Welch ein wunderlicher Weinkeller! | BISS

Welch ein wunderlicher Weinkeller!

Dünker - Titel-Bild

13 Stufen zum Glück

Der Dünker ist besser denn je


Von Ludwig Fienhold

Der Weinkeller Dünker ist Bornheimer Urgestein. 13 Stufen führen hinab ins düstere Gewölbe, wo man glaubt, nur noch mit der Grubenlampe weiterzukommen. Doch hier unten herrscht ein ganz besonderes Leuchten, das nicht blenden, sondern erhellen will. Man trifft auf eine fast vergessene Art der unangestrengten Gastlichkeit. Auf das ungespreizt Klare, wie es höchstens in einigen Apfelweinlokalen zu erleben ist. In einer Welt der komplizierten Kommunikation freut man sich auf diese Unterwelt, in der man ganz einfach nur miteinander redet. Dünker ist zudem eine Fluchtstätte für alle, die dem ewigen Spuk des Zeitgeistes entgehen wollen. Auf diesem archaischen Terrain fühlt man sich wie in einer Höhle. Auch manche Gäste wirken wie fossile Erscheinungen und harren nahezu versteinert am Weinfass. Dünkers Stehschoppen, ein halbtrockner Müller-Thurgau, verhilft offenbar dazu.

In Wein-Dünkers Keller ist Bacchus Stammgast

Die Alten aus dem noch immer dörflichen Bornheim schätzen den frühen Schoppen, der erste geht schon um 17 Uhr, bei manchen auch früher. Man sollte allein schon deshalb zeitig kommen, um die Ablösung der Garde mitzubekommen. Der Besucherwechsel verläuft in jeder Hinsicht fließend, je später der Abend, desto jünger die Gäste. Irgendwann, in einer chronographisch kaum festzulegenden Mitte, erlebt man alle Generationen. Das ist vielleicht der interessanteste Teil eines Abends in Dünkers Weinkeller. Rentnerbeige trifft auf Designerrot, Sandalen blicken vertreten auf Pumps.

Der Grundstein für das Haus in der Berger Straße 265 wurde 1780 gelegt. Lange Zeit war der Keller ein Apfelfasslager, erst 1948 eröffnete Peter Dünker seinen Weinkeller für Gäste. Gut 40 Jahre lang führte er ihn, bevor er diesen an seinen Sohn Christoph übergab. Der junge Kaufmann musste erst einmal mit dem Erbe klarkommen, das geschmacklich sehr auf eine ältere Kundschaft aufbaute. Im Laufe der Jahre ist Christoph Dünker jedoch ein erstaunlicher Spagat gelungen, der die alte Kundschaft nicht verschreckte und neue Gäste hinzugewann. Entschieden unterstützt von seiner beschwingten Frau Susanne, die auch am Ausschank steht, wo sich fast jeder seinen Wein selbst holt. Beide haben sich durch ihre ebenso weltoffene wie bodenständige Art viele Freunde geschaffen. Der Dritte im Bunde ist „der Mann ohne Namen“, der seine Haare noch so lang trägt, wie das in den guten Rockzeiten üblich war. Friseure und schlechte Weine meidet er, er kennt sich im Keller bestens aus, weshalb Gespräche mit ihm oft einige interessante Glaslängen dauern können.

Susanne & Christoph Dünker im Kreis ihrer Freunde

Dünker gilt als die älteste Weinhandlung der Stadt, der Keller ist eine unumstößliche Bastion, doch wird daneben Handel im größeren Stil betrieben. Der Bretzelbub zieht nach wie vor im Lokal seine Runden, sonst hat sich einiges drastisch verändert. Das ist weniger daran auszumachen, dass es keine Buletten mehr gibt, aber immer noch Käse und das Menü 1: Nüsse. Der größte Unterschied besteht im Weinsortiment, das alles andere als unterirdisch ausfällt. Wer den Dünker lange nicht mehr auf seinem Plan hatte, wird jetzt sehr überrascht sein. Das Angebot hat sich qualitativ und quantitativ erheblich erweitert. Über 300 verschiedene Flaschen stehen parat, allein 60 offene Weine sind zu haben. Das wäre so nie denkbar gewesen.

Die bei Alt und Jung beliebten unkomplizierten Zechweine von Bretz aus Rheinhessen (ab 2,20 € das Glas 0,2l) zeigen noch in alle Richtungen. Manch andere Angebote wollen ebenso gefällig sein. Doch es geht auch anspruchsvoller. Von Fred Prinz aus dem Rheingau sind gleich drei Rieslinge gelistet, für menschenfreundliche 8,50 bis 11,50 € die Flasche. Franken ist mit Rudolf Fürst gut vertreten, die Pfalz mit Lergenmüller und die Ahr durch Adeneuer. Christoph Dünker, inzwischen 44 Jahre, zeigt aber auch Entdeckerfreude. Bei ihm gibt es mit dem Chat Sauvage ein relativ junges Weingut aus dem Rheingau, das nur wenige Ausgepichte kennen. Was dort an roten und weißen Burgundern auf sieben Hektar in Johannisberg gezogen wird, ist sehr beachtlich. Der saftige Pinot Noir schmeckt beerig, würzig und leicht rauchig. Neu im Programm sind die Weine vom Margarethenhof von der Saar. Ebenso süffige wie feingliedrige Rieslinge, aber auch ein wunderbar erfrischender Elbling für die Sommerterrasse zum äußerst sozialverträglichen Preis.

Susanne Dünker ist kein Weg zu schwer

Im Dünker, früher unvorstellbar, sind außerdem Grüner Veltliner, Barolo oder Brunello zu haben. Sogar gute Tropfen aus Mallorca. Ohlig-Sekt, Brut Rosé von Chat Sauvage und ein Champagner von Legras & Haas für nette 31,50 € die Flasche komplettieren prickelnd das Programm. Bei Sonnenschein schenkt man im schrulligen Hinterhofgarten ein. Doch der Keller hat einfach mehr Tiefe.

Wein Dünker, Frankfurt, Berger Straße 265, Tel. 069 45 19 93. Geöffnet Montag bis Donnerstag 12 – 1 Uhr, Freitag und Samstag 12 – 2 Uhr, Sonntag 18 – 1 Uhr.

 

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