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3-Sterne-Koch Christian Bau: Essen nur noch nach Anzahlung

Strafgeld für No-Shows

im Restaurant

 

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Wer gar nicht kommt, den bestraft der Wirt. 3-Sterne-Koch Christian Bau will Gästen, die trotz einer Reservierung nicht erscheinen, einen Riegel vorschieben. Bei Reservierungen in seinem Restaurant Victor’s Fine Dining im saarländischen Perl-Nennig an der Mosel wird ab sofort grundsätzlich eine Anzahlung in Höhe von 250 Euro pro Person über die Kreditkarte fällig. Damit reagiert Bau auf die Zunahme von No-shows, also das Nichterscheinen von Gästen trotz bestehender Reservierung. Kostenfreie Stornierungen sind bis spätestens fünf Werktage vor dem gebuchten Termin möglich. Die geleistete Anzahlung wird in diesem Fall als Deposit hinterlegt und kann für eine erneute Reservierung verwendet werden. Bei späteren Stornierungen bemüht sich das Restaurant um die Vergabe des Tisches an Gäste aus der Warteliste. „Sollte uns dies nicht gelingen, müssen wir die Anzahlung einbehalten, um einen Teil der durch die Stornierung entstehenden Unkosten zu decken“, erklärt Bau. Er appelliert an seine Gäste, das Restaurant in jedem Stornierungsfall schriftlich zu kontaktieren. Reservierungen sollen generell online über die Plattform „Formitable“ getätigt werden.

Christian Bau

Bei der Reservierung im Sternerestaurants Essigbrätlein in Nürnberg erfährt man ebenfalls von einem Prozedere, das sich gegen die unentschuldigt fehlenden Gäste wendet. Auf der Webseite wird erklärt, das man auf verbindliche Buchungen angewiesen sei. Man könne bis 24 Stunden vorher kostenfrei stornieren. Bei einer späteren Stornierung oder Fernbleiben aber wird eine Gebühr von 150 € pro Gast abgebucht. Offenbar wirkt dies als Abschreckung, es sind nicht viele Gäste, die trotz Reservierung und ohne rechtzeitig abzusagen auch nicht erscheinen.

Es wird von Gastronomen natürlich zu recht als respektlos und geschäftsschädigend empfunden, wenn Gäste trotz Reservierung ohne jegliche Absage fernbleiben. In Zeiten, wo jeder über ein mobiles Telefon verfügt, ist es sehr leicht selbst in Fällen von kurzfristigen Termin- und Reiseänderungen eine Reservierung zu stornieren. Man weiß aber auch von Gästen, die aus der Gastronomie-Branche kommen und es dennoch nicht für nötig halten, eine Reservierung zeitig abzusagen. Noch schlimmer: Längst schon wird mehr als nur vermutet, dass hinter den fiesen Reservierungen ohne Absage Konkurrenten stecken, die ganz gezielt schaden wollen.

 

Photocredit: Pieter d´Hoop




Seehotel Überfahrt: Neustart mit Küchenchefin Cornelia Fischer

Nach der 3-Sterne-Ära von Christian Jürgens

gibt es jetzt moderne Regionalküche am Tegernsee

 

Cornelia Fischer wird ab dem 6. September das Gourmetrestaurant im Seehotel Überfahrt am Tegernsee führen. Damit tritt sie die Nachfolge des einstigen 3-Sterne-Kochs Christian Jürgens an. Dieser geriet im Mai 2023 ins Gerede, weil man ihm einen allzu robusten Führungsstil und sexuelle Belästigung vorwarf, was indes nicht für eine strafrechtliche Verfolgung ausreichend belegbar war. Nach seinem Rauswurf versuchte die Althoff-Gruppe mit einem Berliner Szenekoch einen Übergang zu schaffen, was einer Verzweiflungstat glich und nicht funktionieren konnte. Durch den Neustart mit Cornelia Fischer im September gerät das Seehotel wahrscheinlich wieder in ruhigere Gewässer.

Die 39 Jahre alte Cornelia Fischer aus Unterfranken war bislang in guten Häusern in Deutschland und der Schweiz tätig und stand auch bereits im Restaurant Überfahrt als Chef de Partie in der Küche. Eine der wichtigsten Stationen ihrer Karriere waren die zwei Jahre als Sous-Chefin bei 3-Sterne-Koch Andreas Caminada in Graubünden. Von der Schweiz zog Fischer 2021 zurück in die Heimat und war als Küchenchefin im Hotel Zur Schwane für zwei Restaurants verantwortlich, das Lokal Weinstock erhielt einen Michelin-Stern.

Cornelia Fischer kommentiert: „Ich freue mich unwahrscheinlich darauf, wieder in die wunderschöne Überfahrt zurückzukommen und das Restaurant mit neuem Konzept und Leben füllen zu können.“ Vincent Ludwig, Managing Director des Althoff Seehotel Überfahrt, meint überschwänglich, dass Cornelia Fischer derzeit eines der größten kulinarischen Talente im deutschsprachigen Raum sei. Sie fokussiere eine moderne Regionalküche und zeige sich dabei erfrischend weltoffen. Im Mittelpunkt sollen heimische Produkte stehen, zum Teil aus eigenen Anbau. Übrigens: Christian Jürgens, von dem es damals hieß, dass er am Tegernsee beim Hotel Egerner Höfe als Küchenchef weitermachen würde, arbeitet derzeit als „Consultant“.

Photocredit: Althoff Hotels




Hoppenworth & Ploch: Neue Altstadtbäckerei mit Knusper-Appeal

Tolles Brot

und Croissants

mit Softeisfüllung

 

Die „Neue Altstadt“ in Frankfurt hat mit der jetzt am 1. März eröffneten „Altstadtbäckerei“ von der Kaffeerösterei Hoppenworth und Ploch Zuwachs bekommen und wertet das gastronomisch nach wie vor noch unterentwickelte Quartier damit kulinarisch auf. Allein das saftige Sauerteigbrot mit krosser Kruste ist einen Besuch wert.

Die Altstadtbäckerei liegt gleich neben dem Café Hoppenworth und Ploch, wo es aktuell Kaffee aus Burundi und Costa Rica sowie eine famosen und leichten New York Cheescake mit Limonenschmand gibt. Beides ist in der neuen „Altstadtbäckerei“ nicht zu haben, die ja auch eine Ergänzung mit einem anderen Sortiment sein soll. Das Sauerteigbrot ist ein Highlight, zum Bestseller könnte im Frühling auch das aufgeschnittene Croissant mit Softeisfüllung werden.

Max-Toby Welke

Zum Sortiment gehören Brot, Baguette, Croissants, Brötchen und süße Backwaren, selbstverständlich alles hausgemacht. Vor der Tür gibt es nur einige Stehtische, man hat es eben mit einem Geschäft zu tun, das dazugehörige Café ist ja gleich nebenan. Das kleine Haus Hinter dem Lämmchen Nr. 5 mit dem markanten Säuleneingang hatte zuvor einige glücklose Betreiber, denen es nicht nur an Marketing, sondern auch an einem schlüssigen Konzept mangelte. Die „Altstadtbäckerei“ macht aus dem Stand durch Qualität auf sich aufmerksam, hat mit Matthias Hoppenworth, Julian Ploch und Joris Kohnen aber auch die derzeit besten, beliebtesten und professionellsten Cafébetreiber im Rücken.

Die neue „Altstadtbäckerei“ ist ein kleines feines Häuschen, die eigentliche Werkstatt befindet sich im Länderweg, dort in Sachsenhausen sind Rösterei und Bäckerei zu Hause. Leiter der Backstube ist Max-Toby Welke. Der 28 Jahre alte Konditormeister kommt aus Usingen im Taunus und kann sich derzeit auf ein Team aus acht Mitarbeitern stützen, das noch erweitert werden soll.

Hühnermarkt

Eine Adresse wie die „Altstadtbäckerei“ tut der sogenannten Neuen Altstadt gut, wobei es mehr solche bemerkenswerte gastronomische Lokale geben könnte. Das als Kolonialwarenladen gedachte Lädchen im „Haus zur Flechte“ wurde nie ernsthaft und erkennbar betrieben und steht seit Wochen leer. Auch das Lokal schräg gegenüber der Weinbar Ress wurde ohne Fortune geführt und steht leer. Dem Metzgerstand Dey, der inzwischen auch Gerichte für seine Stehplätze anbietet, ist stets gut besucht. Die Weinbar Ress nebenan ist nach wie vor ein beliebter Treffpunkt und wird im Frühling zu einem richtigen Hotspot. Es sei denn der Nörgel-Nachbar vis-à-vis lehnt sich wieder mit Dezibelmessungen aus dem Fenster und schafft es, dass um 22 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden.

Ludwig Fienhold

Mo-Fr. 12-18 Uhr, Sa 10-18 Uhr, So 10-16 Uhr.

Fotos: Barbara Fienhold

 




Fasten auf der Freßgass: Wem geht ein Licht auf?

 

Kommentar von Ludwig Fienhold

 

Der Fastenmonat Ramadan wird ausgerechnet auf der Frankfurter Freßgass festlich in Szene gesetzt. Die Freßgass steht für genau das Gegenteil von Fasten. Ramadan bedeutet den unbedingten Verzicht auf Essen und Trinken, sogar auf Parfüm, Rauchen und andere Attribute von Luxus und Lust. Dazu wird die Luxus- und Flaniermeile, auf der sich zwar keine Gourmetrestaurants, aber Fress-Tempel aneinanderreihen, mit Lichterketten, Halbmonden und orientalischen Laternen illuminiert, was den Bürger zwischen 50.000 und 100.000 € kosten soll. Wieder einmal machen die Grünen und die SPD unangenehm auf sich aufmerksam. Es ist alles andere als eine einleuchtende Idee, die Freßgass wegen des muslimischen Ramadans in helles Licht zu setzen. Gleichzeitig dürfen die Bürger auf dem Römerberg, im Westend und überall in der Stadt im Dunkeln tappen, weil angeblich Strom gespart werden muss. Wie dunkel muss es erst in den Köpfen der Verantwortlichen aussehen, die so etwas ins Leben rufen? Offiziell wird behauptet, dies seien „Lichter gegen Rassismus und Diskriminierung“. Diskriminiert müssen sich jedoch alle anderen Religionen fühlen, vor allem aber die Juden in Frankfurt, die nur unter Polizeischutz in ihren Synagogen Feierlichkeit zeigen können.




Der New Yorker Sternekoch David Bouley stirbt mit 70

Abschied von einem

kreativen und klugen Kopf

 

Es gibt bald mehr gute Köche im Himmel als auf Erden. Jetzt ist mit David Bouley wieder einer hinzugekommen. In einer Zeit als die USA am Steak nagte, brachte er eine behutsam ins amerikanische übersetzte französische Küche nach New York. Die kulinarischen Grundwerte vermittelten ihm seine französischen Großeltern, die eine Farm führten. Den letzten Schliff erhielt er bei Großmeistern der Zunft wie Paul Bocuse, Joël Robouchon und Frédy Girardet.

Im Restaurant Montrachet machte David Bouley 1985 als Küchenchef auf sich aufmerksam und eröffnete zwei Jahre später sein eigenes Restaurant mit dem Namen Bouley, das er an wechselnden Stellen führte. Er verzichtete auf Kaviar und Trüffel sowie Butter und Sahne und wollte die Natürlichkeit der Aromen in den Mittelpunkt stellen. Dies konnte ihm auch mit so einfach klingenden Gerichten wie Erbsen-Eis mit Apfelschaum gelingen. Sein folgendes Projekt, das stimmungsvolle Restaurant Bouley Bakery wurde mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet und nannte sich später wieder einfach nur Bouley. Vielleicht dachten zu viele, dass es sich bei diesem Lokal tatsächlich um eine Bäckerei handeln würde, was noch durch eine ungewöhnlich große Brotauswahl verstärkt wurde, bei der Brote aus Buchweizen, Walnüssen, Kokosfasern und Pistazien glänzten, die obendrein kein Gluten enthielten. Dies zeigte den Weg, den Bouley noch weit stärker ausbauen wollte: Gesundheitsbewusstsein, Lebensmittelkunde und Landwirtschaft gepaart mit Genuss.

Die größte Aufmerksamkeit erreichte David Bouley mit dem Restaurant Danube, das ebenfalls in seinem Lieblingsrevier Tribeca in der Hudson Street lag und sich zwei Michelin-Sternen schmücken konnte. Der Interior-Designer Jacques Garcia machte daraus das schönste und schickste Restaurant von New York, einen samtenen und poetisch glimmernden Jugendstilpalast. Es wurde schnell zum Lieblingsplatz der Restaurantkritiker und Prominenten. Paul McCartney, Keith Richards, Lou Reed und die Band U2 stimmten in den Lobgesang ein, Celebrities wie Jessica Sarah Parker, Naomi Campbell, Jennifer Lopez oder Leonardo Di Caprio bescherten Boulevardglanz. Auch die vielbeschäftigten Küchenstars Alain Ducasse und Ferran Adrià lockte der gute Ruf ins Danube. Dem Namen „Donau“ entsprechend hatte David Bouley einen Österreicher als Küchenchef gesucht – und fand ihn mit dem jungen Mario Lohninger, der mit seinen 24 Jahren viel Talent und gute Laune einbrachte. Durch Gröstl vom Maine-Hummer, Kavalierspitz, Wiener Schnitzel und Rinderbäckchen in Zweigelt-Sauce wurde Lohninger zum Liebling der Society. „Die New Yorker Gourmets weinen Freudentränen in ihre Schnitzel“ dichtete damals die Presse.

Aus dem 1999 eröffneten Danube wurde im Jahr 2011 mit dem japanischen Brushstroke ein völlig anderes Restaurant. Trotz der Auszeichnung von zwei Sternen im Michelin war dort nach fünf Jahren Schluss. David Bouley rückte zuletzt seine kulinarische Philosophie mit speziellen und oft japanisch inspirierten Botanical-Themen in den Mittelpunkt seines Lebens. Bei der Dinner-Serie The Chef & The Doctors kombinierte er seine Küchenideen mit medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Aspekten. Eine spannende Konzeption, die ein Herzinfarkt nun beendete.

Interview mit David Bouley (r.) und Mario Lohninger, 9/11

Der im Mai 1953 in Storrs in Connecticut geborene David Bouley besaß eine amerikanische und eine französische Staatsbürgerschaft, man hörte im Gespräch mit ihm mehr ein französisches als ein amerikanisches Idiom. Bouley stammte aus einer Intellektuellenfamilie, seine Frau Nicole Bartelme ist Künstlerin und Gründerin des TriBeCa Film Festivals. Was an David Bouley vielleicht noch mehr als sein Kenntnisreichtum und sein unbändiger Wissensdurst beeindruckte, war seine überlegte besonnene Art. Es sind die stillen Menschen, die sich weit eher im Gedächtnis halten und dort lange leben bleiben.

Ludwig Fienhold

 

Photocredit: David Bouley at Home, Mario Lohninger




Restaurant Parthenon: 50 Jahre griechische Spitzenküche

Ausnahmegastronom Stelios

hat seinen eigenen

kulinarischen Olymp erschaffen

 

Welcher Gastronom hat es sonst geschafft unglaubliche 50 Jahre lang in seinem Restaurant für Spitzenküche zu sorgen? Asterios „Stelios“ Kokkinoplitis ist diese Leistung mit dem Parthenon in Frankfurt gelungen. Einmalig, nicht nur für Frankfurt. Jetzt konnte der quirlige Grieche aus der Region Chalkidiki sein großes Jubiläum feiern, bei dem das ganze Füllhorn der Küche ausgeschüttet wurde und die wunderbaren Weine aus Santorini in den Gläsern funkelten.

Stelios mit seiner Frau Emilia

Niemand hat ein Erfolgsrezept, aber es gibt gute Gründe, warum Stelios etwas schaffen konnte, was im kulinarischen Gedächtnis bleiben wird. Geholfen bei seiner Arbeit hat, dass er die wichtigsten Arbeitsplätze in der Gastronomie kennt, selbst am Herd stand oder im Service Hand anlegte. Vor allem aber ist er ein Qualitätsenthusiast und freut sich vom frischen Fisch, dem besten Fleisch und den feinsten Olivenölen zu schwärmen.

Lammkoteletts

Im Grunde besteht die Speisekarte im Parthenon nur aus Evergreens und Highlights. Die Milchkalbsfrikadellen, von denen beim Jubelfest 80 Kilo verputzt wurden, wären allein schon eine Anreise wert. Und wenn man dazu noch die hauchdünnen und nur kurz in Olivenöl frittierten und mit Salz und Oregano gewürzten Scheibchen aus jungen Zypern-Kartoffeln genießt, wähnt man sich bereits im kulinarischen Olymp.

Zicklein aus dem Ofen, Lammkoteletts, Lammkrone und geschmortes Lamm muss man im Parthenon gegessen haben. Schmorgerichte gelingen umwerfend gut. Das Fleisch ist zart und wird beherzt gewürzt, wobei meist eine Prise Zimt die Pointe setzt. Die traditionellen Kokkinisto-Eintopf-Gerichte können mit Huhn, Lamm, Schwein, Rind und auch Kaninchen gleichermaßen begeistern. Auch bei Fisch und Meeresfrüchten spürt man, dass Spitzenware verwendet wird, ganzen Fischen sollte man den Vorzug geben. Der Oktopus ist von saftiger Geschmeidigkeit. Sehr gut gerät außerdem der Stockfisch mit Kartoffel-Knoblauch-Mousseline. Das Parthenon ist weder Taverne noch Tempel. Es ist ein prächtiger Ort für dionysische Gelage. Man darf sich schon jetzt wieder auf die Gartensaison freuen, wenn Zicklein und Lamm auf den Grill kommen.

Stelios mit 19 Jahren

Das Parthenon war eines der ersten griechischen Restaurants in Deutschland, dass herausragende Weine aus Griechenland anbot. Längst hat sich das Angebot erweitert und verbessert, zudem betreibt Stelios gleich um die Ecke noch das Weingeschäft Cava Oinos mit ausgesuchten Tropfen und Olivenölen. Die Weine von der Vulkaninsel Santorini sind eine Klasse für sich, gerade die aus der autochthonen Rebsorte Assyrtiko, wir lieben die von Sigalas und Canava Chrissou-Tselepos.

Im Dickicht des Parthenon-Gartens kann man ein Schild entdecken, auf dem zu lesen ist, dass Asterios Kokkinoplitis ein Jahr nach der Eröffnung des Lokals 1975 diesen Baum pflanzte – einen Ahornbaum, dessen Holz als elastisch, zäh und robust gilt. Dies trifft auch auf den zu, der diesen Baum und das Parthenon großgezogen hat.

Text: Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold

Parthenon, Frankfurt, Kennedyallee 34, Tel. 069 63 54 19.

www.parthenon-restaurant.de

 




BISSiges: Aufgespießt mit spitzer Feder

Geschichten, die

das Leben schreibt

 

 

Mit Condor spuckt man melodischer

Es gibt ja Menschen, die sogar die Spucktüten aus dem Flugzeug sammeln. Unbenutzt natürlich. Die Sickness Bags werden übrigens tatsächlich bei ebay zu Preisen zwischen 1 – 9 € verkauft. Der Ferienflieger Condor hat sich zwar nicht unbedingt bei der Qualität der Bordküche verbessert, beweist aber Kreativität und Ironie bei der Gestaltung der Spucktüten. „Hello Again“ steht dort zu lesen. Ob Wiedersehen nun Freude macht, ist dabei nicht ganz so wichtig, hier zählt nur die Idee. Und die ist absolut hitverdächtig und verhilft sogar einem unverdaulichen Schlager zur Sympathie.

 

Journalistischer Doggy Bag
Philipp Elsbrock, ein fader Typ, der so blutleer über die Gastronomie schrieb, dass man sich fragen musste, was er eigentlich in diesem Sujet verloren hat, konnte nun endlich nach vielen Jahren als Redakteur bei Feinschmecker und Falstaff seine wahre Berufung finden: Er arbeitet jetzt bei Vegdog, einer Marke für vegane Hundeernährung.

 

Suppen-Attacke auf die Mona Lisa

Militante Lebensmittel-Ideologen haben im Pariser Louvre-Museum die Mona Lisa mit Suppe beworfen. Sie fragen, ob Kunst wichtiger sei als gesunde Ernährung. Die beiden Mitglieder der Gruppe „Riposte alimentaire“ alias „Lebensmittel-Gegenschlag“ treten mit ihrem Vandalismus für das „Recht auf gesunde und nachhaltige Ernährung“ ein. Nachfrage: Ist es im Sinne einer „nachhaltigen Ernährung“ mit Suppe zu werfen? Ist gerade eine solch sinnlose Lebensmittelvergeudung in irgendeiner Weise als gesund oder als gesunde Ernährung zu betrachten? Müssen wir das überhaupt Menschen fragen, die einfach nur keinen Sinn im Leben gefunden haben? Die Mona Lisa lächelt noch immer, dank Glasschutz. Aber eigentlich müsste sie sich übergeben.

LF

 




Abschied von Hotelbesitzer und Unternehmer Bernard große Broermann

Vom Bauernsohn

zum Milliardär

 

 

Er hatte Freude am Reisen und am Wein, er besaß eine gewitzte Art, einen gewissen Schalk und ein großes Vermögen. Bernard große Broermann war kein Wichtigtuer und bevorzugte den ruhigem Auftritt, Die Kindheit auf dem Land in Oldenburg hat ihn geerdet. Vom Bauernsohn zum Milliardär. Sein erstes Geld verdiente er als Zeitungsjunge in den USA. Bernard große Broermann ist zu verdanken, dass die Villa Rothschild aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt wurde. Dieses Kleinod im Taunus gehört zu den schönsten Hideaways in Deutschland und zur Luxushotelgruppe Broermann Health & Heritage Hotels.

Bernard große Broermann starb jetzt im Alter von 80 Jahren. 1999 gründete er die kleine feine Hotelgruppe, zu der fünf exklusive Luxushotels gehören: Das Falkenstein Grand und die Villa Rothschild in Königstein im Taunus und das Hotel Atlantic Hamburg sowie in der Schweiz in Montreux am Genfer See das Grand Hotel Suisse Majestic und das Fairmont Le Montreux Palace. Broermann zählt zu den erfolgreichsten Unternehmern Deutschlands. Er war Gründer der Asklepios Kliniken, einem der führenden Gesundheitsanbieter in Deutschland.

Broermann wurde am 20. November 1943 im niedersächsischen Damme geboren. Er studierte Medizin, Chemie, Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaften und promovierte als Jurist. Für die Zukunft seiner Unternehmensgruppe hat Broermann festgelegt, dass ein Gremium aus Familienangehörigen und langjährig Vertrauten die Wahrung von Gesellschafterinteressen dauerhaft sicherstellt und das unternehmerische Werk in seinem Sinne fortführt.

 

 




Juwel Weinbar: Vom Pop-up zum längeren Plop-up?

Neues Leben am Frankfurter Mainufer in Sachsenhausen

am Walther-von-Cronberg-Platz

 

Endlich mal wieder ein Lebenszeichen vom einst glanzvollen gastronomischen Quartier am Mainufer in Sachsenhausen: Das gang & gäbe war vor der Corona-Krise als erstklassiges Weinlokal mit Mainblick eine tolle Location und hat jetzt zunächst über Ostern erstmals wieder als Pop-up seine Türen geöffnet. Wenn es gut läuft, soll aus der kurzen Session wieder ein längeres Gastspiel werden.

Das Weinlokal gang & gäbe wurde die letzte Zeit unter dem Namen Juwel als Event-Location betrieben. Dahinter steht das kleine Familienunternehmen von Juan Weinhold, der mit seinem Cooking Ape als Caterer stadtbekannt ist. Die Open-Air-Winebar (auch mit Plätzen im Inneren des großen Glashauslokals) wird zunächst über die Osterfeiertage bis einschließlich Montag, 1. April, von 15 bis 22 Uhr. betrieben

gang & gäbe

Es gibt eine Auswahl an Weinen aus dem handverlesenen Sortiment im offenen Ausschank, wobei auch die Flaschen im Shop to go verkauft werden. Beispielsweise ein fabelhafter Vieilles Vignes von Pierre Cros aus dem Languedoc. Die glasweise servierten Weine sind sehr interessant, der richtig trockene (nur 2 Gramm Restzucker) und mineralische Branco von der Quinta Maria Izabel ist ein seriöser Terrassenwein, der nur auf die Sonne wartet. Raúl Pérez gehört zu den Starwinzern Spaniens und erzeugt alles, nur keine Langeweile. Von ihm gibt es den vitalen und doch geschmeidigen Weißwein La del Vivo. Ein Schluck Lebensfreude trinkt man mit den Weinen der Öko-Bodega Ibizkus, die auf Ibiza weltberühmt ist. Im Pop-up am Main ist der Rosé zu haben, ein Glas oder gleich die Flasche.

Wenn man sieht, was meist in der Stadt im offenen Ausschank zu bekommen ist, freut man sich über die kenntnisreiche Auswahl. Vor allem sind hier die guten Weine nicht teurer als anderswo die mittelmäßigen. Das Pop-up von Juan Weinhold und seinem Bruder Oscar will kein Restaurant sein, ein paar Tapas gibt es aber schon. Die schönen Bio-Brötchen und ein paar Dips sind bereits eine nette Weinbegleitung, es wartet aber noch so einiges. Sollte das Pop-up erfolgreich sein, könnte daraus ein dauerhaftes Plop-up werden.

Juan Weinhold

Der Walther-von-Cronberg-Platz in Sachsenhausen war bis vor kurzem ein Glanzlicht der Frankfurter Gastronomie. Das Italo-Ensemble aus den Restaurants Biancalani, A Casa di Tomilaia und der Demarchi-Bar sowie dem Eissalon Firenze gehörten zu den besten Adressen der Stadt und verschwanden durch die Insolvenz des Betreibers Tom Bock auf einen Streich. Dieses Trauerspiel versetzte ein ganzes Viertel ins Nichts und hauchte dem Platz das Leben aus. Auch das Lokal gang & gäbe von Juan Weinhold blieb dem Publikum verwehrt, wobei es unter dem Namen Juwel für große Veranstaltungen offen stand und beispielsweise die Lufthansa für einen Event landen ließ. Jetzt öffnet dieses Lokal mit seiner tollen Terrasse und Blick auf den Main wieder für alle Gäste seine Türen. Vorerst nur bis Ostermontag.

LF

Juwel, Tapas & Wine, Oster Edition, Walther-von-Cronberg-Platz 1, Tel. 069 5800 505 17. Bis Ostermontag von 15 bis 22 Uhr geöffnet.   




Tanz auf dem Vulkan: Große Weine aus Lanzarote

Die Avantgarde-Winzer: Titerok Akaet und Puro Rofe

 

Lanzarote wird immer mehr zur Wein-Destination

 

Von Ludwig Fienhold

Der Wein auf Lanzarote ist ein einzigartiges Naturereignis. Er wächst in Vulkantrichtern unter extremen Bedingungen und muss ungestümen Winden und großer Trockenheit trotzen. Wir kennen Lanzarote und seine spannende Weinwelt seit sehr vielen Jahren. Der geniale „Inselkönig“ César Manrique konnte uns in seinem Haus seinerzeit nur mit einem Süßwein begrüßen, trockenen Malvasia gab es nicht. Heute sind die Inselweine so vielfältig und faszinierend wie nie zuvor. Das haben auch zwei der wichtigsten deutschen Weinhändler erkannt (Lobenberg und Wein am Limit) und sich gleich Flaschen der besten Erzeuger an Land gezogen: Puro Rofe und Titerok Akaet, die Avantgarde-Weingüter von Lanzarote.

Das Naturschutzgebiet La Geria auf Lanzarote ist die größte Weinbauregion der Kanaren, das Museum of Modern Art in New York erklärte es in den 60er Jahren zum Gesamtkunstwerk. Kaum sonst auf der Welt wird der Wein auf solch ungewöhnliche Art erzeugt. Die Reben wachsen in Trichtern aus Vulkanasche. Tagsüber sind sie ein Wärmespeicher, nachts nehmen sie Feuchtigkeit auf. Das Wasser bringt Leben in die Reben und die dauerhafte Trockenheit der Insel. Die meisten Winzer sind recht alt und der Nachwuchs will meist mit anderer Arbeit Geld verdienen. Die junge Avantgarde aber will das einzigartige Trinkkulturerbe nicht aufgeben und stürzt sich geradezu tollkühn in die harte Arbeit.

Puro Rofe

Der Rotwein von Puro Rofe nennt sich treffend: Reine Asche. Beim Tinto Soco aus der kanarischen autochthonen Rebsorte Listán Negro glaubt man, der Winzer habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Vulkan-Asche, Schwefel, Kaminfeuer, flüssiges Magma brodeln den Geschmack hoch. Mehr Teer als jeder Barolo. Ungewöhnlich wild, herb und doch aromatisch. Mehr Lanzarote ist in keiner Flasche.

Soco – so heißen die windschützenden Mauern aus Lavabrocken um die Vulkantrichter – nennt sich die preiswertere und doch sehr anspruchsvolle Wein-Linie von Puro Rofe, ein famoses Trio aus Blanco, Rosado und Tinto. Alle top.

Der Rosado ist von saftiger Süffigkeit und hinterlässt jene schöne und animierende Salzspur, die typisch für die meisten guten Weine der Insel ist, aber besonders charaktergebend für die Spitzen von Puro Rofe. Der Blanco steigert mit seiner straighten kühlen Frische den Trinkfluss und gehört mit seiner kreidigen Mineralität zu den richtig trockenen Inselweinen. Ein vulkanischer Chablis, aber einer von den besten.

Die anderen großen Weine von Puro Rofe sind noch ein wenig spezieller und tragen oft die Namen der jeweiligen Rebflächen wie Masdache, Chupadero oder Juan Bello, um das Terroir zu betonen. Die Weißweine werden geprägt durch eine salzige Meeresbrise, Vulkangestein, präzise Säure und packende Mineralität. Man sollte sie grundsätzlich 20 Minuten vor dem Trinken öffnen (oder dekantieren), der Juan Bello Blanco braucht zumindest eine halbe Stunde Sauerstoffzufuhr, um ihn zum Leben zu erwecken. Aber dann zeigt er sich in seiner ganzen Größe, Dichte und spannenden Aromatik. So aufregend und vielschichtig sind nur die wenigsten Weine der Insel. Mit 600 Flaschen äußerst limitiert, wie alle Weine von Puro Rofe.

Das außergewöhnliche Weinprojekt Puro Rofe wurde vom Weinberater und Weinhändler Rayco Fernandez und dem Weinmacher Carmelo Peña ins Leben gerufen, die mit den lokalen Bio-Winzern Rafael Mota, Vicente Torres und Ascensión Robaina ihre Vision von einem echten Lanzarote-Wein 2017 starteten und 2018 ihren ersten Jahrgang präsentierten. Sie traten an, um ganz eigene individuelle Weine zu erzeugen, die den Charakter von Lanzarote spiegeln und dessen Seele einfangen. Sie wollten keine Souvenirweine für Touristen machen, wie es sie schon genug gibt, sondern authentische Terroir-Tropfen.

Carmelo Peña hat unterdessen nach vier Jahren Puro Rofe ein neues Projekt gestartet (siehe BISS-Artikel „Neues Weingut auf Lanzarote). Er und sein ehemaliger Partner Rayco Fernandez haben sich überraschend und unversöhnlich getrennt.

Titerok Akaet

Marta & Juan von Titerok Akaet

Ein ähnliches Qualitätsstreben mit der Betonung auf das ungewöhnliche Biotop strebt auch das kleine Weingut Titerok Akaet seit dem ersten Jahrgang 2017 an, wobei es zu anderen Ergebnissen und einer anderen Stilistik führt. Es sind zu 100% Terroir-Weine, bei denen jede Parzelle und ihre unterschiedliche Beschaffenheit ausgelotet werden. Titerok Akaet setzt voll und ganz auf heimische Reben.

Marta Labanda und ihr Partner Juan Daniel Ramirez sind sensibel, feinsinnig und doch von kraftvoller Energie. Genau das macht auch ihre Weine aus. Ihnen mutet etwas Burgundisches an, Ruhe und Ausgeglichenheit, zarte Cremigkeit und Finesse. Die Weine sind puristisch, unverfälscht und alles andere als geschminkt. Eine anregende Salzigkeit und diskrete Kräuterdüfte durchzieht das gesamte Repertoire. Die Weine basieren meist auf den Rebsorten Malvasia Volcanica, Listan Blanco und Diego. Es gibt keine Weinberge wie bei uns. Die Anbauflächen sind klein und verteilen sich. Es sind kaum mehr als Parzellen mit Weinen, die aus den Vulkanaschelöchern kriechen. Teilweise wurzelechte Reben von 100 und sogar 200 Jahren. Bei einem solch phänomenalen Naturereignis wie man es auf Lanzarote vorfindet, sehen sich Marta und Juan der biologischen Bewirtschaftung verpflichtet. Der Ausbau erfolgt in Holzfässern, großen Glasballons und Amphoren.

Marta & Juan mit Susanne (Mitte) von der wunderbaren Weinbar Sede in Playa Honda

Der Malvasia Finca Guatisea 2022 von Titerok Akaet, schmeckt trotz seiner Salzigkeit wie keiner sonst auf der Insel. Es ist ein leiser Wein mit leichter Würze und taktvollen Aromen von Grapefruit, Quitte, Melone und Apfel. Es ist aber die ruhige gentile Haltung, die ihm Würde und Statur verleiht. Saftiger angenehmer Trinkfluss, ohne die Spur eines Folklore-Zechers. Braucht eine halbe Stunde bis er sich offenbart. Es gibt nur 374 Flaschen, lediglich 177 schafften es nach Deutschland.

Der Akaet Paraje 2021, eine Cuvée aus Malvasia, Diego, Listan Blanco und Listan Negro, ist ebenfalls sehr geschmeidig. Getrocknete Kräuter, praller Apfel, ein Hauch Holz- und Waldduft. Dicht und ergreifend, satt und schlank dabei. Ein Stück Burgund auf Lanzarote. Aber immer mit dieser betörenden salzigen Meeresbrise.

Noch schlanker ist der Volcan de la Corona aus 100% Listan Blanco. Er wird in korbumflochtenen 54-Liter-Glasballons vergoren. Frische Brise im Glas, Grapefruit und Zitrus. Knackig-saftig wie ein guter Riesling, aber nicht so nervös. Sehr limitierte Produktion von wenigen hundert Flaschen.

Die frische und leicht prickelnde Art vom Barranco del Obispo macht ihn vielleicht noch freundlicher als die anderen Weine von Titerok Akaet. Die ultrafeine Kohlensäure ist der Maceration semi-carbonique in gebrauchten Kastanienholzfässern zu verdanken, die auch die Frucht betont, ohne dabei laut zu werden.

Egal zu welche Flasche man bei Titerok Akaet greift, man hat es immer mit einem sehr persönlichen Wein zu tun, der die Liebe ausstrahlt, die ihm bei der Entstehung zuteil wurde. Welch ein schöner Name: Titerok-Akaet nannten die Ureinwohner die feuerroten brennenden Berge des Timafaya-Vulkans. Heute ist daraus eine brennende Leidenschaft geworden.

Fotos; Barbara & Ludwig Fienhold, Titerok Akaet

Wein am Limit, www.weinamlimit.de

Titerok Akaet

Lobenberg, www.gute-weine.de

Puro Rofe