Ein Trend rennt um die Welt
Von Ludwig Fienhold
Street Food ist auf der Überholspur, kann aber auch in der Sackgasse enden, wenn dieser Begriff weiter falsch interpretiert und bloß ausgeschlachtet wird. Plötzlich will jeder auf die Straße, doch Imbiss und Fast Food gehören in eine ganz andere Kategorie. Was aber ist Street Food und was haben wir davon?
Unter die große Kochmütze mit den Namen Street Food scheint alles zu passen, von der Currywurst bis zum Döner. Das schadet der an sich guten Grundidee, denn Street Food definiert sich nicht allein durch ein „von der Hand in den Mund“. Die Wiege der Straßenstände und Garküchen steht in Bangkok und Hongkong. Dort findet man die eigentliche Volksküche. Frischer, besser und preiswerter kann man kaum sonst wo essen. Es handelt sich meist um kleine Familienbetriebe, die sich nie ein eigenes richtiges Restaurant leisten könnten. Und sie geben jenen Platz, denen wiederum einen Restaurantbesuch unerschwinglich ist. Zudem sind in Hongkong und Bangkok, wo das Essen von allergrößter Bedeutung ist, die Restaurants alle derart gut belegt, dass man nicht so einfach einen Tisch bekommt. An den Garküchen unter freiem Himmel ist jedoch immer ein Hocker frei.
Wie alle Wiegen der Kultur, werden auch die des Street Foods nicht selten verschaukelt. Manche machen sich einfach nur einen Spaß daraus, viele wollen sich an einen Trend hängen, leider mit nur mageren Ideen. Street Food ist handwerklich & frisch, regional & international, schlicht & kreativ, schnell zubereitet & unkompliziert aus der Hand zu essen. Und nie langweilig. So zumindest das Idealbild. Der Brooklyn Food Market in New York bietet über 100 Ständen Platz für aberwitzige Kapriolen und Ethno-Essen. Im Grunde schon mehr ein kulinarisches Happening und Treffpunkt für Szene-Köche. Beim Real Food Market am Southbank Centre Square in London geht es etwas anspruchsvoller zu, stehen interessante und hochwertige Erzeugnisse im Mittelpunkt. Zentrum der deutschen Street Food Märkte sind Berlin und überraschenderweise Nürnberg.
Der Street Food in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg ist wie die ganze Stadt wunderbar bunt und erstaunlich um Qualität bemüht. In Nürnberg treffen sich regelmäßig Food Trucks, junge Straßenköche und Straßenkünstler zu einem Festival. Der neue Street Food Markt am 7. Mai soll Auftakt zu einer weiteren Veranstaltungsreihe sein, die indes ziemlich nach Party aussieht. Markt oder reine Vermarktung?
In Frankfurt hat sich noch kein Street Food entwickelt, wenngleich der Markt im Hof in Sachsenhausen schon deutlich in diese Richtung geht. Außer auf Food Guerillas trifft man dort auf individuelle Kaffeeröster, Craft Beer und handwerkliche Apfelweine. Wahrscheinlich dürfte es in Frankfurt aber wegen der bürokratischen Hürden sehr schwierig werden, Street Food zum Leben zu erwecken. Ähnliches hat Wien erfahren müssen. Immerhin flackern hie und da einige Ideen dazu auf, wie jetzt im Frischeparadies in Frankfurt-Griesheim.
Dass Street Food mehr sein kann und will als ein Grillwürstchen am Rande des Bürgersteigs sieht man an manchen exemplarischen Beispielen. Das Frankfurter Frischeparadies rief ein Street Food Festival aus – und über 500 Besucher von Hotellerie, Gastronomie und Fachhandel kamen. Vor allem Thomas Funke von Soul Food nahm das Konzept der Straße klug auf und zeigte, das Schnelligkeit auch mit Qualität einhergehen kann. Es bedarf schließlich auch bei Street Food soliden handwerklichen Könnens. Funke servierte zwei famose Burger, den einen mit saftigem Duroc-Schwein und krosser Kruste, den anderen mit leicht asiatisch gewürzten Garnelen. Das Burger-Brötchen war auch nicht von Pappe, ganz im Gegenteil: Es stammte vom Ausnahmebäcker Arnd Erbel aus Dachsberg, der für seine Spitzenerzeugnisse auch von Topköchen geschätzt wird. Die dezent süße Mole-Würzmischung aus Kakao, Nelke und Zimt passte jedenfalls hervorragend zum Duroc-Schwein und den Garnelen. Gute individuelle Produkte sind die Basis von Street Food, Massenware gehört nicht dazu.
Gleiches gilt für die passenden Getränke. Selbstgemachte Limonaden, handverlesener Kaffee oder Craft Beer gehen gut. Und natürlich ausgesuchte und gerne auch preiswerte Weine, abseits des Mainstreams. So wie sie Kai Schattner beim Street Food Festival im Frischeparadies ausschenkte. Allen voran der pfiffig-pfeffrige Grüne Veltliner der Zwillingsbrüder Sax aus dem österreichischen Kamptal.
Die Straßenschlacht um Street Food hat gerade erst begonnen.
Bilder von Barbara Fienhold im Frischeparadies
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