Restaurant Ente: Wiesbaden bleibt Entenhausen | BISS

Kategorie | 2018, Aktuelles, Archiv, Juli 2018

Restaurant Ente: Wiesbaden bleibt Entenhausen

Ente Food

Kulinarische Bravourstücke

Topweine & Servicestärken

 

Von Ludwig Fienhold

Die Ente ist eines der ältesten Gourmet-Restaurants in Deutschland, aber nicht in die Jahre gekommen. Sie hält seit fast vier Jahrzehnten einen Michelin-Stern, wobei mit Michael Kammermeier die Küche in den letzten Jahren so gut wie nie zuvor wurde. Auch aktuelle Besuche belegen dies eindrucksvoll.

Küchenchef Michael Kammermeier ist gereift und hat die Vierzig übersprungen. Mag sich in Wiesbaden und auch im Hotel Nassauer Hof viel verändert haben, seine Ente hält dem Gegenwind stand. Das Wappentier steht immer in irgendeiner Variante auf der Speisekarte. Die Heide-Ente aus dem Rohr ist ein großartiger und am Tisch tranchierter Klassiker, die gehobelte Entenleber mit Quitte, Quittengelee, Kakaosplittern und Salzbutterbrioche könnte man täglich essen, und die Challans-Ente gehört zum Besten, was man überhaupt bekommen kann.

Ente in allen Varianten

Ente, am Tisch tranchiert

Die rosa gebratene Challans-Ente ist ein Bravourstück. Sie ist saftig, zart und feinaromatisch, doch die ganz große Pointe setzt die knusprige und umwerfend gut gewürzte karamellisierte Haut. Schwarzer Pfeffer, Szechuanpfeffer, Senfkörner, Fenchelsaat, Piment, Koriander, essbare Lavendelblüten, Steineichenhonig und Meersalz sind die Grundlage dafür. Und Paradieskörner, auch Guineapfeffer genannt. Dieser dient nicht nur als Gewürz und Heilkraut, man kann auch Rauschmittel daraus machen. Wir sind jedenfalls süchtig nach dieser Ente. Michael Kammermeier variiert die Canards de Challans und wählt als Begleitung Kürbisspätzle, Rosenkohl und Zimtblütenjus oder Sellerie Pumpernickel-Knödel, Pfifferlinge und Chicorée. Sehr schön auch die Challans-Ente mit Bohnencreme, Pfirsichspalten und Steinpilzen. Kammermeier gehört zu den wenigen Köchen in Deutschland, die auch mit einer Entenpresse arbeiten – ein schönes Schaustück, das eine wunderbare Sauce aus Entensaft, Cognac und Madeira ermöglicht.

Highlights der Küche

Zander im Erbsensud

Seezunge und glasierter Hahnenkamm in Teriyaki mit Speck-Dashi; Kabeljau mit geschmolzener Gänseleber mit Sellerie, Graupen, Pinkel und Grünkohlsaft; bretonischer Rochenflügel mit Erbsengnocchi, Holunderblütenessig und Schweinskopfjus. Längst arbeitet man auch wieder näher am Gast. Das kraftstrotzende Kalbskotelett wird am Tisch im Ganzen vorgelegt und aufgeschnitten, was die Vorfreude erhöht. Ein solch athletisches, saftig-zartes Stück Lebenskraft bekommt man in dieser Qualität nicht oft.

Neues von der Speisekarte

Entenherzen

Der pralle Steinbutt, der mit einer hauchdünnen Scheibe vom Kalbskopf belegt wird, steht harmonisch im Einklang mit sautiertem Kopfsalat und feinem Schinkensaft. Bestens gegarter Zander und kleine Chorizo-Scheibchen mit Pfifferlingen und Zartweizen werden durch einen noblen und leicht süßlichen Erbsensud geadelt. Beim Tataki vom Aberdeen Angus wird raffinierte Power-Würze aus Teriyaki, Chili, Koriander und schwarzer Knoblauchpaste forsch eingesetzt, wobei die Küche sonst eher die leisen Töne schätzt. Ente wird nicht nur in konventioneller Art serviert, die Küche traut sich auch immer etwas, denn sie kann auf neugierige Gäste zählen. Die französischen Entenherzen im Schwarzbrotmantel mit Brennnesselcreme, Senfkörnern und zartem Kohlrabi sind ungewöhnlich und sehr gut. Als Gast kann man immer wieder spannende Kombinationen erwarten. Auch bei den Desserts: Pfirsichtarte mit Basilikum, Himbeeren und Quinoa-Krokanteis.

Weinberatung

Sommeliere & Restaurantleiterin Marcella Schaefer

Die beiden Sommeliers Kai Schattner und Sebastian Mac Lachlan Müller haben die Ente und ihre Gäste in besten Weinen baden lassen. Solche kompetenten Charaktere werden immer seltener, doch Nachfolgerin Marcella Schaefer (zuvor Pickelein) setzt guten Geschmack, Fachwissen und Charme so gut ein, dass man auch gerne ein Glas mehr trinkt. Es macht jedenfalls unglaublich viel Freude, sich gleich von ihr die richtigen Weine zu den Gerichten empfehlen zu lassen. Etwa einen wunderbar gereiften Gewürztraminer von der Domaine Zind-Humbrecht zum peppigen Tatiki oder den verführerisch expressiven Grünen Veltliner vom Schloss Gobelsburg aus dem Winzer-Paradies Langenlois, der zum Zander im Erbsensud genauso gut passte wie zu den Entenherzen. Die Weinkarte listet nicht mehr wie einst über 1000 Positionen, sondern rund 400, aber wenn die Qualität wie hier in der Ente stimmt, reicht das vollkommen aus. Zudem soll es ab Herbst noch eine Raritätenkarte mit 50 besonderen Weinen geben. 

Aussichten

Küchenchef Michael Kammermeier

Dem Grandhotel Nassauer Hof stehen weitere gravierende Veränderungen bevor. Nach dem Abschied von Karl Nüser im Dezember 2015 gab es gleich zwei schnelle Managementwechsel, jetzt wird Carla Lopes als Direktorin das Hotel führen (siehe BISS-Artikel „Das Granddhotel Nassauer Hof wird erstmals von einer Frau geführt“). Der starke Mann bleibt jedoch der Unternehmer Dirk Iserlohe, Dorint-Aufsichtsrat und Konzernchef der Finanzholding Honestis. Er will den Nassauer Hof im nächsten Jahr deutlich umgestalten und aus einstigen Hotelzimmern neue und größere Luxusresidenzen machen. Am Schluss soll es 105 Zimmer und 15 Residenzen geben. Der Nassauer Hof wird Teil der neuen Premiumlinie Hommageder Dorint-Hotelgruppe werden, zu der auch das Parkhotel in Bremen, der Söl´ring Hof auf Sylt und das Maison Messmer in Baden-Baden gehören. In solchen Zeiten der starken Umbrüche bleibt das Restaurant Ente eine wichtige Konstante.

 

Hotel Nassauer Hof, Restaurant Ente, Wiesbaden, Kaiser-Friedrich-Platz 3-4, Tel. 0611 133 666. Geöffnet Di-Fr: 18.30 – 22 Uhr, Sa 12 – 15 Uhr und 18.30 – 22 Uhr. www.nassauer-hof.de

Terrasse

Lammrücken

Dessert

Tatiki

Amuse

Pre-Dessert

 

 

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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