Rheingau Gourmet Festival: Essen & Trinken im Großformat | BISS

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Rheingau Gourmet Festival: Essen & Trinken im Großformat

Glashaus

Warum das Rheingau Gourmet und Wein Festival so wichtig ist

 

Von Ludwig Fienhold

 

Es kann vielleicht passieren, dass man neben einer Parfümbombe sitzt, die jeden Wein in Chanel No 5 verwandelt. Eventuell stößt man auch auf einen Redner, der so trocken über Wein spricht, dass man ihm dringend empfehlen möchte, mehr Wein zu trinken. Aber das ist nicht typisch für das Rheingau Gourmet- und Wein-Festival. Typisch ist, dass man nirgendwo sonst in so kurzer Zeit so viele gastronomische Charakterköpfe treffen kann. Live zum anfassen und reden. Große Köche und spannende Newcomer, Winzer von Format und andere interessante Menschen aus der Gourmandise. Und nicht nur aus dem Rheingau oder Deutschland, sondern aus der ganzen Welt. In der Regel sind Enthusiasten im Einsatz wie der Journalist und Wein-Conférencier August F. Winkler, einer der letzten Bonvivants alter Schule. Generell stößt man mit individuellen Persönlichkeiten wie dem Korkbaron Graf von Neipperg zusammen. Und meist lässt sich in geselliger Runde gut tafeln und genießen.

Graf Neipperg

Graf Neipperg

Die hochpreisigen Weinraritäten-Dinner sind stets zuerst ausgebucht. Nicht zuletzt, weil sie genau gerechnet eben nicht teuer sind, sondern jedem Gast die Möglichkeit geben, gleich viele besondere Flaschen zu verkosten, für die er sonst zusammen genommen ein kleines Vermögen ausgeben müsste. So war es auch beim Dinner mit Château La Mondotte, welches der wunderbare Querkopf Graf Neipperg so brillant und amüsant moderierte, dass man sich fragt, warum er noch nicht fürs Fernsehen entdeckt wurde. Er fährt gerne mit dem Finger in die Backe, um es ploppen zu lassen, wenn er etwas betonen möchte. Etwa „die Agronomie des Todes“, die er in der Verwendung von Kunstdünger und Pestiziden sieht und sich fragt, wo dabei denn das Terroir bliebe. Stephan Graf von Neippberg und seine Familie besitzen mehrere Weingüter in Baden-Württemberg und in Frankreich, darunter auch das bekannte Château Canon-La Gaffelière in Saint-Emilion sowie das benachbarte Gut La Mondotte. Diese Weine können, je nach Jahrgang, zwischen 170 und 600 Euro kosten, bieten aber auch ein aufregendes Geschmackserlebnis. Der erste Jahrgang 1996 wurde von Parker gleich mit 98 Punkten bewertet. Andere Kritiker bescheinigen dem Mondotte eine Breite, die ihn vor Kraft kaum gehen lassen kann. Vielleicht haben sie die Weine aber einfach nur zu jung getrunken.

Hummer

Hummer

Der Jahrgang 2009 ist in der Tat ein vitales Energiebündel, das mit großer Viskosität eine Fülle Schokolade, Kaffee und Mokka transportiert.  Aber bereits der Jahrgang 2000 zeigt sich weit schlanker und entfacht einen faunischen schwarzen Trüffelduft, wie er zudem bei 2001 begeistert. Bei 2005 ist es der Hauch Eukalyptus, der die Pointe setzt. 2003 offenbart die charakteristischen Mondotte-Aromen aus Walderdbeeren, Himbeeren, Kirsche, Zwetschke und etwas Tabak. Unsere Favoriten des Abends, an dem acht verschiedene Weine getrunken wurden: Jahrgang 2000 und Jahrgang 2001. Die mundfüllenden, geschmeidigen, harmonischen und leidenschaftlichen Weine verbindet vor allem eins: Sie sind sehr sehr sexy. Mondotte wird aus Merlot (75%) und Cabernet Franc (25%) erzeugt, die vier Hektar werden biodynamisch betrieben. Die USA, Asien und die Schweiz sind der Hauptmarkt, nach Deutschland kommen nicht einmal vier Prozent der Produktion.

Ochsenschwanz-Kompott

Ochsenschwanz-Kompott

Mit solch opulenten und finessenreichen Weinen kann nur eine sehr gute Küche mithalten. Der Küchenchef des Kronenschlösschens Sebastian Lühr konnte dies mit Bravour erfüllen. Der erste Gang (zum Rheingau-Riesling) mit Hummer, Artischockencreme, Lardo und Krustentierbisque war schon höchst delikat. Doch das superbe Ochsenschwanzkompott mit Nussbutterschaum, pochiertem Eigelb und Spinat schaukelte sich mit dem Mondotte gegenseitig in die Höhe. So hervorragend auch der Lammrücken mit wunderbaren Auberginen und Parmesanpolenta geriet, Star des Abends war die mitreißend gute, geschmorte Wagyuschulter in dichter Trüffeljus nebst Zwiebel-Trüffel-Flammkuchen. Für Schmorgerichte hat Küchenchef Sebastian Lühr ein besonders gutes Gespür.

Leider ist das Gourmet-Festival nach 16 Tagen zu Ende gegangen, doch das nächste für 2015 ist schon wieder in Arbeit. Der Gründer des Festivals, Hans Burkhardt Ullrich, feilt im Grunde das ganze Jahr daran. Irgendwann soll die temperamentvolle Tochter Johanna die Geschäfte übernehmen. Noch studiert sie Kunstgeschichte und macht derzeit obendrein noch eine Ausbildung zur Hotelfachfrau im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg.

Kronenschlösschen, Eltville-Hattenheim, Tel. 06723 640. http://www.rheingau-gourmet-festival.de

 

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