Restaurantkritik: Seven Swans | BISS

Restaurantkritik: Seven Swans

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Kraut & Rüben sind noch keine vegetarische Küche

 

Von Ludwig Fienhold

 

Grüner Problemfall

So wird das nichts mit dem Vegetariat

 

Das Seven Swans hat sich an der Wurzel gepackt und serviert nur noch Grünes, vorwiegend von den eigenen Wiesen im Taunus. Man will ohne Fisch und Fleisch auskommen, hat aber die alte Küchenmannschaft beibehalten, die mit dem bisherigen Konzept sehr gut aufgestellt war. Dieser radikale Schnitt mag aus der Sicht eines Vegetariers ein Fortschritt sein, aus dem Blickwinkel des Genießers wurde damit aber die eigentliche Substanz aufs Spiel gesetzt.

Dass man vor dem Essen seine Hände in unschuldiges Wasser mit Kräutern tauchen und reinwaschen kann, passt zu einem vegetarischen Restaurant, ist aber auch ein Ritual, das wie alle Rituale Nervpotential hat. Man kann es allerdings ebenso als netten Einstieg begreifen. Das eigentliche Entree mit gutem Vinschgauer Brot, gesalzener Butter mit Tannenwipfelsprossen und Rapsöl mit Knoblauchrauke ist uns dennoch lieber. Im Seven Swans gibt es nur noch zwei Menüs (5 Gänge 79 €, 6 Gänge  89 €), denen man mit keiner Kombination entkommen kann – alles nur noch im grünen Bereich. Für einen, der nach einem Wurstzipfel sucht, gibt es keinen Lichtblick. Der Jagdhund am Nebentisch saß unterm Tisch und würdigte dem Geschehen nicht einmal einen müden Blick.

Jan Hoffmann mit sterbendem Schwan

Jan Hoffmann mit sterbendem Schwan

Die Preise sind ganz gewiss für die ein Problem, die keine hochwertigen und teuren Fleisch/Fisch-Produkte mehr auf dem Teller sehen, sondern nur noch Gemüse, Wurzeln und Kräuter, die von den eigenen Wiesen im Taunus stammen. Können der Einsatz des Gärtners dort und der Mehraufwand in der Küche diese Preise rechtfertigen?

Das wäre alles gar kein so großes Thema, wenn das Ergebnis stimmen würde. Wir hatten angesichts der Speisekarte kein geschmackliches Erdbeben erwartet, aber doch wenigstens so etwas wie eine Regung. Es rührte sich aber leider auf keinem Teller etwas. Kein Blatt lebte, alles wirkt müde, energielos, monoton. Beim Grünkohl mit Holunder, Blumenkohl und Graupen war von einem Holunderduft nichts wahrzunehmen, die ganze Masse erschien eher wie eine einsame Grütze, die sich nicht nach der Gesellschaft des Gastes sehnte und lieber weiter allein bleiben wollte. Wir haben sie und uns dennoch gequält, weil wir dachten, dass irgendwann in der Tiefe des Tellers vielleicht doch noch so etwas wie Geschmack auftauchen könnte. Man kann mit Zucchini, Johannisbeeren, Senfsaat und Wildkräutern spielen, nur muss dann auch eine schlüssige Kombination mit einer Aussage daraus entstehen. Buschbohnen, Äpfel, Schalotten, Linsen und Altefelder Uralt Käse sind für sich genommen ehrenwerte Gesellen. Man kann sie aber auch gegen ihren Willen so zusammenbringen, dass ihre Verbindung völlig sinnlos erscheint. Seltsam leer auch die Mixtur aus Zuckerwurzel, Pfirsich, Vogelmiere und Haferwurz. Wir hofften insgeheim, dass spätestens jetzt Hape Kerkeling aus der Küche springen würde, der seinerzeit mit seinem legendären „Hurz“-Gesangsgedicht den Ernst des Bildungsbürgertums parodierte. Doch das Essen im Seven Swans war bitterer Ernst.

Grünkohl-Gericht

Grünkohl-Gericht

Kraut und Rüben ergeben noch lange keine vegetarische Küche. Wie man Vegetarisches mit Finesse, Aromatik und Spannung präsentieren kann, zeigen in Frankfurt beispielsweise die Restaurants Lafleur und Gustav. Küchenchef Jan Hoffmann und sein Team vom Seven Swans haben vor der Konvertierung zum Vegetarischen bewiesen, dass sie gut sind und tolle Gerichte über den Pass schicken können. Doch jetzt scheint alles anders. Hier kocht jemand mit großer Mühe und doch verzweifelt vor allem gegen sein eigentliches Talent an.

Im Seven Swans wurde schon immer mit Hang fürs Grün gearbeitet. Als das Restaurant mit Kimberly Unser als Küchenchefin eröffnete, hatte es mit seiner kunterbunten Wald & Wiesen-Küche einen innenwohnender Zauber, den es danach nie wieder erreichte.

Seven SwansDas Seven Swans gehört zu den schönsten und amüsantesten Design-Adressen der Stadt. Der Service ist besser denn je. Der neue Restaurantleiter Christoph Schulz zeigt die Leidenschaft, die der Küche derzeit fehlt. Seinem beherzten und fundierten Engagement ist es zu verdanken, dass der Abend im Seven Swans etwas Freudiges und Lebendiges vermittelte. Ähnliches gilt für die Weine. Anfangs gab es eine recht kümmerliche Karte, die trotz mancher zufälliger Treffer oft ins Leere zielte. Inzwischen ist daraus immerhin eine eigenständige gute Auswahl geworden, die biologische Weine präferiert. Es gibt ausreichende Empfehlungen – etwa den wunderbaren frischen Jura-Chardonnay „Marcus Terentius Varro“ von der Domaine Buronfosse. Eine absolute Überraschung ist  der feinperlende Cremant von Rietsch aus dem Elsass, wo dieser Extra Brut gemachte Schaumwein unter den alkoholischen Zuckerbomben der Region wie ein schlanker Exot erscheint.

 

Seven SwansSeven Swans, Frankfurt, Mainkai 4, Tel. (069) 21 99 6226. Geöffnet Dienstag – Samstag ab 18.30 Uhr. Menü: 79 und 89 €.

 www.sevenswans.de.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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