Corona: Die Gastro-Krise hat erst begonnen | BISS

Kategorie | 2021, Aktuelles, Archiv, Juli 2021

Corona: Die Gastro-Krise hat erst begonnen

Angela Inselkammer findet klare Worte

Es fehlt an Geld, qualifizierten Mitarbeitern

und einer Zukunft

 

Wenn schon besserverdienende Promi-Gastronomen wie Alfons Schuhbeck oder Sarah Wiener in die Insolvenz schlittern, wie soll es dann erst den Normalen in der Branche gehen? In Frankfurt ist das Drama besonders sichtbar. Das Grandhotel Hessischer Hof ist schon längst nicht mehr, jetzt verabschieden sich gleich drei Fleming Hotels, die bislang vor allem von Messegästen und Geschäftsreisenden lebten. Diese Klientel, von denen gerade die Business-Stadt Frankfurt profitierte, bleiben weiterhin aus.

Die Zahl ist erschreckend: Fast 7000 Mitarbeiter aus der Gastronomie/Hotellerie (Küche, Service) haben allein in Frankfurt in ihren Betrieben aufgehört zu arbeiten, um in Bereiche zu wechseln, die sie für stabiler halten. Die Corona-Krise ist eine Vertrauenskrise. Die Gastro-Branche kann der Politik nicht mehr vertrauen, die ihr täglich neues Unheil verkündet und keine Planungssicherheit bietet. Und die Mitarbeiter können zwangsläufig ihren Betrieben nicht mehr vertrauen, weil diese ihnen natürlich auch keine zuverlässige Perspektive geben können. Ein tragisches Spiel in Endlosschleife. Die Mitarbeiter, die jetzt gehen, sind dauerhaft verloren. Gutes Personal wächst nicht nach.

Gastro-Präsidentin findet klare Worte:

Ungeimpfte nicht aussperren

 

Die lediglich narkotisierenden Überbrückungshilfen, sofern sie ihre Zielpersonen erreicht haben, können nichts an der zerstörten Struktur in der Gastronomie/Hotellerie ändern, die dauerhaft bleiben wird. Die Probleme haben erst begonnen, die ganze dramatische Eskalation wird Ende des Jahres und in vollem Umfang 2022 zum Vorschein kommen. Jedenfalls nach den Bundestagswahlen Ende September. Die Anzahl der Insolvenzen in der Gastronomie kann man täglich bei den Amtsgerichten wachsen sehen. Sie trifft selbst Pizzerien, von denen man glaubte, es sei alles in bester Ordnung.

Die Interessenvertretung der Gastronomie/Hotellerie DEHOGA hat sich leider oft in nichtssagenden und wirkungslosen Statements verloren, wobei diese je nach Bundesland durchaus unterschiedlich ausfallen. In Bayern beispielsweise findet man deutlichere Worte. Nur noch Geimpfte in Lokale zu lassen, wie Kanzleramtschef Helge Braun gerade vorschlägt, macht wütend. Auch die Präsidentin des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, Angela Inselkammer (im Bild oben), kann es nicht fassen und sagt „Es wird keinen neuen Lockdown für Bayerns Wirte geben.“ Dass die Politik jetzt wieder durch Drohgebärden die Gastronomie, die Kultur, die Kunst und den Sport erneut hernehme, um zu sagen: Nur Geimpfte dürfen da rein, könne man nicht hinnehmen. „Es gibt keine hundertprozentige Sicherheit.“ Es gebe Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen nicht impfen lassen können. „Die kann man nicht aussperren.“ Angela Inselkammer weist auf die wirtschaftliche Stärke der Branche hin: 450.000 Mitarbeiter, 10.000 Auszubildende und 19 Milliarden Euro Umsatz repräsentieren die 40.000 Betriebe des Gastgewerbes in Bayern – vom Dorfgasthof bis zur Großstadt-Diskothek, vom Landhotel bis zum Biergarten.

Wir werden die Schließung der Branche nicht mittragen

 

Es brauche nun die „unverbrüchliche Zusage“, dass es keine weitere Schließung mehr für die Gastronomiebetriebe geben werde, fordert Inselkammer. Dies sei auch wichtig, weil der Branche das Personal davonlaufe. Schon jetzt fehlten 50.000 Arbeitskräfte. Viele davon arbeiteten gern in der Gastronomie, es fehle ihnen jedoch derzeit die Verlässlichkeit. Angela Inselkammer: „Wir werden die Schließung der Branche nicht mehr mittragen.“

Der Virologe und Epidemiologe Klaus Stöhr meint zur Inzidenz-Grundlage: „Das ist der falsche Weg. Ich kann es nicht verstehen, das sind immer noch die völlig falschen Parameter“, erklärte er bei Bild Live. 99 Prozent der Todesfälle seien bei den über 50-Jährigen zu verzeichnen. Demnach sei es eigentlich klar, dass man sich auf ältere Personen fokussieren müsse. Stattdessen habe man durchgängig die ganze Gesellschaft lahmgelegt. Er betone schon seit Monaten, dass die Hospitalisierungsrate bei den gefährdeten Gruppen, die Einweisungen auf Intensivstationen und die Sterberate die relevanten Werte seien, auf denen Entscheidungen basieren sollten. Dass die Expertise von Fachgesellschaften ignoriert werde, die schon lange den Fokus rein auf die Inzidenz kritisieren, ist für Stöhr nicht nachvollziehbar. Stattdessen würden omnipräsente Politiker den Weg bestimmen und Angst machen. Nur ein Beispiel zur Evidenz der Inzidenz: Auf Malta sind über 83% der Bevölkerung vollständig geimpft, die Inzidenz beträgt jedoch über 271. In Deutschland sind gut 46% zweimal geimpft, die Inzidenz beläuft sich aber lediglich auf 14,3.

Die Politik kennt nur Drohungen statt Lösungen

 

Die Drohkulisse der deutschen Politik soll die Menschen durch die Hintertür zum Impfen bringen. Wenn Hotels und Restaurants tatsächlich nur noch Geimpfte einlassen, bringen sie sich eigenhändig um viele Gäste.  Von den gut 50%, die sich bislang nicht haben impfen lassen, wird ein großer Teil auch weiterhin bei seiner Haltung bleiben. Diese Gäste sind dann für die Gastronomie verloren, die ohnehin schon um jeden Kunden bangt. Aber auch unter den Geimpften sind viele, die wenig bis gar nicht in Restaurants gehen, schon gar nicht in hochpreisige. Die Alten aus den Heimen, Familien mit Kindern, junge Menschen in der Ausbildung, Studenten, Schüler und schlichtweg all jene, die jetzt noch mehr ihr Geld festhalten, sind nicht das typische Klientel für die Restaurants. Wie man es auch rechnet, die Lage für die Gastronomie bleibt dramatisch. Die Regierung will offenbar weiterhin lieber Angst und Schrecken verbreiten und Repressionen durchsetzen, als den Menschen ihre Grundrechte und den Gastronomen und Hoteliers ihre Recht auf Arbeit und die Bewirtung aller Gäste zuzugestehen. Wer jetzt nicht aufsteht, wird lange liegen bleiben.

Ludwig Fienhold

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