Ach Du lieber Service | BISS

Ach Du lieber Service

Liebe Servicemitarbeiter,

Ihr habt keinen leichten Job, aber wer hat den schon. Warum aber macht Ihr vielfach etwas, das Ihr gar nicht wollt und – noch schlimmer – gar nicht könnt. Vor allem aber: lächelt doch einfach mal. Ihr habt Euch doch hoffentlich die Lachfalten noch nicht wegliften lassen. Wenn Ihr schon kaum von innen heraus lächeln könnt, denkt einfach an eine komische Situation – wie Ihr Euren Partner kennen gelernt habt oder, wie die Gäste in Blümchenshorts aussehen. Mit Lächeln zaubert man jeden Ärger weg, den der Gäste und damit auch den eigenen. Natürlich wäre es besser, erst gar keine Kalamitäten aufkommen zu lassen, doch wenn sie schon mal da sind, bleibt gelassen und werdet nicht zickig, nur weil Ihr überfordert seid. Wer seinen Beruf so wenig mag, wie manche von Euch, dem muss man raten: sattelt doch um, werdet Gurkenzüchter im Spreewald oder Latzhosennäherinnen bei den Mennoniten in Manitoba.

Liebe Servicemitarbeiter, die Ihr oft aushilfsweise arbeitet, begrüßt die Gäste freundlich und nicht mit einem kurzen „Ja“ oder einem platten „Was soll´s denn sein?“ Legt doch erst einmal die Speise- und Getränkekarte vor und wartet, bis der Gast zu einer Entscheidung gekommen ist. Aber bitte nicht zu lange. Rennt nicht dauernd auf die Toilette, um den Lippenstift nachzuziehen, irgendwen mit dem Handy zu erreichen oder die Nase zu richten. Es macht auch wenig Sinn, in den kurzen Momenten der Präsenz, die Gläser bis zum Anschlag voll zu füllen.

Werte Servicemitarbeiter, wahrscheinlich fliegt Ihr von Eurem Trinkgeld zu viel durch die Welt und habt Euch den sturmerprobten Stewardessen-Blick abgeschaut – der ist gerne nach unten gerichtet und signalisiert ein Nicht-blicken-lassen: Wenn ich niemanden sehe, sieht mich auch niemand. Blickt lieber durch und seht Euren Gästen unerschrocken in die Augen. Die wollen ja nichts Böses, die möchten nur etwas bestellen. Hetzt auch nicht durch das Lokal, das macht eine schlechte Figur, lässt den Boden beben und erschreckt die Mäuse in der Speisekammer. Geachtete Servicemitarbeiter, unterbrecht Gäste nicht, die sich angeregt unterhalten, nur, weil Ihr ihnen erklären wollt, in welcher Richtung sie ihren Kaffee umzurühren haben.

Bitte, bitte, lieber Service, erspare uns Floskeln à la „das wird gerne gegessen“ oder „das mag ich auch“. Solche Banalitäten sind keine Empfehlung, sondern ein Strafgericht vor dem Essen. Auch die zustimmend kumpelhafte Wortwahl, dass unsere Bestellung eine „gute Wahl“ sei, gehört ins Schattenreich der seligen Wienerwald-Kette. Und bitteschön, Service, verschone uns mit brühwarmen Rotweinen und den Antworten auf die zwingend notwendige Reklamation, dass dies der Zimmertemperatur entspreche – welcher denn – der auf der Furnace Creek Ranch im kalifornischen Death Valley, wo es schon mal 56 Grad Celsius werden kann?

Geschätzte Servicemitarbeiter, behandelt auch Gäste freundlich, die zu wenig oder kein Trinkgeld geben. Vielleicht haben sie ja einen Grund dazu gehabt, der nichts mit Geiz, sondern Eurer eigenen Leistung zu tun hat. Ausgerechnet Ihr, geehrte Servicemitarbeiter, seid wiederum die schlimmsten Tyrannen, wenn Ihr andere Lokale aufsucht und scheucht Eure Kollegen und Kolleginnen von Küche zu Keller. Ja, liebe Servicemitarbeiter, nicht selten sind auch die Gäste unhöflich. Lächelt sie einfach in Grund und Boden, herzt sie in die Flucht.

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