Umsturz beim Gault & Millau Frankreich | BISS

Umsturz beim Gault & Millau Frankreich

Teufel

Jacques Bally muss gehen, Zakari Benkhadra kommt

 

Von Jörg Zipprick

Septemberrevolution beim Gault & Millau France. Die russische Eigentümerfamilie Skvortsov hat den bisherigen Geschäftsführer Jacques Bally überraschend und kurz vor Erscheinen des 2021er Guides abgelöst.

Der neue Tausendsassa

Glaubt man der Meldung der Presseagentur 14 Septembre handelt es sich bei seinem Nachfolger Zakari Benkhadra, 60, um ein Multitalent: „Ausgebildet in Management, begann er seine Karriere in der Hotel- und Restaurantbranche (Hyatt Hôtel). Anschließend wechselte er zu Marketing und Beratung (Young & Rubicam). Er setzt seine Karriere in der Welt des Lifestyle fort (Souleiado). Neugierig, eloquent, effizient und visionär navigiert er zwischen der Vivendi Group, der Entwicklungsabteilung der Paris Expo und der Geschäftsführung von Saint Clair, dem Caterer. 2007 wechselte Zakari Benkhadra zu Alain Ducasse und übernahm das Ruder von Alain Ducasse Education. Er entwickelt aktiv die Strategie der Tochtergesellschaft und ihr Image. Das Mitglied der COMEX schuf nach der Umstrukturierung der Struktur den ersten „Master der französischen Patisserie“… Anschließend beriet und unterstützte er die größten Akteure der Gastronomie und gründete den Salon de la Pâtisserie. 2018 gründete Zakari das Institut Culinaire de France, wo er das Bildungswesen und institutionelle Partnerschaften strukturierte.“

No name CEO

Zeitgleich wird ein Engagement des Gault & Millau im Bereich Hospitality, also Hotellerie, angekündigt. Benkhadra ist bisher nicht als Restaurantkritiker, Journalist oder Verleger in Erscheinung getreten, er ist in der Szene unbekannt. Laut französischem Handelsregister ist das Institut Culinaire de France im Bereich der Erwachsenenbildung tätig ist. Für 9.900 bis 18.300 Euro kann man sich hier in das Bäcker- und/oder Patissierhandwerk einweisen lassen. Das Gesellschaftskapital beträgt 10.000 Euro. Benkhadra leitet auch das Beratungsunternehmen „Sweet World“ und CBEX, einen Organisator von Messen. Umsätze wurden nicht gemeldet.

In Deutschland hört man gelegentlich, solche Nachrichten gehören höchstens in den Wirtschaftsteil einer Zeitung. Und überhaupt sei doch mit der Marke Gault & Millau alles in Ordnung, solange Marc Esquerré noch als Cheftester agiert. Diese Argumentation verkennt, dass es sich beim Gault & Millau um ein sogenanntes Vanity Investment handelt, also um eine nicht unbedingt auf Gewinn ausgerichtete Geldanlage. Die Zeiten in denen Restaurantführer Bestsellerauflagen einfuhren sind längst vorbei. Auch der Michelin ist inzwischen in Frankreich im unteren fünfstelligen Bereich angelangt, was jeder gegen einen kleinen Obolus beim Auflagenwächter Edistat nachlesen kann. Wer den Gault & Millau besitzt, der möchte in Frankreichs kulinarischer Landschaft eine Rolle spielen. Nicht selten hat sich deshalb in den vergangenen zwanzig Jahren die Geschäftsführung zumindest teilweise auch um redaktionelle Angelegenheiten gekümmert. Und auch Marc Esquerré kann Restaurants nur im Rahmen des Budgets testen, das die Eigner des Gault & Millau ihm zuteilen.

Der russische Eigentümer entscheidet

Die Art und Weise wie Jacques Bally, der in den vergangenen Wochen noch eifrig Nachwuchstalente in Frankreichs Süden und Südwesten kürte, aus dem Unternehmen entfernt wurde, lässt jedenfalls nur einen Schluss zu: Hier stießen gegensätzliche Interessen aufeinander. Bally selbst scheint das nicht anders zu sehen. Im Gespräch mit Sandrine Kauffer-Binz, der Frau des Elsässer Kochs Julien Binz, präsentiert er sich als französischen Bewahrer der Integrität des Gault & Millau.

https://www.facebook.com/409630105782441/posts/3406483176097104/?vh=e&extid=r45bX3sHC0sqOqtl

Was passiert jetzt? Jacques Bally wird, wie in Frankreich durchaus üblich, sein Netzwerk an Kontakten unter Köchen und Sponsoren aktivieren und vielleicht versuchen, einige der Projekte, die er für den Gault-Millau angeschoben hatte anderweitig durchzuführen. Benkhadra wird es schwer haben, zumindest am Anfang. Derzeit weiß nur einer um die künftige Ausrichtung des Gault & Millau und das ist Eigentümer Vladislav Skvortsov.

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