Flüssige Patina, Geschichte zum Trinken
Im neogotischen Bussaco Palace ist die Zeit an einer besonders schönen Stelle stehen geblieben. Die Gäste flanieren durch die Hallen eines märchenhaften Ensembles, das wie eine Kreuzung aus Schloss und Kathedrale wirkt und nahezu unwirklich erscheint. Auch der verwunschene Zauberwald, der zum Schloss gehört, atmet Geschichte. Lange waren die eigenen Weine exklusiv für die Hausgäste reserviert, inzwischen kann man sie auch in Deutschland bekommen. Alles stark limitiert, denn insgesamt gibt es jährlich nur knapp 20.000 Flaschen.
Das zur Legende gewordene Hotel wurde 1885 für den letzten portugiesischen König errichtet und 1917 von der Familie de Almeida zum Luxus-Hotel umgebaut. Es liegt auf einem Hügel im Herzen des Bussaco-Nationalparks. Könige, Königinnen und Staatsoberhäupter bezogen Quartier, ausschließlich sie kamen in den Genuss der Palace-Weine. Nicht nur das Palace hat etwas von zeitloser Schönheit und Würde, auch die Weine sind von klassischer, fast schon archaischer Natur.
Die Trauben stammen aus den Regionen Dão und Bairrada. An der uralten Herstellungsweise hat sich nicht viel geändert. Die reifen Trauben werden bis heute in traditionellen Steintrögen, den Lagares, mit Füßen gestampft. Die Weine werden in Fudern oder auch in 300 Liter-Fässern ausgebaut. Als Weinberater hat das Bussaco Palace Dirk van der Niepoort gewinnen können, einen Großmeister der Weinelite Portugals. Ihm ist es zu verdanken, dass Hendrik Thomas Hamburger Unternehmen „Wein am Limit“ zu den ganz wenigen auf der Welt gehört, das diese Weine auch außerhalb des Hotels vertreiben darf.
Die Weine, ob Rot, Weiß oder Rosé, brauchen viel Luft, man sollte sie karaffieren und nicht zu warm trinken. Die Weine sind „old school“, nicht üppig und konzentriert, sondern schlank und eher dezent. So oder so ähnlich könnten sie auch zu königlichen Zeiten geschmeckt haben. Bussaco (international) oder Buçaco (portugiesisch) will den Spirit von früher einfangen und bewahren.
Warum wir gerade den Rosé des Bussaco-Trios vorstellen? In dieser BISS-Ausgabe geht es ausschließlich um das Thema Rosé und die besonderen Vertreter dieser Spezies. Außerdem ist dieser Rosé eine Rarität, die nicht in jedem Weinjahr erzeugt wird. Der Rosé wurde 2017 erstmals nach rund 100 Jahren wieder gekeltert. Insgesamt drei Mal, 2017, 2019 und 2020. Dieser Wein tanzt nicht nur einen Sommer, er kann gut reifen.
Wir wollen den Wein ganz gewiss nicht heilig sprechen, aber er hat wirklich etwas vom Odeur einer Kathedrale, von in Stein gehauener Geschichte. Flüssige Patina. Er ist steinig, straight, trocken. Ein Hauch Steinobst, etwas Cranberry, nichts Quietschiges. Eigentlich ein Anti-Rosé. Den Preis von 79 € wird nicht jeder verstehen, aber man trinkt mit dieser Rarität eben auch Geschichte.
Ludwig Fienhold
Bezugsquelle: Wein am Limit, www.weinamlimit.de
Photocredit: Bussaco Palace
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