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Ein Hotel für große Denker

Nietzsche im Grand Resort Bad Ragaz

 

Geistige Höhenflüge im Grand Resort Bad Ragaz: Beim Philosophie- Symposiums „Nietzsche in Ragaz 1877“ vom 23. bis 26. Juni stehen der Denker und sein Werk im Blickpunkt. Getreu seinem Credo, jedem Gedanken zu misstrauen, der nicht erlaufen worden ist, finden Teilnehmer des Symposiums im Grand Resort ein spezielles Arrangement, das die passenden Rahmenbedingungen für geistige Höchstleistung und körperlichem Wohlbefinden bieten soll. Neben drei Übernachtungen inklusive Frühstücksbuffet beinhaltet das philosophische Angebot täglich frisches Ragazer Wasser, Zutritt zu Spa und Therme sowie tägliche Fitness- und Entspannungs-Lektionen. Außerdem sind alle Symposiums-Vorträge, Kaffeepausen, Ausflüge sowie Lunch und Dinner im Preis enthalten. Das Arrangement ist ab 1.750 Schweizer Franken (zirka 1.415 Euro) pro Person im Doppelzimmer Deluxe des Grand Hotel Hof Ragaz buchbar. Es sind aber auch Tagespässe und Einzeltickets für die Nietzsche-Vorlesungen zu bekommen. 

Hotel Bad Ragaz

Thematisch geht es um Nietzsche und seine Ideen zu Ernährung und Gesundheit (er konnte sich für ein Wurstbrot ebenso begeistern wie für die Landschaft von Sils-Maria). Aber auch seine Beziehung zu Frauen sowie seine Wirkung auf Musik, Malerei und Dichtung werden beleuchtet. Ausgewiesene Referenten bieten an vier Tagen Gelegenheit für persönliche Gespräche und Begegnungen.

Der Schweizer Philosoph Paul Good zielt beim diesjährigen Symposium ganz bewusst auf den Zusammenhang zwischen Körper und Geist, zwischen Sinn und Sinnen. Denn es war Nietzsches körperliche Verfassung, die sein Leben maßgeblich geprägt und ihn 1877 auch nach Bad Ragaz geführt hat. Der Philosoph litt zeitlebens unter schmerzhaften Krankheiten, die er während einer Badekur in der heißen Quelle von Bad Pfäfers zu lindern hoffte. Die Referenten sprechen, lesen und philosophieren über Nietzsches Wandern im Verbotenen und über Sinne und Sinn in seiner Philosophie. Es geht dabei um die kleinen Dinge, die den großen Denker und Aphoristiker von seiner sehr menschlichen Seite zeigen.

Umgeben von einer dramatisch schönen Berglandschaft, liegt das Grand Resort Bad Ragaz eine Autostunde von Zürich entfernt in der Ostschweizer Ferienregion Heidiland. Das Resort genießt einen ausgezeichneten Ruf als Wellness- und Medical Health Resort und besteht aus den beiden Fünf-Sterne-Häusern Grand Hotel Quellenhof & Spa Suites und dem Grand Hotel Hof Ragaz, acht Restaurants, sechs Bars, dem To B. Wellbeing & Spa, zwei Golfplätzen, dem Business & Event Center Kursaal und einem eigenen Casino.

Grand Resort Bad Ragaz , Tel. +41(0)81 303 30 30, www.resortragaz.ch 

www.philosophiesymposium.ch

 

 

 

 

 

Nietzsche-Zitate

Durch schlechte Köchinnen, durch vollkommenen Mangel an Vernunft in der Küche, ist die Entwicklung der Menschheit am längsten aufgehalten, am schlimmsten beeinträchtigt worden

Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern zu gebären

Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum

Wir sind so gerne in der freien Natur, weil diese keine Meinung über uns hat

Keiner ist so verrückt, dass er nicht noch einen Verrückteren findet, der ihn versteht

Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse

Alle Lust will Ewigkeit, tiefe, tiefe Ewigkeit

Vorsicht vor den Gutmütigen! Der Umgang mit ihnen erschlafft

Die Bildung wird täglich geringer, weil die Hast größer wird

 

 




Wein-Schiff mit Schliff

Bits & Bites

Entdeckungen auf dem Main

 

Weinproben auf Schlössern sind schön, Weinproben in historischen Zügen schon seltener. An einem schönen Sommertag ist es aber auch sehr stimmungsvoll, auf einem Schiff mit Winzern und ihren Erzeugnissen auf Tour zu gehen. Diese Idee hatte Veronique Donadel, die in Frankfurt Handel betreibt und viele Gastronomen berät und beliefert. Die Gäste gingen am Eisernen Steg an Bord, wo die Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt ihren festen Ankerplatz hat. Am sonnigsten Tag des Jahres wurde unter Deck verkostet, wobei sich mancher sein Glas auch mit nach oben nahm, um die Aussicht zu genießen. Die Erkenntnis daraus: Es müsste viel öfter ein solches Weinschiff auf dem Main verkehren, wobei Veronique Donadel ihre Hausmesse künftig genau so präsentieren möchte. Man begegnete einigen guten Bekannten, wie dem Weingut Reichsrat von Buhl aus der Pfalz. Doch Veronique Donadel und Filius Julien Lagahuzere haben sich auf Newcomer spezialisiert und bieten Platz für Entdeckungen (www.donadel-fils.de).

Einen weiteren Versuch wert sind der Grauburgunder von Krieger aus der Pfalz sowie der Grauburgunder und der Riesling Steig-Terrasse von Erik Manz aus Rheinhessen.

Lesegut

Eine sehr bemerkenswerte Entdeckung waren vor allem die Weine „Lesegut“ von Principe de Viana (Tandem). Ein solch schöner, saftiger, spannender und nach Großvaters Garten und Johannisbeeren sowie Himbeeren duftender und schmeckender Rosé  ist selten. Weil dieser Cabernet Sauvignon trocken ausgebaut wird, macht jedes Glas auf das nächste Lust und keineswegs satt. Ausgezeichnet auch der Tinto Lesegut von Marqués de Grinon mit Aromen von Waldbeeren, schwarzen Kirschen, Karamell, Minze und Pfeffer. Die Lesegut-Weine sind überraschend preiswert und haben ein pfiffiges Etikett mit großen und kleinen Zahlen – als wären sie für Optiker geschaffen, die unsere Augen ja auch gerne mit Lesetafeln konfrontieren.

Champagne Edouard Brun

Champagner enttäuscht ebensoviel wie er begeistert. Umso besser war es, mal wieder einem blitzsauberen, richtig bruten und aussagekräftigen Edelschaumwein zu begegnen. Das Familienunternehmen Edouard Brun wurde 1898 gegründet und besitzt acht Hektar eigene Weinberge in der Grand Cru Lage Aŷ und anderen Orten um Reims. Die Prestige-Cuveés l´Elegante und l´Elegante Rosé in der auffälligen Jugendstilflasche sind von geschliffener Präsenz und subtiler Aromatik. Die Assemblage beider besteht aus Chardonnay und Pinot Noir, wobei der Rosé einen höheren Pinot-Anteil hat, während die Cuvée Brut stärker auf Chardonnay setzt. Fazit: Ein solches Wein-Schiff möchten wir zumindest einmal im Monat auf dem Main erleben.




Thomas Sommer ist der beste Sommelier Deutschlands

Härtetest mit Günther Jauch auf Burg Schwarzenstein

 

Thomas Sommer vom Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach darf ab sofort den Titel „Bester Sommelier Deutschlands“ tragen. Er wurde gemeinsam mit zwei Finalisten live vor einer Jury und großem Publikum auf der Burg Schwarzenstein in Johannisberg im Rheingau geprüft, was die Nervosität drastisch erhöhte.

In die letzte Runde schafften es von insgesamt 33 Teilnehmern aus ganz Deutschland neben Thomas Sommer noch Jürgen Fendt vom Hotel Bareiss in Baiersbronn und Melanie Panitzke vom Restaurant Wein am Rhein in Köln. Eine solche Zitterpartie hatte es bislang nicht gegeben, selbst die Gläser schienen vor Anspannung kurz vor dem Zerspringen zu sein. Die Sommeliers mussten auf einer Weinkarte sehr knifflig eingearbeitete Fehler ausfindig machen – Weinnamen wurden falsch geschrieben, Lagen vertauscht und Klassifizierungen verdreht. Damit aber nicht genug. Einer Tischrunde sollten die passenden Weine zum Essen kredenzt werden, wobei ein Roter zu dekantieren war. Die Tischrunde auf der Bühne bestand aus Fernsehmoderator Günther Jauch, Fernsehkoch Johann Lafer und den Weinberatern Christine Balais und Markus del Monego – wobei noch einige mehr in der Jury saßen, etwa Guy Bonnefoit, der fleißigste aller Weinspezialisten. Es wurde nach dem Sinn des Dekantierens gefragt, aber auch nach Wasserempfehlungen und der Definition für Ristretto. Alles ganz im Begriffssinne von Bernd Glauben, dem Chef der Deutschen Sommelier-Union, für den dieser Beruf weit mehr als der eines Weinkellners ist und der ihn eher als Genuss-Manager sieht.

Bernd Glauben, Jürgen Fendt, Melanie Panitzke, Johann Lafer, Thomas Sommer, Günther Jauch (v.l.n.r.)

Die Kandidaten hätten unterschiedlicher nicht sein können. Melanie Panitzke wirkte äußerst angespannt und den Test-Gästen gegenüber etwas zu herb. Thomas Sommer redete auf Flaschenteufel komm raus und setzte sich und sein Wissen in einem solchen Übermaß in Szene, wie es jeden Weinfreund im Glasumdrehen zum Biertrinker werden lässt. Einzig Jürgen Fendt erschien angenehm dezent und souverän und ließ auch den Gästen Luft. Überhaupt wurde zuviel Fachwissen abgefragt, während das Wichtigste nicht in die Wertung einfloss: Der Umgang mit Gästen. Keinem der Teilnehmer huschte auch nur der Anflug eines Lächelns übers Gesicht, was in der Gastronomie immerhin die wesentliche Grundregel ist: Lächeln, lächeln, lächeln. Der Gewinner, Thomas Sommer, patzte auch noch gewaltig. Wie der Food Fotograf Johann Wilsberger ins Mikrofon raunte, hätte er ihn niemals gewinnen lassen, weil Sommer einen Barolo im Burgunderglas servierte.

Jürgen Fendt schenkt ein

Der Direktor des Hotels Burg Schwarzenstein, Dirk Teigelkamp, begrüßte zu diesem Ereignis 160 Gäste, was den Saal bis zum Anschlag füllte. Es wurden aber nicht nur der Saal und die Weingläser gut gefüllt, zum Preis von 250 € gab es zudem ein 4-Gänge-Menü von den Sterneköchen Juan Amador (Amador, Langen), Klaus Erfort (Gästehaus, Saarbrücken), Thomas Bühner (La Vie, Osnabrück) und Sven Messerschmidt (Burg Schwarzenstein, Johannisberg). Pavé von der Gänsestopfleber mit Holunderblüten, Quittencreme und Joghurtflocken (Erfort) war hochsolide Klassik, das Dessert aus Rhabarber, Waldbeeren und weißer Schokolade ein feines aromatisches Sommergericht (Messerschmidt). Thomas Bühner irritierte mit dem Gericht (keine) Bouillabaisse aus Calamari, Knurrhahn, Anchovis, Rucolacreme und Safrankartoffel. Der Hinweis auf „keine“ war ebenso unschlüssig wie die ganze Kombination. Höhepunkt des Abends und das mit Abstand beste Gericht war die mitreißend gewürzte Mieral-Taube mit Kokos, Mango und Purple Curry von Juan Amador. Die agierenden Köche arbeiten normalerweise am Abend mit höchstens 40 Gästen, nun hatten sie gleich 160 Portionen über den Pass zu schicken. Eine ganz andere Situation, die insgesamt aber mit Bravour gemeistert wurde. Die aufgetischten Weine waren für sich und auch gemeinsam mit dem Essen suboptimal.

Lafer, Sommer, Jauch in Feierlaune

Der zum ersten Mal organisierte Wettbewerb „Bester Sommelier Deutschlands“ wird zwar von der Hotelvereinigung Relais & Châteaux ausgeschrieben und gemeinsam mit der Sommelier-Union Deutschland veranstaltet, doch ist die Mitgliedschaft in diesen Gruppen keineswegs eine Grundvoraussetzung für die Teilnahme. Thomas Sommer ist zumindest für zwei Jahre „Bester Sommelier Deutschlands“, dann wird der Wettbewerb erneut ausgeschrieben und ein neuer Sommelier gekrönt. Die bisherigen Teilnehmer sind dabei nicht ausgeschlossen und dürfen auch wieder antreten. Was Lena beim Song Contest darf, soll eben auch in der Gastronomie möglich sein.

LF

 

Fotos: Markus Hildebrand

 




Brandaktuell: Edelbrenner Dirker schenkt Neues ein

 

Hochgeistiges in Flaschen

 

Arno Dirker ist ein Wunderwuzzi, er destilliert aus Wildbirnen, Feldzwetschgen, Erdbeeren oder Grapefruit die feinsten Brände und Geiste, erzeugt saftige Apfelweine sowie einen leckeren Holunderblütensekt, überrascht mit Gelee aus Mostbirnen und Konfitüre aus Elsbeeren und lässt seine Schnäpse auch noch in Trüffel füllen.

Bei Arno Dirker bewegt man sich genau auf der Grenze zwischen Bayern und Hessen (Pass ist nicht erforderlich, Sprachkenntnisse von Vorteil). Es gab hier ja tatsächlich die Posse, dass der renommierte Brenner beinahe sein angestammtes Terrain mit Brennhaus verloren hätte, weil die Behörden ihn auf bayerischem und nicht hessischem Gelände sahen und somit als „illegal“ einstuften (detaillierte Erklärungen bleiben erspart und würden nur in den Wahnsinn treiben). Jedenfalls darf der Franke Arno Dirker weiter auf seinem hessischen Ausfallzipfel brennen und nahm auch diese gute Nachricht als Anlass für ein großes Fest, zu dem über 1000 Gäste kamen.

Brennhaus von Arno Dirker

Der Obsthof und die Brennerei gerieten zu einem Festgelände. Der Culture Club in Hanau verwandelte Dirkers Brände in Cocktails, worauf sich das Lokal schon länger versteht. Mit von der Partie war auch der Landgasthof Behl mit Spanferkel und Kartoffelstampf, Apfelbratwurst oder Presskopf mit Gewürzgurken und Bauernbrot. Andere befreundete Produzenten waren ebenfalls mit Räucherfisch, Weinen, Obst und Pralinen vertreten. Ein Besuch Arno Dirker ist brandgefährlich, denn all seine Produkte erzeugen Neugierde und Lust. Es ist gut, sich einen Fahrer anzuheuern oder ein Bett in der Nachbarschaft zu buchen (Adressen finden sich auf der Brenner-Webseite).  

 

Elixiere für Feintrinker

 

Schnaps war lange Zeit nicht viel mehr als fuselige Konterbande aus Opas Alchimistenkeller. Längst ist daraus ein Elixier für Feintrinker geworden. Vor allem, wenn man es mit so virtuos gemachten Obstbränden wie denen von Arno Dirker aus Mömbris zu tun hat. Bei speziellen Schaubrennabenden können Gäste während eines Essens miterleben, wie ein solches Destillat entsteht. Das Schnaps-Menü im Landgasthof Behl im benachbarten Blankenbach ist ein guter Beweis dafür, wie erfolgreich man in der Gastronomie mit regionalen Ideen und wahrer Handwerkskunst sein kann.

Arno Dirker mit seinen Lieblingen

Kirsche, Pflaume, Mirabelle, Holunder – in der Schnapsmanufaktur von Arno Dirker im unterfränkischen Mömbris riecht es nicht nach Alkohol, sondern nach einem Konzentrat aus Früchten. Der 48 Jahre alte Brenner, der zu den besten seiner Zunft in Europa gehört, zieht aus seinem Kupferkessel hochwertige Destillate und keine groben Geiste, die übel im Kopf herumspuken. Die Kunst des Schnapsbrennens besteht darin, die Feinheiten der Duftstoffe und den Fruchtgehalt des jeweiligen Ausgangsproduktes herauszudestillieren. Ein guter Obstbrand darf weder parfümiert schmecken noch ätzend kratzen und sollte extraktreich, weich und rund sein. Die Qualität beginnt bereits bei der Auswahl des Obstes, das reif und sauber sein muss und ohne Stiele und Blätter in den Brenner zu kommen hat. Die Maische aus reinem Fruchtfleisch wird bei Arno Dirker in einen Kupferkessel gefüllt, der für 350 Liter ausreicht. Kupfer ist wichtig, weil es als Katalysator für Blausäure wirkt, wie sie beispielsweise bei der Verarbeitung von Kirschkernen entstehen kann. Das aus dem Kessel fließende Destillat hat noch ein Alkoholvolumen von 80 Prozent und wird auf eine Trinkstärke von 40 bis 50 Prozent reduziert, wozu reines destilliertes Wasser notwendig ist. Dirkers Edelbrände werden nicht aufgezuckert, enthalten keine Aroma- und Farbstoffe und sind hundertprozentige Fruchtdestillate ohne Zusätze von Monopolsprit oder Weingeist. Nach den herrschenden EG-Richtlinien beileibe keine Selbstverständlichkeit.

Dirkers Schlehe

Legendär sind Rote Wildkirsche, Quitte, Traubenkirsche und Weinbergspfirsich. Das nach Kirsche, Zimt, Vanille und Schokolade duftende Steinweichselkirschwasser ist längst Kult, wobei auch  die zwei Jahre im Holzfass gelagerte Fränkische Feldzwetschge durch ihr dichtes Aroma gefällt. Raritäten wie die Brände vom pflaumenblättrigen Wildapfel, der Zitronenbirne und der Zierquitte sind stets schnell vergriffen, für den höchst raren Mispelbrand kamen Kenner bis aus Wien angereist. Dirkers brandaktuelle Stoffe zeigen ebenfalls Klasse, etwa der viskose Grafensteiner Apfelbrand, der neben schönen Apfelaromen zarte Nuancen von Pfirsich freisetzt. Dirker hatte Anfang des Jahres die schöne Idee, seine neuen Kreationen monatlich im 0,2 l Fläschchen an die Gastronomie zu schicken, wobei er dieses Abonnement sicher auch in seinem Online-Shop für allen anderen zu einem Pauschalpreis anbieten könnte, zumal die Flaschengröße für einen solchen Digestif optimal ist.

Über 50 Destillate und andere Erzeugnisse warten in Dirkers wundersamen Hexenkesselstübchen im dörflichen Mömbris. Mann kann seine erstklassigen Schnäpse in vielen Spitzerrestaurants bekommen. Für kleine Gruppen ab zehn Personen arrangiert er auch Seminare in seiner guten Stube mit Hausmacher Wurst, selbst gemachtem Apfelwein und einem ausgesuchten Sortiment an Schnäpsen. Ein besonderes Erlebnis sind außerdem seine Brennabende in der Destille im Hotel Brennhaus Behl, wo er mit Feuer im Blick am kupfernen Brennkessel anschaulich erklärt, wie aus einem unschuldigen Obst ein verführerischer Trunk werden kann. Zusammen mit dem Gastronomenpaar Beate und Gerhard Behl wird hier zu moderaten Preisen gezeigt, wie sinnvoll die viel strapazierte Erlebnisgastronomie sein kann, wenn sie zu allen Tafelfreuden auch noch Informationen zu vermitteln versteht und so nebenbei den Wissensdurst stillt.

LF

Arno Dirker, Mömbris, Alzenauer Str. 108

Brennerei-Hotel und Landgasthof Behl

Tel. 0 60 29 77 11. www.dirker.de

Hotel Brennhaus Behl, Blankenbach (bei Aschaffenburg), Krombacher Str. 2. Tel. 06024 47 66. www.behl.de

Die nächsten Brenner-Abende mit Degustationsmenü im Landgasthof Behl in Blankenbach finden am 3. Juni und am 24. September statt.




Der Soßen-Preis geht an den Tigerpalast

Gewinner und Highlights des Festivals in Frankfurt

Gewinner beim diesjährigen Festival der Frankfurter Grünen Soße wurde der Tigerpalast. Platz 2: Meyer´s Delikatessen, Platz 3: Apfelweinlokal Wagner. Im letzten Jahr gewann Jörg Ludwig (Gerbermühle, Roomers).  Für unseren Geschmack war die Grüne Soße vom Tigerpalast zu säuerlich, während die von Meyer´s und noch ein klein wenig mehr die von Wagner besser und harmonischer ausfiel. Sehr gut geriet auch die Grüne Soße der JVA Frankfurt (Justizvollzugsanstalt alias Knast), die jedoch nur als Tagessieger hervorging. Das Showprogramm war unterhaltsam, die Präsentation professionell.

Das Festzelt am Rossmarkt war allabendlich gut gefüllt, die Markstände vor der Tür hätten mehr Beachtung verdient gehabt. Allein die Fleischwurst von der Metzgerei Baumann aus Hain-Gründau bei Gelnhausen war den Besuch wert – fleischig, würzig, beste Konsistenz, ein Weltklasseprodukt. Dirk Baumann servierte sie mit sehr guter Frankfurter Grüner Soße und überraschend guten Kartoffeln (Portion 6,50 €). Diese Fleischwurst wurde Sieger beim Wettbewerb unter den besten hessischen Fleischwürsten, bei denen 310 Sorten zur Wahl standen. Bei Happel´s Käsestand gab es eine ausgezeichnete Auswahl, auch der schön durchgezogene Handkäs überzeugte. Allein schon optisch sympathisch ist der Stand von „Reichs-Post Bitter“ mit knallrotem Oldtimer. Der Bad Homburger Bitterlikör wurde 1843 als Marke gegründet und besteht aus 43 natürlichen Kräutern, Blüten, Wurzeln und Gewürzen (Ginseng, Rosmarin, Salbei, Ingwer, Pomeranze, Bitterklee, Tausendgüldenkraut, Krauseminze). Das Plakat dazu ist kunstvoll.

Feststimmung mit Grüner Soße

Eine besonders sympathische Entdeckung war das Weingut Peth-Wetz aus Bermersheim in Rheinhessen. Christian Peth ist beim Festival mit einer Holzhütte und einem guten Sortiment vertreten. Riesling und Sekt sind eine Empfehlung, aber auch die Rotweine. Ob Spätburgunder oder die Assemblage aus verschiedenen Roten – alles zeigt eine deutliche Handschrift, schöne Frucht und feine Aromen. Selbst der Rosé offenbart Statur und noch mehr der Clairet – in diesem Fall ein leichter Roter, den man gekühlt genießt (im James Bond Film „Diamantenfieber“ wurde er bevorzugt getrunken). Die zwei 2 € dafür waren ein Geschenkpreis.

Die Frankfurter Gastronomie hat diese Weine noch nicht entdeckt. Dafür aber ein Kölner Musiker: Helmut Zerlett, der die Harald Schmidt Show musikalisch begleitet, wird beim Weingut Peth-Wetz ein Praktikum absolvieren und im Weinberg arbeiten. Zerlett besuchte auch persönlich den Stand und war vom Markt und der Qualität begeistert.




Die wahrscheinlich beste Koch-Show der Welt

The Flying Culinary Circus

 

Während uns das deutsche Fernsehen mit müden Kochshows langweilt, gibt es mit dem international auftretenden Flying Culinary Circus eine wirklich witzige und talentierte Truppe, die weit mehr auf der Pfanne hat: Power, Naturcharme und Comedy in einem. Die kulinarischen Fab Four machen TV-Shows, werden von Prominenten, Hotels oder Eventagenturen gebucht und sind derzeit Norwegens lustigster Exportschlager.

FCC mit Sarah Ferguson

Kaum jemand versteht Küche und Entertainment so gut zu kombinieren und zu präsentieren wie dieser kulinarische Zirkus. Die Show-Elemente sind angenehm dosiert, es geht vor allem um Geschmack und die die unterhaltsame Präsentation von Gerichten, dessen Grundlagen und Rezepte ebenso salopp wie fundiert vermittelt werden. „Wir sind dir verrücktesten aller Köche und fühlen uns wohl dabei“, sagen die Vier: Trond Svendgard, Hans Kristian Larsen, Mathias Spieler Bugge, Tor Jorgen Kramprud Arnesen. Jeder von ihnen ist Spezialist und hat seinen Part: Trond ist Fisch- und Seafood-Experte und wurde in Bodø im Norden Norwegens geboren, dem Fisch-Paradies des Landes. Hans ist Carnivore und als gelernter Metzger messerscharf auf Fleisch eingestellt. Er arbeitete im Bagatelle in Oslo, dem ersten zwei Sterne Restaurant von Norwegen. Dort war sein Chef ein hünenhafter Wikinger – der 2,20 Meter große Eyvind Hellstrom, ein alter Kumpan von Paul Bocuse. Mathias wiederum liebt Saucen und Suppen, arbeitete im Burj al Arab Dubai und im Raffles Singapore und ebenso im Bagatelle. Gärtnersohn Tor versteht sich auf Kräuter und Gemüse. Diese vier wunderbaren und wunderlichen Charaktere sind die erste Küchen-Rockband der Welt.

Die Chefs des Flying Culinary Circus

Den ersten gemeinsamen Auftritt als Flying Culinary Circus hatten die vier Köche  im Central Park in New York, wo die norwegische Botschaft feierte. Dabei entdeckten sie, dass sie sich sehr gut in ihren unterschiedlichen Fähigkeiten ergänzen und zusammen eine großartige Stimmung erzeugen können. Den Gästen gefiel es, sie wurden direkt für eine private Feier in eine Villa in den Hollywood Hills gebucht, zu der sie spontan weiterflogen. Im Laufe der Jahre entwickelten sich viele internationale Kontakte, die den Flying Culinary Circus mittlerweile in 40 Länder der Welt gebracht hat und ihn zur einzigen konstant reisenden Kochgruppe der Welt machte.

FCC in Dubai

Die muntere Truppe kochte bei Partys von Shakira, Michael Bublé, James Blunt, Will Smith, den Black Eyed Peas, Sarah Ferguson oder Kronprinz Haarkon und Mette-Marit von Norwegen. Bei ihren Shows stecken sich die Köche in Brand, biegen im Handumdrehen Gabeln, lassen Salz vor den Augen verschwinden oder zaubern unter der Cloche aus Eiern in Sekunden Pfannkuchen. Diese zirzensischen Effekte tragen zur guten Stimmung bei und sollen die eigentliche Botschaft amüsant rüberbringen: Kochen ist Leidenschaft, Geschmack ist sexy. Dem Namen entsprechend serviert der „Fliegende kulinarische Zirkus“ auch schon mal fünf Gänge in einem Spezialkran in 30 Metern Höhe. Beim dramatischen Ibsen-Menü wurde Elch serviert und bei Party-Girl Dita von Teese gab es blaue Gerichte zum blauen Outfit der Gäste. Die Küchen-Shows haben meist ein Thema, sind aber nicht programmiert und lassen den brutzelnden Entertainern Spielraum für Improvisation. Die fliegenden Köche arbeiten für zwei und für zweihundert Gäste. Für die Rich & Famous und alle anderen, die sie suchen und buchen.

Die fliegenden Köche lassen nichts anbrennen

Die Köche versuchen auf ihren Reisen viel über regionale Rezepte und Spezialitäten zu lernen, um all das in ihre eigenen Menüs mit einfließen zu lassen. Sie lieben selbstredend die traditionellen norwegische Gerichte, aber auch die asiatische Küche. Generell sind sie Liebhaber von norwegischem Fisch, den sie als den Besten der Welt bezeichnen. Ihre Gerichte changieren zwischen traditionell und schräg. Die Sülze aus Wachtel mit Foie Gras, Aprikosen, Pistazien und Artischocken gehört zu den originellen Vertretern der fliegenden Köche. Ebenso spannend wird es mit dem norwegischen Lachs mit Meerrettichcreme und Zwiebelvinaigrette, weil der Lachs auf dem Teller geräuchert wird – mit einem handtellergroßen Gun Smoker. Weitere Beispiele aus der Küche: Thai-Salat mit Mango, Cashewnüssen und Tempura- Prawns; Suppe aus Miesmuscheln und Jerusalem-Artischocke mit Petersilienwurzel; eiskalter Rhabarber mit Birnen und Ingwercreme; nordischer Ziegenkäse mit saurem Spargel und Rosinenvinaigrette

Der Flying Culinary Circus (www.fccircus.com) will unbedingt nach Deutschland kommen: „Dort haben wir bisher in der norwegischen Botschaft in Berlin und für eine Adelsfamilie in Bayern gekocht. Unser Manager Tim Ahmann kommt ursprünglich aus Deutschland, wir wären gerne häufiger dort zu Gast – besonders in der kulinarisch spannenden Rhein-Main-Region“, meint Trond Svendgaard vom Küchen-Zirkus. Norwegian Wood war schon ein Hit, jetzt auch Norwegian Cook.

Peter Lunas

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Kultur mit Geschmack

Wo Küche und Kunst zusammenkommen

Bei diesen Terminen kommen kulturinteressierte Gourmets auf den Geschmack:
Essbares Fichtelgebirge, Wildkräuter-Köche tischen Regionales auf. Götterdämmerung mit König-Ludwig-Kochkurs am Chiemsee. „Der blaue Reiter“, Galerie mit Küche. 

 

                                                                                                                                                                                           

Essbares Fichtelgebirge

Das größte Felsenlabyrinth Europas ist zugleich Deutschlands älteste Naturbühne. Vor dieser einmaligen Kulisse finden vom 24. Mai bis zum 22. August 2011 die Luisenburg Festspiele statt. Mit Premiere im August werden auch „Die Fledermaus“ von Johann Strauß und Wolfgang Amadeus Mozarts „Die Zauberflöte“ aufgeführt. Wer nach dem Spektakel die kulinarischen Köstlichkeiten der Region genießen will, ist bei den 16 zertifizierten Wild-Kräuter-Köchen willkommen, die sich im Programm „Essbares Fichtelgebirge“ zusammengeschlossen haben. Sie verarbeiten natürliche Produkte aus Wald, Wiese und Wasser und servieren sie als typische Wild-Kräuter-Gerichte der Region. Details unter www.luisenburg-aktuell.de und www.essbares-fichtelgebirge.de.

 

Die Lieblingsgerichte König Ludwigs II.

Vom 14. Mai bis 16. Oktober dreht sich in der oberbayerischen Region Chiemsee-Alpenland alles um den „Märchenkönig“. Anlässlich des 125. Todesjahres des „Kini“ gibt die Bayerische Landesaustellung in den Räumen des Schlosses Herrenchiemsee mit der Ausstellung „König Ludwig II. – Götterdämmerung“ einen ungewöhnlichen Einblick in das Leben des Monarchen. Dazu können sich in Bernau Feinschmecker die Lieblingsgerichte des berühmten Bayern-Königs beim König-Ludwig-Kochkurs „Königlich Kochen“ auf der Zunge zergehen lassen. Termine: 19. Mai, 05., 06., 16. Juni, 14. Juli, 18. August, 22. September 2011.
Weitere Informationen unter www.chiemsee-alpenland.de.

 

„Der Blaue Reiter“ kombiniert mit mediterranen Leckerbissen

Fünf Museen im Alpenvorland sind der Künstlergemeinschaft „Der Blaue Reiter“ gewidmet: Das Franz Marc Museum in Kochel am See, das Buchheim Museum in Bernried, das Stadtmuseum in Penzberg sowie das Schlossmuseum und das Münter-Haus in Murnau zeigen wichtige Werke, Wegbereiter und Weggenossen der Künstler. Wer nach der Museumstour Appetit auf mehr hat, findet in der Murnauer „Seidelstraße 4“ beides: Kunst und Essen. Neben internationaler Malerei und Bildhauerei, Fotografie und Objektkunst werden den Gästen dort mediterrane Leckerbissen serviert: Weine aus Italien, Frankreich und Spanien. Dazu passend gibt es Antipasti, Hors d’oeuvres und Tapas. Mehr zu den Museen und der Galerie & Cantina unter www.blauesjahr.de, www.murnau-galerie.de.




Russland essen Köche auf

Alain Ducasse eröffnet Restaurant in St. Petersburg

 

Kein Glück für Kreative in Moskau

 

Heinz Winkler hat es vergeblich versucht und auch Juan Amador ist an Moskau gescheitert. Der Drei-Sterne-Kollege Michel Troisgros konnte mit seinem Restaurant Koumir ebenfalls nicht Fuß fassen. Jetzt hat der Superstar unter den Weltköchen, Alain Ducasse, ein Restaurant in St. Petersburg eröffnet. Im „miX“ im Hotel „W“ wird mit russischen Produkten klassisch französisch gekocht. Aber nicht nur, Franzosen kommen nicht ohne Trüffel aus, weshalb es auch Dorade gibt, die mit Trüffel und Limone mariniert wurde. Rund 100 Gäste finden in dem neuen Restaurant Platz, wobei sie den Köchen bei der Arbeit zusehen können. Küchenchef Alexandre Nicolas arbeitet seit acht Jahren für Ducasse und ist mit dessen hohen Anforderungen und  klarem Stil bestens vertraut. Ducasse betreibt jetzt 28 Restaurants in acht Ländern auf der Welt. Das „W“ liegt im kulturellen Zentrum von St. Petersburg und verfügt über 137 Zimmer. Die vor zehn Jahren ins Leben gerufene Marke „W“ mit Sitz in New York ist die Nobellinie der Starwoodhotels mit Lifestylecharakter und modernem Design. Inzwischen gehören 36 Häuser in New York, Paris, London, aber auch auf der thailändischen Ferieninsel Ko Samui dazu.

Alain Ducasse

Doch Russland schöpft schon lange nicht mehr aus dem Vollen, Investoren sind wachsam geworden. Der Rubel rollt langsamer. Auch in Moskau. Von geplanten 16 Großbauprojekten, wie dem Russia Tower, wurden bislang fünf eingefroren. Das in unmittelbarer Nähe des Roten Platzes geplante Four Seasons Hotel sollte schon längst vor zwei Jahren eröffnen, ebenso überfällig ist das geplante Mandarin Oriental. Die Stadt wird jährlich von rund vier Millionen Besuchern belebt, wobei Deutschland den größten Anteil hat. Die relativ gute Belegung der Hotels ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass es insgesamt zu wenige Herbergen gibt. 200 Hotels bringen lediglich rund 35.000 Zimmer, von denen Schätzungen nach höchstens 8000 internationalem Standard entsprechen. Bis heute  gibt es gerade einmal eine Handvoll Luxushäuser, unter denen Ritz-Carlton und Baltschug Kempinski herausragen. Das 1905 erbaute Metropol, in dem schon Lenin logierte, wird inzwischen von Le Méridien betrieben und wirkt trotz schöner Fassade, Stuck, Marmor und antiken Möbeln beinahe unbewohnt und verschlafen. Die großen Hotels liegen alle in der Nähe des Roten Platzes und des Kremls.

W Hotel Terrasse

Moskau gehört zu den teuersten Metropolen der Welt. Die Stadt zeigt sich preislich auf dem Niveau von London, Paris oder New York, kann aber auf der Hotelebene bei weitem nicht mithalten. Es mangelt weniger an der Ausstattung und mehr an der Qualität und ganz besonders den Serviceleistungen. Die Zimmerpreise in der Luxusklasse bewegen sich zwischen 400 und 800 Euro, wobei man nun mit etwas Glück auch schon für 200 Euro Quartier beziehen kann. Die Restaurants waren noch nie so leer wie jetzt, die Hotelzimmer kaum günstiger.

Hotel Baltschug Kempinski Moskau

Das Baltschug Kempinski liegt zwar in der Nähe des Roten Platzes, wird aber vom Zentrum durch die Moskwa getrennt. Die Außenansicht ist imposant, schließlich wurde das altehrwürdige Haus 1897 noch unter dem letzten russischen Zaren erbaut. Von manchen der 230 Zimmer und Suiten blickt man auf den Kreml, den Roten Platz und die Basilius-Kathedrale. Das macht einen großen Teil der Stimmung aus, denn sonst erscheint das Hotel weit weniger beeindruckend. Wenn man etwas Bemerkenswertes an diesem Hotel feststellen kann, so ist es das Frühstück. Der Rest ist bestenfalls solider Durchschnitt. Vor langer Zeit hieß es einmal, dass 30 Millionen Euro zur Umgestaltung investiert werden würden. Entweder sind sie noch immer nicht geflossen oder sie haben wenig Wirkung gebracht.

Im Vergleich zu den anderen Hotels in Moskau schneidet das Baltschug Kempinski aber dennoch gut ab. Die gewachsene Tradition ist ein Trumpf. Und auch der Service erscheint erst im Lichte des Vergleichs als positiv. Man sieht kaum einen Kellner in dieser Stadt lächeln, beim Frühstück im Baltschug Kempinski aber schon. Eine solche Armada an frisch gepressten Säften, wie beim Frühstücksbuffet in diesem Hotel, gibt es zudem mehr als selten – Apfel, Melone, Karotte, Ananas, acht an der Zahl. Russischer Schaumwein, Blinis mit Forellenkaviar und Crème fraîche sowie sehr gute Eggs Benedict demonstrieren weit mehr als Standard. Das Frühstück ist jedenfalls seine 40 Euro wert. Ende des 19. Jahrhunderts war das Hotel nicht nur eine noble Herberge, sondern vermietete außerdem Appartements und Studios an Künstler. 1932 konnte man schon Gäste auf sieben Etagen unterbringen, wobei das Haus in Sowjetzeiten ein staatliches Intourist-Hotel war. Nach einer großen Renovierung wird das historische Haus seit 1992 als Hotel Baltschug Kempinski geführt, wobei die Gruppe zu einem Drittel zur Eigentümergesellschaft gehört.

Das ehemalige Restaurant von Heinz Winkler im Ritz-Carlton in Moskau

Baltschug-Direktor Gianni van Daalen, der das Hotel nach fünf Jahren verlassen hat, konnte sicher vieles verbessern. Doch kaum jemand kommt gegen den Moloch Moskau an, der durch Behördenwillkür, Bürokratie und Korruption das Leben schwer macht. Es ist auch kein Zufall, dass nicht wenige Hoteliers und Gastronomen nach anfänglichem Engagement einen Salto rückwärts machten und ihre Moskau-Pläne aufgeben mussten. Beispielsweise der Drei-Sterne-Koch Juan Amador, der in einer alten Villa in der Nähe des Roten Platzes ein Spitzenrestaurant etablieren wollte. Deutsches Know-how ist gefragt, wird aber auch gerne ausgenutzt. Ausländische Investoren sind willkommen, haben jedoch mitunter schnell ausgedient und müssen russischen Platz machen. 

Auch Hotelier und Spitzenkoch Heinz Winkler versuchte in Moskau sein Glück – sein Name stand über zwei Jahre hinter dem „Jeroboam“ im Ritz-Carlton, dem schicksten Restaurant im mondänsten Hotel der Stadt.  Die Zusammenarbeit wurde indes beendet und das „Jeroboam“ geschlossen. Dennoch hat derzeit kein Hotel mehr Glanz zu bieten als das Ritz-Carlton. Hier ist Moskau so wie man es sich vorstellt: Neureich, glitzernd, pompös, einfach Größeniwan. Bei Pomp und Plüsch treffen sich Petro-Scheichs und Rubel-Oligarchen und versinken in samtigen Fauteuils. So richtig prickelnd finden dies aber offenbar nicht allzu viele. Das Hotel könnte jedenfalls besser besucht sein. Die Preise von 768 bis 846 Euro für die Zimmer wirken auch nicht unbedingt einladend. Die Ritz-Carlton Suite ist mit 237 Quadratmetern etwa fünfmal so groß wie die Standardzimmer und verlangt nach 9.572 Euro. Derzeit gibt es kein größeres Luxuszimmer in Moskau. Mit etwas Glück kann man aber ein Zimmer am Wochenende schon für 330 Euro bekommen. Ohne Frühstück.

Ex-Restaurant Jeroboam von Heinz Winkler

Die bislang teuerste Hotelstadt der Welt musste aber umdenken und hat die Preise spürbar gesenkt. In einigen Fällen macht dies fast 40 Prozent aus, womit die Durchschnittsrate in der Stadt auf 164 Euro gedrückt wurde. Dafür haut man mit dem teuersten Frühstück der Welt auf den Putz. Für rund 1000 Euro dürfen sich Gäste an Wagyu-Beef, Foie Gras-Pastete, Beluga Caviar, Trüffel-Omelett und Champagner à discrétion erfreuen. Das feudale Zaren-Frühstück wird von der russischen Society ganz gut angenommen. In dem 2007 eröffneten Ritz-Carlton glamourt es jedenfalls gehörig. Dazu passt auch das weibliche Personal im Modelformat. Die 334 Zimmer sind so nobel ausgestattet, wie man das von Ritz-Carlton erwartet. Besonders wirkungsvoll aber sind jene mit Aussicht auf den Roten Platz. Die Dachgarten-Lounge im zwölften Stock ist in vielerlei Hinsicht der absolute Höhepunkt. Das üppige Panorama mit Rotem Platz und Kreml wäre auch von ein paar Gartenstühlen aus beeindruckend. Doch wurde ein optisch reizvolles Lokal aus Glas, Stahl, weißem Leder und kaffeebraunem Holz aus Westafrika geschaffen, in dem Vodka-Cocktails, Sushi sowie Fisch und Steaks vom Grill serviert werden.   

Roter Platz in Moskau

Moskau hat viel zu bieten, allein der Rote Platz inszeniert sich wie ein pompöses Schauspiel. Dass man unmittelbar am Lenin-Mausoleum einmal lässig Prosecco trinken und westliche Atmosphäre inhalieren kann, hätte zu Sowjetzeiten niemand für möglich gehalten. Gemessen an der touristischen Bedeutung ist die mit über zehn Millionen Einwohnern größte Stadt Europas aber noch in der Entwicklungsphase – bislang sind nur die Preise ganz oben angekommen. Dies drückt sich am deutlichsten in den Taxitarifen aus. Für eine Fahrt vom Roten Platz bis zum sehr nahen Café Puschkin, die keine vier Minuten benötigt, zahlt man 23 Euro. Wenn man Pech hat oder nicht aufpasst, sogar das Doppelte. Die meisten Taxameter sind frisiert, einen seriösen Fahrer zu finden ist nur schwer möglich. Auf diesen Straßenraub angesprochen, meinte der Concierge vom Baltschug Kempinski achselzuckend, dass dies für Moskau normal sei. Wenn solche kriminellen Auswüchse jedoch nicht unterbunden werden, wird Moskau Besucher abschrecken, was die Zeiten auch für Hotels und Restaurants noch schwerer macht.

LF




Das beste Restaurant Frankreichs

Und andere Irrtümer

der Best 50 Rangliste

 

Ein Hintergrundbericht von Jörg Zipprick

Jetzt wissen wir’s: Rene Redzepi aus Dänemark ist der beste Koch der Welt. Wieder einmal, denn das war er schon im letzten Jahr. Die Welt braucht halt Ordnung. Zu der gehört, dass man Äpfel mit Birnen, Sushi mit Burgern und den Gargouillou von Gemüsen eines Michel Bras mit der Langustenvariation mit Langusten/Zitronengras-Süppchen eines Harald Wohlfahrt vergleichen muss. Das britische „Restaurant Magazine“ diktiert seit 2002 die Ordnung der Köche. Vielleicht weil früher im britischen Empire die Sonne nie unterging, klassifiziert das „Restaurant Magazine“ gleich die ganze Welt. Am Anfang war das Ganze noch ein Witz unter Freunden, da konnte die Pariser Brasserie La Coupole mit ihrem Vorgekochten unter den Besten landen – einfach weil jeder Juror mal dort war und eine Meinung zu dem Laden hatte. Spätestens seit die Klassifizierung nach ihrem Sponsor, einer Nestlé-Marke  „The S.Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ heißt, wird die Veranstaltung professionell vermarktet und landet in Tageszeitungen auf der ganzen Welt. Meist ist von einer Umfrage unter Köchen, Kennern, Kritikern die Rede, die irgendeinen Trend beweist. Getestet wird kein einziges Lokal, das könnte ja Geld kosten. Es wird gewählt. Stimmberechtigt sind besagte Köche, Kenner, Kritiker, die ihrerseits zunächst ausgewählt werden. Handverlesen, aber dazu kommen wir noch.

 
 
 
 

Küchenchef Rene Redzepi vom Restaurant Noma in Kopenhagen, Nr. 1 der Rangliste

 Anonymer geht es nicht

Wie jede gute, demokratische Wahl ist die Wahl der 50 weltbesten Restaurants anonym. Man könnte sogar sagen: Anonymer geht es nicht, den nicht einmal die „Mitglieder der Akademie“, also die Juroren, erfahren, wie viel Stimmen jedes Lokal erhielt. Unbekannt bleibt auch die die mathematische Formel, nach der gut 800 Mails mit je sieben beliebig ausgewählten Restaurants unter Berücksichtigung der Reihenfolge zu einer Liste von 100 Besten verdichtet werden. Kein Notar, kein unabhängiges Institut kontrolliert den Zählvorgang oder den Eingang der Ergebnisse.

Die Ergebnisse sind teilweise abstrus: Wohlfahrt und die Schwarzwaldstube landete mit Platz 73 unter „ferner liefen“. Kann man das Daniel in New York (Platz 11) wirklich durch 50 Ränge vom Lokalrivalen Jean Georges (Platz 62 trennen)?  Hat sich ein Könner wie Philippe Rochat vom Restaurant de l’Hôtel de Ville in Crissier, in der Schweiz innerhalb nur eines Jahres soweit verschlechtert, dass ein Absturz um 33 Plätze gerechtfertigt ist? Le Châteaubriand schafft es in die Top Ten, Spitzenlokale wie Le Louis XV in Monaco oder L’Ambroisie in Paris hingegen nicht mal auf die Liste. Und wie kann das spanische El Bulli, das jahrelang die Liste anführte, im Jahr 2011 nicht mehr unter die hundert Besten fallen? Hat das Lokal derart nachgelassen? Oder liegt es daran, dass El Bulli demnächst die Pforten schließt. Das wäre kurios, denn der Platz in der Liste wird für die Leistungen der letzten 18 Monate vergeben, nicht für Zukunftsaussichten. Die New York Times jedenfalls hält es für unwahrscheinlich, dass die Mehrzahl der 800 Juroren in der Vergangenheit keine Schwierigkeit bei der Reservierung der begehrten Tische gehabt hat. (http://www.nytimes.com/2011/04/13/dining/13Best.html?_r=2)

 
 
 
 

Grant Achatz, Restaurant Alinea, Chicago

Auf den Chairman kommt es an

Wer über die Listenplatzierungen staunt, muss die sogenannten Chairmen betrachten. Der Chairman jedes Landes wählt die Jury. Könnte nicht schon durch die Wahl der Juroren eine Wahl nach Belieben manipuliert werden? Viele der Juroren sind Köche – die Frage, ob sie unbedingt über ihre Berufskollegen abstimmen sollten, lassen wir mal außen vor. Darunter sind sind nicht gerade wenige  Avantgardeköche bzw. Freunde oder Geschäftspartner derselben: Grant Achatz, Sergi Arola, Juan Mari Arzak, Heston Blumenthal, Masimo Bottura, René Redzepi, Paco Roncero, Joan Roca und wie sie alle heißen. Dazu kommen Restaurantkritiker, die sich regelmäßig in ihren Kolumnen für diese Köche stark machen: Pau Arenos, José Carlos Capel, Sebastien Demorand, Luc Dubanchet zum Beispiel.

Wer diese Herdmeister und Autoren zu Jury-Mitgliedern ernennt, ahnt zumindest, wie sie stimmen könnten. Ist das unparteiisch? Hier und da darf man die Frage stellen, ob wirtschaftliche Eigeninteressen die Wahl der Juroren zumindest beeinflussen könnten:  Die spanische Jury etwa leitet ein Herr namens Rafael Anson (http://www.theworlds50best.com/the-academy/members-list/rafael-anson). Dieser Präsident der „Academia Española de Gastronomía“ leitet auch den „Ferran Adrià Lehrstuhl für kulinarische Kultur“ (was es so alles gibt), setzte zusammen mit Koch Adrià seine Unterschrift unter das Buch „Tapas im 21. Jahrhundert.“ Dessen Autor heißt Paco Roncero und war ebenfalls Jurymitglied. Anson ist ein Mann mit Erfahrung: Er wurde unter Franco zum Direktor des „Instituts der öffentlichen Meinung“ (Instituto de Opinión Pública). Heute betreiben seine Frau und seine Tochter Alejandra Marina laut spanischem Handelsregister u.a. PR-Agenturen. Der Handelsregisterauszug von Alejandra Marina erwähnt, dass diese Agentur ihr Aufgabenfeld in der Betreuung „spanischer Gastronomie und Köche, besonders junge Köche“ sieht.

Joan Roca vom El Celler De Can Roca

Die französische Jury leitet Andrea Petrini, ein italienischer Journalist mit Wohnsitz im französischen Lyon. In seiner publizistischen Arbeit berichtet er gern über die „50 Besten“ und das Pariser Lokal Le Châteaubriand. http://www.blast.fr/lifestyle/chevalier-inaki/ Oder hier, am 4. März auf Slate mit dicken Lob für das Restaurant http://www.slate.fr/story/34609/inaki-aizpitarte Petrini kennt die Spitzenköche der Welt und die Köche kennen ihn. Wer hier (http://nordicgourmetour.com/2008_petrini.html) die Bilder seines 50. Geburtstags betrachtet, erlebt ihn in Gegenwart von Meistern wie Rene Redzepi und Fluvio Pierangelini. Außerdem organisiert er das Kochfestival „Cook it raw“ (www.cookitraw.org  Der Event „in Zusammenarbeit mit Nespresso “ verzeichnet prestigeträchtige Gäste wie Rene Redzepi und Inaki Aizpitarte. Letzterer ist im Hauptberuf Küchenchef des Restaurants Chateaubriand in Paris. Ein Interessenkonflikt?

Küchenchef Andoni Aduriz vom Restaurant Mugaritz im baskischen San Sebastian

Ja, die Szene ist klein. Man kennt sich. Und manchmal kennt man sich besonders gut. Nicht jeder Journalistenkollege findet das akzeptabel: Restaurantkritiker Francois-Régis Gaudry vom renommierten französischen L’Express stieg mit einem offenen Brief aus. Gaudry störte sich unter anderem an einem gemeinsamen Abendessen aller französischen Juroren. Abgehalten wurde es von Andrea Petrini im Châteaubriand in Paris. Der britische Juror Ali Kurshat Altinsoy wurde von Petrini in das italienische Lokal Combal.zero eingeladen. „Andrea sagt Ihnen nicht für wen sie stimmen sollen“ erklärte er der New York Times (http://www.nytimes.com/2011/04/13/dining/13Best.html?pagewanted=2&_r=2)  „Er macht es nur möglich, dass sie für ihn stimmen.“ Anderswo nennt man das Lobbying. In der Gastronomie heißt es „eine Abstimmung unter Kennern.“ Gestimmt wird innerhalb von Netzwerken, die Liste der „50 Besten“ scheint für manchen Chairman und einige Juroren ein willkommener Anlass, gute Beziehungen durch die halbe Welt zu knüpfen. Die New York Times berichtete jedenfalls über Juroren, die vom schwedischen Tourismusbüro auf Steuerzahlers Kosten von Restaurant zu Restaurant gekarrt wurden. Auch von „Stimmenbrokern“ die Lokale gegen Entgelt zu guten Plätzen helfen, wird inzwischen hinter vorgehaltener Hand erzählt. (http://www.nytimes.com/2011/04/13/dining/13Best.html?pagewanted=2&_r=2)

Enrique Olvera vom Pujol in Mexico City

Chairman Petrini versucht es angesichts der Zweifel an den « 50 Best » mit Verbalakrobatik. Mal sagt  er (http://fulgurances.com/blog/2010/05/50-best-restaurant-un-instantan-de-la-cuisine-mondiale/), „50 Best“ sei ein Marketingbegriff. Man sollte dies mehr als die Restaurants über die man am meisten spricht verstehen….“ Dann wieder (http://fulgurances.com/blog/2011/04/the-50-best-chaud/) wird die englische Sprache verdreht: „Der Titel „50 Best Restaurants“ scheint problematisch. Im Englischen sei „best“ ein familiäres Adjektiv, fast ein Slang-Wort, es bedeute nicht „besser“, sondern „bevorzugt“.“ Nun ja, in der Schule haben wir das anders gelernt. Und vor Ort haben wir das anders gehört. Nebensache, reden wir doch lieber Klartext: Die Fifty Best sind eben nicht die 50 Besten. Es sind,  glaubt man Petrini, also Restaurants, die von ein paar Leuten bevorzugt werden. Besser und treffender hätte das wohl niemand erklären können.

Fünf Minuten bei den 50 Best

Meine kurze Zeit bei der Wahl der besten Köche: Die 50 Besten werden unentgeltlich von Freiwilligen gewählt. Einer davon war ich, zumindest im Jahr 2008. Andere Journalisten waren ausgefallen, ich sollte jetzt Juror für die französische Delegation bei den 50 Besten werden. Für das Pariser Lokal Le Chateaubriand sollte ich stimmen, das wurde mir gleich im Vorgespräch nahe gelegt. Im Grunde ein unmoralisches Angebot. Le Chateaubriand ist ein Bistro mit durchaus annehmbarer Küche, ich habe nichts gegen den Laden. Außer vielleicht der Tatsache, dass dieses Lokal nicht immer wirklich sauber ist, die Servierer gern den Rasierer vergessen (wird andernorts auch für Bartpflege gebraucht!) und die Weinkarte ebenso kostspielig wie spärlich bestückt ist. Einmal war ich mit einer Vegetarierin dort, Fisch und Fleisch wurden für sie einfach vom Gemüsebett gekratzt. Ansonsten blieben die Gerichte – und die Rechnung – absolut identisch. Trotzdem: Le Chateaubriand ist ein nettes Lokal für einen zwanglosen Abend mit guten Freunden, ein Ort wo man in fleckigen Jeans und Holzfällerhemd ein Fläschchen leeren kann. Aber kann der bei den Weltbesten mitkochen? Von Küche, Keller, Service und Ambiente wäre das in etwa so, als würden  Autoren bei einer Wahl der besten Teams in einem Fußballmagazin den SV Wurmlingen auf eine Stufe mit Real Madrid stellen. (Note Bene: Liebe Spieler aus Wurmlingen- diese Bemerkung richtet sich wirklich nicht gegen Euch, sie ist ein Beispiel).

Restaurant Chateaubriand in Paris

Vorsichtshalber hörte ich dieser Stimmempfehlung dennoch aufmerksam zu. Meine Lebenserfahrung meldete sich lautstark im Hinterkopf zu Wort: Wenn ein Gespräch zur Teilnahme an einer Umfrage mit dem Wunschresultat beginnt, dann sollte man immer, stets und unter allen Umständen zusagen. Sonst könnte es rein theoretisch sein, dass man vor lauter Demokratie nicht mitstimmen darf.

Und so werden die fünfzig besten Restaurants der Welt gewählt: Eine E-Mail trudelt ein, die Juroren klicken auf eine Website und werden aufgefordert, fünf beliebige Namen abzugeben – dieses Jahr waren es erstmals sieben. Ob Willys Reibekuchen Bude oder L‘Ambroisie, wählbar sind sie alle. Mindestens zwei Stimmen dürfen nicht auf das eigene Land entfallen. Die Köche unter den Juroren dürfen nicht für ihr eigenes Lokal stimmen. Eigentlich versichert man mit der Stimmabgabe in den letzten 18 Monaten in den genannten fünf Läden gespeist zu haben, kontrolliert wird das freilich nicht. Wäre es so schwer, die Rechnung einzuscannen und mitzuschicken? Name des Restaurants, Datum des Besuchs, den Button mit „abschicken“ drücken – das war’s.  

Und, nein, ich habe nicht für das Chateaubriand gestimmt.

Siehe auch „Die ranzigste Restaurant-Hitliste der Welt“ in der BISS-Zeitung

 

Das Bild ganz oben rechts zeigt die Küche vom Restaurant Alinea in Chicago, Grant Achatz ist auf der Rangliste auf Platz 6.




Die ranzigste Restaurant-Rangliste der Welt

Wer´s glaubt, trinkt Wasser

 

Kommentar von Ludwig Fienhold

Kann es so etwas wie die „50 besten Restaurants der Welt“ überhaupt geben? Natürlich nicht. Ein solcher Wettbewerb muss in die Irre führen. Er ist eine groß angelegte Promotion für das Unternehmen San Pellegrino, das in der Gastronomie bestens vertreten und in 100 Ländern anzutreffen ist. Diese Stellung will man mit einer derart werbewirksamen Kompetenzoffensive festigen und ausbauen. Es ist durchaus legitim, wenn der größte Getränkelieferant Italiens auch ganz groß auf sich aufmerksam machen will. Muss es aber mit einer so aberwitzigen und zweifelhaften Hitparade sein, deren Resultat einen üblen Beigeschmack hat? Faktisch ist es nur ein Sturm im Wasserglas, bei dem aber auch deutsche Topköche baden gehen.

Joachim Wissler vom Restaurant Vendome im Schloss Bensberg Bergisch Gladbach

Joachim Wisslers Vendome ist immerhin auf Platz 21, Sven Elverfeld Aqua auf Platz 25. Es gibt zudem als kaum erwähnte Ergänzung auch noch eine Top 100, bei der dann auch Harald Wohlfahrt mit seiner Schwarzwaldstube (Rang 73), Hans Haas und das Tantris (80) sowie Klaus Erforts Gästehaus (88) gnädig vertreten sind. Die deutschen Spitzenköche Helmut Thieltges (Waldhotel Sonnora), Heinz Winkler (Residenz Aschau) oder Christian Jürgens (Seehotel Überfahrt Rottach-Egern) gehen leer aus. Selbst Juan Amador, obwohl dieser als experimenteller, iberophiler Transmutationskoch besonders gut ins Auswahlschema von S.Pellegrino passen würde. Dafür sind Köche aus Russland, Finnland, Mexiko, Brasilien und Peru vertreten. Wie viele von der Pellegrino-Jury wohl im Astrid & Gastón (Rang 42) im peruanischen Lima gewesen sein mögen?

Gastón Acurio von Astrid & Gaston in Lima Peru

Oder: Kennen Sie das Lokal Chateaubriand in Paris? Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht. Es ist aber auf Platz 9 dieser Restaurant-Hitliste und damit das beste Restaurant Frankreichs. Dagegen ist das wahrhaftige Weltklasse-Restaurant Louis XV von Alain Ducasse in Monaco nicht vertreten. Vor allem solche Fehlgriffe machen die Top 50 unglaubwürdig.  

Ähnliches geschieht jedes Jahr mit den großspurigen Hotel-Hitlisten, die vorwiegend von amerikanischen Reisemagazinen und ihren Lesern erstellt werden. Deutschland spielt dabei kaum eine Rolle, meist hält gerade einmal das Adlon in Berlin Einzug. Das liegt aber auch am Reiseverhalten der Amerikaner, die bevorzugt nach Asien reisen oder durchs eigene Land. Gut beraten wäre S.Pellegrino die anmaßende Titelwahl „The Worlds Best 50th Restaurants“ zu ändern, etwa in die 50 interessantesten Lokale der Welt. Damit würden auch verrückt anmutende Entscheidungen entschuldbarer.

Warum gibt es eigentlich keine kritischen Stimmen von Genussmagazinen zu dem Thema Top 50? Fürchten sie um die Anzeigen vom Großunternehmen S.Pellegrino, das gerade dort überaus präsent ist? Zu den Top 50 von S.Pellegrino gibt jedenfalls viele Fragen. Werden zum Beispiel auch Köche ausgewählt, die nicht San Pellegrino in ihrem Restaurant führen? Unabhängige Tester sollten einmal die 50 besten Wasser der Welt küren. Ob wohl San Pellegrino darunter wäre?

 

Das Bild ganz oben rechts zeigt Rene Redzepi vom Noma in Kopenhagen, laut Best 50 die Nr. 1 in der Welt

Siehe auch Artikel „Frankreichs bestes Restaurant – und andere Irrtümer der Best 50“ in der BISS-Zeitung

 

Alinea in Chicago

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die 50 besten Restaurants der Welt

(laut S.Pellegrino)

1 – Noma / Denmark
2 – El Celler de Can Roca / Spain
3 – Mugaritz / Spain
4 – Osteria Francescana /Italy
5 – The Fat Duck / UK
6 – Alinea / USA
7 – D.O.M / Brazil
8 – Arzak / Spain
9 – Le Chateaubriand / France
10 – Per Se / USA
11 – Daniel / USA
12 – Les Creations de Narisawa / Japan
13 – L’Astrance / France
14 – L’Atelier de Joel Robuchon / France
15 – Hof van Cleve / Belgium
16 – Pierre Gagnaire / France
17 – Oud Sluis / Netherlands
18 – Le Bernardin / USA
19 – L’Arpege / France
20 – Nihonryori RyuGin / Japan
21 – Vendome / Germany
22 – Steirereck / Austria
23 – Schloss Schauenstein / Switzerland
24 – Eleven Madison Park / USA
25 – Aqua / Germany
26 – Quay / Australia
27 – Iggy’s / Singapore
28 – Combal Zero / Italy
29 – Martin Berasategui / Spain
30 – Bras / France
31 – Biko / Mexico
32 – Le Calandre / Italy
33 – Cracco / Italy
34 – The Ledbury/ UK
35 – Chez Dominique / Finland
36 – Le Quartier Francais / South Africa
37 – Amber / China
38 – Dal Pescatore / Italy
39 – Il Canto / Italy
40 – Momofuku Ssam Bar / USA
41 – St John / UK
42 – Astrid Y Gaston / Peru
43 – Hibiscus / UK
44 – Maison Troisgros / France
45 – Alain Ducasse au Plaza Athenee / France
46 – De Librije / Netherlands
47 – Restaurant de l’Hotel de Ville / Switzerland
48 – Varvary / Russia
49 – Pujol / Mexico
50 – Asador Etxebarri / Spain