Der Pate vom Opernplatz Mario Saravini sagt Ciao | BISS

Kategorie | Aktuelles, Februar 2013

Der Pate vom Opernplatz Mario Saravini sagt Ciao

Operncafe - Titel 1

Abgesang eines gastronomischen Tenors

 

Von Ludwig Fienhold

Er war der Pate vom Opernplatz: Über 20 Jahre prägte Mario Saravini die Gastronomie an Frankfurts beliebten Treffpunkt, jetzt sagte er Ciao. Im Charlot war er zwar zu Hause, doch regierte er auch in nahezu allen Lokalen der lebhaften Zeile mit: dem Operncafé, der Trattoria Più Allegro und der Cigar Bar.

Mario selbst sagt nur, er habe alles an seinen einstigen Partner Siggi Schneider übergeben. Er habe lange genug dort gearbeitet, jetzt sei es an der Zeit gewesen aufzuhören. Das klingt nach geordnetem Rückzug, doch sieht die Wirklichkeit wohl etwas anders aus. Man hörte schon länger, dass es zwischen den Geschäftspartnern Saravini und Schneider knirschte, von Zoff war die Rede und unüberbrückbaren Gegensätzen. Sicher ist: Mario hat sein Leben am Opernplatz aufgegeben und wird dort nicht mehr in den Chor der Eitlen mit einstimmen.

Opernplatz - Titel2Unvergessen Marios Fehde mit Michel Friedmann, dem er keine Sonderwünsche erfüllte und einen Stammplatz in seinem Charlot verweigerte. Lange im Gedächtnis, wie auf der Terrasse Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki ins Steak schnitt, als läge Martin Walser auf dem Teller. Immer noch in Erinnerung, wie Mario einem Gast sagte, dass das lockige Haar in der Pasta nicht von ihm sein konnte, weil er ja obenherum blank sei. Mario war deshalb so beliebt, weil er unverstellt und sehr klartönend sein konnte. Er wirkte oft etwas verschlafen und mürrisch, aber geistig irgendwie doch wach. Mario verstand sich nicht mit allen Reichen und Schönen, auch wenn diese gerne bei ihm zu Gast waren. Im Grunde waren seine Gäste auch mehr jene, die glaubten, reich und schön zu sein. Mario verstand sich am besten mit Charakteren, die ebenso unverbogen wie er waren. Sogar mit Kritikern seiner Küche. Die Preise lagen im Niveau deutlich höher als die Küchenleistungen. Wegen des Essens ging auch kaum jemand dorthin, Mario genoss einen Sympathiebonus. Den hat er sich auch damit verdient, weil er einem notleidenden Künstler wie Peter „Hamlet“ Kuper immer einen Teller Pasta spendierte. Das schreibende und malende Stadtoriginal hatte ein wunderschönes Bild vom Charlot hinterlassen, das leider nicht im Lokal hängt und einem Raub zum Opfer fiel.

Opernplatz-Gastronom Mario Saravini

Gastrotenor Mario Savarini

Mario Savarini wurde 1946 in der Marmor-Provinz Massa Carrara in der Toskana geboren und ist gelernter Steinmetz. 23 Jahre stand er im Charlot am Herd, nach Frankfurt kam er aus Italien im Jahr 1969. Er kellnerte zunächst im Hotel Intercontinental, wechselte ins Firenze an der Berger Straße, machte sich mit dem Da Franco an der Fürstenberger Straße erstmals selbständig. Mario Saravini ist kein gelernter Koch und wurde erst an den Herd gezogen, als sein Küchenchef flüchtete.

Gründer und Gestalter des Operncafés und der ganzen damit verbundenen Gastronomiezeile war Hartmut „Gnom“ Schimann, der 1980 das Potential des Standortes neben der im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Alten Oper erkannte, die 1981 wiedereröffnet wurde. Schimann verwandelte eine frühere Bücherei ins jetzige Operncafé. Inzwischen zieht er dem Opernplatz, Frankfurts schönster Sonnenbank, die echten Sonnenstrahlen in Miami vor. 2005 übernahmen Gastronom Mario Saravini und der Unternehmer Siggi Schneider das Lokal gemeinsam mit den benachbarten Restaurants Charlot und Più Allegro sowie der Cigar Smokers Lounge. Marmor-Mann Mario Saravini meißelt nicht groß an seiner eigenen Zukunft und möchte nur noch ein Lokal für seine beiden Töchter aufbauen. Am liebsten im Westend. Er hat derzeit verschiedene Angebote. Selbst am Herd stehen möchte er künftig nicht mehr, nur zeitweise, um das Lokal der Familie aufzubauen. Die Arien am Opernplatz sind verklungen.

Opernplatz - 05

 

 

 

 

 

 

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