Murks & Knurps beim großen Pellegrino Köche-Gipfel | BISS

Kategorie | Aktuelles, Februar 2014

Murks & Knurps beim großen Pellegrino Köche-Gipfel

Pellegrino Titel

Topköche hatten bei den Pellegrino-Awards

viel zu kauen und langweilige Reden zu verdauen

 

Es scheint bald mehr Gastronomiepreise als Köche zu geben. Die „Kulinarische Auslese“ ist auch einer, eingeführt von S.Pellegrino als werbewirksames Marketinginstrument. Die 15. Auszeichnungsfeier dieser Art holperte und stolperte jetzt im Frankfurter Thurn- und Taxis-Palais über die Bühne. Gastronomisch verantwortlich waren Kofler & Kompanie, die den größten Teil des attraktiven Gebäudes bewirtschaften und für Veranstaltungen und Feiern aller Art nutzen. Durch das Programm führte mit Wirtshauscharme Markus Lanz, dessen schöner Anzug nicht zu seiner Diktion passen wollte. Dass man trotz einiger Pannen und Peinlichkeiten großen Spaß haben konnte, lag daran, dass man viele nette und großartige Küchenchefs aus ganz Deutschland und Österreich traf. Und sicher auch ein klein wenig daran, dass der Champagner munter sprudelte.

Story-Teller

Story-Teller

Wenn man bedenkt, dass an einem Abend 350 hochkarätige Vertreter aus der Hotellerie & Gastronomie zusammenkommen, die selbst all ihre Gäste mit Bestleistungen bedienen, so muss einem das Ergebnis dieser Veranstaltung wie ein dürftiges Abspeisen vorkommen. Schon die Weinauswahl geriet zur Zumutung. Der Chianti Rufina, Nippozano Riserva 2010, von Frescobaldi war eine Plörre, wie man sie nur seinen Feinden auftischen würde. Und der süßlich-dünne Pomino Bianco hätte höchstens noch einigen Brüdern unter den Brücken dieser Stadt etwas Freude bereitet. Nein, das war alles andere als eine „Auslese“. Und ist deshalb so besonders ärgerlich, weil es weiß Bacchus genug preiswerte und dennoch gute Weine gibt, die man bei solchen Großveranstaltungen ohne Gesichtsverlust einsetzen kann. Aber vielleicht war es ja die Pellegrino-Idee, dass die Gäste vor allem Wasser trinken sollten.

Und die Küche? Die blamierte sich ebenfalls. Nicht nur an unserem Tisch, an allen Tischen. Die wässrigen faden Macaroni mit leblosen Steinpilzen und versprochenen, aber nicht vorhandenen Trüffeln, waren genauso falsch, wie die Schriftweise auf der Speisekarte fehlerhaft: „Macceroni“. Vielleicht doch Mackerroni, weil sie so brutal schlecht waren und bloß von Mackern zubereitet wurden? Egal, es kam noch schlimmer. Die unschönen Stücke vom geschmorten Hereford-Rind hatten einen unangenehmen Beigeschmack, das kurz gegarte nur knurpsig-matschige Wagyu war fast roh und ungenießbar. Da war es schon egal, dass die tournierten halbrohen Gemüse nichts mit dem annoncierten Ligurien zu tun hatten und eine richtige Syrah-Jus einfach anders als nach nichts schmeckt. Fleischspezialist „Otto-Gourmet“, einer der Sponsoren der Pellegrino-Veranstaltung und Lieferant von dem hier aufgetischten Wagyu und Hereford, tobte hinter den Kulissen. Deren hochwertige und hochpreisige Produkte sollten glänzen und für die Qualität werben, was gründlich danebenging.

Große Tafelrunde

Große Tafelrunde

Dass ausgerechnet die drei am besten bewerteten Köche durch Abwesenheit „glänzten“ ist keine Ironie, denn Küchenchefs sollten ja am Herd stehen und nicht Party machen. Die drei Musketiere waren: Harald Wohlfahrt, Helmut Thieltges und Joachim Wissler.

Das Bühnenprogramm zog sich. Die Laudatoren schläferten ein und lieferten kaum mehr als Phrasen und Beliebigkeiten, die niemand hören will. Markus Lanz, eigentlich als Moderator mit guter Gage engagiert, musste nur hin und wieder müde lächeln und ebenfalls Plattitüden von sich geben. Toll, wie leicht man sein Geld verdienen kann. Dass alle Reden zu lang waren, Manuskripte mit Textpassagen verloren gingen, Umschläge mit Preisen nie auftauchten und die Akustik im Raum so schlecht war, das man lieber bei einem tinnitus-tonalem AC/DCKonzert gesessen hätte, sei hier nur so nebenbei bemerkt.

Pellegrino beste Köche

Happy End

Ja, aber es war schön, Hans Haas mal in einem schwarzen Anzug zu sehen. Von Jörg Sackmann zu hören, dass dessen Filius als rechte Hand im Sterne-Restaurant Schlossberg in Baiersbronn unentbehrlich geworden ist. Und auch zu bemerken, dass der adrette Sohn von Hotel-Legende Heiner Finkbeiner, Sebastian, nicht wie viele andere Gäste im benachbarten Hotel Jumeirah logierte, sondern um Mitternacht noch in den Schwarzwald fuhr. Ohne Wein und mit ganz viel Pellegrino-Wasser im Blut.

Ludwig Fienhold

 

 

Titel & Auszeichnungen

Die „Beste Köchin des Jahres“ kommt laut Pellegrino aus Rheda-Wiedenbrück, heißt Iris Bettinger und kocht im Restaurant Reuter. Ist doch nett, wenn man Unbekannten in vergessenen Regionen irgendwie helfen kann. Der Preis für die „Neueröffnung des Jahres“ sicherte sich das „Becker’s XO“ in Trier. Und dann hagelte es Preise für alle, die man eben so kennt.  Harald Wohlfahrt, Helmut Thieltges und Joachim Wissler. Aber wo war eigentlich Heinz Winkler?

 

 Photocredit: Barbara Fienhold

 

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