Trinken ist auch eine
Frage der Haltung
Champagner ist nicht nur Geschmacksache. Champagner ist wie so viele Luxusprodukte mit einem bestimmten Image verbunden. Dom Perignon ist der Champagner, der in Moskau und Dubai auch von jenen bevorzugt wird, die eigentlich kein großes Interesse an diesem Getränk selbst haben, sondern an der Außenwirkung – mit dieser auffälligen und überall leicht identifizierbaren Flasche sehen alle, dass man sich einen kostspieligen Champagner leisten kann. Krug hat es nicht ganz so leicht, denn er ist trotz höchster Qualität etwas weniger bekannt, wird dafür aber von den „Krugisten“ in der Gastroszene besonders geschätzt, die ihre Gäste damit hochnuckeln. Die größte Rarität unter den Weltklasse-Champagner ist aber Salon. Dieser Champagner scheut Beachpartys, will nicht bei der Formel 1 sinnlos verspritzt werden und mag es auch nicht, wenn man ihn so nebenbei wegschlabbert. Salon ist die schönste Art, Gelassenheit in Flaschen zu genießen. Hier ist Champagner nicht allein eine Geschmacksache, sondern auch eine Frage der Haltung. Der Salon ist kein Wichtigtuer-Champagner, er ist Perle für Feintrinker. Jetzt wurde der neue Jahrgang 2006 vorgestellt, in Deutschland hatte er im Restaurant Ente im Nassauer Hof in Wiesbaden Premiere.
Im Gegensatz zu vielen anderen Champagnern, die stets ein möglichst einheitliches Geschmacksbild erhalten wollen, spürt man bei Salon die Jahrgänge. Es gibt zwar eine Signatur, aber mit deutlichen Abweichungen. Der Salon 2006 ist anders als seine Vorgänger, wobei seine jugendliche Frische bereits mit seriöser Milde grundiert wird. Vor allem ist auch der neue Salon wieder sehr filigran und delikat, aber spürbar weiniger, zitrusfrischer, kräftiger und kantiger als der hochsensible poetische 2002 oder der feinsinnig-florale 2004. Für Mathieu Pouchan von Salon gilt der 2006 dennoch als ein „romantischer Jahrgang“. Thomas Schreiner, Deutschlandchef von Salon und Delamotte (Laurent-Perrier Gruppe) meint, dass der 2006 die besten Voraussetzungen erfüllt, um eine Champagner-Legende zu werden.
Der Salon besteht zu 100 Prozent aus Chardonnay-Trauben, die ausschließlich aus Grand Cru-Lagen von Mesnil-sur-Oger stammen. Elf Jahre lag er auf der Hefe und reifte in stillen und kühlen Kellern. Nach dem Öffnen sollte man dem Champagner wenigstens zwanzig Minuten Zeit geben, damit er atmen und sich entwickeln kann. Wie bei manch anderen großen Champagnern, ist es von Vorteil, wenn man ihn aus einem Weißwein- beziehungsweise Riesling-Glas trinkt. Von Eugène-Aimé Salon erstmals im Jahre 1911 produziert, ist der Salon bis heute ein gesuchter Jahrgangschampagner, der ohne Assemblage auskommt. Salon ist mit seiner geringen Produktion von gut 50.000 Flaschen eine Rarität, wovon jetzt nur knapp 1000 nach Deutschland kommen. Die Qualität fordert ihren Preis: 380 €.
Im 20. Jahrhundert wurden von Salon nur 37 Jahrgänge produziert, der erste von 1928 ist extrem begehrt. Selbst Milliardäre wie Bill Gates und Warren Buffet bemühten sich vergeblich um eine Flasche des Premieren-Jahres. Sie hätten diese nur um den Kauf der gesamten Champagnerkellerei erstehen können. Eine schöne Pointe der Geschichte wurde am Ende des Zweiten Weltkriegs gesetzt: Im Weinkeller von Hitlers Felsenfestung auf dem Obersalzberg in Berchtesgaden lagerten Hunderte Flaschen Salon von just jenem grandiosen Jahrgang 1928. Der Soldat und Weinexperte Bernard de Nonancourt aus Reims durfte als erster den Weinkeller inspizieren – fünf Jahre nach Kriegsende gründete er die Champagner-Gruppe Laurent-Perrier mit Salon, Delamotte und Castellane.
Der Delamotte Blanc de Blancs wird von einer schönen Frische getragen und eignet sich bestens als Aperitif, wobei sich der Jahrgangschampagner 2007 noch feiner und dichter verwoben präsentiert. Beide bieten eine sehr gute Qualität zu einem angenehmen Preis. Delamotte ist jedoch ein eigenständiger Champagner und nicht etwa der kleine Bruder von Salon. An Salon werden andere und weit höhere Maßstäbe gesetzt. Es gab auch schon Jahre (2009 – 2012), wo gar kein Salon erzeugt wurde, da die Qualität dafür gefehlt hätte. Und 2008 wurde Salon nur in Magnumflaschen gefüllt, weil er groß in der Qualität, aber klein in der Quantität ausfiel.
Ludwig Fienhold
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