Restaurant-Kritik: Das neue Gustav ganz im Glück | BISS

Kategorie | 2015, Aktuelles, Archiv, März 2015

Restaurant-Kritik: Das neue Gustav ganz im Glück

Gustav als Fischmaul

Küchenchef Jochim Busch startet famos

 

Neues Top-Restaurant

in Frankfurt

 

Von Ludwig Fienhold

 

Machen wir es kurz: Dies ist die erfreulichste Neueröffnung der letzten Jahre in Frankfurt. Selten hat aus dem Stand eine Küche derart überzeugt wie die vom Restaurant Gustav. Jochim Busch arbeitet so feinsinnig, dass jeder Bissen zu einem emotionalen Erlebnis wird. Das kunstvolle Interieur berührt durch natürliche Schönheit und beschwingtes Design. Eine individuelle Weinauswahl und ein gastfreundlicher Service stimmen obendrein vergnüglich ein. Ziemlich viel Gutes schon wenige Tage nach dem Start.

Küchenchef Jochim Busch

Küchenchef Jochim Busch

Frankfurt wird kulinarisch immer stärker, mit Jochim Busch gibt es ein weiteres Talent, das man bereits jetzt zur Spitze zählen darf. Busch war Souschef bei Andreas Krolik im Tigerpalast, mit dem er zuvor aus dem Brenners Park-Hotel von Baden-Baden an den Main wechselte. Seine Stärken sind schnell zu erkennen: Gefühlsbetonte Ausdruckskraft gepaart mit großem Kombinationsgeschick. Jedem Teller entspringt wohlformulierte Leidenschaft. Handgeschnittenes, ungemein saftiges Beef Tatar verschmilzt mit pochiertem Ei, aromatischen Pilzen und duftigen Wildkräutern. Hundertmal gegessen, aber nur selten so gut. Saftstrotzendes Schmorhuhn mit separierter krosser Haut, Wurzelgemüse, Salzzitrone, Salbei und den schlotzigen Kugelnudeln Fregola Sarda in satter Jus hört sich auch wieder weniger spektakulär an, schmeckt aber in seiner aus perfekt abgestimmten Details zusammengeführten Unität hinreißend.

Apfel-Gurken-Dessert

Apfel-Gurken-Dessert

Die Küche verwendet gerne regionale Erzeugnisse mit spürbar gutem Eigengeschmack, meist von ausgesuchten Bio-Betrieben wie dem Dottenfelder Hof. Deshalb kann man auch als eingefleischter Nichtvegetarier seine wahre Freude an der betont grünen Küche im Gustav haben. Lokal koloriert und doch weltmännisch im Auftritt, gerät die stilsichere Föderation aus Handkäs, Schmand von Apfelessig und Roten Zwiebeln, geröstetem Brotscheibchen und Frankfurter Kräutern zu einem Käsegericht erster Güte.

Der Nachtisch ist oft ein zu vernachlässigendes Schlusslicht. Nicht aber bei unseren Dessert-Druiden, Christian Hümbs (Haerlin, Hamburg) oder Benjamin Kunert (Villa Rothschild, Königstein). Und nun zeigt auch Jochim Busch, wie famos Desserts sein können, sofern sie eben nicht einfach auf einfältige Süße setzen, sondern sublime Eigenständigkeit zeigen. Ein Meisterwerk an Raffinesse ist das Apfel-Sorbet auf Buttermilchspiegel mit Gurke und einem frisch aufgegossenen Sud aus Pimpernelle und anderen Kräutern der Grünen Soße. Bitte, lieber Gustav, in Flaschen abfüllen und im noch zu eröffnenden Merchandise-Shop verkaufen. Die Gerichte sind von animierender Leichtigkeit, selbst nach mehreren Gängen bleibt ein beschwingtes Lebensgefühl erhalten. Die zwei Mittagsmenüs sind wunderbar kurzweilig und doch komplex, abends geht es noch etwas aufwendiger und kreativer zu. Gemessen an der enormen Leistung, alles zu gemeinnützigen Preisen.

GustavRestaurantleiter Stefan Katzki, zuvor in der Frankfurter Villa Merton, kann sich auf eine gute Weinselektion von 180 Positionen stützen, wie man sie nicht oft in der Stadt findet, wobei gerade die Nischenprodukte interessant sind. Da kommt dann ein erfrischend schlanker Chardonnay von der jungen Domaine des Marnes Blanches aus dem Jura an den Tisch oder ein cremig-eleganter Chenin Blanc L´Echalier von der Domaine Bertin-Delatte von der Loire. Die als Sommelière eingeplante Dolores Martinez Lopez (zuvor Juan Amador, Villa Rothschild, Allgaier) will jetzt doch lieber als selbständige Weinberaterin arbeiten, wobei für sie Milica Trajkovska Scheiber zur Stelle ist, die mit ihrem Mann Matthias das Restaurant Weinsinn in der Nähe betreibt und nun das neue Lokal Gustav führt. Sie ist auch für die Innenausstattung verantwortlich, die gemeinsam mit Künstlern und Designern entstanden ist. Neben dem heiter gestimmten Ambiente fallen haptische Highlights auf – die edelknitternden Leinenservietten und die schönen Holztische, für die jegliche Bedeckungen eine Beleidigung wären. Die Stühle sind so bequem, dass man gerne länger bleibt.

 

GustavGustav, Frankfurt, Reuterweg 57, Tel. (069) 74745252. Geöffnet Dienstag bis Freitag 12 bis 14.00 Uhr sowie ab 18.30 Uhr. Samstag ab 18.30 Uhr. www.restaurant-gustav.de

Die Mittagskarte wechselt  1 x in der Woche jeden Dienstag, 2 Gänge 29 €, 3 Gänge 34 €. Abends findet alle 3 – 4 Wochen ein Wechsel statt, die Preise liegen zwischen 57 und 77 €, 3/4/5 Gänge.

 

 

 

 

BILDER GALERIE

 

Photocredit: Barbara Fienhold 

 

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