Alles Sommelier, oder was? | BISS

Kategorie | Aktuelles, März 2013

Alles Sommelier, oder was?

Sommelier servant le vin

Das Berufsbild des Weinfachmanns wird verwässert

 

So viel Sommelier war noch nie: Wasser-Sommelier, Bier-Sommelier, Sake-Sommelier, Apfelwein-Sommelier und sogar Käse-Sommelier. Jede Flüssigkeit und jedes andere Genussmittel scheint ein gastronomisches Äquivalent haben zu müssen. Der Softdrink-Sommelier und der Cocktail-Sommelier warten schon in der Pipeline. Und irgendwer wird auch schon bald den Pizza-Sommelier ausrufen. Das nervt zusehends – auch die Sommeliers und deren Verbände.

Weine in der Ente in Wiesbaden„Wir wollen, dass die Bezeichnung „Sommelier“ nicht verwässert wird und nur den geprüften Fachkräften zusteht, die für das klassische Berufsbild ausgebildet wurden“, meint Martin Dannenmann, Direktor Hotelfachschule Heidelberg. Seit vielen Jahren engagieren sich in Deutschland die Hotelfachschule Heidelberg, die Deutsche Wein- und Sommelierschule und die Sommelier-Union für die Weiterbildung zum Sommelier mit staatlicher oder öffentlich-rechtlicher Prüfung. Über 1000 Absolventen dieser beiden Schulen haben in den vergangenen 20 Jahren diese Qualifikation bestanden und damit auch den Begriff „Sommelier“ positiv geprägt, erklären die Verbände. Das Berufsbild „Sommelier“ habe ein klares, international anerkanntes Profil. Der Sommelier verstehe sich als kompetenter Wein-und Genussexperte, der neben betriebswirtschaftlichen, serviceorientierten und sensorischen Qualifikationen auch umfangreiche Kenntnisse bei unterschiedlichen Getränken wie Tee, Kaffee, Bier, Spirituosen, Wasser, aber natürlich auch insbesondere Wein, nachweisen müsse.

Bernd Glauben

Bernd Glauben

„Die einseitige Spezialisierung auf ein Getränk ohne fundiertes Wissen um Wein und andere Getränke ist Augenwischerei und für den Gast nur verwirrend“, sagt der Präsident der Sommelier-Union Bernd Glauben. Auch Alexander Kohnen, Gründer des International Wine Institute in Bad Neuenahr, betrachtet „mit die inflationäre Verwendung der Berufsbezeichnung Sommelier“. Biersommeliers, Wassersommeliers, Saftsommeliers oder gar Fleischsommeliers bedienten sich ungerechtfertigt eines anerkannten Titels für Mitarbeiter im Restaurant und schwämmen so im geachteten Fahrwasser der Restaurantexperten“.

Astrid Zieglmeier von der IHK Akademie München & Oberbayern, Fachbereich Gastronomie und Genuss: „Es ist ja ein großes Kompliment an alle Sommeliers, wenn nun jede Gruppe der Getränke-und Genussmittelproduktion auf diese wunderschöne Berufsbezeichnung zugreifen möchte. Der wahre Sommelier jedoch ist tief verwurzelt in der Welt des Weines, handwerklich ausgebildet um im Restaurant und Weinkeller seine Arbeit zu verrichten.“

Sommelier früherer Tage

Sommelier früherer Tage

Der Begriff Sommelier ist trotz alledem gesetzlich nicht geschützt. Weiterbildungseinrichtungen bieten verschiedene Kurse  an,  deren Resultate nicht gesichert sind und den Gast insgesamt mehr verwirren als aufklären. Seinen Ursprung hat das Wort im Altprovenzalischen Saumalier, dem Verantwortlichen für Lasttiere und Proviant, wozu Wein gehörte. Es hätte sicher kaum Trittbrettfahrer gegeben, wenn in Deutschland die weniger schicke Bezeichnung Weinkellner geblieben wäre. Bierkellner oder Wasserkellner klingt schon weniger schön, und wer möchte schon Käsekellner sein? Die Aufwertung dieses Titels zeigt jetzt leider ihre negativen Auswirkungen. Ähnlich ist es anderen Begriffen ergangen. Der Name Gourmet muss für alles herhalten, von der Bratpfanne bis zur Currywurst. Und ist damit als echte Aufwertung für einen Gegenstand oder ein Lebensmittel nicht mehr ernsthaft  geeignet.

LF

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