften und Essenzen.

Der 51 Jahre alte Nils Henkel begann seine Ausbildung als Koch 1986 im Romantikhotel Voss-Haus in Eutin. Danach setzte er seine Laufbahn in den Hamburger Restaurants Le Jardin im Raphael Hotel sowie im Landhaus Scherrer bei Heinz Wehmann fort. Später ging der aus Kiel stammende Koch als Souschef ins Münsterland und arbeitete im Coesfelder Valkenhof bei Pascal Levallois und in Averbeck ́s Giebelhof in Senden.

Den finalen Schliff holte sich Nils Henkel zunächst als Souschef 1997 im Althoff Schlosshotel Lerbach im Restaurant Dieter Müller, wo er 2004 dann die Position des Küchenchefs sowie Dieter Müllers Stellvertretung übernahm. 2008 wurde er hier alleiniger Küchenchef. Nachdem die Althoffgruppe Schloss Lerbach Ende 2014 verlassen musste, arbeitete Henkel als Freiberufler. Er gab Kochseminare, entwickelte Rezepte und feine Produkte. Neben seiner Tätigkeit als Autor beriet er Gastronomiebetriebe und Unternehmen. Nils Henkel lebt nach wie vor mit seiner Familie in Bensberg. Als Vater von zwei Kindern muss er wirtschaftlich denken und kann sich keine Experimente leisten. Es wäre schade, wenn seine Karriere in der Sternegastronomie ein Ende fände,  aber diesen Tagen ist mehr Bodenhaftung gefragt. Wie es mit allem weitergeht, wird man an dieser Stelle bei BISS erfahren.

Ludwig Fienhold

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