Problemlage: Ein Juwel
im Bahnhofs-Trash
Von Ludwig Fienhold
Das Frankfurter Bahnhofsviertel ist vom hippen Ausgehrevier längst zum trashigen Problemfall geworden. Ausgerechnet dort wurde mit den Neckarvillen ein Schmuckkästchen als Hotelensemble eröffnet, das von Anfang an gegen Tand und Schmodder ringsum anzukämpfen hatte. Nun haben die Betreiber, die Althoff-Gruppe in Köln, und der Besitzer der Immobilie, die Gloram Real Estate in Frankfurt, ihre Trennung bekanntgegeben. Nach nur drei Jahren, wobei das Hotel durch den teilweisen Corona Lockdown vielleicht nicht genug Zeit für eine gute Performance fand, gerade diese Zeit aber weit besser hätte nutzen können, um die Öffentlichkeit und Frankfurt auf sich aufmerksam zu machen.
Angeblich habe das Hotel „wirtschaftlich erfolgreich“ betrieben werden können, wie es ebenso offiziell wie fadenscheinig heißt. Wenn ein Hotel wirtschaftlich erfolgreich ist, muss man ja eigentlich nichts ändern, schon gar nicht die Zusammenarbeit kündigen. Es soll auch unterschiedliche Auffassungen in der Positionierung des Hotels gegeben haben. Auf unsere Nachfrage hin, heißt es wiederum, „In Hinsicht auf das Team, die Gastronomie und die Partnerbetriebe bleibt alles unverändert, sodass die Neuerungen für die Gäste nicht sichtbar sein werden.“ Spätestens jetzt drängt sich die wiederholte Nachfrage auf, was man denn anders und besser machen wolle, wobei sich Besitzer „Gloram“ bedeckt hält und nichts weiter dazu sagen möchte. Nur dies: „Das Neckarvillen Boutique-Hotel wird ab dem 1. Juli unter eigener Leitung fortgeführt.“ Althoff ist raus, Investor Gloral Real Estate glaubt es alleine besser zu können.
Die Probleme bleiben indes die gleichen. Das Bahnhofsviertel schreckt alle ab, die allein durch ihre Schuhe signalisieren mehr Geld zu haben, als jene, die in diesem Viertel im Elend leben. Vor der Haustür des Hotels am Jürgen von Ponto Platz treffen sich Dealer und andere unangenehme Gestalten, die den ohnehin trist gestalteten Brunnen tagtäglich in eine Müllhalde verwandeln. Dieser Platz soll immerhin die Terrasse des hochpreisigen Petit Royal des Hotels sein – mehr Widerspruch geht nicht.
Das denkmalgeschützte Ensemble aus vier benachbarten Gebäuden mit 133 Zimmern zählt zu den schönsten Häusern im Bahnhofsviertel, die historischen Sandsteinfassaden mit Elementen aus Neobarock, Neoklassizismus und Jugendstil und ihre aufwendigen Dach-Schnitzereien wurden glanzvoll in Szene gesetzt. Die Zimmer sind nicht gerade groß, aber attraktiv im Stil von Art déco gestaltet. Jeder Schubladengriff ist von geschmeidiger Haptik, die schlanken Lichtschalter mag man ständig berühren. Das Auge wohnt mit. Dunkles Mahagoniholz, edles Messing, geflämmtes Parkett, samtige Stoffe und Leder. Lampen, die wie Kunstwerke erscheinen.
Mit dem Restaurant Petit Royal Frankfurt und der French Bento Bar haben die Neckarvillen zwei optisch sehr anspruchsvolle Outlets geschaffen, die das lokale Publikum dennoch nicht erreichten. Überhaupt hat das Hotel viel zu wenig auf sich und seine Gastronomie aufmerksam gemacht. Der Name Althoff steht immerhin für besondere kulinarische Leistungen.
Althoff musste schon sein Hotel Main Plaza in Frankfurt aufgeben, dass architektonisch ebenfalls glänzen konnte und anfangs mit Volker Drkosch einen außergewöhnlich guten Spitzenkoch engagieren konnte, der im Restaurant Bricks eine großartige Sterne-Küche bot. Das alles änderte nichts daran, dass sich der Besitzer, die Aachener und Münchener Versicherungs AG, von der Luxushotelgruppe Althoff trennte, weil das Hotel Main Plaza wirtschaftlich nicht erfolgreich genug war. Das Hotel wurde von den Lindner Hotels & Resorts als Betreiber übernommen, die aus dem spannenden New York Style Hotel eine gewöhnliche Tagungsstätte und ein Übernachtungshaus für Fußballteams machten und auf eine ambitionierte Gastronomie verzichteten.
Photocredit: Barbara Fienhold
WEIN-RARITÄTEN DINNER MIT ROMANÉE-CONTI
im Restaurant Medici in Frankfurt
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