Gastronomie: Mit Volldampf in die Krise | BISS

Kategorie | 2013, Aktuelles, August 2013

Gastronomie: Mit Volldampf in die Krise

Auch gute Köche

machen Fehler

 

Die schnittige BISS-Kolumne

 

Es gibt keine bestimmten Krisenzeiten. Das Leben ist eine Dauerkrise. Auch für Hoteliers, Gastronomen und Köche. Aber sie reagieren panisch auf Sommerlöcher und andere schwache Zeiten. Und sie reagieren meist falsch. Jeder weiß, dass es nichts Schlimmeres gibt, als bei ausbleibenden Gästen die Preise zu erhöhen, obwohl es keine erkennbaren Verbesserungen als Gegenwert gibt. Ergebnis dieses kontraproduktiven Aktionismusses: Die Gäste bleiben erst recht weg. Im Grunde weiß dass jeder, und doch erlebt man dieses Szenario als die ewige Wiederkehr des Gleichen. Umgekehrt wird auch nichts daraus: Preise senken schafft kein Vertrauen in die Leistung und gibt nur das falsche Signal, dass es plötzlich doch billiger geht und vorher einfach zu teuer war.

Überhaupt nicht hilfreich, vor allem für gute Restaurants, sind billige Schlemmer-Wochen, All You Can Eat Angebote, Ein-Preis-für-Zwei-Offerten und ähnlicher Dumpfsinn. Solchen Ideen merkt man nur die Verzweiflung des Absenders an. Suche nach Sinnvollem sieht jedenfalls anders aus. Man stelle sich vor, ein Sterne-Koch böte plötzlich ein Menü à la All You Can Eat an? Viel besser wirkt es aber auch nicht, wenn renommierte Köche, etwa in Zusammenarbeit mit Mainstream-Medien der ohnehin fragwürdigen Art, gezielte Aktionen lancieren. Selbst gute und hochdekorierte Köche lassen sich leider immer wieder auf derartige Kuhhändel ein.

Es läuft meist nach dem gleichen Schema ab: Ein bekannter Koch soll ein Menü zusammenstellen, dessen Preis spürbar unter seinen sonstigen Menüpreisen liegt. Er geht auf das Geschäft ein, obwohl er zu allem Überfluss auch noch Prozente an das Unternehmen oder das entsprechende Journal zahlen muss. Um überhaupt auf seine Kosten zu kommen, kann sich der Koch aber nur unter Preis verkaufen, wenn er nicht so hochwertige Produkte verwendet, die Zubereitung weniger aufwendig gestaltet und die Portionen etwas kleiner fährt. Er wird also eher Pasta und Salat als Steinbutt und Trüffel auf die Teller bringen. Das wiederum hat zur Folge, dass die Billig-Gäste enttäuscht sind und sich wundern, warum der betreffende Koch einen Stern oder ähnliche Auszeichnungen hat. Am Ende ist der Koch frustriert, sind die Gäste unzufrieden. In das betreffende Restaurant werden sie jedenfalls nie wieder gehen. Dass solche Gäste augenscheinlich nicht zu der üblichen Klientel passen und das Gesamtbild atmosphärisch stören, kommt erschwerend hinzu.

Die Gastronomen füllen mit solchen Aktionen kurzsichtig gesehen ein paar Tische – aber mit den völlig falschen Besuchern. Mit Gästen, die glauben, man könne einen Porsche zum VW-Preis bekommen. Und dann nur einen Motorschaden hinterlassen.

Ludwig Fienhold

 

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