Ein Menü mit verschiedenen Arten sorgt für Aufklärung
Hummer gilt als Symbol der Luxus-Delikatessen und des guten Geschmacks. Dabei war er im heutigen Lobster-Paradies Neuengland bis 1900 ein Arme-Leute-Essen, er wurde Gefangenen aufgetischt und diente Bauern als Düngemittel. Wenngleich sein Ansehen und sein Preis enorm gestiegen sind, macht der Hummer oft Kummer, zeigt sich zäh und zieht sich wie Kautschuk oder wird in Mayonnaise ertränkt.
Im Gegensatz zu Beginn des deutschen Küchenwunders in den siebziger Jahren ist das Krustentier heute gar nicht mehr so oft auf den Speisekarten der Spitzenrestaurants zu finden. Dafür eher Langusten und noch mehr die Roten Riesengarnelen Carabineros, die Aristokraten unter den Gambas. Hummer machen Arbeit, müssen frisch gehalten und vor allem sekundengenau gegart werden. Jeder Koch hat seine ganz eigene Vorstellung, die einen schätzen ihn knackig, die anderen zart, einige auch glasig. Viele kochen nur mit Wasser, andere geben Weißwein, Estragon, Salz oder weißen Pfeffer hinzu. Das Ergebnis muss stimmen. Und es stimmt, wenn der Hummer eine besondere Zartheit mit hauchfeinem Biss hat und ein delikates dezent süßliches und nussiges Aroma mit einem Hauch frischer Meeresbrise aufweist.
Die beste Zeit für Hummer liegt zwischen April und September. Frischen Hummer erkennt man übrigens an seinem Temperament: Wenn man ihn aus dem Becken nimmt, muss er noch angriffslustig sein und Scheren und Schwanz strecken. Wirkt er apathisch, sollte man die Finger davon lassen. Am verbreitetsten sind die amerikanischen Hummer aus Kanada und den USA, die auch preiswerter sind als die europäischen Verwandten. Die europäischen Krustentiere sind feiner im Geschmack, ihre amerikanischen Kollegen fallen etwas derber aus. Als Spitzenware werden von Köchen Hummer aus Bretagne und der Normandie sowie Irland und Schottland bevorzugt. Wegen der starken Kostenunterschiede ist Etikettenschwindel weit verbreitet, oft wird gewöhnlicher Mainstream als rarer bretonischer Hummer verkauft und serviert.
Jetzt kann man sich selbst ein Bild machen und beim Essen die feinen Unterschiede kennenlernen. Sebastian Lühr vom Kronenschlösschen in Hattenheim im Rheingau serviert am 18. April ein Menü mit vier Hummergängen, wobei die Krustentiere aus unterschiedlichen Fanggründen kommen: Maine USA, Kanada und Irland. Lühr schätzt Hummer wegen seiner Zartheit und der ganz besonderen Konsistenz. Die europäischen Hummer sind ihm eine Spur lieber. Gekocht werden sie bei ihm alle lediglich in Wasser, das nicht einmal Salz enthält. Dafür macht er sich bei der Zubereitung im Nachgang seine Gedanken. Ein Gang wird Hummer asiatisch sein, mit dezent japanischer Note und chinesischem Hummer Dim Sum als Begleitung. Bei einem anderen Gang wird es puristisch zugehen. Sebastian Lühr und seine Hummerknackerbande aus der Küche wollen dabei nicht verraten, wo die Krustentiere herkommen und den Gästen überlassen, ob sie es herausschmecken. Learning by Eating – ein genussvoller Unterricht mit kleiner Warenkunde.
Hummer-Dinner, vier Gänge plus Dessert, 18. April, 19.30 Uhr.
Weinbegleiter Sancerre von der Loire, Chablis/Burgund, Chardonnay/Kalifornien und Grauburgunder/Baden. Einzeltische, keine Moderation. Pauschalpreis für Aperitif, 5-Gänge, Weine, Wasser 165 €. Reservierung notwendig.
Kronenschlösschen
Eltville-Hattenheim, Tel. 06723 640.
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