Prosecco: Perle oder Schaumschläger? | BISS

Prosecco: Perle oder Schaum
schläger?

Cava Perlen

Der Durst des Sommers

 

Prosecco ist der Durst des Sommers, die Sehnsucht nach dem Lebensgefühl der Leichtigkeit. Dieser Schaumwein verheißt Urlaub, Sonne, Unbeschwertheit. Durch seinen mäßigen Alkoholgehalt macht er weder den Kopf breit, noch die Beine bleiern, sondern verhilft eher zu einer lässigen Beschwingtheit. Doch vieles, was unter dem Namen Prosecco den Markt überschwemmt, lässt die Zunge in seichtem Gewässer baden. In Düsseldorf und Frankfurt gab es jetzt zwei größere Verkostungen im Hotel InterConti, die einen etwas zwiespältigen Eindruck hinterließen.

Gut, die Hauptakteure waren die Weine des Chianti Classico mit 140 verschiedenen Flaschen, doch sollten sich die 23 Prosecchi nicht als Statisten fühlen müssen.  Die Auswahl zeigte sich keineswegs optimal: Gleich dreimal Adami, dafür fehlten aber gerade viele Spitzen-Prosecco, wie etwa Nino Franco, der für uns der Primus ist.  Es waren keine Winzer präsent und auch sonst keine Vertreter der Weingüter oder andere Ansprechpartner. Jedenfalls alles in allem eine merkwürdig emotionslose Weinverkostung. Mancher Teilnehmer freute sich, weil er unbeobachtet Herr über das Maß war. Am Ende konnte man aber immerhin sehen, dass Prosecco weit besser ist als sein Ruf.

Prosecco Region Valdobbiadene

Proseccozentrum Valdobbiadene

Prosecco ist nicht per se ein sektähnliches Getränk. Es gibt ihn in drei Varianten – als stillen Wein (Tranquillo), leichten Perlwein (Frizzante) und Schaumwein (Spumante). Die allen geschmackgebende Prosecco-Traube (seit fünf Jahren heißt diese Glera, was sich aber niemand merken will) wächst in den Voralpen der venezianischen Provinz Treviso auf 4.300 Hektar Rebland rund um Valdobbiadene und Conegliano. In den 15 Orten des Anbaugebietes leben rund 3.800 Prosecco-Erzeuger, darunter aber nur einige hundert Prosecco-Winzer im guten handwerklichen Sinn. Einige von ihnen ragen mit ihren Produkten heraus: der leise Valeriano Bortolin, die kreativen Brüder Adami, der weltmännische Primo Franco. Der ideale Prosecco ist feinperlig, frisch und angenehm leicht fruchtig. Er vermag mit dezenten Aromen aus Äpfeln, Akazien, Wiesenblumen und Mandeln zu erfreuen, wobei einige recht exotische Blüten treiben und nach Pfirsich, Ananas, Banane und Rose duften können. Je vielfältiger das Früchte- und Blumen-Bouquet, desto aufregender der Geschmack, der bei vielen weniger sorgfältig produzierten Weinen allerdings flach und eindimensional ausfällt.

Worin aber liegt das Geheimnis der enormen Beliebtheit von Prosecco? Er ist unkompliziert, säurearm und belastet mit seinen meist elf Prozent Alkohol auch nicht so sehr den Kopf. Prosecco macht nicht satt wie manch anderer schäumende Wein und steht im Ruf, leicht und bekömmlich zu sein. Als Aperitif regt er den Appetit an und passt zu Pasta, Polenta und Risotto, zu Fisch, Salaten und Salami. In Venetien trinkt man ihn ganz unbenommen zum Frühstück

Prosecco Region

Weingut Nino Franco

Und noch ein anderer, wenn inzwischen auch nicht mehr stimmiger Grund, lässt viele zum Prosecco greifen. Was hier zu Lande in vielen Lokalen glasweise an Champagner und Sekt angeboten wird, überzeugt oft nicht und ist obendrein zu hoch kalkuliert. Da kommt der Prosecco gerade recht, selbst wenn er nurmehr ein Schaumschläger ist. In Deutschland ist die Gewinnspanne trotz der auf Spumante erhobenen Sektsteuer von 1,36 € nicht unbeträchtlich. In den Lokalen Trevisos kostet ein Glas Prosecco meist zwei bis drei Euro, bei uns in der Regel zwischen fünf und acht Euro. In Deutschland fragen die Gäste selten den Kellner, welchen Prosecco er den aufzutischen gedenkt und scheinen mit jeder Plörre zufrieden zu sein. Sonst würde auch nicht so oft Flaues ausgeschenkt, vielfach ein Frizzante, der jedem wie abgestanden erscheinen muss, oder ein schwaches No-Name-Produkt. Auf der anderen Seite reagiert der Service oft mit Unverständnis auf Nachfragen und weiß nichts über den jeweiligen Hausprosecco – gerade in italienischen Lokalen. Nicht selten hört man als Antwort, dass Prosecco aus Italien käme. Na, da sind wir ja einigermaßen beruhigt.

LF

BISS PROSECCO TOP TWENTY

1. Nino Franco

2. Valeriano Bortolin

3. Le Colture

4. Merotto

5. Canevel

6. Adami

7. Villa Sandi

8. Bisol – Vigneti del Fol Extra Dry

9. Ruggeri – Vecchie Viti Brut

10. Daldin Brut

11. Collalto

12. Bortolomiol

13. Casa de Milan

14. Bortolotti

15. Casalini

16. Drusian

17. Pietro Bernardi

18. Case Bianche

19. La Tordera

20. La Farra

 

 

 

 

image_pdfimage_print

 

Die Support Box


Spenden an BISS:
Frankfurter Sparkasse
IBAN DE45 5005 0201 0344 0439 75

Wir möchten auch weiterhin unseren Lesern einen ungehinderten kostenfreien Zugang zu unserem BISS Magazin und allen Artikeln ermöglichen. Dennoch kann kein Medium, ob Print oder Internet, ohne Anzeigen und anderweitige Unterstützung auskommen. Deshalb glauben wir mit einer Support Box eine legitime und freundliche Art der Förderung für unser einzigartiges Projekt gefunden zu haben, wobei jeder Betrag willkommen ist.
 
Unterstützen Sie BISS, das kulinarische Magazin – mit PayPal.