Bitte mehr Respekt vor
einen großen Klassiker
Italienische Achterbahnfahrt der Gefühle
Was waren wir begeistert, als wir endlich einmal nach unzähligen und zermürbenden Besuchen in ganz Deutschland ein italienisches Lokal gefunden hatten, das eine authentische und obendrein noch umwerfend gute Pasta Carbonara auf den Tisch brachte. Leider um später umso mehr enttäuscht zu werden, wobei die Erklärung für die Misere unglaublich war.
Das Lokal La Perla Nera liegt abseits von Frankfurts Zentrum im kulinarisch und auch sonst etwas trägen Stadtteil Bergen-Enkheim, geografisch genau: in Enkheim. Von außen betrachtet ein Schuhkarton, innen aber sehr schön mit vielen Weinflaschen und Weinkorken gestaltet. Die Karte bietet einige sehr schöne Weine zum fairen Preis. Herausragend dabei ist beispielsweise der Taburno von der Fattoria La Rivolta Jahrgang 2020 aus Kampanien aus der autochthonen Rebsorte Falanghina. Dieser saftig-süffige Wonneproppen passt allerbestens zu sämtlichen Pastagerichten des Hauses. Garniert wird alles mit einer netten Atmosphäre und einem sympathischen Service.
Beim ersten Besuch hatten wir Pasta satt und noch einiges mehr, alles in bester und selten zu erlebender Art und Qualität. Die größte Überraschung waren die Spaghetti Carbonara „originale italiano“. Hier mit Speck, Ei und Parmesan. Aber nicht mit irgendeinem Speck, sondern mit dem luftgetrockneten Schweinebackenspeck Guanciale. So kross, würzig, zart und pikant wird kein anderer Speck. Die Carbanora im La Perla Nera war ausgezeichnet und wurde nicht mit einer Sahnesauce zubereitet, wie dies allzu oft und allzu schlecht hierzulande aufgetischt wird.
Die Sauce wird schließlich nach Originalrezept einfach viel besser und feiner und letztlich auch cremig, weil die Emulsion aus dem gebratenem und ausgelassenen Speck, Käse und stärkehaltigem Nudelwasser nebst Eigelb eine perfekte Konsistenz bekommt. Der Käse muss dabei nur leicht dosiert eingesetzt werden, wobei auch hier häufig übertrieben wird. Ob man Parmesan oder Pecorino verwendet variiert, obwohl viele nur Pecorino gelten lassen. Pecorino vom Schaf kann schnell zu salzig und zu intensiv schmecken, den Kuh-Parmesan vertragen eventuell manche nicht. Im La Perla Nera zieht man Parmesan vor. Besonders wichtig aber: Bevor man die Spaghetti abgießt, muss man etwas Nudelwasser abschöpfen, das stärkehaltige Wasser ist der beste Emulgator für eine sämig-glänzende Carbonara. Elementar für die Sauce sind außerdem geröstete schwarzer Pfefferkörner, deshalb auch der Name „Carbonara“. Diese Perfektion erlebten wir im Lokal La Perla Nera. Offenbar leider nur ausnahmsweise.
Beim nächsten Besuch wurde uns unter anderem auch eine Carbonara aufgetischt, die keine Freude machte. Das Ergebnis war selbst ohne Sahnesauce absolut mangelhaft. Die Pasta war ein monströses pampiges Gebilde mit viel zu viel Käse. Keine Geschmeidigkeit, keine Finesse, nicht die Spur von Authentizität. Der verwendete Speck war irgendein wabbliger und nicht kross gebratener Speck und schon gar kein Guanciale. Mit seiner Überdosis Salz schaffte er es alles endgültig zu ruinieren. Die auffällig großen Portionen sollen wohl mangelnde Qualität ausgleichen. Der Grappa hier ist sehr gut, besser wäre es, wenn man durch vernünftige Portionen und leichtere Zubereitungen ohne ihn auskommen könnte. Schade, denn sonst stimmt hier fast alles.
Wir haben den Padrone Domenico Donnantuoni, der das Lokal seit 2016 betreibt, gleich noch am selben Abend auf die Panne angesprochen. Seine Erklärung: Bei unserem vorangegangenen Besuch stand er am Herd, aber nur ausnahmsweise. Denn grundsätzlich hat er einen Küchenchef, damit er sich im Service um die Gäste kümmern kann. Unser Vorschlag: Domenico sollte kochen und seinem Küchenchef den Service überlassen.
Ludwig Fienhold
Fotos: Barbara Fienhold
La Perla Nera, Frankfurt, Bergen-Enkheim, Triebstr. 36, Tel. 06109 31767
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