Villa Leonhardi: Palmen, Wein & Tapas | BISS

Villa Leonhardi: Palmen, Wein & Tapas

Villa Leonhardi

Goose im Palmengarten

 

Weinabende auf

toller Terrasse

 

Darf man fragen, ob der Frankfurter Palmengarten-Direktor Matthias Jenny was an der Waffel hat? Er verpachtet das schönste Restaurant der Stadt ausgerechnet an Imbissler, die für Waffel-Kreationen bekannt sind, obwohl einige Top-Gastronomen unbedingt die Villa übernehmen wollten. Jenny hatte offenbar Interesse daran, Newcomern Einlass zu gewähren, da diese keine großen Forderungen stellen und ein anderes Publikum in den Palmengarten ziehen. Die Rechnung scheint aufzugehen. Die Goose-Trucker sind keine dummen Gänse, sondern engagierte junge Typen, die nun für drei Jahre das Restaurant übernehmen. Fortan heißt es: Villa Leonhardi by Goose.

Villa Leonhardi Die Villa Leonhardi wurde sehr unterhaltsam in Szene gesetzt, die aktuelle Kunstausstellung „Blümchen-Sex“ schmückt jeden der ohnehin schon attraktiven Räume. Einige Wände wurden in Gelb, Orange und Türkis getaucht und wirken doch nicht überschminkt. Die Villa Leonhardi ist jedenfalls kein Gourmettempel mehr, sondern ein munteres Haus mit amüsantem Innenleben und kleinem saloppem Speiseangebot. Vorerst hat das Lokal von Montag bis Freitag (12-16.30 Uhr geöffnet sowie jeden Donnerstag zusätzlich ab 18 Uhr. Es gibt einige ordentliche Weine, unter anderem von Hammel aus der Pfalz und dem Winepunk aka Marco Zanetti. Sein Prosecco Mazel Tov ist kein Blümchen-Schaumwein, sondern ein knackiger und schwungvoll perlender Tropfen. Die Waffeln stehen stets auf der Karte, etwa herzhafte Waffel mit Pininienkernen, Büffelmozzarella, Wassermelone und Parmaschinken. Noch nicht aufzufinden war indes der hervorragende Cheesecake vom Gosse-Truck. Die Preise sind eher dezent, wobei man sich fragt, warum ein Handkäs mit Musik 8,90 € kosten muss. Wird die Musik vielleicht mit Champagner angereichert? Nein, das Handkäs-Tatar ist sehr gut angemacht und wird nicht mit billigen Essig gestört, zudem ist etwas Salat dabei. Preiswert?

Villa Leonhardi Im Service sind keine Profis, aber zauberhafte junge Mädels, die mit ihrem Charme jede Schwäche ausbügeln. Die Villa Leonhardi by Goose befindet sich in einem permanenten Entwicklungsstadium und bietet sich auch für Gesellschaften an, womit ja bereits der Vorgänger seine Haupteinnahmequelle hatte. Nach Auskunft des Betreibers, Gökhan Kaba, will man trotz des überschaubaren und auf viele Münder ausgerichteten Angebots auch eine anspruchsvolle Seite zeigen. Deshalb hat man sich zwei Mitarbeiter aus dem erstklassigen Frankfurter Restaurant Seven Swans geholt. Wäre schön, wenn diese sich auch bei den Speisekarten einsetzen und bemerkbar machen könnten. Vor allem donnerstags bei „Palmen, Wein & Tapas“ zwischen 18 und 23 Uhr herrscht in der Villa Leonhardi eine besonders schöne Stimmung, wobei man dann auch keinen Eintritt für den Palmengarten zahlen muss, sondern durch den Haupteingang der Villa an der Zeppelinallee 18 freien Einlass findet. An gewissen Tagen finden auch Wein-Events statt. Zu diesen Nippvisiten kommen interessante Akteure – etwa 2 Winzer, 8 Weine, 8 Gänge für 69 €. Wenn man vielleicht Hasen hoppeln sieht, so liegt dies nicht unbedingt am Alkohol, die munteren Kerlchen zieht der Palmengarten ganz lässig jeden Tag aus dem Hut und lässt sie über die Wiesen springen. Die Terrasse der Villa Leonhardi gehört jedenfalls zu den schönsten in Frankfurt.

Villa Leonhardi Manches ist noch nicht so ganz klar. Warum heißen hier ganz normale Gerichte „Tapas“, die weder von der Portionierung, noch von den Preisen her wirklich solche sind? Es muss ja nicht spanisch zugehen, doch sollte man den Begriff auch nicht willkürlich wählen, nur weil gerade die ganze Welt Tapas unters Volk schmeißt. Ungut ist aber vor allem, dass Restaurantgäste mittags nur über den Palmengarten Einlass finden und zusätzlich 7 € zahlen müssen. Das kommt natürlich Direktor Matthias Jenny zugute, der dadurch mehr zahlende Besucher für „sein“ Revier verbuchen kann. Für das Goose-Team ist das alles andere als ein Vorteil. Jedenfalls war diese Reglung mit allen anderen Betreibern der Villa Leonhardi nicht zu machen und ist erst jetzt als Bedingung ins Spiel gekommen. Ist das fair?

Villa Leonhardi Die Zukunft der Villa Leonhardi ist noch lange nicht gesichert. Bis zu fünf Millionen soll angeblich die Renovierung der Villa kosten. Kein Gastronom, der da mitziehen wollte. Und schon gar nicht die finanziell ewig zaudernde Stadt. Wer die Villa begutachtet, kann kaum glauben, dass sie derart renovierungsbedürftig ist, sieht man einmal von der Küche und den Kühlräumen ab. Warum überprüft dies eigentlich niemand? Die jetzige Lösung gilt für drei Jahre und soll als Gemischtwarenladen möglichst viele Besucher in den Palmengarten lenken. In der Geschichte der Villa gab es wechselnde Betreiber und mit Thomas Quecke Mitte der 90er Jahre den besten aller Küchenchefs dort.

Ludwig Fienhold

 

Villa Leonhardi by Goose, Frankfurt, Zeppelinallee 18. www.goose-ffm.de

Photocredit: Barbara Fienhold

 

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