Pleiten, Pech & Pannen: Die verzweifelte Gastronomie | BISS

Kategorie | 2019, Aktuelles, Archiv, Juli 2019

Pleiten, Pech & Pannen: Die verzweifelte Gastronomie

Klaus Peter Kofler

Ein Kommentar mit BISS

 

Kofler & Kompanie befinden sich in der Insolvenz, Jamie Oliver floppt mit seinen italienischen Restaurants, an denen allein 1.300 Stellen hängen, der Kettenbetrieb Vapiano ist schwer angezählt. Die Reihe von Pleiten, Pech & Pannen in der Gastronomie setzt sich dramatisch fort.

Klaus-Peter Kofler (r. oben im Bild) camoufliert sein Scheitern mit jenen Worthülsen, die man aus Wirtschaft und Politik kennt und schon lange nicht mehr hören kann. Solche Verschraubtheiten und Plattitüden, die nach Vernunft klingen wollen, aber Verzweiflung erkennen lassen, sollen Glaubwürdigkeit herstellen und bewirken genau das Gegenteil. Warum sagt in einem solchen Fall niemand: Ich habe Fehler gemacht, ich bin gescheitert und will alles versuchen, es wieder besser zu machen? Eine Insolvenz ist kein endgültiger Untergang und birgt noch eine Chance.

Jamie Oliver, der sich mit einigen Millionen und einem überschaubaren Imperium hätte begnügen können, hat sich einfach überhoben. Er konnte sich vor Jahrzenten mit einer schlichten Fernseh- und Volksküche einen Namen machen, besaß aber überhaupt keine Kompetenz für die italienische Küche. Jetzt setzt er auf Veggie, was eher einer Verzweiflungstat gleicht. Seine Art zu kochen ist längst passé, sein Charme verschossen. Warum will er nicht einfach loslassen? Der einst schlanke freche Jamie ist dickleibig und behäbig geworden. Um seine Finanzen (angeblich über 200 Millionen Pfund) muss man sich (noch) keine Sorgen machen, um seinen Seelenfrieden vielleicht eher.

Die Kölner Betriebskette Vapiano ist angezählt, wobei die pseudo-italienische Art und die fehlende Qualität eigentlich nie eine Chance hätten haben dürfen. 2017 hatten die einstigen Shootingstars der Systemgastronomie ein Minus von 30 Millionen zu verzeichnen. Man will nachbessern. Wie tot darf man sein, um noch wiederbelebt werden zu können?

Die Deutsche Bank streicht Stellen, statt den Vorstand zu streichen, der zum Scheitern des Unternehmens geführt hat. Man muss kein Sozialist sein, um den allgegenwärtigen Werteverlust zu erkennen. Dieser Werteverlust ist kein wirtschaftlicher, es ist der Werteverlust der Ehrlichkeit und der Glaubwürdigkeit.

Fast jedes vierte Unternehmen im Gastgewerbe in Deutschland ist laut der Wirtschaftsauskunftei Creditsafe überschuldet. Manche wirtschaften schlecht, viele übernehmen sich. Die Ursache dafür ist wie bei fast allen Krankheiten multifaktoriell. Beim Patienten Gastronomie liegt der Grund des Scheiterns oft in der Selbstüberschätzung, gepaart mit Geltungsbedürfnis und Raffsucht. Solche Beweggründe münden nur selten in einer wahrhaftigen Wertschätzung der Person, weil diese nur im Gleichklang mit einem glaubwürdigen Charakter entstehen kann.

Es geht auch anders: Johann Lafer, der oft von Häme begleitete Fernsehkoch und Unternehmer, war im Grunde nichts anderes als ein fleißiger Mensch. Er hat inzwischen die Stromburg abgegeben und betreibt nur noch sein Hightech-Kochstudio. Lafer hat losgelassen. Und wirkt so entspannt wie selten zuvor.

Ludwig Fienhold

 

 

 

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