Mord mit Riesling Kabinett Rabenhalde | BISS

Mord mit Riesling Kabinett Rabenhalde

Biss Satire

Wenn das Fernsehen kulinarisch wird

 

Das Fernsehen ist kein guter Lehrmeister. Vor allem, wenn es um kulinarische Details in Krimis und anderen Unterhaltungssendungen geht. Ständig wird Rotwein aus Weißweingläsern oder umgekehrt getrunken. Stillos ist es, wenn selbst ein Genießer wie der Serienanwalt Falk ein Weinglas am Kelch würgt, als hätte er einen zahlungsunwilligen Klienten vor sich. Im Kölner Tatort „Plattgemacht“ stirbt ein Obdachloser, als er einen Riesling Kabinett „Rabenhalde“ von Wilhelm Stoll vom Jahrgang 2007 trinkt.  Auch bei den Requisiten sollte man korrekt arbeiten und dem Fernsehzuschauer keinen Riesling aus einer Bordeauxflasche auftischen. Nachgoogeln hat keinen Zweck, es gibt diesen Wein nicht, man wollte offenbar keinen real existierenden Winzer mit einem Mord in Verbindung bringen. Obwohl es auch durchaus verkaufsfördernd hätte sein können. Jauch hätte mit seinen Weinen da bestimmt mit gemacht.

Im „Traumschiff“ nach Rio vermisst Heinz Hoenig in seinem Wein Aromen von Zitrusblättern, getrocknetem Heu, Mango, Vanille und Tanninen. Interessante Mischung, aber Tannine sollte er in einem Weißwein eher nicht entdecken dürfen. Viel unwirklicher erscheint aber, dass ein Weinkellner solche Anmaßungen völlig widerspruchslos entgegennimmt. Überhaupt nicht den tatsächlichen Begebenheiten entspricht eine „Tatort“-Folge aus Ludwigshafen, in der auf dem Hotelzimmer beim Obst ein scharfes und spitzen Messer liegt – was in keinem Hotel der Welt zu finden ist, weshalb das Obst oft ungeschält liegen bleibt. In diesem Fall aber taugte das Messer als Waffe, aber erst nachdem die Täterin eine ebenfalls in der Obstschale befindliche Mandarine mit den Fingern geschält hatte.

Irrungen sieht man nicht nur in den Niederungen des Fernsehens, sondern selbst in der großen Kunst. Bis heute gibt es in den Feuilletons kein klares Bild über das weltberühmte Gemälde von Max Beckmann „Selbstporträt mit Sektglas“. In dem Kühler vor ihm ist eine Flasche zu sehen, die eher einer Sektflasche gleicht. Kunstkenner glauben hingegen zu wissen, dass Beckmann stets Champagner trank, am liebsten gleich eine Flasche. In der Zeit als das Bild entstand, also 1919, gab es in Deutschland vor allem Sektschalen oder Sektflöten. Champagnergläser, wie heute üblich, waren unbekannt. Das Glas auf dem Bild ist ein eher normales Sektglas, jedenfalls keine Flöte oder Schale, was aber in dieser Zeit nicht oft im Einsatz war. Beckmann kann genau daraus aber durchaus Sekt oder Champagner getrunken haben. Im Gegensatz zu heute machte man seinerzeit keinen großen Unterschied zwischen Sekt und Champagner, weil beides als exklusiv galt. Champagner würde jedoch besser zu Beckmann passen, jedenfalls hätten wir ihm diesen eher gegönnt.

Frederic Boländer

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