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Tanz auf dem Vulkan: Große Weine aus Lanzarote

Die Avantgarde-Winzer: Titerok Akaet und Puro Rofe

 

Lanzarote wird immer mehr zur Wein-Destination

 

Von Ludwig Fienhold

Der Wein auf Lanzarote ist ein einzigartiges Naturereignis. Er wächst in Vulkantrichtern unter extremen Bedingungen und muss ungestümen Winden und großer Trockenheit trotzen. Wir kennen Lanzarote und seine spannende Weinwelt seit sehr vielen Jahren. Der geniale „Inselkönig“ César Manrique konnte uns in seinem Haus seinerzeit nur mit einem Süßwein begrüßen, trockenen Malvasia gab es nicht. Heute sind die Inselweine so vielfältig und faszinierend wie nie zuvor. Das haben auch zwei der wichtigsten deutschen Weinhändler erkannt (Lobenberg und Wein am Limit) und sich gleich Flaschen der besten Erzeuger an Land gezogen: Puro Rofe und Titerok Akaet, die Avantgarde-Weingüter von Lanzarote.

Das Naturschutzgebiet La Geria auf Lanzarote ist die größte Weinbauregion der Kanaren, das Museum of Modern Art in New York erklärte es in den 60er Jahren zum Gesamtkunstwerk. Kaum sonst auf der Welt wird der Wein auf solch ungewöhnliche Art erzeugt. Die Reben wachsen in Trichtern aus Vulkanasche. Tagsüber sind sie ein Wärmespeicher, nachts nehmen sie Feuchtigkeit auf. Das Wasser bringt Leben in die Reben und die dauerhafte Trockenheit der Insel. Die meisten Winzer sind recht alt und der Nachwuchs will meist mit anderer Arbeit Geld verdienen. Die junge Avantgarde aber will das einzigartige Trinkkulturerbe nicht aufgeben und stürzt sich geradezu tollkühn in die harte Arbeit.

Puro Rofe

Der Rotwein von Puro Rofe nennt sich treffend: Reine Asche. Beim Tinto Soco aus der kanarischen autochthonen Rebsorte Listán Negro glaubt man, der Winzer habe einen Pakt mit dem Teufel geschlossen. Vulkan-Asche, Schwefel, Kaminfeuer, flüssiges Magma brodeln den Geschmack hoch. Mehr Teer als jeder Barolo. Ungewöhnlich wild, herb und doch aromatisch. Mehr Lanzarote ist in keiner Flasche.

Soco – so heißen die windschützenden Mauern aus Lavabrocken um die Vulkantrichter – nennt sich die preiswertere und doch sehr anspruchsvolle Wein-Linie von Puro Rofe, ein famoses Trio aus Blanco, Rosado und Tinto. Alle top.

Der Rosado ist von saftiger Süffigkeit und hinterlässt jene schöne und animierende Salzspur, die typisch für die meisten guten Weine der Insel ist, aber besonders charaktergebend für die Spitzen von Puro Rofe. Der Blanco steigert mit seiner straighten kühlen Frische den Trinkfluss und gehört mit seiner kreidigen Mineralität zu den richtig trockenen Inselweinen. Ein vulkanischer Chablis, aber einer von den besten.

Die anderen großen Weine von Puro Rofe sind noch ein wenig spezieller und tragen oft die Namen der jeweiligen Rebflächen wie Masdache, Chupadero oder Juan Bello, um das Terroir zu betonen. Die Weißweine werden geprägt durch eine salzige Meeresbrise, Vulkangestein, präzise Säure und packende Mineralität. Man sollte sie grundsätzlich 20 Minuten vor dem Trinken öffnen (oder dekantieren), der Juan Bello Blanco braucht zumindest eine halbe Stunde Sauerstoffzufuhr, um ihn zum Leben zu erwecken. Aber dann zeigt er sich in seiner ganzen Größe, Dichte und spannenden Aromatik. So aufregend und vielschichtig sind nur die wenigsten Weine der Insel. Mit 600 Flaschen äußerst limitiert, wie alle Weine von Puro Rofe.

Das außergewöhnliche Weinprojekt Puro Rofe wurde vom Weinberater und Weinhändler Rayco Fernandez und dem Weinmacher Carmelo Peña ins Leben gerufen, die mit den lokalen Bio-Winzern Rafael Mota, Vicente Torres und Ascensión Robaina ihre Vision von einem echten Lanzarote-Wein 2017 starteten und 2018 ihren ersten Jahrgang präsentierten. Sie traten an, um ganz eigene individuelle Weine zu erzeugen, die den Charakter von Lanzarote spiegeln und dessen Seele einfangen. Sie wollten keine Souvenirweine für Touristen machen, wie es sie schon genug gibt, sondern authentische Terroir-Tropfen.

Carmelo Peña hat unterdessen nach vier Jahren Puro Rofe ein neues Projekt gestartet (siehe BISS-Artikel „Neues Weingut auf Lanzarote). Er und sein ehemaliger Partner Rayco Fernandez haben sich überraschend und unversöhnlich getrennt.

Titerok Akaet

Marta & Juan von Titerok Akaet

Ein ähnliches Qualitätsstreben mit der Betonung auf das ungewöhnliche Biotop strebt auch das kleine Weingut Titerok Akaet seit dem ersten Jahrgang 2017 an, wobei es zu anderen Ergebnissen und einer anderen Stilistik führt. Es sind zu 100% Terroir-Weine, bei denen jede Parzelle und ihre unterschiedliche Beschaffenheit ausgelotet werden. Titerok Akaet setzt voll und ganz auf heimische Reben.

Marta Labanda und ihr Partner Juan Daniel Ramirez sind sensibel, feinsinnig und doch von kraftvoller Energie. Genau das macht auch ihre Weine aus. Ihnen mutet etwas Burgundisches an, Ruhe und Ausgeglichenheit, zarte Cremigkeit und Finesse. Die Weine sind puristisch, unverfälscht und alles andere als geschminkt. Eine anregende Salzigkeit und diskrete Kräuterdüfte durchzieht das gesamte Repertoire. Die Weine basieren meist auf den Rebsorten Malvasia Volcanica, Listan Blanco und Diego. Es gibt keine Weinberge wie bei uns. Die Anbauflächen sind klein und verteilen sich. Es sind kaum mehr als Parzellen mit Weinen, die aus den Vulkanaschelöchern kriechen. Teilweise wurzelechte Reben von 100 und sogar 200 Jahren. Bei einem solch phänomenalen Naturereignis wie man es auf Lanzarote vorfindet, sehen sich Marta und Juan der biologischen Bewirtschaftung verpflichtet. Der Ausbau erfolgt in Holzfässern, großen Glasballons und Amphoren.

Marta & Juan mit Susanne (Mitte) von der wunderbaren Weinbar Sede in Playa Honda

Der Malvasia Finca Guatisea 2022 von Titerok Akaet, schmeckt trotz seiner Salzigkeit wie keiner sonst auf der Insel. Es ist ein leiser Wein mit leichter Würze und taktvollen Aromen von Grapefruit, Quitte, Melone und Apfel. Es ist aber die ruhige gentile Haltung, die ihm Würde und Statur verleiht. Saftiger angenehmer Trinkfluss, ohne die Spur eines Folklore-Zechers. Braucht eine halbe Stunde bis er sich offenbart. Es gibt nur 374 Flaschen, lediglich 177 schafften es nach Deutschland.

Der Akaet Paraje 2021, eine Cuvée aus Malvasia, Diego, Listan Blanco und Listan Negro, ist ebenfalls sehr geschmeidig. Getrocknete Kräuter, praller Apfel, ein Hauch Holz- und Waldduft. Dicht und ergreifend, satt und schlank dabei. Ein Stück Burgund auf Lanzarote. Aber immer mit dieser betörenden salzigen Meeresbrise.

Noch schlanker ist der Volcan de la Corona aus 100% Listan Blanco. Er wird in korbumflochtenen 54-Liter-Glasballons vergoren. Frische Brise im Glas, Grapefruit und Zitrus. Knackig-saftig wie ein guter Riesling, aber nicht so nervös. Sehr limitierte Produktion von wenigen hundert Flaschen.

Die frische und leicht prickelnde Art vom Barranco del Obispo macht ihn vielleicht noch freundlicher als die anderen Weine von Titerok Akaet. Die ultrafeine Kohlensäure ist der Maceration semi-carbonique in gebrauchten Kastanienholzfässern zu verdanken, die auch die Frucht betont, ohne dabei laut zu werden.

Egal zu welche Flasche man bei Titerok Akaet greift, man hat es immer mit einem sehr persönlichen Wein zu tun, der die Liebe ausstrahlt, die ihm bei der Entstehung zuteil wurde. Welch ein schöner Name: Titerok-Akaet nannten die Ureinwohner die feuerroten brennenden Berge des Timafaya-Vulkans. Heute ist daraus eine brennende Leidenschaft geworden.

Fotos; Barbara & Ludwig Fienhold, Titerok Akaet

Wein am Limit, www.weinamlimit.de

Titerok Akaet

Lobenberg, www.gute-weine.de

Puro Rofe




Entdeckung auf der Weinsinel Lanzarote: Garagenweingut Tisalaya in Tinayo

Miguel Morales Moríns

Gespür für die Salzigkeit

der Erde

 

Ohne die genaue Adresse hat man keine Chance diese Bodega zu finden, nichts weist darauf hin, dass in einem solch kärglichen Gebäude Wein gemacht wird. Die Bodega Tisalaya von Miguel Morales Morín ist tatsächlich nur eine Garage. Die 65 Quadratmeter bieten gerade einmal Platz für sechs kleine Stahltanks, eine Traubenpresse und einen Klimaschrank. Hier werden noch Weinpressen verwendet, wie man sie nur noch aus dem Museum kennt. „Artesan“, meint Miguel, alles Handarbeit. Von der Lese bis zur Pressung. Die über 60 Jahre alten Reben werden in vier mal vier Meter großen Bodenlöchern gezogen und wurzeln in einer Erde aus Vulkangestein und von bröseliger Lavaasche überzogenen Lehm & Ton-Böden. Die knapp zwei Hektar große Rebfläche von Tisalaya, die wie meist auf der Insel keine Weinberge, sondern kleine zwei Meter tiefe Trichter sind, liegen im Nationalpark Timanfaya und im Naturpark Los Volcanes. Die Trichter werden von Vulkansteinmauern, sogenannten Zocos, als Windschutz umrahmt.

Lanzarote Weinlese

Die kleine Weinprobe bei Tisalaya mag in einem schlichten Raum stattfinden, um so spannender wirkt jedoch der Wein selbst, der nicht aus der dominanten Insel-Rebsorte Malvasia, sondern dem auf Lanzarote eher rar gesäten Diego stammt.  Ein verwegen mineralischer Wein mit dezentem und leicht kräuterwürzigem Aroma. Diese kühle Stilistik und salzige Frische ist durchaus typisch für Lanzarote, aber nicht unbedingt in dieser klaren und sehr trockenen Ausprägung. Der Tisalaya vermag aber noch viel mehr: Er fängt diese unglaubliche Stille und majestätische Ruhe ein, die wie eine schützende Glocke über der Weinregion von Lanzarote schwebt. Welch ein authentischer Inselwein, so schmeckt Lanzarote. Der letzte Schluck scheint immer noch ein Geheimnis zu bergen, etwas das nicht abschlossen ist und unbedingt eine zweite Flasche erfordert. Das wird deshalb nicht ganz so einfach, weil der Ertrag verschwindend gering ist. Der Jahrgang 2021 fiel wegen Trockenheit und Hitze minimal aus, es wurden gerade einmal 500 Flaschen abgefüllt. Aber auch in stärkeren Jahren sind es kaum mehr als 3000 Flaschen. Nur einige Restaurants auf Lanzarote haben den Tisalaya auf der Karte, etwa La Tegala, Coentro, El Risco, Lilium oder Dunas. Die eine oder andere Flasche fand aber auch den Weg in die Sternegastronomie nach Madrid.

Miguel Morales Morín

Neben Weißwein erzeugt Miguel Morales Morín einen Listan Negro, der völlig ungeschminkt, geradlinig, kühl und wildwürzig ausfüllt und durch seine schlichte Schönheit besticht. Viele Insel-Winzer forcieren bei ihren Rotweinen meist eine internationale Stilistik, die sie austauschbar machen. Auch beim Moscatel-Dessertwein setzt das Garagenweingut Tisalaya nicht auf stromlinienförmige Gefälligkeit, der Moscatel ist sehr feinfruchtig und kein plumper Süßprotz mit überzogener Selbstdarstellung. Es sind solche Weine wie die von Miguel Morales Morín, die Lanzarote und seine dramatisch schöne Weinwelt zu einer Art Trinkkulturerbe machen.

Ludwig Fienhold

 




Gault & Millau Österreich 2024: Alpiner Genuss-Gipfel 

Höchste Auszeichnung für Amador und Döllerer

Ehrungen für Tradtionslokale

 

Gleich zwei Restaurants steigen zum 19 Punkte-Gipfel auf: Juan Amador in Wien und Andreas Döllerer in Golling/Salzburg (beide im Bild oben). „Koch des Jahres“ wurde Alain Weissgerber vom Restaurant Taubenkobel im Ort Schützen am Gebirge. Gefeiert werden aber nicht nur phantasievolle Chefs, sondern auch Küchen, die gekonnt auf Tradition à la Altwiener Backfleisch oder Kalbszunge setzen wie „Das Wirtshaus des Jahres“ Zum Reznicek in Wien.

Amador und Döllerer vertreten zwei völlig unterschiedliche Geschmackswelten. Döllerer steht für die kreative alpine Küche seiner Heimat, während Amador urbane weltumfassende Menüs entwirft.  Nach Meinung des Gault & Millau hebt Döllerer als Godfather der Alpine Cuisine die Produkte Österreichs mit Glaubwürdigkeit und Kreativität auf das höchste kulinarische Level, Amador steht als Großmeister der feinen Nuancen und kompromissloser Qualitätsfanatiker für eine eigenständige Küche, die durch Präzision begeistert.

Positive Entwicklungen gibt es aber nicht nur in der absoluten Spitzenklasse, es wurden auch vier Restaurants in die Top-Riege der mit 18,5 Punkten ausgezeichneten Betriebe aufgenommen: Die Forelle am Weissensee, Die Weinbank in Ehrenhausen, Kräuterreich by Vitus Winkler in St. Veit im Pongau und Rote Wand Chef’s Table in Lech am Arlberg.

Als Koch des Jahres gilt für den Gault & Millau Alain Weissgerber vom Taubenkobel (Schützen am Gebirge), eine „fixe Größe am kulinarischen Himmel“ Österreichs. Im Restaurant Taubenkobel des Elsässers gäbe es französische Klassiker, die man nirgendwo im Land besser bekäme.

Patissier des Jahres: Jan Eggers, „Zur Goldenen Birn“ im Parkhotel Graz (Steiermark)

Barkeeperin des Jahres: Melanie Castillo, Barfly’s und Castillo’s Eis & Bar (Wien)

Service Award 2024: Eva-Maria Utassy, Geiger Alm, Altaussee (Steiermark)

Newcomer des Jahres: Peter Fankhauser, Guat’z Essen, Stumm (Tirol)

Gastronom des Jahres: Josef Mühlmann, Der Gannerhof, Innervillgraten (Osttirol)

Lebenswerk: Christian Wanek (Rudis Beisl, Wien)

Ambassador des Jahres 2024: Multigastronom Wolfgang Puck, Österreicher, der in Los Angeles Großes leistet. Zu seinem weltweiten Imperium zählen über 100 Restaurants mit mehr als 5.000 Mitarbeitern.

Sommelière des Jahres: Helena Jordan, Café Capra, St. Valentin (Niederösterreich)

Weinkarte des Jahres: Waldschänke, Grieskirchen (Oberösterreich)

Weinkarte des Jahres mit Schwerpunkt Österreich: Kirchenwirt, Leogang (Salzburg)

Wirtshaus des Jahres: Zum Reznicek, (Wien)

Hotel des Jahres: MalisGarten, Zell am Ziller (Tirol)

Ambiente Award: Café Bel Étage im Hotel Sacher (Wien)

 

Wien

5 Hauben

  • 19/20 Punkte – Amador
  • 19/20 Punkte – Konstantin Filippou
  • 19/20 Punkte – Silvio Nickol Gourmet Restaurant
  • 19/20 Punkte – Steirereck im Stadtpark

4 Hauben

  • 18,5/20 Punkte – AEnd
  • 18,5/20 Punkte – Mraz & Sohn
  • 18/20 Punkte – Tian Restaurant Wien
  • 17,5/20 Punkte – Pramerl & The Wolf
  • 17,5/20 Punkte – Shiki Japanese Fine Dining
  • 17/20 Punkte – Apron



2-Sterne-Restaurant Falco in Leipzig hat geschlossen

Goodbye Peter Maria Schnurr

 

Die Gourmetkrise

hat erst begonnen

 

Das 2-Sterne-Restauant Falco hat geschlossen. Peter Maria Schnurr war dort seit 2005 kulinarischer Kopf und wurde nach gut drei Jahren als erster und einziger Küchenchef in den neuen Bundesländern mit zwei Sternen ausgezeichnet. Er arbeitete auf der 27. Etage in jeder Hinsicht ganz oben.

Schnurr war für uns der Hauptgrund für einen Leipzigbesuch. Seine feinsinnigen hochkreativen Gerichte wurden geprägt von Heiterkeit, Individualität und Geschmackssicherheit. Der Schwarzwälder Schnurr arbeitet unter anderem im 3-Sterne-Restaurant Waldhotel Sonnora an der Mosel bei Helmut Thieltges und beim damaligen 3-Sterne-Koch Jean-Claude Bourgueil im Düsseldorfer Schiffchen. Peter Maria Schnurr wollte noch im Restaurant Falco im Hotel Westin Leipzig sein zwanzigjähriges Jubiläum feiern, aus dem nun nichts mehr wird. Schnurr ließ zuletzt verlauten, dass es ihn in den sonnigen Süden ziehen wird. Das Ende des Restaurants Falco kommt Knall auf Fall. Es muss hinter den Kulissen gehörig gerappelt haben. Man verkündet eine Schließung auch zuvor und nicht erst nachdem man bereits geschlossen hat. Das Falco hatte noch Buchungen für Weihnachten und Silvester, die man unter normalen Umständen mitnimmt. Das Peter Maria Schnurr schon jetzt gegangen ist und nicht erst Anfang nächsten Jahres offenbart ein Zerwürfnis. Es zieht Schnurr „in den Süden“, was aber nicht mit einer Weltreise zusammenhängen muss. Damit könnte auch der Tegernsee gemeint sein. Nachdem Christian Jürgens das Drei-Sterne-Restaurant im Althaff-Hotel in Rottach-Egern verlassen musste und das wie eine Verzweiflungstat erscheinende Intermezzo des Berliner Szenekochs The Duc Ngo schon wieder beendet ist, wartet man dort nur auf einen Spitzenkoch – und würde ihn jetzt mit Peter Maria Schnurr finden.

Statt klarer Worte gibt es offiziell lediglich die üblichen Verlautbarungen. „Es war eine herzzerreißende Entscheidung, das Restaurant Falco zu schließen“, kommentiert Andreas Hachmeister, General Manager des The Westin Leipzig, „aber die wirtschaftlichen Herausforderungen sind einfach zu überwältigend.“ Neben dem akuten Fachkräftemangel und der Schwierigkeit, hochqualifizierte Mitarbeiter zu rekrutieren, seien auch die immens gestiegenen Personalkosten sowie Einkaufspreise für hochwertige Zutaten und Produkte eine der Hauptgründe für die Schließung.

Das Hotel Westin in Leipzig versucht nach eigenen Angaben so vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie möglich eine neue Aufgabe innerhalb des Hotels zu übertragen. Zwei ehemalige Mitarbeiter des Restaurants Falco haben darauf gar nicht erst gewartet und eröffnen ihr erstes eigenes Lokal. Daniel Kreßner, der langjährige stellvertretende Küchenchef, und Sommelier Christian Wilhelm wollen am 19. November ihr Gasthaus namens Helmut in Leipzig eröffnen.

Gasthaus statt Fine Dining? Weder Zufall noch Einzelfall. Anspruchsvolle Gasthäuser werden zum Trend. Die Sterne-Küche mit ihren hohen Anforderungen wird immer mehr zur Belastung. Volker Drosch schließt im Dezember sein Sternerestaurant Dr. Kosch in Düsseldorf. Das Sternerestaurant „ernst“ in Berlin, das durch seine individuellen Menüs großes Interesse in der ganzen Welt hervorrief, wird wegen schwächerer Nachfrage und mangelnder Wirtschaftlichkeit schließen müssen. Auszeichnungen in der Gourmet Guides schützen nicht vor Pleiten. Fine Dining wird immer mehr zu einem Risikounternehmen. Deutschland hat eine gewaltige Gourmetkrise. Auch deshalb, weil immer weniger Lust auf Deutschland haben.

Ludwig Fienhold

 

Foto: The Westin Leipzig




Das Steakhaus des Jahres: Buffalo

Der Geschmack von Abenteuer und Lagerfeuer

 

Von Ludwig Fienhold

Am Steak schneiden sich die Geister. Jeder hat sein ganz persönliches Lieblingslokal dieser Spezies. Wir lieben The Butcher Shop & Grill in Kapstadt, schätzen Bern´s Steak House in Tampa als das originellste seiner Art mit der allerbesten Weinkarte, und freuen uns, dass der Beef Club in Tirol so erfolgreich ist. Unser Lieblings-Steakhaus ist nicht fancy, funky oder formidabel, es ist einfach ein rustikales Lokal mit bestens gewürzten, saftig-satten wunderbaren Steaks und einem überraschendem Extra. Das Buffalo in Frankfurt feiert ein rundes Jubiläum und lebt und leibt seit 50 Jahren.

Man redet kaum über das Lokal oder gar die Beilagen. Der Star ist das Steak. Wir haben unsere Favoriten und lieben das Filet Bife de Lomo (Mediano 180 g). Als Beilage keine Maiskolben, Baked Beans oder Folienkartoffel, als Beilage gibt es für uns das Hacksteak.

Wer es nicht anders bestellt, bekommt sein Steak medium/rosa. Das ist gerade für das Filet optimal. Auf dem Teller liegt ein Wonneproppen, schöne Kruste, rosa Kern. Zartes, saftiges aromatisches Fleisch, immer perfekt gewürzt. Die Steaks kommen vom offenen Grill, der hinter einer Glasfront für alle sichtbar steht. Die Steaks riechen nach Abenteuer, Lagerfeuer und rauchenden Colts. So sehen für uns die Ewigen Jagdgründe aus, da kann die Reise hingehen.

Das Buffalo Hacksteak wird aus allen verwertbaren Steaks des Lokals gemacht und ist alles andere als ein Abfallprodukt. Es ist so saftig, würzig und sexy, dass man nicht genug davon bekommen kann. Als Beilage kostet es 5,50 €, als Gericht aus zwei Hacksteaks mit Pommes frites 13 €. Für diesen Preis gibt es nichts Besseres in Frankfurt, ach was, auf der ganzen Welt. Es kommt nicht oft vor, dass wir uns für Fine Dining ähnlich begeistern können.

Die Weinkarte bietet einige ganz große Rotweine, Margaux, Palmer oder Cheval Blanc. Und wer es noch etwas hochpreisiger und anspruchsvoller mag auch einige Château Petrus. Wir sind mit dem südafrikanischen Glen Carlou Grand Classique happy, der mit seinem fein süßlich beerigen, erdigen Herbstcharakter bestens zum rauchigen Steak passt.

Tim Bürgin

Das Buffalo Steakhaus ist ein turbulentes Lokal. Der aufmerksame Service saust und flitzt, die Gäste reden noch miteinander und starren nicht in ihre Handys. Der Buffalo Bill heißt Tim Bürgin und scheint seit 22 Jahren allgegenwärtig. Aber auch Vater Walter ist immer noch im Einsatz und beäugt zwischen Grill und Tresen das Treiben des Publikums, das aus der ganzen Welt dem Duft des Grillfleischs folgt.

Als das Buffalo 1973 in der Kleinen Rothofstraße 10 nahe der Goethestraße aufmachte, war die benachbarte Mutter Ernst der Platzhirsch. Gegen dessen Rustikalküche deutscher Machart erschienen die argentinischen Steaks vom Buffalo geradezu exotisch. Doch einem gelernten Metzger wie Walter Bürgin traute man zu, dass er als Fleisch-Experte auch für gute Steaks sorgen würde. Der gute Ruf verbreitete sich wie ein Lauffeuer in der Stadt. Doch der ganz große Durchbruch erfolgte erst später. Seit 1990 ist das Buffalo in der Kaiserhofstraße nahe der Freßgass zu Hause. Es liegt etwas versteckt um die Ecke, eine Treppe führt hinunter in ein Hinterhofmilieu, wo sich ein guter Chinese und zwei Nighthawks-Adressen ein Stelldichein der anderen Art geben.

Buffalo Steakhaus, Frankfurt, Kaiserhofstr. 18-20, Mo-Sa 11.30 – 22 Uhr (Küche). Tel. 069 28 57 96.

www.buffalo-steakhaus.de

 

Fotos:Barbara Fienhold




Alba-Trüffel: Dichtung und Wahrheit

Die teure Delikatesse lässt auch Fälscher handeln

 

 

Weiße Alba-Trüffel sind Ekstase-Stoff, an dem sich vor allem im November und im Dezember die Genießer berauschen. An der teuersten Delikatesse der Welt wollen aber auch Fälscher verdienen, die minderwertige Knollen hinterlistig präparieren und als echt und wertig ausgeben.

Woran man einen guten und echten weißen Trüffel erkennt

Da der weiße Trüffel zu den teuersten und begehrtesten Delikatessen der Welt zählt, kursieren Fälschungen. Manche wurmstichigen Pilze werden mit Sand und Erde aufgefüllt und mit künstlichem Trüffelaroma bestäubt. Doch der unvergleichliche natürliche Duft des weißen Trüffels ist nicht reproduzierbar, alle Versuche ihn kontrolliert zu züchten, schlugen bislang fehl, was seinen Mythos nur verstärkt. Ungeheuer, welcher Zauber den kleinen Waldschraten innewohnt, die unterirdisch an Baumwurzeln wachsen und so überirdisch gut schmecken. Der erotischste aller Pilze ist leider auch die teuerste Delikatesse der Welt und stellt selbst Gänseleber, Hummer und Kaviar in den Schatten. Luxusgüter ziehen Fakes nach sich, man ist gut beraten ist, Händler und Restaurants Gastronomen seines Vertrauens zu kennen.

Ein echter weißer Trüffel vermag mit seinem Odeur binnen Sekunden einen ganzen Raum zu erfüllen, weshalb es im Piemont untersagt ist, diese in öffentlichen Verkehrsmitteln zu transportieren. In manchen Restaurants wird Trüffelgeschmack durch den Einsatz von synthetischem Trüffel-Öl vorgegaukelt. Mehr als ein Etikettenschwindel ist auch das Frisieren von trüffelähnlichen Erscheinungen, die im Handel erhältlich sind. Dort werden Falsifikate und andere dubiose Produkte mit Trüffel-Öl aromatisiert, wobei diese in den raffiniertesten Fällen eine Trüffelöl-Injektion erhalten.

Ein original Alba-Trüffel ist sauber, verfügt über ein extremes und anhaltendes Aroma, ist fest wie eine Nuss und nicht etwa hohl. Er ist nie ganz weiß, changiert zwischen gold- und nussfarbig und weist ein cremefarbenes bis hellbraunes Fruchtfleisch auf. Ein guter Trüffel riecht intensiv, vor allem nach Knoblauch, Pilz, Heu, Gewürzen, ein wenig Moschus und sogar Honig – aber niemals nach Ammoniak. Wenn er dann noch labberig ist, handelt es sich um ein altes und nicht zu genießendes Exemplar. Die Trüffel-Saison ist exakt begrenzt und geht vom 21. September bis 31. Januar. Wenn man also außerhalb dieser Zeit Trüffel angeboten bekommt, sollte man besser die Finger davon lassen. Die Begrenzung hat auch einen tieferen Sinn: Trüffel brauchen Zeit, um Nachwachsen zu können.

Viele seriöse Anbieter legen Kontrollscheine von unabhängigen Kontrolleuren vor, die Echtheit und Genusstauglichkeit bestätigen, wobei sie die Rückverfolgbarkeit garantieren können. Bei der weltberühmten Trüffel-Messe in Alba kann man sich seine auf dem Markt gekauften Trüffel auch schätzen und zertifizieren lassen. Zu dieser Gaudi der Wohlgerüche kommen jedes Jahr Menschen aus aller Herren Länder und vergnügen sich sechs rauschhafte Wochen lang. Der Trüffelmarkt in Alba ist sehr touristisch, wer abseits der Trampelpfade sucht, wird bessere Märkte finden.

Trüffel-Irrtümer

Einer der großen Trüffel-Irrtümer ist die Lagerung. Man darf Trüffel nie auf Reis legen, denn dieser entzieht dem Trüffel das Wasser und somit Aroma. Man sollte ihn in ein atmugsaktives Tuch oder Papiertaschentuch einwickeln und in einem Einweckglas kühl und dunkel lagern, auch im Kühlschrank (mancher legt noch rohe Eier hinzu, die den Trüffelgeschmack annehmen und auf diese Weise noch beser schmecken). Die Papiertücher muss man täglich wechseln, da Trüffel Feuchtigkeit verlieren und schimmeln können. Mehr als drei bis fünf Tage sollte man sie ohnehin nicht aufbewahren, Trüffel genießt man am besten frisch aus dem Wald. Trüffel darf man nicht mit irgendeinem Küchengerät klein riffeln. Experten schwören auf Trüffelhobel aus Holz, weil diese besser schneiden und weniger bruchstückhaft wie solche aus Edelstahl im Ergebnis sind. Weniger als 20 Gramm sollte man nicht für ein Gericht verwenden, weil der Trüffel immer expressiver riecht als er schmeckt und bei zu geringem Einsatz keine Wirkung erzielt.

Ludwig Fienhold




Weltrekord: 2,5 Millionen Euro für eine Flasche Whisky

Der schottische Macallan

1926 Adami erreicht Höchstpreis

 

Noch nie wurde so viel Geld für eine Flasche Whisky, eine andere Spirituose oder eine Flasche Wein ausgegeben. Bei einer Versteigerung von Sotheby´s in London erreichte der schottische Macallan 1926 Adami den Höchstpreis von 2,5 Millionen Euro. Für Whiskykenner ein Weltereignis. Alle anderen fragen sich: Wer hat denn so viel Geld? Zum Vergleich: Ein Zweispitz von Napoleon kam gerade für 1,932 Millionen Euro unter den Hammer. Whisky steht höher in der Gunst als der Hut eines Kriegsherrn.

Nur ein Mensch hat bislang den wertvollsten Whisky der Welt probiert und nur er weiß, wie er schmeckt: Jonny Fowle, der Whisky-Experte von Sotheby´s, konnte sich einen kleinen Tropfen vom Macallan 1926 Adami  auf der Zunge zergehen lassen, genau einen Milliliter.

Macallan Rarität

Der Macallan 1926 galt schon immer als der begehrteste schottische Whisky. 2019 wurde ein Flasche der Fine & Rare Version für 1,5 Pfund versteigert, ein Aktionsrekord, egal ob bei Wein oder Whisky. Einige Whisky-Raritäten von The Macallan 1926 wurden von verschiedenen Künstlern gestaltet, ein Etikett stammt vom italienischen Maler Valerio Adami. Insgesamt existieren vom Macallan 1926 nur 40 Flaschen, lediglich 12 davon wurden von Adami etikettiert. Die Flaschen kamen aber nie in den Handel und wurden nur ausgewählten Kunden der schottischen Distillery aus Easter Elchies angeboten. Eine der Adami-Flaschen wurde vermutlich bei einem Erdbeben in Japan im Jahre 2011 zerstört wurde, was für noch mehr Seltenheit sorgte.

Der sechs Jahrzehnte in Sherryfässern gereifte Whisky wurde vor der Auktion aufbereitet, was erstmalig bei Macallan geschehen ist. Kapsel und Korken wurden ausgetauscht. Außerdem verklebte man die Ecken des Etiketts neu. Ein Aufwand, der Fingerspitzengefühl erfordert, denn eine solche millionenschwere Flasche muss mit Glacehandschuhen angefasst werden – was auch tatsächlich bei der Auktion geschehen ist.

Fotos: Macallan




Durst de Luxe: Große Champagner-Verkostung mit 100 Sorten

Geheimtipps, Entdeckungen, Überraschungen

 

Man kann munter drauf los trinken oder sich und das Angebot sortieren, damit man den Parcours unbeschwert übersteht. Lustig und sinnenfroh wird es so oder so. 20 Aussteller hatten rund 100 verschiedene Flaschen mitgebracht. Die Falstaff-Gala fand in Frankfurt, Düsseldorf und Berlin statt. Fachbesucher hatten den Vorteil, sich ganz unbehelligt dem Champagner widmen zu können und frei von den Parfüms und Rasierwassern anderer Gäste nur das Odeur der schäumenden Weine wahrzunehmen.

Boris Blary von wine not?

Ein Highlight waren die Champagner von AR Lenoble. Sie haben durchweg eine straffe, dichte und persistente Perlage und sind Meisterwerke an Präzision und Finesse. Der harmonische und in sich ruhende Grundcharakter ist bereits beim Einstiegschampagner Intense zu erleben. Er hinterlässt als Duft des Meeres eine dezente Salzspur, die zum nächsten Glas animiert. Auch die Assemblage ist bemerkenswert: Mit fast der Hälfte scheint ein Pinot Meunier als Rebsorte den Ton anzugeben, wird aber von Pinot Noir und Chardonnay so eskortiert, das alles reintönig und an keiner Stelle überdreht wirkt. Obendrein ist dieser Champagner durch eine sehr niedrige Dosage (2 Gramm pro Liter) wunderbar trocken. Der Blanc de Noirs Jahrgangschampagner 2012 begeistert durch Feinwürzigkeit, Raffinesse und cremigen Schmelz. Die Aromen von Kirsche, Erdbeere und Kaffee halten sich diskret im Hintergrund.

In er Champions League spielen auch die Champagner von Leclerc Briant, bei Preisen, die man gerade in dieser Liga als moderat empfinden muss. Die Champagner begeeindruckt durch eine vibrierende Mineralität und Dichte, die den Gaumen flutet. Konstante Perlage, feine Cremigkeit, leise Aromatik. Champagner zum Anbeißen. Jede Flasche eine Persönlichkeit. Réserve Brut, Rosé Extra Brut und Premier Cru Extra Brut – einer besser als der andere. Keine Marketingidee, sondern ein ingeniöser Einfall war die Versenkung einer limitierten Anzahl von Flaschen im Atlantik, 60 Meter tief und durch spezielle Körbe geschützt. Auf der Flasche haben sich kleine Muscheln und Salzkristalle geradezu angeklebt, aber auch im Inneren hat das Meer seine Abdrücke hinterlassen. Der Champagner mit dem tiefgründigen Namen Abyss wurde aus der Ernte des Jahrgangs 2012 hergestellt, im Juni 2013 in Flaschen abgefüllt, im Februar 2016 degorgiert und noch im März gleichen Jahres an den Meeresgrund abgesenkt, um im Mai 2017 wieder das Tageslicht zu erblicken. Man geht davon aus, dass die in der Flasche praktisch neutralen Druckverhältnisse bei der Lagerung in 60 Metern Wassertiefe positiven Einfluss auf die Hefen und somit auf die Reifung des Champagners haben. Der Abyss ist von einer druckvollen Frische, die Wind und Meer spüren lässt. Messerscharf präziser Ausdruck von Kreide, Limette, ein wenig Jod und einem Hauch grünem Tee.

Die Champagner von Le Brun de Neuville machen allesamt Spaß, der Blanc de Blancs Autolyse glänzt geschmacklich mit einem Aromenspektrum aus Tarte Tatin, Mandeln, prickelndem Szechuan-Pfeffer und belebt durch schöne Salzigkeit im Abgang. Stets von solider und ansprechender Art sind die klassischen Champagner von Drappier, bei dieser Verkostung war der relativ preiswerte Clarevallis der mit dem besten Frischekick und dem temperamentvollsten Charakter. Laurent-Perrier war gleich mit fünf hervorragenden Qualitäten präsent, darunter der exquisite Grand Siècle Itèration No 26 – mit 185 € der teuerste Champagner der Verkostung. Lässige Eleganz, feinstes Mousseux, superber Trinkfluss. Größe ohne Schwere. Piper-Heidsieck trinken wir selten. Den Essentiel, ein Blanc de Blancs aus 100% Chardonnay,  überraschte uns mit seiner unbekümmerten und nicht wichtigtuerischen Art, großen Heiterkeit und lebendigen Frische. Dieser Champagner hätte es fast geschafft, dass man am liebsten wieder von vorne angefangen hätte.

Ludwig Fienhold




Die wunderbare Weinwelt von Edi Simčič

Vinotheque Briedé

feiert ein Ausnahmeweingut

 

Von Ludwig Fienhold

 

Michel Briedé hat sich dermaßen in das Weingut Edi Simčič verliebt, dass er gleich zehn Flaschen davon in sein umfangreiches und großartiges Sortiment geholt hat. Damit Gäste leichter Bekanntschaft machen können, bietet er bei einem Flight glasweise vier verschiedene Weine von Simčič zum Freundschaftspreis von 32 € an.

Die Nähe zu Italien und Österreich ist für Slowenien charakterbildend, die salzige Luft von der Adria und die kühlen Winde von den Alpen prägen den Wein. Das spürt man bei allen Weinen von Simčič. Vielleicht eine Prise mehr noch beim großartigen Tokata (ein Friulano alias Sauvignonasse) Jahrgang 2019, der mit einem faunischen Aromenreichtum begeistert. Frische Mineralität, Zitrusnoten und feine Salzigkeit lassen ihn schlank im Auftritt erscheinen. Sommer und Sinnlichkeit im Glas.

Rebula (italienisch Ribolla) ist die wichtigste Rebsorte Sloweniens. Mit dem Rebula 2020 aus der Einzellage Fojana hat  Simčič einen saftig-satten und extraktreichen Wein geschaffen, der sich elegant cremig anschmiegt und eine animierende Salzspur hinterlässt, die zum weitertrinken animiert. Ein wenig opulenter, aber keineswegs fett, präsentiert sich der diskret buttrige und bestens balancierte Kozana Chardonnay als schön definierter Burgunderbody. Ein Sauvignon Blanc kann durch penetrant grasige Stachelbeere nerven, der fabelhafte Sauvignon 2018 von Simčič holt aber das Beste aus dieser problematischen Rebsorte heraus und lässt ein Elixier aus Aprikose, Cassis, Pfirsich, Holunder und Stachelbeere aufblühen.

Der Einstiegsrotwein Duet aus Merlot, Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc ist ein freundliches Samtkissen, das aber nicht dumpf einlullt, sondern unverstellt heiteres Trinkvergnügen bereitet. Man kann diesen beschwingten Rotwein auch gerne leicht gekühlt trinken, sein Duft von Brombeeren und Kirschen bleibt spürbar.

Edi Simčič hat das Weingut hochgezogen, sein Sohn Aleks bestimmt aber längst prägend den Weinkurs, wobei dessen Söhne Jure und Jakob ebenfalls großes Talent zeigen. Ihr grandioses Debüt aus der autochthonen Rebsorte Friulano,   nennt sich I can´t stop, weil man sich einfach beim Trinken nicht bremsen will. Reife Früchte verwirbeln sich mit mediterranen Kräutern. Ein Duft von Wiesenblumen schwingt bei jedem Schluck mit, der zarte Geschmack von Orangenschale gibt eine leicht bittersüße Pointe. Vibrierend, spannend, dabei aber nicht nervös, sondern ungemein ausgeglichen. Jugendlicher Elan und viel Weisheit in einer Flasche. Ein Wein von Tiefe und Finesse, typisch Simčič. Diesen Wein gibt es nur in stark limitierter Auflage, nach Deutschland kamen gerade einmal 100 Flaschen. In Michel Briedés Vinotheque gibt es ihn.

Jure & Jakob

Die Simčič-Verkostung (jeweils im Glas mit 0,1l) beschert diese 4 Weine: Rebula Fojana, Chardonnay Kozana, Friulano I can´t stop, Red Duet. Angesichts der hochpreisigen Qualitäten ein sehr gastfreundlicher Preis. Wer kann sich da noch bremsen?

Fotos: Barbara Fienhold

Vinothèque Briedé, Frankfurt, Vogtstr. 43,

Tel. 069 0171 410 5853.

Täglich 18-23 Uhr, Di + Mi geschlossen.

www.vinotheque-briede.de

 




Das neue KMH: Halunken-Austern & deftige Schmankerl-Küche

Edel-rustikaler Schick an der Frankfurter Kleinmarkthalle

 

Der Bauch von Frankfurt, die Kleinmarkthalle, wird noch runder. Das neue Bistro KMH bietet deftige Schmankerl-Küche in turbulenter Atmosphäre. Manches ist hausgemacht, einiges wird unter dem Titel „Das Beste aus der Kleinmarkthalle“ angeboten. Es gibt dabei schöne Ideen wie die „Austern „Drei Halunken“, die mit Sake, Nori-Seetangblättern, Granny Smith oder Forellenkaviar aufgepimpt werden.

Peyman Far

Das Konzept ist stimmig, die Atmosphäre lebendig, das Interieur edel-rustikal. Das Lokal ist noch jung und muss sich erst in Balance bringen. Aber: Es macht hier schon jetzt Spaß Gast zu sein. Die Plätze an der Theke sind besonders beliebt, weil man dem kleinen Küchenteam hautnah bei der Arbeit zusehen kann. Der kulinarische Kopf ist Peyman Far, der zuvor jahrelang das gemütvolle Landwehrstübchen betrieb. Im Februar kommt noch Nunzio Autiero hinzu, den man vom Restaurant Carmelo Greco kennt.

Porchetta

Es gibt viel Deftiges aus Deutschland, aber auch Schmankerl der italienischen Küche – eine schöne Schweinerei wie die gute und würzige Porchetta oder ein tadelloses Steinpilz-Risotto. Zum „Besten aus der Kleinmarkthalle“ gehören Kalbsfrikadelle mit Zwiebelmarmelade, Rindertatar und italienischer Aufschnitte mit San Daniele Schinken, Abruzzo Salami und Bresaola oder Handkästatar mit ausgehobenen Brot von der Bäckerei Huck mit cremiger Hüttenthaler Butter. Es gibt eine Standardkarte, die Tagesempfehlungen stehen auf großen Tafeln vor dem Eingang.

Risotto mit Steinpilzen

Bei den Weinen findet man zwar einen Riesling von Flick oder einen passablen Roero Arneis. Aber auch einen Naturwein, der nach fadem Apfelwein schmeckt. Hier darf noch deutlich nachgebessert werden, gerade bei den offenen.

Hinter dem KMH steht das Unternehmen Morgen Interieurs von Tischler Thomas Tritsch, der auch das Bistro an der Kleinmarkthalle als Geschäftsführer verwaltet. Das Bistro KMH (so nennt man als Kürzel die Kleinmarkthalle) befindet sich unmittelbar am Eingang in der Hasengasse. Auf der ersten Etage existiert noch ein Showroom, der auch für Küchenpartys genutzt wird. Im Keller entsteht eine Weinhandlung. Samstags ist das neue KMH Bistro ein Hotspot, unter der Woche geht es etwas ruhiger zu. Das KMH-Team hat noch viele gute Ideen. Schon jetzt aber gibt es in Frankfurt an zentraler und beliebter Stelle einen Neuzugang, der Appetit zu machen versteht.

Ludwig Fienhold

 

KMH, Kleinmarkthalle Frankfurt, Hasengasse 5-7, Tel. 069 2474 1360

Mi – Sa 10 – 23 Uhr

www.kmh.world

Fotos: Barbara Fienhold