Kultur mit Geschmack

Wo Küche und Kunst zusammenkommen

Bei diesen Terminen kommen kulturinteressierte Gourmets auf den Geschmack:
Essbares Fichtelgebirge, Wildkräuter-Köche tischen Regionales auf. Götterdämmerung mit König-Ludwig-Kochkurs am Chiemsee. „Der blaue Reiter“, Galerie mit Küche. 

 

                                                                                                                                                                                           

Essbares Fichtelgebirge

Das größte Felsenlabyrinth Europas ist zugleich Deutschlands älteste Naturbühne. Vor dieser einmaligen Kulisse finden vom 24. Mai bis zum 22. August 2011 die Luisenburg Festspiele statt. Mit Premiere im August werden auch „Die Fledermaus“ von Johann Strauß und Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Zauberflöte“ aufgeführt. Wer nach dem Spektakel die kulinarischen Köstlichkeiten der Region genießen will, ist bei den 16 zertifizierten Wild-Kräuter-Köchen willkommen, die sich im Programm „Essbares Fichtelgebirge“ zusammengeschlossen haben. Sie verarbeiten natürliche Produkte aus Wald, Wiese und Wasser und servieren sie als typische Wild-Kräuter-Gerichte der Region. Details unter www.luisenburg-aktuell.de und www.essbares-fichtelgebirge.de.

 

Die Lieblingsgerichte König Ludwigs II.

Vom 14. Mai bis 16. Oktober dreht sich in der oberbayerischen Region Chiemsee-Alpenland alles um den „Märchenkönig“. Anlässlich des 125. Todesjahres des „Kini“ gibt die Bayerische Landesaustellung in den Räumen des Schlosses Herrenchiemsee mit der Ausstellung „König Ludwig II. – Götterdämmerung“ einen ungewöhnlichen Einblick in das Leben des Monarchen. Dazu können sich in Bernau Feinschmecker die Lieblingsgerichte des berühmten Bayern-Königs beim König-Ludwig-Kochkurs „Königlich Kochen“ auf der Zunge zergehen lassen. Termine: 19. Mai, 05., 06., 16. Juni, 14. Juli, 18. August, 22. September 2011.
Weitere Informationen unter www.chiemsee-alpenland.de.

 

„Der Blaue Reiter“ kombiniert mit mediterranen Leckerbissen

Fünf Museen im Alpenvorland sind der Künstlergemeinschaft „Der Blaue Reiter“ gewidmet: Das Franz Marc Museum in Kochel am See, das Buchheim Museum in Bernried, das Stadtmuseum in Penzberg sowie das Schlossmuseum und das Münter-Haus in Murnau zeigen wichtige Werke, Wegbereiter und Weggenossen der Künstler. Wer nach der Museumstour Appetit auf mehr hat, findet in der Murnauer „Seidelstraße 4“ beides: Kunst und Essen. Neben internationaler Malerei und Bildhauerei, Fotografie und Objektkunst werden den Gästen dort mediterrane Leckerbissen serviert: Weine aus Italien, Frankreich und Spanien. Dazu passend gibt es Antipasti, Hors d’oeuvres und Tapas. Mehr zu den Museen und der Galerie & Cantina unter www.blauesjahr.de, www.murnau-galerie.de.




Russland essen Köche auf

Alain Ducasse eröffnet Restaurant in St. Petersburg

 

Kein Glück für Kreative in Moskau

 

Heinz Winkler hat es vergeblich versucht und auch Juan Amador ist an Moskau gescheitert. Der Drei-Sterne-Kollege Michel Troisgros konnte mit seinem Restaurant Koumir ebenfalls nicht Fuß fassen. Jetzt hat der Superstar unter den Weltköchen, Alain Ducasse, ein Restaurant in St. Petersburg eröffnet. Im „miX“ im Hotel „W“ wird mit russischen Produkten klassisch französisch gekocht. Aber nicht nur, Franzosen kommen nicht ohne Trüffel aus, weshalb es auch Dorade gibt, die mit Trüffel und Limone mariniert wurde. Rund 100 Gäste finden in dem neuen Restaurant Platz, wobei sie den Köchen bei der Arbeit zusehen können. Küchenchef Alexandre Nicolas arbeitet seit acht Jahren für Ducasse und ist mit dessen hohen Anforderungen und  klarem Stil bestens vertraut. Ducasse betreibt jetzt 28 Restaurants in acht Ländern auf der Welt. Das „W“ liegt im kulturellen Zentrum von St. Petersburg und verfügt über 137 Zimmer. Die vor zehn Jahren ins Leben gerufene Marke „W“ mit Sitz in New York ist die Nobellinie der Starwoodhotels mit Lifestylecharakter und modernem Design. Inzwischen gehören 36 Häuser in New York, Paris, London, aber auch auf der thailändischen Ferieninsel Ko Samui dazu.

Alain Ducasse

Doch Russland schöpft schon lange nicht mehr aus dem Vollen, Investoren sind wachsam geworden. Der Rubel rollt langsamer. Auch in Moskau. Von geplanten 16 Großbauprojekten, wie dem Russia Tower, wurden bislang fünf eingefroren. Das in unmittelbarer Nähe des Roten Platzes geplante Four Seasons Hotel sollte schon längst vor zwei Jahren eröffnen, ebenso überfällig ist das geplante Mandarin Oriental. Die Stadt wird jährlich von rund vier Millionen Besuchern belebt, wobei Deutschland den größten Anteil hat. Die relativ gute Belegung der Hotels ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass es insgesamt zu wenige Herbergen gibt. 200 Hotels bringen lediglich rund 35.000 Zimmer, von denen Schätzungen nach höchstens 8000 internationalem Standard entsprechen. Bis heute  gibt es gerade einmal eine Handvoll Luxushäuser, unter denen Ritz-Carlton und Baltschug Kempinski herausragen. Das 1905 erbaute Metropol, in dem schon Lenin logierte, wird inzwischen von Le Méridien betrieben und wirkt trotz schöner Fassade, Stuck, Marmor und antiken Möbeln beinahe unbewohnt und verschlafen. Die großen Hotels liegen alle in der Nähe des Roten Platzes und des Kremls.

W Hotel Terrasse

Moskau gehört zu den teuersten Metropolen der Welt. Die Stadt zeigt sich preislich auf dem Niveau von London, Paris oder New York, kann aber auf der Hotelebene bei weitem nicht mithalten. Es mangelt weniger an der Ausstattung und mehr an der Qualität und ganz besonders den Serviceleistungen. Die Zimmerpreise in der Luxusklasse bewegen sich zwischen 400 und 800 Euro, wobei man nun mit etwas Glück auch schon für 200 Euro Quartier beziehen kann. Die Restaurants waren noch nie so leer wie jetzt, die Hotelzimmer kaum günstiger.

Hotel Baltschug Kempinski Moskau

Das Baltschug Kempinski liegt zwar in der Nähe des Roten Platzes, wird aber vom Zentrum durch die Moskwa getrennt. Die Außenansicht ist imposant, schließlich wurde das altehrwürdige Haus 1897 noch unter dem letzten russischen Zaren erbaut. Von manchen der 230 Zimmer und Suiten blickt man auf den Kreml, den Roten Platz und die Basilius-Kathedrale. Das macht einen großen Teil der Stimmung aus, denn sonst erscheint das Hotel weit weniger beeindruckend. Wenn man etwas Bemerkenswertes an diesem Hotel feststellen kann, so ist es das Frühstück. Der Rest ist bestenfalls solider Durchschnitt. Vor langer Zeit hieß es einmal, dass 30 Millionen Euro zur Umgestaltung investiert werden würden. Entweder sind sie noch immer nicht geflossen oder sie haben wenig Wirkung gebracht.

Im Vergleich zu den anderen Hotels in Moskau schneidet das Baltschug Kempinski aber dennoch gut ab. Die gewachsene Tradition ist ein Trumpf. Und auch der Service erscheint erst im Lichte des Vergleichs als positiv. Man sieht kaum einen Kellner in dieser Stadt lächeln, beim Frühstück im Baltschug Kempinski aber schon. Eine solche Armada an frisch gepressten Säften, wie beim Frühstücksbuffet in diesem Hotel, gibt es zudem mehr als selten – Apfel, Melone, Karotte, Ananas, acht an der Zahl. Russischer Schaumwein, Blinis mit Forellenkaviar und Crème fraîche sowie sehr gute Eggs Benedict demonstrieren weit mehr als Standard. Das Frühstück ist jedenfalls seine 40 Euro wert. Ende des 19. Jahrhunderts war das Hotel nicht nur eine noble Herberge, sondern vermietete außerdem Appartements und Studios an Künstler. 1932 konnte man schon Gäste auf sieben Etagen unterbringen, wobei das Haus in Sowjetzeiten ein staatliches Intourist-Hotel war. Nach einer großen Renovierung wird das historische Haus seit 1992 als Hotel Baltschug Kempinski geführt, wobei die Gruppe zu einem Drittel zur Eigentümergesellschaft gehört.

Das ehemalige Restaurant von Heinz Winkler im Ritz-Carlton in Moskau

Baltschug-Direktor Gianni van Daalen, der das Hotel nach fünf Jahren verlassen hat, konnte sicher vieles verbessern. Doch kaum jemand kommt gegen den Moloch Moskau an, der durch Behördenwillkür, Bürokratie und Korruption das Leben schwer macht. Es ist auch kein Zufall, dass nicht wenige Hoteliers und Gastronomen nach anfänglichem Engagement einen Salto rückwärts machten und ihre Moskau-Pläne aufgeben mussten. Beispielsweise der Drei-Sterne-Koch Juan Amador, der in einer alten Villa in der Nähe des Roten Platzes ein Spitzenrestaurant etablieren wollte. Deutsches Know-how ist gefragt, wird aber auch gerne ausgenutzt. Ausländische Investoren sind willkommen, haben jedoch mitunter schnell ausgedient und müssen russischen Platz machen. 

Auch Hotelier und Spitzenkoch Heinz Winkler versuchte in Moskau sein Glück – sein Name stand über zwei Jahre hinter dem „Jeroboam“ im Ritz-Carlton, dem schicksten Restaurant im mondänsten Hotel der Stadt.  Die Zusammenarbeit wurde indes beendet und das „Jeroboam“ geschlossen. Dennoch hat derzeit kein Hotel mehr Glanz zu bieten als das Ritz-Carlton. Hier ist Moskau so wie man es sich vorstellt: Neureich, glitzernd, pompös, einfach Größeniwan. Bei Pomp und Plüsch treffen sich Petro-Scheichs und Rubel-Oligarchen und versinken in samtigen Fauteuils. So richtig prickelnd finden dies aber offenbar nicht allzu viele. Das Hotel könnte jedenfalls besser besucht sein. Die Preise von 768 bis 846 Euro für die Zimmer wirken auch nicht unbedingt einladend. Die Ritz-Carlton Suite ist mit 237 Quadratmetern etwa fünfmal so groß wie die Standardzimmer und verlangt nach 9.572 Euro. Derzeit gibt es kein größeres Luxuszimmer in Moskau. Mit etwas Glück kann man aber ein Zimmer am Wochenende schon für 330 Euro bekommen. Ohne Frühstück.

Ex-Restaurant Jeroboam von Heinz Winkler

Die bislang teuerste Hotelstadt der Welt musste aber umdenken und hat die Preise spürbar gesenkt. In einigen Fällen macht dies fast 40 Prozent aus, womit die Durchschnittsrate in der Stadt auf 164 Euro gedrückt wurde. Dafür haut man mit dem teuersten Frühstück der Welt auf den Putz. Für rund 1000 Euro dürfen sich Gäste an Wagyu-Beef, Foie Gras-Pastete, Beluga Caviar, Trüffel-Omelett und Champagner à discrétion erfreuen. Das feudale Zaren-Frühstück wird von der russischen Society ganz gut angenommen. In dem 2007 eröffneten Ritz-Carlton glamourt es jedenfalls gehörig. Dazu passt auch das weibliche Personal im Modelformat. Die 334 Zimmer sind so nobel ausgestattet, wie man das von Ritz-Carlton erwartet. Besonders wirkungsvoll aber sind jene mit Aussicht auf den Roten Platz. Die Dachgarten-Lounge im zwölften Stock ist in vielerlei Hinsicht der absolute Höhepunkt. Das üppige Panorama mit Rotem Platz und Kreml wäre auch von ein paar Gartenstühlen aus beeindruckend. Doch wurde ein optisch reizvolles Lokal aus Glas, Stahl, weißem Leder und kaffeebraunem Holz aus Westafrika geschaffen, in dem Vodka-Cocktails, Sushi sowie Fisch und Steaks vom Grill serviert werden.   

Roter Platz in Moskau

Moskau hat viel zu bieten, allein der Rote Platz inszeniert sich wie ein pompöses Schauspiel. Dass man unmittelbar am Lenin-Mausoleum einmal lässig Prosecco trinken und westliche Atmosphäre inhalieren kann, hätte zu Sowjetzeiten niemand für möglich gehalten. Gemessen an der touristischen Bedeutung ist die mit über zehn Millionen Einwohnern größte Stadt Europas aber noch in der Entwicklungsphase – bislang sind nur die Preise ganz oben angekommen. Dies drückt sich am deutlichsten in den Taxitarifen aus. Für eine Fahrt vom Roten Platz bis zum sehr nahen Café Puschkin, die keine vier Minuten benötigt, zahlt man 23 Euro. Wenn man Pech hat oder nicht aufpasst, sogar das Doppelte. Die meisten Taxameter sind frisiert, einen seriösen Fahrer zu finden ist nur schwer möglich. Auf diesen Straßenraub angesprochen, meinte der Concierge vom Baltschug Kempinski achselzuckend, dass dies für Moskau normal sei. Wenn solche kriminellen Auswüchse jedoch nicht unterbunden werden, wird Moskau Besucher abschrecken, was die Zeiten auch für Hotels und Restaurants noch schwerer macht.

LF




Das beste Restaurant Frankreichs

Und andere Irrtümer

der Best 50 Rangliste

 

Ein Hintergrundbericht von Jörg Zipprick

Jetzt wissen wir’s: Rene Redzepi aus Dänemark ist der beste Koch der Welt. Wieder einmal, denn das war er schon im letzten Jahr. Die Welt braucht halt Ordnung. Zu der gehört, dass man Äpfel mit Birnen, Sushi mit Burgern und den Gargouillou von Gemüsen eines Michel Bras mit der Langustenvariation mit Langusten/Zitronengras-Süppchen eines Harald Wohlfahrt vergleichen muss. Das britische „Restaurant Magazine“ diktiert seit 2002 die Ordnung der Köche. Vielleicht weil früher im britischen Empire die Sonne nie unterging, klassifiziert das „Restaurant Magazine“ gleich die ganze Welt. Am Anfang war das Ganze noch ein Witz unter Freunden, da konnte die Pariser Brasserie La Coupole mit ihrem Vorgekochten unter den Besten landen – einfach weil jeder Juror mal dort war und eine Meinung zu dem Laden hatte. Spätestens seit die Klassifizierung nach ihrem Sponsor, einer Nestlé-Marke  „The S.Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ heißt, wird die Veranstaltung professionell vermarktet und landet in Tageszeitungen auf der ganzen Welt. Meist ist von einer Umfrage unter Köchen, Kennern, Kritikern die Rede, die irgendeinen Trend beweist. Getestet wird kein einziges Lokal, das könnte ja Geld kosten. Es wird gewählt. Stimmberechtigt sind besagte Köche, Kenner, Kritiker, die ihrerseits zunächst ausgewählt werden. Handverlesen, aber dazu kommen wir noch.

 
 
 
 

Küchenchef Rene Redzepi vom Restaurant Noma in Kopenhagen, Nr. 1 der Rangliste

 Anonymer geht es nicht

Wie jede gute, demokratische Wahl ist die Wahl der 50 weltbesten Restaurants anonym. Man könnte sogar sagen: Anonymer geht es nicht, den nicht einmal die „Mitglieder der Akademie“, also die Juroren, erfahren, wie viel Stimmen jedes Lokal erhielt. Unbekannt bleibt auch die die mathematische Formel, nach der gut 800 Mails mit je sieben beliebig ausgewählten Restaurants unter Berücksichtigung der Reihenfolge zu einer Liste von 100 Besten verdichtet werden. Kein Notar, kein unabhängiges Institut kontrolliert den Zählvorgang oder den Eingang der Ergebnisse.

Die Ergebnisse sind teilweise abstrus: Wohlfahrt und die Schwarzwaldstube landete mit Platz 73 unter „ferner liefen“. Kann man das Daniel in New York (Platz 11) wirklich durch 50 Ränge vom Lokalrivalen Jean Georges (Platz 62 trennen)?  Hat sich ein Könner wie Philippe Rochat vom Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier, in der Schweiz innerhalb nur eines Jahres soweit verschlechtert, dass ein Absturz um 33 Plätze gerechtfertigt ist? Le Châteaubriand schafft es in die Top Ten, Spitzenlokale wie Le Louis XV in Monaco oder L’Ambroisie in Paris hingegen nicht mal auf die Liste. Und wie kann das spanische El Bulli, das jahrelang die Liste anführte, im Jahr 2011 nicht mehr unter die hundert Besten fallen? Hat das Lokal derart nachgelassen? Oder liegt es daran, dass El Bulli demnächst die Pforten schließt. Das wäre kurios, denn der Platz in der Liste wird für die Leistungen der letzten 18 Monate vergeben, nicht für Zukunftsaussichten. Die New York Times jedenfalls hält es für unwahrscheinlich, dass die Mehrzahl der 800 Juroren in der Vergangenheit keine Schwierigkeit bei der Reservierung der begehrten Tische gehabt hat. (http://www.nytimes.com/2011/04/13/dining/13Best.html?_r=2)

 
 
 
 

Grant Achatz, Restaurant Alinea, Chicago

Auf den Chairman kommt es an

Wer über die Listenplatzierungen staunt, muss die sogenannten Chairmen betrachten. Der Chairman jedes Landes wählt die Jury. Könnte nicht schon durch die Wahl der Juroren eine Wahl nach Belieben manipuliert werden? Viele der Juroren sind Köche – die Frage, ob sie unbedingt über ihre Berufskollegen abstimmen sollten, lassen wir mal außen vor. Darunter sind sind nicht gerade wenige  Avantgardeköche bzw. Freunde oder Geschäftspartner derselben: Grant Achatz, Sergi Arola, Juan Mari Arzak, Heston Blumenthal, Masimo Bottura, René Redzepi, Paco Roncero, Joan Roca und wie sie alle heißen. Dazu kommen Restaurantkritiker, die sich regelmäßig in ihren Kolumnen für diese Köche stark machen: Pau Arenos, José Carlos Capel, Sebastien Demorand, Luc Dubanchet zum Beispiel.

Wer diese Herdmeister und Autoren zu Jury-Mitgliedern ernennt, ahnt zumindest, wie sie stimmen könnten. Ist das unparteiisch? Hier und da darf man die Frage stellen, ob wirtschaftliche Eigeninteressen die Wahl der Juroren zumindest beeinflussen könnten:  Die spanische Jury etwa leitet ein Herr namens Rafael Anson (http://www.theworlds50best.com/the-academy/members-list/rafael-anson). Dieser Präsident der „Academia Española de Gastronomía“ leitet auch den „Ferran Adrià Lehrstuhl für kulinarische Kultur“ (was es so alles gibt), setzte zusammen mit Koch Adrià seine Unterschrift unter das Buch „Tapas im 21. Jahrhundert.“ Dessen Autor heißt Paco Roncero und war ebenfalls Jurymitglied. Anson ist ein Mann mit Erfahrung: Er wurde unter Franco zum Direktor des „Instituts der öffentlichen Meinung“ (Instituto de Opinión Pública). Heute betreiben seine Frau und seine Tochter Alejandra Marina laut spanischem Handelsregister u.a. PR-Agenturen. Der Handelsregisterauszug von Alejandra Marina erwähnt, dass diese Agentur ihr Aufgabenfeld in der Betreuung „spanischer Gastronomie und Köche, besonders junge Köche“ sieht.

Joan Roca vom El Celler De Can Roca

Die französische Jury leitet Andrea Petrini, ein italienischer Journalist mit Wohnsitz im französischen Lyon. In seiner publizistischen Arbeit berichtet er gern über die „50 Besten“ und das Pariser Lokal Le Châteaubriand. http://www.blast.fr/lifestyle/chevalier-inaki/ Oder hier, am 4. März auf Slate mit dicken Lob für das Restaurant http://www.slate.fr/story/34609/inaki-aizpitarte Petrini kennt die Spitzenköche der Welt und die Köche kennen ihn. Wer hier (http://nordicgourmetour.com/2008_petrini.html) die Bilder seines 50. Geburtstags betrachtet, erlebt ihn in Gegenwart von Meistern wie Rene Redzepi und Fluvio Pierangelini. Außerdem organisiert er das Kochfestival „Cook it raw“ (www.cookitraw.org  Der Event „in Zusammenarbeit mit Nespresso “ verzeichnet prestigeträchtige Gäste wie Rene Redzepi und Inaki Aizpitarte. Letzterer ist im Hauptberuf Küchenchef des Restaurants Chateaubriand in Paris. Ein Interessenkonflikt?

Küchenchef Andoni Aduriz vom Restaurant Mugaritz im baskischen San Sebastian

Ja, die Szene ist klein. Man kennt sich. Und manchmal kennt man sich besonders gut. Nicht jeder Journalistenkollege findet das akzeptabel: Restaurantkritiker Francois-Régis Gaudry vom renommierten französischen L’Express stieg mit einem offenen Brief aus. Gaudry störte sich unter anderem an einem gemeinsamen Abendessen aller französischen Juroren. Abgehalten wurde es von Andrea Petrini im Châteaubriand in Paris. Der britische Juror Ali Kurshat Altinsoy wurde von Petrini in das italienische Lokal Combal.zero eingeladen. „Andrea sagt Ihnen nicht für wen sie stimmen sollen“ erklärte er der New York Times (http://www.nytimes.com/2011/04/13/dining/13Best.html?pagewanted=2&_r=2)  „Er macht es nur möglich, dass sie für ihn stimmen.“ Anderswo nennt man das Lobbying. In der Gastronomie heißt es „eine Abstimmung unter Kennern.“ Gestimmt wird innerhalb von Netzwerken, die Liste der „50 Besten“ scheint für manchen Chairman und einige Juroren ein willkommener Anlass, gute Beziehungen durch die halbe Welt zu knüpfen. Die New York Times berichtete jedenfalls über Juroren, die vom schwedischen Tourismusbüro auf Steuerzahlers Kosten von Restaurant zu Restaurant gekarrt wurden. Auch von „Stimmenbrokern“ die Lokale gegen Entgelt zu guten Plätzen helfen, wird inzwischen hinter vorgehaltener Hand erzählt. (http://www.nytimes.com/2011/04/13/dining/13Best.html?pagewanted=2&_r=2)

Enrique Olvera vom Pujol in Mexico City

Chairman Petrini versucht es angesichts der Zweifel an den « 50 Best » mit Verbalakrobatik. Mal sagt  er (http://fulgurances.com/blog/2010/05/50-best-restaurant-un-instantan-de-la-cuisine-mondiale/), „50 Best“ sei ein Marketingbegriff. Man sollte dies mehr als die Restaurants über die man am meisten spricht verstehen….“ Dann wieder (http://fulgurances.com/blog/2011/04/the-50-best-chaud/) wird die englische Sprache verdreht: „Der Titel „50 Best Restaurants“ scheint problematisch. Im Englischen sei „best“ ein familiäres Adjektiv, fast ein Slang-Wort, es bedeute nicht „besser“, sondern „bevorzugt“.“ Nun ja, in der Schule haben wir das anders gelernt. Und vor Ort haben wir das anders gehört. Nebensache, reden wir doch lieber Klartext: Die Fifty Best sind eben nicht die 50 Besten. Es sind,  glaubt man Petrini, also Restaurants, die von ein paar Leuten bevorzugt werden. Besser und treffender hätte das wohl niemand erklären können.

Fünf Minuten bei den 50 Best

Meine kurze Zeit bei der Wahl der besten Köche: Die 50 Besten werden unentgeltlich von Freiwilligen gewählt. Einer davon war ich, zumindest im Jahr 2008. Andere Journalisten waren ausgefallen, ich sollte jetzt Juror für die französische Delegation bei den 50 Besten werden. Für das Pariser Lokal Le Chateaubriand sollte ich stimmen, das wurde mir gleich im Vorgespräch nahe gelegt. Im Grunde ein unmoralisches Angebot. Le Chateaubriand ist ein Bistro mit durchaus annehmbarer Küche, ich habe nichts gegen den Laden. Außer vielleicht der Tatsache, dass dieses Lokal nicht immer wirklich sauber ist, die Servierer gern den Rasierer vergessen (wird andernorts auch für Bartpflege gebraucht!) und die Weinkarte ebenso kostspielig wie spärlich bestückt ist. Einmal war ich mit einer Vegetarierin dort, Fisch und Fleisch wurden für sie einfach vom Gemüsebett gekratzt. Ansonsten blieben die Gerichte – und die Rechnung – absolut identisch. Trotzdem: Le Chateaubriand ist ein nettes Lokal für einen zwanglosen Abend mit guten Freunden, ein Ort wo man in fleckigen Jeans und Holzfällerhemd ein Fläschchen leeren kann. Aber kann der bei den Weltbesten mitkochen? Von Küche, Keller, Service und Ambiente wäre das in etwa so, als würden  Autoren bei einer Wahl der besten Teams in einem Fußballmagazin den SV Wurmlingen auf eine Stufe mit Real Madrid stellen. (Note Bene: Liebe Spieler aus Wurmlingen- diese Bemerkung richtet sich wirklich nicht gegen Euch, sie ist ein Beispiel).

Restaurant Chateaubriand in Paris

Vorsichtshalber hörte ich dieser Stimmempfehlung dennoch aufmerksam zu. Meine Lebenserfahrung meldete sich lautstark im Hinterkopf zu Wort: Wenn ein Gespräch zur Teilnahme an einer Umfrage mit dem Wunschresultat beginnt, dann sollte man immer, stets und unter allen Umständen zusagen. Sonst könnte es rein theoretisch sein, dass man vor lauter Demokratie nicht mitstimmen darf.

Und so werden die fünfzig besten Restaurants der Welt gewählt: Eine E-Mail trudelt ein, die Juroren klicken auf eine Website und werden aufgefordert, fünf beliebige Namen abzugeben – dieses Jahr waren es erstmals sieben. Ob Willys Reibekuchen Bude oder L‘Ambroisie, wählbar sind sie alle. Mindestens zwei Stimmen dürfen nicht auf das eigene Land entfallen. Die Köche unter den Juroren dürfen nicht für ihr eigenes Lokal stimmen. Eigentlich versichert man mit der Stimmabgabe in den letzten 18 Monaten in den genannten fünf Läden gespeist zu haben, kontrolliert wird das freilich nicht. Wäre es so schwer, die Rechnung einzuscannen und mitzuschicken? Name des Restaurants, Datum des Besuchs, den Button mit „abschicken“ drücken – das war’s.  

Und, nein, ich habe nicht für das Chateaubriand gestimmt.

Siehe auch „Die ranzigste Restaurant-Hitliste der Welt“ in der BISS-Zeitung

 

Das Bild ganz oben rechts zeigt die Küche vom Restaurant Alinea in Chicago, Grant Achatz ist auf der Rangliste auf Platz 6.




Die ranzigste Restaurant-Rangliste der Welt

Wer´s glaubt, trinkt Wasser

 

Kommentar von Ludwig Fienhold

Kann es so etwas wie die „50 besten Restaurants der Welt“ überhaupt geben? Natürlich nicht. Ein solcher Wettbewerb muss in die Irre führen. Er ist eine groß angelegte Promotion für das Unternehmen San Pellegrino, das in der Gastronomie bestens vertreten und in 100 Ländern anzutreffen ist. Diese Stellung will man mit einer derart werbewirksamen Kompetenzoffensive festigen und ausbauen. Es ist durchaus legitim, wenn der größte Getränkelieferant Italiens auch ganz groß auf sich aufmerksam machen will. Muss es aber mit einer so aberwitzigen und zweifelhaften Hitparade sein, deren Resultat einen üblen Beigeschmack hat? Faktisch ist es nur ein Sturm im Wasserglas, bei dem aber auch deutsche Topköche baden gehen.

Joachim Wissler vom Restaurant Vendome im Schloss Bensberg Bergisch Gladbach

Joachim Wisslers Vendome ist immerhin auf Platz 21, Sven Elverfeld Aqua auf Platz 25. Es gibt zudem als kaum erwähnte Ergänzung auch noch eine Top 100, bei der dann auch Harald Wohlfahrt mit seiner Schwarzwaldstube (Rang 73), Hans Haas und das Tantris (80) sowie Klaus Erforts Gästehaus (88) gnädig vertreten sind. Die deutschen Spitzenköche Helmut Thieltges (Waldhotel Sonnora), Heinz Winkler (Residenz Aschau) oder Christian Jürgens (Seehotel Überfahrt Rottach-Egern) gehen leer aus. Selbst Juan Amador, obwohl dieser als experimenteller, iberophiler Transmutationskoch besonders gut ins Auswahlschema von S.Pellegrino passen würde. Dafür sind Köche aus Russland, Finnland, Mexiko, Brasilien und Peru vertreten. Wie viele von der Pellegrino-Jury wohl im Astrid & Gastón (Rang 42) im peruanischen Lima gewesen sein mögen?

Gastón Acurio von Astrid & Gaston in Lima Peru

Oder: Kennen Sie das Lokal Chateaubriand in Paris? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Es ist aber auf Platz 9 dieser Restaurant-Hitliste und damit das beste Restaurant Frankreichs. Dagegen ist das wahrhaftige Weltklasse-Restaurant Louis XV von Alain Ducasse in Monaco nicht vertreten. Vor allem solche Fehlgriffe machen die Top 50 unglaubwürdig.  

Ähnliches geschieht jedes Jahr mit den großspurigen Hotel-Hitlisten, die vorwiegend von amerikanischen Reisemagazinen und ihren Lesern erstellt werden. Deutschland spielt dabei kaum eine Rolle, meist hält gerade einmal das Adlon in Berlin Einzug. Das liegt aber auch am Reiseverhalten der Amerikaner, die bevorzugt nach Asien reisen oder durchs eigene Land. Gut beraten wäre S.Pellegrino die anmaßende Titelwahl „The Worlds Best 50th Restaurants“ zu ändern, etwa in die 50 interessantesten Lokale der Welt. Damit würden auch verrückt anmutende Entscheidungen entschuldbarer.

Warum gibt es eigentlich keine kritischen Stimmen von Genussmagazinen zu dem Thema Top 50? Fürchten sie um die Anzeigen vom Großunternehmen S.Pellegrino, das gerade dort überaus präsent ist? Zu den Top 50 von S.Pellegrino gibt jedenfalls viele Fragen. Werden zum Beispiel auch Köche ausgewählt, die nicht San Pellegrino in ihrem Restaurant führen? Unabhängige Tester sollten einmal die 50 besten Wasser der Welt küren. Ob wohl San Pellegrino darunter wäre?

 

Das Bild ganz oben rechts zeigt Rene Redzepi vom Noma in Kopenhagen, laut Best 50 die Nr. 1 in der Welt

Siehe auch Artikel „Frankreichs bestes Restaurant – und andere Irrtümer der Best 50“ in der BISS-Zeitung

 

Alinea in Chicago

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die 50 besten Restaurants der Welt

(laut S.Pellegrino)

1 – Noma / Denmark
2 – El Celler de Can Roca / Spain
3 – Mugaritz / Spain
4 – Osteria Francescana /Italy
5 – The Fat Duck / UK
6 – Alinea / USA
7 – D.O.M / Brazil
8 – Arzak / Spain
9 – Le Chateaubriand / France
10 – Per Se / USA
11 – Daniel / USA
12 – Les Creations de Narisawa / Japan
13 – L’Astrance / France
14 – L’Atelier de Joel Robuchon / France
15 – Hof van Cleve / Belgium
16 – Pierre Gagnaire / France
17 – Oud Sluis / Netherlands
18 – Le Bernardin / USA
19 – L’Arpege / France
20 – Nihonryori RyuGin / Japan
21 – Vendome / Germany
22 – Steirereck / Austria
23 – Schloss Schauenstein / Switzerland
24 – Eleven Madison Park / USA
25 – Aqua / Germany
26 – Quay / Australia
27 – Iggy’s / Singapore
28 – Combal Zero / Italy
29 – Martin Berasategui / Spain
30 – Bras / France
31 – Biko / Mexico
32 – Le Calandre / Italy
33 – Cracco / Italy
34 – The Ledbury/ UK
35 – Chez Dominique / Finland
36 – Le Quartier Francais / South Africa
37 – Amber / China
38 – Dal Pescatore / Italy
39 – Il Canto / Italy
40 – Momofuku Ssam Bar / USA
41 – St John / UK
42 – Astrid Y Gaston / Peru
43 – Hibiscus / UK
44 – Maison Troisgros / France
45 – Alain Ducasse au Plaza Athenee / France
46 – De Librije / Netherlands
47 – Restaurant de l’Hotel de Ville / Switzerland
48 – Varvary / Russia
49 – Pujol / Mexico
50 – Asador Etxebarri / Spain

 




Top & Flop in der Gastronomie

Nizza am Main

Können Banker mit Geld umgehen? Sind Banker Genießer? Verlassen Banker auch mal ihre Tresore, um sich draußen die Wirklichkeit anzusehen? Was denkt sich eigentlich die Metzler-Bank dabei, seit Bestehen des von ihr gebauten und verwalteten Lokals Nizza am Main in Frankfurt nur Gastronomen anzuheuern, die das Lokal schlecht führen? Es handelt es sich hier immerhin um eines der herausragenden Prestigeobjekte der Stadt, an einem Filetstück am Mainufer. Die jetzigen Pächter kommen aus der Systemgastronomie und hatten bislang kein richtiges Restaurant geführt. Die stoische Speisekarte wechselt eher selten, der Garten wird lustlos geführt, wobei gerade dieser ein Aushängeschild sein könnte. Das Beste, was auf der Karte steht, ist die Bratwurst der 11. Generation, die es aber bei verschiedenen Besuchen nie gab. Die Gartenterrasse wirkt verwaist. Man könnte hier zauberhaft frühstücken und lunchen, doch die Betreiber scheint das nicht zu interessieren. Es gäbe genug gute Gastronomen und Köche, die an einem solchen Objekt wie dem Nizza am Main interessiert wären – Juan Amador (Langen) oder Paride Mimmo Nicoli (Rüsselsheim) beispielsweise suchen etwas Passendes in Frankfurt. Hat die Metzler-Bank kein kulinarisches Gewissen? Kaum zu glauben, denn das Frankfurter Lieblingslokal von Bankier Friedrich von Metzler ist das lobenswerte Emma Metzler auf der anderen Flussseite. 

Nizza am Main, Frankfurt, Untermainkai 17, Tel. 069 26 95 29 22. www.nizzamain.de

Daumen runter

Bloody Hell!

 

 

 

 

 

 

Emma Metzler

Restaurant Emma Metzler

Das Restaurant Emma Metzler am Main hat eine ausgezeichnete Weinkarte und punktet mit Spitzen aus Deutschland und Frankreich – vor allem handverlesenen, individuellen Tropfen. Bei jedem Besuch kann man eine neue Entdeckung machen. Jetzt: J.B. Becker aus Walluf im Rheingau. Das klassischste aller Rheingau-Güter. Die Rieslinge: Knochentrocken, altersmürber Bariton, freche Herbheit. Sie werden mit Naturhefen vergoren und reifen ein Jahr im alten Holzfass. Die Weine reifen in Würde und gewinnen Jahr für Jahr an Charakter. Der Riesling-Sekt Brut Nature, der in der Emma Metzler ebenfalls ausgeschenkt wird, ist ein guter Vertreter der Becker-Stilistik – trockner geht’s nicht. Für die sommerliche Terrasse wie gemacht. Der Naturbursche schmeckt nicht nur, man verträgt ihn auch sehr gut und selbst in etwas größeren Mengen. Der aktuelle Jahrgang präsentiert sich wunderbar knackig, wir haben an anderer Stelle aber auch noch den Jahrgang 2004 probieren können, der völlig anders ist: Cremig, mit schöner Traubenfrucht und reifen Obstnoten sowie beinahe schon firnem Anklang von Rumtopf. Das Restaurant Emma Metzler würde übrigens nach der cleveren prominenten Frankfurter Salon-Dame benannt, zu deren Gästen auch Bismarck gehörte. Die klassizistische Villa Metzler neben dem Restaurant Emma Metzler wird vom Bankhaus nur für private Feiern genutzt und zählt zu den Schmuckstücken am Frankfurter Museumsufer.

Emma Metzler, Frankfurt, Schaumainkai 17, im Park des Museums für Angewandte Kunst, Tel. 069 6199 5906. www.emma-metzler.com

Daumen Hoch

Well Done




Bits & Bites

Café im Kunstverein hat eröffnet

Nach mehrmonatiger Umbauzeit wurde jetzt das Café im Frankfurter Kunstverein unter neuer Leitung eröffnet. Es ist luftiger und heller gestaltet, im Retro-Design. Vor allem hat man nun das attraktive Kreuzgewölbe freigestellt, das zuvor nicht genutzt und sinnlos vernachlässigt wurde. Es ist der schönste Teil des Lokals. Wichtigste Änderung ist indes die neue große Eingangstür an der Frontseite. Bislang mussten die Gäste über den ungünstig gelegenen Eingang des Kunstvereins herein finden, wobei viele Touristen und auch Frankfurter diesen kaum wahrnahmen. Das Steinerne Haus, in dem sich das Café und der Kunstverein befinden, liegt unmittelbar am Krönungsweg zum Kaiserdom, der einer der bestbesuchten Orte der Stadt ist. Nicht optimal sind die Stufen hinter dem Haupteingang. Das Erscheinungsbild hat sich aber allemal deutlich verbessert, was aber auch nicht schwer war. Die Renovierung ist noch nicht abgeschlossen und wird den ganzen Mai über dauern. Vor allem die Küche ist nicht ganz fertig. Es gibt aber tagsüber schon frisch gepresste Säfte, selbst gemachte Limonaden, hausgemachte Kuchen und Kekse sowie abends Weine, Spirituosen und Longdrinks sowie neuartige Aperitifs mit passenden Snacks. Das neue Betreiber-Trio führt auch das in der Nähe liegende Szene-Lokal Moloko. BF

Café im Frankfurter Kunstverein (Steinernes Haus am Römerberg), Markt 44.

Geöffnet: Di 11-19 Uhr; Mi: 11-21 Uhr; Do und Fr: 11-1 Uhr; Sa und So: 10 -19 Uhr, Montag geschlossen.

Siehe auch Berichte „Des Kaisers neues Lokal“ und „Der bösartigste Cocktail der Welt“ vom 21. Januar:

http://www.fienholdbiss.de/2011/01-2011/nr-07/des-kaisers-neues-lokal/

http://www.fienholdbiss.de/2011/01-2011/nr-07/der-bosartigste-cocktail-der-welt/

 

Italienischer Förster: Neues Lokal in Kelsterbach

Die gerade festlich eröffnete Alte Oberförsterei in Kelsterbach macht Appetit. Das schmucke Lokal befindet sich nah am Frankfurter Flughafen und liegt doch idyllisch am Main in Kelsterbach. Der Gastronom Riccardo Re und sein Geschäftspartner und portugiesischer Küchenchef Pedro Fernandez bieten gehobene italienische Küche und rustikale Trattoria-Gerichte unter gleichem Dach. Das einst tatsächlich portugiesische Lokal wurde renoviert und erweitert und kann mit einem Sommergarten beeindrucken – mit schönem Blick auf den Main. Das Gourmet-Restaurant verfügt über 30 Plätze, die Trattoria kann 40 Gäste aufnehmen, im Sommergarten haben insgesamt ebenfalls 70 Gäste Platz. Riccardo Re ist seit 17 Jahren Gastronom, viele Jahre hat er bei Mimmo in dessen Ristorante La Villa in Rüsselsheim gearbeitet (siehe Artikel „Ciao Mimmo!“) und mit dem Ambiente Italiano in Bauschheim sein erstes Lokal eröffnet. Die zwei Konzepte in der Alten Oberförsterei sollen möglichst viele Gäste ansprechen. Pizza und Pasta sind deutlich präsent, aber etwas pfiffiger als herkömmlich. Im Gourmet-Restaurant stehen Gerichte wie  Jungbullenfilet in Schwarzpfeffersauce mit Gewürz-Kartoffelgratin für gehobene Ansprüche. Der eigene Parkplatz unmittelbar vor der Tür verkürzt die Anfahrt erheblich. PL

Ricardo Re (l.) und Pedro Fernandez

 

 

 

Alte Oberförsterei, Kelsterbach, Staufenstr. 16. Tel. 06107 9896840. Geöffnet: Di bis Fr + So 12 – 15 Uhr, 18 – 24 Uhr. Sa 18 – 24 Uhr. Montag geschlossen.

 

 

 

 

Voll Bock

Tom Bock, der Italienischste aller Frankfurter, versucht seine zwei Heimatgefühle so stark wie es geht zusammenzuführen. Im Florentinischen Viertel in Sachsenhausen betreibt er südländischen Wohnbau sowie das Trio aus dem Ristorante Biancalani, dem Weinlokal Casa di Tomilaia & Friends und der Bar mittendrin. In der Toskana ist er zudem verantwortlich für das Weingut Tomilaia. Das Gut, eine Ansichtskartenschönheit in Cavriglia, hat 35 Hektar, wovon 14 Hektar mit Wein und Oliven bewirtschaftet werden. Jetzt will Tom Bock das mit einem Freund betriebene Weingut noch um ein Boutiquehotel mit 10 Suiten erweitern, die im Sommer nächsten Jahres bezugsfertig sein sollen. Wohnen in den Weinbergen in der Toskana –  wer träumt nicht davon? So viel gutes Lebensgefühl kommt auch bei den Honoratioren der Region an. Das Weingut Tomilia ist bereits zu einem Aushängeschild geworden und wird ausgiebig von der italienischen Presse begutachtet.

Tom Bock in der Casa di Tomilia

Kürzlich war eine Delegation von Politikern und Journalisten aus der Toskana zu Gast in Frankfurt, um die Aktivitäten des Unternehmers Tom Bock in Deutschland kennenzulernen. Das munter gesprochen und gegessen wurde, versteht sich von selbst. Interessant waren aber vor allem die Aussagen der italienischen Besucher über Frankfurt. Diese lobten Frankfurt als „schöne Stadt mit schönen Menschen“. Man spüre den Reichtum und die Kreativität Frankfurts, besonders ergreifend wären das Leben am Fluss und die Leichtigkeit, die man angetroffen hätte. Wie bitte? Leichtigkeit in Frankfurt! Welche Getränke hat Tom Bock seinen Gästen wohl angeboten? Seine eigenen Weine, darunter den Verführungsroten mit dem hinweisgebenden Namen Hash Ish. Der stimmt wirklich sehr zufrieden und lässt milde lächeln. Doch die Toskana-Fraktion war damit noch lange nicht am Ende. Nach drei Tagen, in der sie vorwiegend zu Fuß unterwegs war (vorbildlich), konstatierte man: Alles fließt, nicht nur der Main, sondern auch der Verkehr in Frankfurt. So viel Positives hört man selten. Und doch: Es muss offenbar jemand aus Italien kommen, damit die Frankfurter vielleicht etwas deutlicher merken, wie schön und funktional diese Stadt doch ist. PL

 
Cha Cha

Das Riesen-Restaurant mit angeblich asiatischer Küche namens Cha Cha im Frankfurter Grüneburgweg hat geschlossen. Wir registrieren dies nur kurz und ohne jedes Bedauern.  LF

 




Gourmet-Frikadelle in den Weinbergen

Und andere Überraschungen im Rheingau

Von Ludwig Fienhold

Ausflugswetter – ab in den Rheingau! Dort erlebt man mitten in den Weinbergen Urlaubsgefühle. Im Gutsauschank Baiken thront der Gast zwischen den Lagen Baiken, Gehrn und Wülfen der Hessischen Staatsweingüter. Die Atmosphäre, die nette Betreuung und die Rieslinge würden schon für ein paar schöne Stunden ausreichen, aber die Küche zeigt ebenfalls Klasse. Es gibt geschmorte Lammstelze, Taunusforelle im Ganzen gebraten mit Mandel-Zitronen-Butter oder Filet vom Jungschwein. Der Frikadelle gebührt indes der Lorbeerkranz. Regionales Fleisch und frische Kräuter werden handwerklich perfekt zu einem Spitzenprodukt, einer Gourmet-Bulette, wie es keine zweite gibt. Dieser saftige, fleischige und ökologisch korrekte Wonneproppen wird im Baiken mit gutem Brunnenkresse-Risotto serviert. Küchenchef Miguel Sattler kocht mit Verve und verwendet Erzeugnisse aus der heimischen Landwirtschaft. Das Fleisch für das saftige Rumpsteak wird wie früher am Knochen abgehangen und nicht wie heute aus Kostengründen üblich unter Vakuum gereift. Die traditionelle Methode macht es zarter und bringt mehr Geschmack.

Frikadelle 11. Generation

Gut sind auch die Kleinigkeiten im Gutsauschank, der marinierte Rhöner Tafelspitz mit Strauchtomaten, Frühlingszwiebeln, Kürbiskernen auf geröstetem Sauerteigbrot oder das Sortiment vom Eltviller Käseladen mit Traubenkompott. Probieren sollte man außerdem das Sauerampfer-Eis mit marinierten Erdbeeren und Vanilleschmand. Dass sich die Qualität für einen Gutsausschank auf einem solchen Niveau bewegt, liegt an Küchenchef Sattler und an dem Betreiber Egbert Engelhardt, dem kreativen Kopf der „11ten Generation“, die in Wiesbaden die Region mit feinem Catering, originellen Ideen und guten Erzeugnissen versorgt. Inzwischen gibt es sogar eine eigene Weinlinie, der im großen Eichenfass gelagerte Riesling Rauenthaler Baiken vom Kloster Eberbach gehört zur Edition 11te Generation und zeigt Statur.

Zum Baiken

Der ehemalige Sternekoch Egbert Engelhardt führt neben dem Gutsausschank Baiken noch ein anderes Juwel: das Lokal Anleger 511 in Eltville. Unmittelbar am Fluss, Rheinkilometer 511, gelegen, wurde es in wenigen Monaten zum beliebten Ankerplatz, wobei man das Gefühl hat an der Reling eines Schiffes zu stehen. Die über 100 Jahre alte denkmalgeschützte ehemalige Rheinhalle wurde für fast eine Million Euro saniert. Das Kleinod aus Sandstein, Fachwerk und Schmuckornamenten an der schönen Eltviller Flusspromenade glänzt nun als großartige Location mit Panoramablick. Rheingauer Rieslinge und Sekte sind selbstverständlich, daneben stehen aber auch verschiedene „Longwines“ im großen Glas bereit, Drinks mit Minze und Ingwer oder Basilikum und Limone. Küchenchef Sebastian Bauer schafft mit seiner kleinen Speisekarte sehr geschmeidig die Biegung von bodenständig zu modern. Das knusprige Teriyaki-Hühnchen mit Glasnudelsalat schmeckt ausgezeichnet, doch will man auch hier die schönen Deftigkeiten der „11ten Generation“ haben: Frikadelle und Bratwurst demonstrieren, dass solche kulinarischen Gassenhauer genau so großartig sein können wie sogenannte Luxusprodukte. Die mit frisch gemahlenen Gewürzen und Gartenkräutern abgerundete Bratwurst ist ein saftig-würziger Naturbursche ohne künstliche Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker.

Anleger 511

Inzwischen hat man im Anleger 511 wieder auf Self Service gewechselt. Die Gäste bestellen ihr Essen an der Theke, erhalten eine Nummer und bekommen es dann gebracht. Die bunte mobile Imbissbude vor der Tür gehört ebenfalls zum Lokal. Dort sollte man anbeißen – es gibt eine erstklassige Currywurst mit einer hausgemachten Sauce und wahlweise drei verschiedenen Currymischungen von Gewürz-Guru Ingo Holland.

Der Gastronom Egbert Engelhardt führte einst mit dem Grauen Haus in Oestrich-Winkel das beste und schönste Restaurant im Rheingau. Das älteste Steinhaus Deutschlands stand am Fuß der Weinberge und hatte eine einmalige Atmosphäre – außen wie innen. Nach Engelhardt gab dort der jetzige Fernsehkoch Ralf Zacherl noch ein Gastspiel, dann war Schluss. Das Graue Haus steht seit vielen Jahren leer und gammelt vor sich hin – am Eingang steht immer noch das Restaurantschild. Der jetzige Besitzer, ein Frankfurter Immobilien-Unternehmer, lässt jedenfalls eines der interessanten Objekte in Deutschland völlig unsinnig verwahrlosen. Egbert Engelhardt dagegen ist extrem unternehmungslustig. Zu den Lokalen Im Baiken und Anleger 511 ist jetzt noch ein Drittes hinzugekommen: Das Schwarze Häuschen in Eltville-Hattenheim. Es liegt nahe beim Kloster Eberbach in traumhaft schöner Lage mitten in der berühmten Steinberglage. Zum grandiosen Ausblick genießt man solide Vespergerichte und Tropfen aus der ummauerten Weinlage. Der Steinberg ist eine der wertvollsten Lagen der Welt, die 30 Hektar gehören ganz dem Riesling. Die Mauer wurde im 18. Jahrhundert zum Schutz vor Traubendieben gebaut und schirmt jetzt vor Kaltluft ab.

Schwarzes Häuschen

Gutsauschank Baiken, Eltville, Wiesweg 86, Tel. 06123 900345.Geöffnet Montag bis Freitag ab 17 Uhr, Samstag ab 15 Uhr, Sonntag ab 11.30 Uhr.

Anleger 511, Eltville, Platz von Montrichard 2, Tel. 06123 689168. Geöffnet Montag bis Sonntag 10 – 23 Uhr.

Schwarzes Häuschen, Eltville-Hattenheim, Domäne Steinberg. Geöffnet April – Oktober, Freitag ab 17 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen ab 12 Uhr.

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Mit dem Geigerzähler ins Restaurant?

Reaktionen der Köche auf die japanische Atom-Katastrophe

Japanische Lebensmittel stehen unter Verdacht. Die Atom-Katastrophe von Fukushima hat auch die Hotellerie und Gastronomie erreicht. Nicht nur in Japan, auf der ganzen Welt. Der Pazifik wird verseucht, Tausende Tonnen radioaktives Wasser wurden ins Meer geleitet. Cäsium und Jod im Fisch sind die Folge. Die Strahlenbelastung kennt aber auch sonst keine Grenzen. Was ist mit Reis, Gemüse, Pilzen, Tee oder Soja? Die Situation ist unübersichtlich, zumal die Informationspolitik in Japan aus Halbwahrheiten und Lügen besteht. Das erzeugt überall größtes Misstrauen. Sollen wir jetzt ständig mit dem Geigerzähler einkaufen und essen gehen? Die EU hat bislang keine Hinweise, dass radioaktiv kontaminierte Lebensmittel aus Japan nach Europa gelangt sind. Eine Momentaufnahme durch Stichproben indes, die auf viele Jahrzehnte gesichert werden muss. Höchste Vorsicht ist angebracht, doch darf man nicht in Hysterie verfallen und jetzt alles Japanische meiden. Man bringt sich damit um ein Stück Lebenskultur. Gerade die japanische Küche, die weit mehr als Sushi zu bieten hat, gehört zu den besten und interessantesten auf der Welt.

Das Lokal Sushiko in Frankfurt-Sachsenhausen kann nicht über Gästeschwund klagen und gehört nach wie vor zu den In-Plätzen der Stadt. Dort ist man auch ganz richtig in die Offensive gegangen und nennt alle Produkte und ihre Lieferanten. Unter dem Titel „Die Angst vor verstrahlten Produkten aus Japan ist groß“ wird vernünftig aufgeklärt. „Es häufen sich die Fragen unserer Gäste nach unseren Bezugsquellen. Sie wollen wissen, ob man Fisch und Sushi noch essen kann“, erklärt Geschäftsführer Phil-Ro Yoon. Deshalb präsentiert er im Lokal und auf der Internetseite eine Liste mit den Rohstoffen und den Ländern aus denen sie kommen: Aal aus Tawain, Shrimps aus Thailand, Ingwer aus Südkorea, Lachs aus Norwegen, Reis aus den USA, Sojasauce aus Südkorea, Steinbutt aus Holland, Thunfisch aus Spanien. Die Jakobsmuscheln, die von der Insel Hokkaidō aus mit 40 000 Tonnen in großer Menge geliefert werden, können derzeit nicht als unbedenklich gelten. Das Lokal Sushiko bezieht sie deshalb lieber aus Kanada. Dennoch muss man wissen, dass jährlich insgesamt gerade einmal 60 Tonnen Fisch aus Japan nach Deutschland importiert werden.

Die Fischerei im Pazifik beschert uns in Deutschland vor allem Seelachs, Schwertfisch, Kabeljau, Scholle und Lachs. Der Seelachs gehört zu den meistverkauften Fischen und wird in Deutschland vor allem zu Fischstäbchen verarbeitet, die gerne von Kindern gegessen werden.  Hochgiftiges Plutonium und radioaktives Jod verteilen sich auch im Wasser über große Flächen und werden von den Fischen aufgenommen. Für die Vergiftung durch den atomaren Crash kann es derzeit keine Entwarnung geben. Meint auch der Greenpeace-Konsumexperte Jürgen Knirsch, der eine Beobachtung und Kontrolle auf sehr lange Sicht sieht. Japanische Lebensmittel, die zum großen Teil auf dem Rhein-Main-Flughafen in Frankfurt eintreffen, werden zwar stichprobenweise untersucht, doch bietet dies keine ausreichend umfassende Sicherheit. Nach Ansicht von Greenpeace müssen auch Industrie und Handel Kontrollen ausüben. Gesunde Appelle, aber wer wird letztlich aktiv, bevor Schäden eintreten? Wie so oft, ist der Mensch auf sich selbst gestellt und kann nur seinen eigenen Informationen, Instinkten und den Gastronomen und Händlern seines Vertrauens Glauben schenken.

Mario Lohninger

Mario Lohninger

Der Gault Millau „Koch des Jahres“, Mario Lohninger aus Frankfurt (3 Lokale: Silk, Micro, Lohninger) liebt Japan und seine Küche. Er hat mit Kawano Hirofumi aus Sapporo seit sechs Jahren auch ein Talent in der Küche im Restaurant Silk, das sich hervorragend auf Sushi und Sashimi versteht, die zu den besten der Stadt gehören. Mario Lohninger bestätigt, dass es wegen der Japan-Krise eine Verunsicherung gäbe – bei Gästen und Gastronomen. Er hat aber auch schon vor dem Japan-Desaster den weitaus größten Teil der Produkte aus dem Mittelmeer, von Kanada oder Kalifornien bezogen. Lohninger meint, dass es zu den meisten japanischen Rohstoffen Alternativen gäbe, die er auch entsprechend einsetzen würde. Lohningers japanisches Sake-Dinner im Micro war so oder so die am schnellsten ausverkaufte Veranstaltung seit Bestehen der Restaurants.

Tim Raue

Tim Raue vom gleichnamigen Restaurant in Berlin arbeitet wie kaum ein anderer deutscher Spitzenkoch asiatisch. Er lässt sich vor allem von Japan und China inspirieren und setzt entsprechende Produkte ein – Ingwer, Algen, Miso, Galgant, Wasabi, japanischen Salat oder Sake. Er verlässt sich dabei nach wie vor auf seine Lieferanten in Tokio, denen er vertraut. Er versteht die Hysterie in Deutschland nicht und fühlt sich durch ständige Fragen von Gästen nach verstrahlten Lebensmitteln genervt. Tim Raue kocht auch gerne mit dem Diamond Label Beef der japanischen Rinderrasse Wagyū. Doch dieses oft falsch als Kobe bezeichnete Fleisch kommt zumeist aus Australien.

Das Restaurant Taku im Excelsior Hotel Ernst in Köln gilt als eines der besten asiatischen Lokale in Deutschland. Küchenchef ist indes ein Deutscher mit österreichischen Wurzeln – Nicolas von Auersperg. Er arbeitet im Grunde panasiatisch und lässt auch China, Thailand, Malaysia, Vietnam, Korea und Indien kulinarisch einfließen. Doch gerade die japanisch beeinflussten Speisen verstehen sich als Signature-Gerichte, etwa in Sake und Soja pochierte Steinbeißerbäckchen auf mariniertem Algensalat und Tempuragemüse oder Seeteufel mit Wasabikruste und Sobanudeln. Auch die Auswahl an hochwertigem Sake ist vorbildlich. Wie aber wirkt sich im Excelsior Hotel Ernst die Japan-Krise aus? Jedenfalls nicht mit Gästeschwund. Die Gäste bestellen auch nach wie vor japanische Gerichte, stellen aber verstärkt Fragen, wo genau die Rohstoffe dafür herkommen. Küchenchef von Auersperg hat dafür Verständnis. Er vertraut jedoch auch den Kontrollsystemen und kann sich nicht vorstellen, dass verstrahlte Waren nach Deutschland kommen können. Auch er arbeitet seit langem zum größten Teil mit Produkten aus anderen asiatischen Ländern, zumal es nahezu zu allem Japanischen Alternativen gibt – bei Fisch, Reis, Soja und vielem mehr. Von Auersperg überlegt, ob er dies jetzt nicht auch auf der Internetseite des Restaurants kommunizieren sollte.

Nicolas von Auersperg

Vielleicht noch tiefgreifender als die konkrete Angst vor verstrahlten Lebensmitteln wirkt im Bewusstsein die emotionale und mentale Begleitung, die mit einem Besuch in einem japanischen Lokal einhergeht. Es drückt derzeit aufs Gemüt, wenn man japanisch essen geht und gleichzeitig die deprimierenden Bilder aus diesem Land vor sich sieht. Spätestens aber, wenn die ersten verseuchten Lebensmittel irgendwo entdeckt würden, könnte der atomare Super-GAU auch katastrophale Folgen für die japanische Gastronomie  haben – überall auf der Welt. Noch kocht das Misstrauen von Gästen und Konsumenten auf kleiner Flamme. Weitere schlechte Nachrichten könnten aber leicht Öl ins Feuer gießen.

LF




Der beste Hamburger der Welt

Wie gut kann der denn sein?

Er wird schon jetzt als der beste Hamburger der Welt gehandelt, obwohl es ihn (noch) nicht in einem Lokal gibt. Bislang existiert er in dem famosen fettleibigen Band Modernist Cuisine von Nathan Myhrvold. Bald wird ihn fast jeder haben oder nachmachen wollen, eher die Spitzenköche als der Imbissbudenbetreiber an der Ecke. Was macht diesen Hamburger so besonders? Es ist die Art der Zubereitung mit modernster Technik, es sind aber auch die speziellen und hochwertigen Ingredienzien.

Japanischer Maitake Pilz

Dieser Hamburger wird nicht mit geschmackstoten Tomaten zubereitet, sondern mit Heirloom Tomatos – einer aromatischen, saftigen, leicht süßen alten Sorte, wie sie in San Francisco oder New York in Bioläden zu finden ist. Diese gewellte Fleischtomate ist bei Kennern, Köchen und Prominenten sehr beliebt. Die First Lady der USA, Michelle Obama, baut sie auf dem Gelände des Weißen Hauses im eigenen Gemüsegarten an, politisch und ökologisch korrekt biologisch. Die Heirloom ist nicht nur rot, sondern auch orange, grün, gelb, violett, beige und schwarz. Die samenechten „Erbstück“-Tomaten werden meist von Hand geerntet und kosten mehr als zehn Euro das Kilo. Für den Weltklasse-Burger werden die Heirloom-Tomaten schonend unter Vakuum komprimiert, was auch der Geschmacksverdichtung dient.

Der Hamburger von Nathan Myhrvold ist Schicht für Schicht anders als der herkömmliche, wenngleich er auf den ersten flüchtigen Blick keine wesentlichen Unterschiede aufweist. Einer der großen Unterschiede liegt in der Verwendung von Pilzen, aber nicht irgendwelchen: Die Maitake-Pilze sind von Mystik umflort und werden auch in der chinesischen Medizin eingesetzt – sie sollen der Leber gut tun und Cholesterin sowie Blutdruck senken. Mitaike schmecken ungewöhnlich gut, nussig-aromatisch. Die braungrauen Pilze sind bei uns als Klapperschwamm bekannt und wachsen meist am Stamm von alten Eichen. Bei Nathans Super-Burger wird der Maitake-Pilz in Rinderfett sautiert.

Heirloom Tomaten

Nathans Hamburger-Brötchen wird in Rinderfett geröstet, hat eine leicht krosse Hülle und ist innen eher zart als weich. Unter der oberen Schale sorgt eine kraftvolle Glasur, mehr schon ein Guss, aus Rinderfond, püriertem Tomaten-Confit und geräuchertem Salz für Würze und Saftigkeit. Der mit rauchigem Hickory Smoke sous vide gegarte Romana-Salat zeichnet sich durch Geschmack und Knackigkeit aus. Die hauchdünne Käseschicht besteht aus gereiftem Emmentaler und Comté-Rohmilchkäse.

Trotz der vielen wichtigen Details spielt auch bei diesem Burger das Fleisch die Hauptrolle. Beim Nathan-Burger muss das Fleisch nicht von der Morgan-Ranch kommen. Wichtig ist, dass die Fleischmasse aus der saftigen Flachrippe, den Short Ribs stammt, wie sie gerne beim BBQ verwendet werden.

Küchen-Einstein Nathan Myhrvold

Die Unterschale des Burgers wird bei Nathan mit einer Ketchup-Sauce aus Champignon-ähnlichen chinesischen Crimini-Pilzen bestrichen, in der zudem Meerrettich, Honig, Fischsauce, Ingwer und Piment enthalten ist. Der Geschmack ist deutlich, aber nicht laut, die Haptik wechselt von butterzart bis knackig, die Texturen changieren und erzeugen Spannung. Das Gesamtergebnis ist ein superbes Grill-Erlebnis.

Jetzt will wahrscheinlich jeder diesen Giganten-Burger haben, genau so und nicht anders. Da es ihn aber noch nirgendwo gibt, muss man ihn sich schon selbst machen.

Siehe auch Artikel „Einstein in der Küche“

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Pillow Talk
News aus der Hotelwelt

Menü & Karten für Lena und den Song Contest

im Breidenbacher Hof in Düsseldorf

Düsseldorf macht sich bereit für den weltweit größten Musikwettbewerb: Vom 10. bis 14. Mai findet dort der Eurovision Song Contest in der Arena statt, eine der größten Hallen Europas, die momentan zu einer gigantischen Showbühne umgebaut wird. 120.000 Fans werden erwartet. Das Hotel Breidenbacher Hof hat sich ganz besondere Angebote ausgedacht. Der Song Contest ist ja längst restlos ausverkauft, doch das Hotel hat sich noch 40 Karten sichern können. Die Tickets gibt es in Kombination mit einem Fünf-Gänge-Menü. Wer das Package aus Menü und Karte für den Eurovision Song Contest erwirbt, kann das Dinner in der Brasserie 1806 an einem beliebigen Abend im Mai 2011 einnehmen, es muss nicht am Finalabend sein. Das Package inklusive Eintrittskarte der besten Kategorie zum Finale des Eurovision Song Contest am 14. Mai kostet 365 € pro Person und beinhaltet neben dem Ticket das Fünf Gang-Grand Prix Menü von Küchenchef Michael Reinhardt inklusive korrespondierender Getränke und dem eigens kreierten Cocktail 12 Points.

Lena

In der Capella Bar heißt es im Mai zudem ganz regelmäßig „12 Points“! Den erfrischenden Cocktail auf Wodka-Basis mit Johannisbeeren, Gurke und Minze kredenzt Barchef Ewald Stromer ab dem 1. Mai für seine Gäste. Das Finale des Musikwettbewerbs können Gäste am 14. Mai beim Live Viewing am Großbildfernseher in der Bar des Breidenbacher Hofs verfolgen.

Reservierungen: Tel. 0211 60 90 154 oder Email an genuss.bbh@capellahotels.com