Bitte nicht ärgern: Guide Michelin 2022 | BISS

Kategorie | 2022, Aktuelles, März 2022

Bitte nicht ärgern: Guide Michelin 2022

Joachim Wissler, Vendome

Irren ist Michelin

 

Sind Joachim Wissler (im Bild rechts) und sein Vendôme in Bergisch Gladbach wirklich keine drei Sterne mehr wert, dafür aber The Table in Hamburg? Ist Tim Raue mit zwei Sternen tatsächlich so wertvoll wie das gleich bewertete Haerlin im Vier Jahreszeiten in Hamburg? Macht es überhaupt Sinn, sich solche Fragen zu stellen, angesichts des Zustands vom Guide Michelin? Wenn jemand in Deutschland zur wegweisenden Avantgarde gehört, dann Joachim Wissler. Bei manchem Auf-Nummer-Sicher-Koch hätte man eher zu einer Abwertung finden können. Aber: Der Michelin macht natürlich Politik und Marketing und will Aufmerksamkeit erzeugen, dazu gehören auch Abwertungen wie jetzt beim Vendôme und seinerzeit beim Schiffchen in Düsseldorf, einem Fehlgriff, der nicht den Koch, aber den Michelin diskreditierte.

Unvergessen: Geradezu bizarre Form erreichte der Michelin in Frankfurt, wo er dem Lokal Wilma eines gewissen Michael Riemenschneider schon sehr frühzeitig nach der Eröffnung einen „Stern“ aufdrückte. Der zwielichtige Koch war vor allem durch seine protzige Autoflotte und nicht für sein Talent bekannt und warf mit Geld um sich. In alle Richtungen. Solchen haltlosen Auszeichnungen wie im Fall Riemenschneider steht die unprofessionelle Ignoranz wirklich großen Talenten gegenüber. Empörendes Beispiel: Lohninger in Frankfurt. Mario Lohninger und sein Vater Paul stehen (mitsamt eines großartigen Teams) im gleichnamigen Lokal seit zwölf Jahren gemeinsam am Herd und begeistern mit brillanten Gerichten wie Miso-Lachs in Orangen-Ingwer-Marinade und Black Cod in geräucherter Consommé mit Rettich-Cannelloni. Es gibt jedoch auch ein Wiener Schnitzel, aber eines der besten auf diesem Planeten. Nur der Michelin hat noch nicht begriffen, wie viel Können und Handwerklichkeit dazu gehören ein solches Wiener von Weltklasse auf den Tisch zu bringen. Und dass auch derartige Traditionsgerichte einer Würdigung wert sein können.

Und dann überhaupt dieser „grüne Stern“, bei dem der Michelin rot werden müsste, wenn er nicht schon rouge wäre. Durch das Grün soll „Engagement in Sachen Nachhaltigkeit“ gewürdigt werden. Abgesehen davon, dass man das völlig abgenutzte und missbrauchte Wort „nachhaltig“ nicht mehr hören kann. Abgesehen davon, dass jeder verantwortungsvolle Koch nachhaltig arbeitet. Abgesehen davon, dass niemand und schon gar kein Michelin wirklich überprüfen kann, ob tatsächlich in einem Lokal nachhaltig gearbeitet wird. Abgesehen davon, dass ein solch fadenscheiniges Ansinnen in die grüne Tonne gehört, müssen wir festhalten: Der Michelin arbeitet weiterhin modisch, seines ehrwürdigen Alters unwürdig und tendenzsüchtig und versucht verzweifelt jung zu werden, um sich bei einem entsprechenden Publikum anzubiedern. Verkauft er sich deshalb aber besser? Ja, der Michelin verkauft sich.

Ludwig Fienhold

 

Neue Sterne für Frankfurt und Darmstadt

Sterneverlust für Joachim Wissler

 

Die beiden größten Überraschungen: Darmstadt hat mit dem Ox zum ersten Mal in seiner gastronomischen Geschichte ein Lokal mit Stern. Das Vendôme im Schloss Bensberg in Bergisch Gladbach verlor seinen dritten Stern und muss jetzt mit zwei Sternen leben. Den dritten Stern gewinnen konnte dagegen Thomas Schanz in Piesport an der Mosel.

Surprise: Die beiden Frankfurter Lokale Main Tower Restaurant & Lounge und Masa Japan Cuisine wurden ebenfalls mit einem Stern ausgezeichnet. Offenbar war niemand vom Michelin im japanischen Restaurant Sakai in Frankfurt.

Von der Michelin-Präsentation wird vor allem eine wirre Moderatorin in Erinnerung bleiben, die nicht aufhörte dem Mischeloo zu einer neuen Aussprache zu verhelfen, geehrte Köche in viel zu kleine Jacken stecken ließ und Teilnehmer händeringend auf ihre vorbestimmten Plätze verwies, damit sie besser ins Bild passten. Keine Sternstunde.  

Die neuen und die verlorenen Sterne

im Guide Michelin 2022 mit einem Klick

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