Küchenchef Schönberger ist weg | BISS

Kategorie | 2011, November 2011

Küchenchef Schönberger ist weg

Döpfners im Maingau 60 Jahre-Feier

Das kurze Gastspiel eines Talents

Ein exemplarischer Fall von Sterneverweigerung?

 

Welch eine Talent-Verschleuderung: Daniel Schönberger legte einen solch famosen Start als neuer Küchenchef im Restaurant Döpfner´s im Maingau in Frankfurt hin, dass man sich als Gast nur freuen konnte, denn seine pfiffig und gehaltvoll interpretierten Klassiker der deutschen Küche hatten Klasse. Nur drei Monate dauerte es, bis die Betreiberfamilie Döpfner und er merkten, dass sie nicht zusammenpassten und unterschiedliche Konzepte verfolgten – wobei Schönberger gerne geblieben wäre. Der Fall ist indes tiefgreifender und von weitreichender Bedeutung, weil er die Angst mancher Gastronomen vor der Last einer zu hohen Auszeichnung von Restaurantführern und dem damit verbundenen Kosten- und Erwartungsdruck offenbart.

Immer häufiger kommt es vor, dass Gastronomen ihren plötzlich und unerwartet erhaltenen Sternesegen und andere ehrenvolle Titel am liebsten zurückgeben möchten – was indes nicht möglich ist, weil darüber nur die Kritiker selbst entscheiden. Ein Restaurant muss mit negativen Kritiken ebenso leben, wie mit positiven. Erstaunlich, dass inzwischen die positiven vielen ebenfalls Magenschmerzen bereiten. Daniel Schönberger hat das Potential zu einem Sternekoch, er hätte nur eine Chance bekommen müssen. Doch genau darin liegt das Problem, denn die Döpfners waren gar nicht an einer solchen Steigerung ihrer Leistungen und entsprechenden Außendarstellungen interessiert. Bislang sehen sie sich unbesternt und mit 15 Punkten im Gourmet Guide Gault Millau ausreichend beschert. Eine Steigerung der Qualität ist stets auch mit einer erhöhten Produktqualität verbunden, die nun einmal Geld kostet. Und das wiederum geht oft einher mit ansteigenden Preisen für die Speisen, was viele Gäste nicht mittragen. Dass Daniel Schönberger, der im Sterne-Restaurant Hessler in Maintal gearbeitet hatte, beim Wareneinkauf großzügiger dachte als seine Arbeitgeber, kann man sich vorstellen.

Küchenchef Daniel Schönberger

Daniel Schönberger hatte das Gefühl, dass viele Gäste seine Küche schätzten, wie er auch aus persönlichen Gesprächen erfahren konnte. Er wollte das Restaurant noch weiter nach vorne bringen und wurde von einem gesunden Ehrgeiz getrieben, denn immerhin war dies seine erste Position als Küchenchef. Hausherr Jörg Döpfner hält dagegen, dass ihm der Wareneinsatz übermäßig erschien und die Food-Kosten dringend hätten eingeschränkt werden müssen, was aber trotz mehrmaliger Aufforderung nicht geschah. Zudem hätten ihm nicht wenige Gäste ihren Missmut über die neue komprimierte Karte vorgetragen und die bisherige Vielfalt vermisst. „Wir wollen keine Stammgäste verlieren“, meint Döpfner dazu. Inzwischen gibt es wieder die gewohnte größere Karte mit den unterschiedlichsten Offerten und Menüs. Jörg Döpfner arbeitet auch wieder in der Küche, wie in den Jahren davor, während Senior Werner Döpfner erneut den Service führt, wie in den Jahren zuvor. Dies wird in jedem Fall bis Ende des Jahres so bleiben, dann erst wird es zu weiteren Entscheidungen kommen. Es könnte gut sein, dass kein neuer Küchenchef eingestellt wird, sondern das jetzige Döpfner-Team gleichberechtigt weiter arbeitet.

Das abrupte Ende einer verheißungsvollen Zusammenarbeit wirft dennoch Fragen auf. Immerhin hatte der neue Küchenchef Schönberger keine Revolution am Herd entfacht, sondern ganz behutsam Veränderungen vorgenommen. Seine modifizierten Klassiker waren Lichtjahre entfernt von molekularen Auswüchsen. Unvergessen, das Ragout Fin aus Kalb, Bries und Nierchen und alle wunderbaren Saucen. Gewiss, die Speisekarte war kompakter geworden, was grundsätzlich zugunsten einer besseren Küche geschieht. Sicher, die Portionen waren nicht mehr so überladen wie zuvor, was zeitgemäßen Bedürfnissen entspricht, die den Genuss vor die bloße Völlerei setzen. Und ja, die Speisekarte hatte eine eigene Handschrift und graste nicht willkürlich an den Weiden der ganzen Welt. Kurzum: Es war alles besser denn je.

Restaurant Döpfner´s im Maingau

Die Döpfners sind besenrein konservativ und bleiben gerne auf dem Teppich. Gerade erst hatte sich ein Generationenwechsel vollzogen, übernahm Jörg Döpfner die Regie, während Senior Werner Döpfner in den Hintergrund trat. Eine wirkliche Erneuerung war indes erst durch den selbstbewußten Daniel Schönberger zu erkennen. Die Döpfners bangen, das mag man verstehen oder nicht, um ihr angestammtes Publikum, das ihnen sehr beharrlich und freundschaftlich die Treue hält. Aber: Wie lange noch? Lokale, die so konstruiert und optisch aufgestellt sind wie das Döpfner´s im Maingau, müssen einen geschmeidigen Spagat hinlegen: Alte Gäste behalten, neue und junge hinzugewinnen. Das gelingt auf die nette Tour eher selten, meist hilft nur ein konsequenter Schnitt. Küchenchef Daniel Schönberger hat dies sehr feinfühlig und doch deutlich versucht. Und ist dennoch gescheitert. Schade für beide Seiten. Schade für die Gäste – die so denken wie wir. Und noch mehr für alle, die Schönbergers Küche nicht kennenlernen konnten. Sorgen muss man sich um beide Seiten wohl kaum machen. Die Döpfners haben in 60 Jahren viele Stürme überstanden und sorgen seit vielen Jahren für Kontinuität in der Küche. Der 36 Jahre alte Daniel Schönberger ist zwar noch auf der Suche nach einer neuen Stelle, die aber sicher bald ein Ende haben wird, da solche feurigen Talente nicht lange ohne Herd bleiben.

Ludwig Fienhold  

 

Döpfner´s im Maingau, Frankfurt, Schifferstraße 38 – 40, Tel. 069 61 07 52.  Dienstag – Freitag 12 – 14.30 Uhr und 18 – 22 Uhr, Samstag 18 – 22 Uhr, Sonntag 12 – 14.40 Uhr (jeweils Küchenzeiten), Montag geschlossen. www.doepfners.de

 

 

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