Ungebetene Gäste: Razzia im Hotel Kronenschlösschen | BISS

Kategorie | 2021, Aktuelles, Archiv, Mai 2021

Ungebetene Gäste: Razzia im Hotel Kronenschlösschen

Kronenschlösschen Sommerterrasse

Besitzer wehrt sich

gegen Betrugsvorwürfe

 

Der spektakuläre Raub von kostbaren Weinraritäten aus dem Keller des Gourmets-Restaurants Kronenschlösschen in Hattenheim im Rheingau hat ein böses Nachspiel. Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft ließ tagelang durch mehr als 30 Polizeibeamte die Räume des Hotels durchsuchen und stellte Datenträger und andere Unterlagen sicher. Es bestehen offenbar Zweifel, dass es bei dem Diebstahl mit rechten Dingen zugegangen ist, man unterstellt sogar einen fingierten Einbruch. Der Besitzer des Kronenschlösschens, der Frankfurter Rechtsanwalt Hans Burkhardt Ullrich, wehrt sich gegen die Vorwürfe und weist sie in einem Gespräch mit uns als „absurd“ und „skandalös“ zurück. Bei dem Einbruch in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar 2021 (siehe BISS-Artikel Raub der Kronjuwelen) wurden teure Weine und Champagner im Gesamtwert von zirka 240.000 € gestohlen.

„Diese Vorwürfe, so Hans Burkhardt Ulrich, „sind ungeheuerlich“. Die Polizei habe in den letzten vier Monaten nicht ein einziges Mal mit ihm oder seiner Tochter Johanna, die Geschäftsführerin des Hotels ist, gesprochen. Er selbst wiederum habe mehrmals vergeblich versucht mit den Polizeibehörden Kontakt aufzunehmen, um bei der Aufklärung des Falls zu helfen. Er sei im übrigen vom 26. Dezember 2020 bis 11. Februar 2021 auf Mallorca gewesen, zum Teil gemeinsam mit der Tochter.

Hans Burkhardt Ullrich & Tochter Johanna

Das Kronenschlösschen hat einen der besten Weinkeller Deutschlands und ist seit mehr als zwei Jahrzehnten unter anderem berühmt für seine Raritätenproben. Der Weinbestand ist nach den Aussagen von Hans Burkhardt Ullrich seit vielen Jahren bei der Gothaer (Köln) versichert. Weiter sagt Ullrich: „Die Inhaltsversicherung umfasst einen Wert von 1.750.000 €. In der Nacht vom 13.1. auf 14.1.2021 fand ein Einbruch im Kronenschlösschen statt: drei Stahltüren wurden aufgebrochen. Es wurden 216 Flaschen Wein im Wert von rund 240.000 € gestohlen. Es waren Weine der höchsten Preis- und Qualitätskategorie, unter anderem Domaine Romanee Conti, Petrus, Yquem, Lafite, Haut-Brion, Masseto, Champagner Krug / Roederer Cristal / Dom Perignon und Salon.“

In einer ausführlichen Erklärung nimmt Hans Burkhard Ullrich zu den Vorgängen Stellung und führt auch weitere spektakuläre Diebstähle auf, die einer Wein-Mafia zugeschrieben werden. „Der Einbruch wurde von uns sofort der Polizei und der Versicherung gemeldet, wir haben auch Weinhändler und Auktionshäuser über die einzelnen gestohlenen Weine informiert und die Weine im Internet benannt. Die gestohlenen Weine wurden ermittelt durch eine Inventur nach dem Einbruch – im Vergleich mit der Inventur vom 2. Januar 2021. Die Gothaer Versicherung hat ein Sachverständigenbüro eingeschaltet, das zwei Tage lang vor Ort die Bestände und Inventuren überprüfte und nach vielen Hundert Stichproben befand, dass diese Inventuren innerhalb weniger Tage vor und nach dem Einbruch schlüssig sind. Dies bestätigten die von der Versicherung beauftragten Sachverständigen schriftlich. Gleichwohl weigerte sich die Gothaer Versicherung, eine Schadensregulierung vorzunehmen, und zwar ohne Begründung.“

Nach den Worten von Hans Burkhardt Ullrich hat das Kronenschlösschen am 16.März 2021 gegen die Gothaer Versicherung Zivilklage beim Landgericht Wiesbaden über rund 240.000 € eingereicht. „Am 12.Mai 2021“, so Ullrich weiter, „fanden Hausdurchsuchungen von Polizei und Steuerfahndung statt, nachdem die Gothaer Versicherung Strafanzeige wegen Verdacht des Betruges gestellt hat. Geäußert wird der Verdacht, Inhaber und Geschäftsführerin hätten im Zusammenwirken mit einem Mitarbeiter selbst den Einbruch fingiert und begangen, die Weine an eigene Kunden verkauft und danach geplant, den Versicherungswert zusätzlich zu vereinnahmen.“

Hans Burkhardt Ullrich ist empört: „Dieser Vorwurf ist völlig absurd. Innerhalb von vier Monaten – bis heute – hat die Polizei nicht ein einziges Gespräch mit den Beschuldigten geführt, obwohl Inhaber und Geschäftsführerin sich immer wieder nach dem Stand der Ermittlungen erkundigten und sowohl schriftlich wie mündlich eine Mitarbeit zur Aufklärung des Verbrechens angeboten haben.“

Kronenschlösschen Sommerterrasse

Insbesondere haben die beiden Informationen angeboten, die eine Vielzahl von Einbruchsdiebstählen in bekannten Restaurants und Weinkellern betreffen und dabei auf einen „jeweils fast identischen Ablauf“ hingewiesen. Es seien teilweise genau die gleichen Weine wie beim Kronenschlösschen gestohlen worden. Diese inhaltsgleichen Diebstähle zeigten, dass es sich „ganz offensichtlich um eine international agierende Wein Mafia handelt.“  (Siehe Liste weiter unten).

Hans Burkhardt Ullrich beklagt die „vagen und völlig absurden Unterstellungen“ gegen ihn, seine Tochter und einen Mitarbeiter. „Ich war vom 26. Dezember 2020 bis zum 11. Februar 2021 überhaupt nicht in Deutschland. Wie kann man auf die verrückte Idee kommen, ich hätte mit meiner Tochter im Zusammenwirken mit einem unserer Angestellten einen schweren Einbruchdiebstahl und einen schweren Betrug vereinbart? Dafür gibt es nicht den geringsten Hinweis, das ist völlig absurd. Es werden absolut integre Menschen eines schweren Verbrechens beschuldigt, und das ausschließlich mit vagen, völlig absurden Unterstellungen, ohne einen einzigen konkreten Verdacht.“

Die Polizei, so Hans Burkhardt Ullrich,  habe sich zum Handlanger der Versicherung machen lassen. „Die Gothaer hat von Beginn an versucht, sich ihren Regulierungspflichten zu entziehen. Nachdem ich der Gothaer Versicherung angekündigt hatte, dass ich die Versicherungsansprüche i.H. von rund 240.000 €  gerichtlich geltend machen will, – ich hatte der Agentur den Entwurf der Klageschrift vorab zugesandt -, hat sie Strafanzeige erstattet und damit ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.“ Die Versicherung wisse, dass sie damit den Ablauf der zivilrechtlichen Klage behindere, allein dies sei ihr Ziel. Sie wolle sich ihren Zahlungspflichten entziehen. Abschließend erklärt Hans Burkhardt Ullrich, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei: „Wir werden uns mit aller Macht zur Wehr setzen.“

Ungeachtet dessen wird das Kronenschlösschen ab Donnerstag, 20. Mai, seine Außengastronomie öffnen, falls gesetzlich möglich ab 31. Mai auch die Innenräume. Auch sonst zeigt das Hotel Flagge und hat den Weinkeller bereits ordentlich mit Raritäten im Wert von 180.000 € aufgefüllt.

Ludwig Fienhold

 

Spektakuläre Weindiebstähle

 

  • 14.2.2016 / 27.4.2017 /2018    Weinhandlung Domaine Müller in Wien und in der Weststeiermark. Gesamtschaden 1.700.000 €
  • Juni 2019             Wien, Mraz & Sohn                                                    Schaden 145.000 €
  • Juni 2019             Graz                                                                               Schaden 100.000 €
  • Juli 2019              Burghotel Oberlech, Arlberg                                    Schaden 150.000 €
  • Juli 2019              Restaurant Rostang, Paris                                         Schaden 400.000 –     600.000

 

  • Januar 2020       Schwarzer Adler Oberbergen, Kaiserstuhl              Schaden 100.000 €
  • 17.2.2020            L´Ermitage, Vufflens Genfer See                               Schaden 225.000 €
  • 24.2.2020           Restaurant Formel B, Kopenhagen                            Schaden 135.000 €
  •                               Hotel Traube Tonbach, Baiersbronn                         Schaden 150.000 €
  •                               Restaurant Jörg Müller Sylt                                        Schaden 180.000 €

 

Photocredit: Barbara Fienhold

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