Gastronomie: Exit oder Exodus? | BISS

Kategorie | 2022, Aktuelles, Februar 2022

Gastronomie: Exit oder Exodus?

Kapstadt, Moca Museum

Das Versagen der Politik

und die Auswirkungen

auf die Gastronomie

 

Die Politik hat die Gastronomie noch nie geschätzt oder gar ihren Wert erkannt. Das macht sich in der Zeit der Corona-Krise besonders bemerkbar, wo Lokale geradezu feinselig behandelt werden. Was in den letzten zwei Jahren mit ihnen geschieht, kann nur zu dem Schluss führen, dass man sie für überflüssig hält.

Ob Restaurant, Wirtshaus oder Café, diese Orte sind Kulturbetriebe, Begegnungsstätten, Lebensquell. „Wir Gastronomen und Hoteliers sind die Pflegekräfte der Gesellschaft“, bemerkt Philipp Rachinger spitzfindig, der mit seinem Mühltalhof im österreichischen Unternberg für viele Genussmomente sorgt. Ganz richtig „Pflegekräfte“, das müsste subventioniert und nicht bekämpft werden. Aber wahrscheinlich wird die Politik nie begreifen, dass man Geld nicht essen kann.

Vom Lockdown zu 2 G plus, als ob ein Todesstoß nicht schon genug gewesen wäre. Mit über 55 % Verlust startet die Branche ins neue Jahr, bei Stadt- und Tagungshotels sieht es noch schlechter aus, Clubs, Diskotheken und Eventcaterer finden im Grunde nicht statt. Die Apelle der Interessenvertretung Dehoga erscheinen bedeutungslos. Wenn im April die narkotisierenden Corona-Hilfen beendet werden, wie Finanzminister Lindner verkündet, wird die Krise der Gastronomie erst richtig beginnen und drastisch an Fahrt aufnehmen – hinein in einen Tunnel ohne Exit. Eine Überlastung der Insolvenzgerichte wird indes niemand anmahnen.

Die Krise als Appetitzügler

 

Großstädte wie Frankfurt verschärfen sogar die Kontrollen der Gastronomie und der Maskenpflicht auf den Straßen. Kein vernünftiger Mensch und auch kein Virologe glaubt, dass im Freien eine ernsthafte Übertragungsgefahr bestünde. Wenn man die Zahlen der RKI als zuverlässig betrachten will, werden als Ansteckungsorte vor allem die privaten Haushalte sowie die Alten- und Pflegeheime genannt. Inzwischen sind die Infektionszahlen des RKI nur noch ein Schätzwert, aber darauf beruhen immerhin die Maßnahmen und Restriktionen der Politik. Längst wollte man die Inzidenzen ohnehin nicht mehr als entscheidenden Wert beibehalten, sondern Hospitalisierungsrate und Intensivbettenbelegung durch Corona-Patienten als neuen Maßstab zugrunde legen. Wiedersprüche, Wortbrüche. Während sich in vielen Ländern die Lage wieder in Richtung Normalität entwickelt, hält Deutschland weiter an seiner restriktiven Politik fest, die nicht nachzuvollziehen ist.

Der Chefdirigent des deutschen Panikorchesters, Karl Lauterbach, wird künftig vielleicht vor jedem Schnupfen warnen müssen, weil ihm die Viren ausgehen. Vorerst darf er noch Omikron als seine  Existenzberechtigung vorführen und sieht ja auch schon wieder eine neue Delta-Variante um die Ecke biegen. Lauterbach kann froh sein, dass es noch Gastronomen gibt, die ihn bewirten. Seine salzlose Suppe könnte er auch zu Hause löffeln.

Verunsicherte Gastronomen, ängstliche Gäste

 

Egal, wie sich die Politik weiter verhält, eines hat sich jetzt schon verändert: Das Vertrauen in die Stabilität von Branchen wie der Hotellerie und Gastronomie ist verloren gegangen. Viele haben den Beruf oder den Job gewechselt, viele werden es noch tun. Man wird sie kaum mehr zurückholen können, da die Angst größer geworden ist als die Hoffnung. Es fehlen überall Mitarbeiter und Fachkräfte, was sich auf Stimmung und Qualität auswirkt. In den USA kündigten über eine Million Menschen in der Gastronomie und Hotellerie im November 2021 ihren Job. Viele Entwicklungen in den USA kommen früher oder später auch in Deutschland an. Ein weiteres großes Problem sind die Gäste. Politik, Medizin und Medien haben Angstgefühle erzeugt, von denen sich viele nicht so einfach mehr befreien können. Dieses implementierte Empfinden der ständigen Bedrohung könnte auf längere Sicht weiter von Restaurantbesuchen abhalten. Was sich in zwei Jahren aufgebaut hat, lässt sich nicht im Handumdrehen wieder abschalten.

NZZ: Wir müssen die Pandemie hinter uns lassen

 

In keinem Land Europas wird wegen Corona so viel reglementiert und diktiert wie in Deutschland. Die Neue Züricher Zeitung (NZZ), im Gegensatz zur FAZ eine Stimme der Vernunft, versteht die Welt aber Deutschland nicht mehr (Hier geht´s zum sehr lesenswerten Artikel „Wir müssen die Pandemie hinter uns lassen“ von Chefredakteur Eric Gujer).  Die politische Kaste hat seit Corona vielfach Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt. Erbärmlich, was sich gerade auch die Gesinnungswächter der Grünen leisten. Habeck, Baerbock und andere Spitzen der Partei haben sich Corona-Boni selbst genehmigt und auszahlen lassen, für einen Mehraufwand an Arbeit wegen der Krise. Sie meinen, weil sie die unrechtmäßig eingesteckten Gelder wieder zurück bezahlt hätten, wäre der Fall erledigt. Nein, hätte den Vorgang niemand bemerkt und öffentlich gemacht, hätte die Grünenspitze das Geld behalten. Auch das ist Corona. Vor allem das ist Corona.

Ludwig Fienhold

 

Bild oben: Moca Museum Kapstadt (Photocredit Fienhold)

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