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Traurig: Museumslokal Emma Metzler ist geschlossen

Frankfurt hat eine besonders spannende Adresse verloren

 

Von Ludwig Fienhold

 

Nach zwölf Jahren kam jetzt überraschend das Aus: Das Restaurant Emma Metzler am Frankfurter Museumsufer bewirtete am 26. Dezember seine letzten Gäste. Ein Verlust für Frankfurt, denn dies war nicht allein das beste Museumslokal der Stadt und des Landes, sondern auch ein besonders engagiertes mit einem klaren kulinarischen Konzept, einer herausragenden Weinkarte und einem ungewöhnlich unbewohnten Ambiente. Der weiße Kubus und seine Parkterrasse waren jedenfalls einzigartig, umso unverständlicher erscheint jetzt der unverhoffte Schlussakt. Jacky Strenz, oberste Gastgeberin des Lokals, meinte auf Nachfrage, dass sie sich jetzt wieder mehr um ihre Galerie und die Kunst kümmern wolle. Der Abgang nach zwölf Jahren sei zwar auch traurig, böte aber durch die Trennung mit einem aufwendigen Gastronomiebetrieb auch ein Stück zurückgewonnener Freiheit.

Emma Metzler innenDas schon optisch ungewöhnliche Restaurant Emma Metzler neben dem Museum für Angewandte Kunst (MAK) war das bislang einzige wirkliche Designlokal der Stadt. Es verweigerte jegliche Dekoration und strahlte eine geradlinige Gelassenheit aus, gegen die Purismus fast üppig wirkt. Wenn mal ein Blümchen auf dem Tisch stand, erschrak man beinahe und fragte sich, was der Überschwang bedeuten könne. Doch genau diese leisen Inszenierungen waren durchaus typisch. Emma Metzler war in seiner bescheidenen Haltung unverschämt anspruchsvoll.

Der legendäre Käsekuchen

Der legendäre Käsekuchen

Das Kunstsinnige kam nicht von ungefähr. Jacky Strenz, promovierte Kunsthistorikerin und Galeristin, und ihr Partner, der Künstler Markus Ebner, sind schon seit zwei Jahrzehnten fest in der Kulturszene verwurzelt. Dass beide täglich im Restaurant im Service aktiv in vorderster Linie standen, hatte auch mit ihrer Affinität zum Thema Wein und vielen Gästen zu tun, die besonders stark aus der Kunstszene kamen. Die Gastronomen prahlten nicht damit, doch als Gast konnte man auch so sehen, wer an den Nebentischen saß. Im Grunde ein Großteil der Frankfurter Kulturszene, ob Städel- und Schirn-Direktor Max Hollein oder Autoren wie Thomas Hetche. Dass Joachim Gauck hier schon Gast war als er noch nicht Bundespräsident wurde, gehört jetzt ebenso zur Geschichte. Kein Geheimnis ist es, dass trotz des besonderen kulturellen Inputs der Emma Metzler ausgerechnet das Kulturamt der Stadt Frankfurt keine Freundschaft mit dem Restaurant und ihren Betreibern pflegte. Einer der maßgeblichen Gründe lag in einer Petition der Emma Metzler gegen den in jeder Hinsicht unterirdischen Museumspark, der ein Bunkermuseum unterhalb des Museums der Weltkulturen entstehen lassen sollte. Doch gerade das Kulturamt, bei dem die Emma Metzler seitdem in Ungnade gefallen war, entscheidet über die Verpachtung des Restaurants am Museum.

Emma MetzlerIn den Anfangsjahren zeigte die Emma Metzler bei wechselnden Gastronomen und Köchen keine Kontinuität in der Qualität. Erst mit dem Einmarsch von Jacky Strenz, die zuvor auch schon mit ihrem Vater Wilfried Reupke erfolgreich die alte Gerbermühle betrieben hatte, zog ein neues und weit besseres Bewusstsein ein. Die Küchenchefs Burkhard Lindlar und Uwe Weber arbeiteten grundsolide auf dem Boden einer kreativen neudeutschen Küche. Auch Hannes Ceglarz, der erst vor wenigen Monaten den Abschied nahm, setzte den Reigen positiv fort. Sein Nachfolger Jens Hirsch kann nur einige Wochen zeigen, was in ihm steckt, er wechselt (wie berichtet) im Januar nach Königstein ins neue Lokal Allgaiers.

Man könnte viele hervorragende Gerichte aus der Ära Emma Metzler nennen. Doch über all die Jahre blieb der Käseschmand lebhaft in Erinnerung, weil das Rezept in den Händen von Jacky Strenz und keinem Koch liegt. Dieser wunderbar saftige Kuchen aus der Pâtisserie bleibt unvergessen. Man erinnert sich an F.K. Wächter und sein Schwein, das im Handstand „Käsekuchen, Käsekuchen“ ruft. Der ebenfalls selige Satiriker-Kollege Robert Gernhardt hatte sein letztes Essen in der Emma Metzler – Spargel mit Schinken.

Man könnte heulen, wenn es nicht so traurig wäre.

Versteht kein Schwein?

 

 

 




Start von Atelier Wilma verschiebt sich

Michael Riemenschneider

lässt auf sich warten

 

Das Schild mit dem Namen „Altelier Wilma“ hängt bereits, doch Frankfurt muss weiter auf ein neues und vermeintliches „Toplokal“ warten. Im früheren Caracol in der Schneckenhofstraße sind seit Februar 2015 die Arbeiter am Werk, die eigentlich schon für Mai gedachte Eröffnung wird sich aber noch bis mindestens Januar 2016 hinziehen. Die Küchenmannschaft steht allerdings schon weitgehend. Riemenschneider hat sich Daniel Schönberger und Julian Stork mit an Bord geholt. Schönberger war einst Küchenchef bei Döpfners im Maingau, im Höer Hof in Idstein und im Jakobs in Dreieich und stand davor im Hessler in Maintal und im Kempinski Gravenbruch am Herd. Stork hat unter anderem im Frankfurter Restaurant Goldman bei Thomas Haus gearbeitet.

Daniel Schönberger

Daniel Schönberger

Der mächtige Herd steht bereits in der kleinen Küche, doch sonst fehlen noch einige Details. Gerade für ein eher schmales Lokal erfordert es eine genaue Planung, denn jeder Zentimeter will genutzt sein. Im Gastraum wird es maximal 18 bis 20 Plätze geben. Ein besonders wichtiges Teil ist der Chefs Table mit 10 Plätzen. Brauntöne und Lederoptik lassen das Lokal wie einen Club erscheinen, doch da wird sich noch manches ändern.

Der nach eigenen Angaben international in guten Häusern tätige Michael Riemenschneider will in Frankfurt ein kleines feines Restaurant eröffnen, das im  Topbereich positioniert werden soll. Der 32 Jahre alte Koch aus dem hessischen Wehrheim im Taunus betrieb zuletzt mit einem Partner das Edelrestaurant Canvas in London, wobei das Ende dort knirschend verlief.

L.F.

 

 

 

 

 




Allgaier geht mit drei Lokalen an den Start

Frankfurt, Königstein, Kronberg

 

In Königstein wird

Jens Hirsch

von der Emma Metzler Küchenchef

 

Stefan Allgaier hat großen Appetit, den er mit gleich drei Lokalen zu stillen gedenkt. Entgegen früheren Planungen behält der Gastronom nun doch sein Restaurant im Frankfurter Westend. Anfang Februar 2016 soll dann das ebenfalls nach ihm benannte neue Lokal in Königstein eröffnen, in dem Jens Hirsch von der Emma Metzler Küchenchef wird.

Jens Hirsch

Jens Hirsch

Küchenchef im Allgaiers in Frankfurt bleibt Taoufik Boulabkoul, der seit 18 Monaten im  Restaurant arbeitet. Unterstützt wird er von Jakkapong Euler, der nach seiner Ausbildung unter Uwe Weber in der Emma Metzler vor einem Jahr dazukam. Um alles noch etwas internationaler zu machen, kommt der Azubi Pierre Mburanumwe aus Ruanda. Im Service ist nach wie vor Stefan Allgaier als Sommelier und Restaurantleiter tätig, unterstützt von Andreas Befort.

Im neuen Restaurant Allgaiers in Königstein steht bereits der Molteni-Herd in der Küche. Als Küchenchef wird ab Mitte Januar 2016 Jens Hirsch vom Restaurant Emma Metzler verpflichtet. Hirsch hatte bereits in Allgaiers einstigem Lokal Im Grünen Wald gelernt und war Souschef im Allgaiers Frankfurt. Begleitet wird Jens Hirsch in der Küche von Florian Stumpf, der bereits mehrere interessante Stationen wie die Sansibar auf Sylt vorweisen kann und zuletzt über ein Jahr bei Alexander Herrmann in Wirsberg war.

Nina Hussong

Nina Hussong

Die Restaurantleitung wird  Nina Hussong aus Hamburg übernehmen, sie war die letzten sieben Jahre Sommelière in Tim Mälzers Bullerei in Hamburg. Als deren Stellvertreterin wird Franziska Linke eingesetzt, die zuletzt im Maintower in Frankfurt und im Kraftwerk in Oberursel arbeitete.  Stefan Allgaier plant die Eröffnungs des neuen Restaurants in Königstein nach eigenen Aussagen für Mitte Januar/Anfang Februar. „Es wird ein spannendes Weinbar-Konzept mit rund 200 offenen Weinen und kleinen Leckereien.“ Es sollen auch Gäste willkommen sein, die nur auf ein Glas Wein vorbeischauen wollen.

Dritter im Allgaier-Bunde ist die Grüne Gans in Kronberg, die von Allgaiers Frau Claudia geführt wird. Restaurantleiter Daniele Miglietta arbeitet seit 15 Jahren mit Allgaier zusammen und gehört zu den besonders sympathischen Charakterköpfen des Teams.  Küchenchef ist seit sechs Jahren Gopal Maharjan aus Nepal, unterstützt von Johanna Miglietta, der Ehefrau des Restaurantleiters. Eine ziemlich große internationale Familie.

Peter Lunas




Der Trüffel-Wahn

Die Saison für den Ekstase-Stoff hat begonnen

 

Die teuerste Delikatesse der Welt treibt die Menschen wieder in den Wahnsinn – die einen wegen der Preise, die anderen wegen der ungebremsten Lust darauf. Wie immer ist die Ernte gering, gehen die Preise geradezu börsenorientiert nach oben. The same procedure as every year. Thomas Nickels vom Landgasthof Paulus in Trier an der Mosel mag den Preiskampf in diesem Jahr nicht mitmachen. Die starke Nachfrage aus den USA, Japan und auch China haben seiner Meinung nach die Preise verdreifacht. „Bei über 5.000 Euro pro Kilo steigen wir lieber aus, da der Preissprung auf der Zunge nicht nachvollziehbar ist.“ Verständlich, man kann aber auch gute Ware für noch bezahlbare Preise bekommen. Der Frankfurter Wein- und Delikatessenhändler Guido Giovo ist wie immer eine sichere Bank, was die Qualität angeht. Er kauft auch nur dann selbst ein, wenn er von der Qualität der Trüffel überzeugt ist und die Preise noch nachvollziehbar bleiben. Bei ihm ist das Kilo weiße Trüffel für 3.700 Euro zu bekommen. In diesen Tagen der Hochsaison ist er fleißig im Rhein-Main-Gebiet unterwegs und beliefert persönlich die Gastronomen, weil er den Trüffelgeruch so sehr mag. Seine weißen Trüffel aus Umbrien stehen ab sofort auf den Karten einiger Restaurants: Lohninger, Carmelo Greco, Carte Blanche, Brighella, Saravini. Die Trüffelsaison geht noch bis mindestens Ende Dezember, doch sollte man nicht zu lange warten, denn die begehrten Knollen sind schnell weg.

Trüffel-Experte Guido Giovo

Trüffel-Experte Guido Giovo

Für manche ist es nur ein stinkiger Pilz, doch Liebhaber berauschen sich am Duft der Trüffel und geraten in Ekstase. Die stark erotische Ausstrahlung erregt auch die Tierwelt. Säue reagieren aus großer Lust auf die reife Frucht, da der Geruch den Sexual-Lockstoffen des Ebers gleicht. Ihre ungebremste Freude missfällt jedoch den italienischen Trüffelsuchern, da die Schweine nicht selten die begehrte Knolle selbst verputzen. Deshalb werden meist abgerichtete Hunde bevorzugt, die ganz diszipliniert arbeiten. Solche Spürhunde kosten allein schon 20.000 Euro, wobei sich deren Einsatz lohnt. Es wurden von bösen Konkurrenten aber auch schon Trüffelhunde vergiftet.

TrüffelDa der weiße Trüffel nach wie vor zu den teuersten und begehrtesten Delikatessen zählt, kursieren Fälschungen. Manche wurmstichigen Pilze werden aufgefüllt und mit künstlichem Trüffelaroma bestäubt. Doch der unvergleichliche natürliche Duft des weißen Trüffels ist nicht reproduzierbar, alle Versuche ihn kontrolliert zu züchten, schlugen bislang fehl, was seinen Mythos nur verstärkt. Eine besonders schöne Verbindung gehen weiße Trüffel mit Eigelb, Tagliatelle, Agnolotti, Risotto oder Käse-Fonduta ein.

P.L.

 

 

Guido Giovo, Feinkost, Supermarkt, Weinhandel. Mühlheim am Main, Borsigstr. 17, Tel. 06108 91 09 19. www.giovo.de

 

Bild Giovo: Saravini

Die Pastabilder entstanden bei Mario Lohninger

 

 




Der Fall Ardi Goldmann

Ein BISS Kommentar

 

Es gibt viele, die wir gerne im Knast sehen würden. Ardi Goldman gehört nicht dazu.

Wir sind, dem Leben sei Dank , keine Richter oder Staatsanwälte. Sind aber in der Lage, Gerechtigkeit und dessen Gegenteil wahrzunehmen.

Warum fragt ein Gericht nur nach Verfehlungen und nicht danach, welchen Nutzen und Gewinn jemand der Gesellschaft gebracht hat?

Wer sich gegenüber Autoritäten antiautoritär verhält, wird als Feind eingestuft. Ein Richter duldet keinen Widerspruch. Und schon gar keinen, den er als einen Angriff auf seine Machtstellung begreifen könnte. Genau deshalb wird ein Richter ja ein Richter und kein Bäcker.

Lustige Menschen haben vor Gericht nichts zu lachen. Ein Grundsatz, den zumindest Rechtsbeistände wissen sollten.

Rechtsprechung bedeutet kein Unrecht. Unrecht gehört aber zur Rechtsprechung.

Warum keine Bewährungsstrafe? Im Gefängnis kann man sich nicht bewähren.

Es gibt viele, die wir gerne im Knast sehen würden, Ardi Goldman gehört nicht dazu.

 

Ludwig Fienhold   

 

Das Hotel von Goldman an der Hanauer Landstraße in Frankfurt

Das Hotel von Goldman an der Hanauer Landstraße in Frankfurt

Der Frankfurter Unternehmer und Initiator vieler interessanter gastronomischer Projekte sowie Betreiber des nach ihm benannten Hotels, Ardi Goldman, wurde vom Frankfurter Landgericht zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt, ohne Bewährung. Der minderwertige Kommetar eines Boris Tomic in der Frankfurter Neuen Presse gehört zum Dümmsten, was es dazu zu lesen gibt und offenbart nur dessen Neidkomplex.




Bricks: Der geheimste Geheimtipp Frankfurts

Junge Küche mit

Omas Rouladen

 

Eine neue und bemerkenswerte Adresse

 

 

Mittendrin und doch fast im Verborgenen ist vor einigen Monaten das Bricks entstanden, ein Lokal mit vielen hervorstechenden Merkmalen. Küchenchef Stefan Nesshold ist ein junges Talent mit Hang zu schönen Evergreens, die man in dieser Qualität kaum noch findet. Die Preise sind grundsätzlich moderat, doch das Low Budget Lunch-Angebot ist unschlagbar gut. Das Bricks gehört außerdem zu den ganz wenigen bemerkenswerten Innenstadtlokalen und ist obendrein die einzige hochwertige Adresse in ganz Frankfurt, die freitags und samstags auch noch warme Küche bis 2 Uhr nachts unter dem Thema „Midnight Dinner“ anbietet, was gerade die Besucher der nahen Alten Oper freuen sollte, die oft nach einer Vorstellung hungrig umherirren.

Küchenchef Stefan Nesshold

Küchenchef Stefan Nesshold

Wir alle, die Großmutters verblichene Küche mehr vermissen als viele zeitgeistige Spitzenköche ahnen können, haben sehr oft Sehnsucht nach kulinarischen Gassenhauern und unsterblichen Klassikern. Ganz wunderbar, dass sich einer diesen Wonneproppen annimmt, obwohl er ebenso gut klecksen und kleckern könnte wie viele andere Modeköche auch. Im Bricks gibt es richtig gute Rinderrouladen (mit Schmorgemüse und Selleriepüree), schlotziges Kalbsgulasch mit Topfenknöpfle und Omas mit Hack gefüllten Krautwickel im Schmorfond mit Kartoffelstampf. Cordon Bleu, Wiener Schnitzel und Backhuhn muss man auch probiert haben, allein schon wegen des wunderbaren Kartoffelsalats.  Selbst so Allgegenwärtiges à la Lachstatar mit Rahmgurken gelingt deutlich besser als gewohnt. Sehr gutes Focaccia, toller Kräuterquark oder die Butter aus Kräutern der Frankfurter Grünen Soße sind hausgemacht. Nesshold gewann übrigens mit seiner Frankfurter Grünen Soße den bekannten lokalen Wettbewerb in diesem Genre.

Küchenchef Stefan Nesshold stand unter anderem beim famosen Mario Lohninger am Herd, im Micro und auch im gleichnamigen Restaurant in der Schweizer Straße und arbeitete außerdem beim österreichischen Altmeister Alfred Friedrich. Er könnte von der Fertigkeit weit mehr bieten, will aber mit einer sehr komprimierten Karte so frisch bleiben, wie es das kleine Team und die schmale Küche zulassen.

Schnitzel, saugut

Schnitzel, saugut

Die namengebende Backsteinmauer im Bricks gibt dem Lokal einen warmen Grundton, das Design ist von lässigem Schick, das Mobiliar kommod, wobei die Stühle so bequem sind, das man gerne länger sitzen bleibt. Die Holztische kommen ohne Tischdecken aus, was dem entspannten Ambiente entgegenkommt. Auch die Hochtische signalisieren Nonchalance, man soll schließlich auch nur auf ein Glas Wein oder einen Happen vorbeikommen können. Eine besonders nette Idee sind die Weinstullen, ein gut belegtes Brot mit einem Glas Wein zum netten Pauschalpreis.  Die Weinkarte befindet sich im Aufbau, doch unter den wenigen Flaschen machen einige Freude. Dazu gehören der Grauburgunder von Kampf und der Riesling von Strub aus Rheinhessen (beide unter 30 €). Bei den Roten ist der Barolo Riva del Bric 2009 von Paolo Conterno Favorit, der aus der Toplage Ginestra im Piemont stammt.

Roulade

Roulade

Das Publikum im Bricks besteht unter anderem aus auffällig adretten Frauen jeden Alters, die offenbar die ruhige entspannte und völlig unaufdringliche Atmosphäre schätzen. Die Stadt wimmelt von Strizzis und Kellnern mit gehobener Betrugsexpertise, diese findet man nicht im Bricks. Das liegt zuerst natürlich am Patron selbst, der ebenso gediegen wie salopp im Auftritt ist und ohne jegliche Wichtigtuerei auskommt. Ioannis Tsimeropoulos, ein Deutscher Grieche, betrieb früher an gleicher Stelle das Café im Hof und ist nun an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt – doch sieht das Lokal jetzt anders und besser denn je aus. Das Hinterhofmilieu hat Charme, der sich im Sommer noch besser entfaltet. Das Bricks findet sich in illustrer Nachbarschaft neben Frankfurts bestem Steakhaus Buffalo, dem Ballermannschuppen BB Bar und der erstklassigen Cocktail-Bar Parlour. Mit der Leiter, dem Bidlabu und dem Buffalo ist das Bricks nun das vierte gute Lokal in der sonst mageren Frankfurter Innenstadt.

Ludwig Fienhold

 

Patron Ioannis

Patron Ioannis

 

Bricks, Frankfurt, Kaiserhofstr. 18 – 20, Tel. (069) 92 88 28 02.

Geöffnet: Dienstag – Donnerstag, 11.30 – 15 Uhr, 18 – 1 Uhr, Freitag und Samstag 11.30 – 15 Uhr,  18 – 2 Uhr. www.bricks-restaurant.de

 

 




Höhenflüge: Die besten Gänse & Enten

Ausgesuchte Adressen

 

Bei diesen Adressen im Rhein-Main-Gebiet vermag man mit Geflügel kulinarische Höhenflüge zu erleben. Dies soll eine kleine und doch prägnante Auswahl sein, wie stets subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Gänse

 

Zum Goldenen Stern in Steinbach im Taunus

Die Freilaufgans ist legendär, die Bratkartoffeln auch.

Allerbeste Hausmannskost in weinseliger Atmosphäre und seit Jahrzehnten eine sichere Bank.

Tel. 06171 74253.

 

A Casa di Tomilaia in Frankfurt

Auch beim Italiener Gino gibt es eine gute klassische Gans in leicht orientalisch gewürzter Sauce mit glacierten Maronen und schönem Rotkohl.

Tel. 069 68977625.

 

schauMahl in Offenbach

In diesem immer wieder um neue Ideen bemühten Restaurant gibt es in der Saison stets kreative Gänsemenüs, aber auch verfeinerte Gänsegerichte à la carte.

Tel. 069 82993400.

 

Enten

 

Die Leiter in Frankfurt

Wenn Restaurantchef Fernando die saftige Barbarie-Ente am Tisch tranchiert und mit Karamellmaronen und Rotkohl serviert, duftet das ganze Lokal nach Weihnachten.

Tel. 069 292121.

 

Bricks in Frankfurt

Die confierte Entenkeule mit rescher Haut ist schon jetzt ein Evergreen in diesem noch jungen und adretten Restaurant.

Tel. 069 92882802.

 

Ente in Wiesbaden

Die Heide-Ente aus dem Rohr ist seit Jahrzehnten zu Recht der Hausklassiker. Sensationell schmeckt die ebenfalls oft zu habende knusprige und umwerfend gut gewürzte Challans-Ente (siehe Foto).

Tel. 0611 133666.

 

 

 

 




Die besten Köche Hessens: Aufstieg für Krolik, Lohninger und Busch

Frankfurt gewinnt

auf der ganzen Linie

 

Viel Ehre für Frankfurt im neuen Gourmetführer Gault & Millau: Andreas Krolik kocht sich in die deutsche Küchenspitze, Mario Lohninger in die hessische Elite und Jochim Busch wird als deutsche „Entdeckung des Jahres“ gekürt.

Die „lustmachende Küche voller Raffinesse“ des Frankfurters Andreas Krolik, der im Frühjahr 2015 vom Restaurant „Tigerpalast“ ins „Lafleur“ wechselte, lobt der heute erschienene Gault & Millau als „eigenes Geschmacksuniversum, das keine Vorbilder und keine Nachahmung, sondern nur das eigene Feingefühl zu kennen scheint“.

Gepriesen wird Kroliks Aromenspiel eines in Vanillesalz, Piment d’Espelette und verschiedenen Pfeffern gebratenen Carabinero, der in Wermutschaum planscht und sich mit blanchierten Erbsen, Tupfern eines Zitronenconfits und einer mit Curry, Kardamom, Koriander, Ingwer, Orange und Zitronengras vollgesogenen Gewürzkarotte genussvoll vereint.

Mario Lohninger

Mario Lohninger

17 Punkte erkocht sich Mario Lohninger in seinem nach ihm benannten Restaurant. Er steht „nach Berateraufgaben wieder voll und ganz am eigenen Herd und entfacht dort ein großes Feuer. Bei jedem Gericht springt der Funken über. Der knackige und elegant nussige Hummer wäre für sich schon top gewesen, doch ein sehr spannender Sud aus fermentierten schwarzen Bohnen, Koriander, Sake und Ingwer führte ihn zum Zenit.“

16 Punkte und damit jene Klasse, in der nach dem Verständnis des Guides Kochen zur Kunst wird, erreicht auf Anhieb Jochim Busch vom neueröffneten „Gustav“ in Frankfurt, bei dem „Regionales und Bio nicht modisch anbiedernd, sondern gründlich durchdacht wirken. Seinem Sinn für spannende Gemüsekreationen entsprang ein intensiver Schmortopf aus Petersilienwurzel, Topinambur, Karotte und Schwarzwurzel nebst Kartoffelcreme, Sauerrahm, marinierter Roter Bete und aromatischem Schaum vom Alten Boskoop sowie athletischer Jus, das hatte mehr (Ausdrucks-) Kraft als ein Steak, mehr Finesse sowieso.“ Der 28jährige überzeugte mit so souveränem Stil und sensorischer Sicherheit, dass ihn die Tester zur deutschen „Entdeckung des Jahres“ kürten.

Erik Arnecke vom Lokal Philipp Soldan

Erik Arnecke vom Lokal Philipp Soldan

Auf Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault & Millau in Hessen stehen Aufsteiger Krolik und Christian Eckhardt von der „Villa Rothschild“ in Königstein im Taunus, der seine 18 Punkte aus dem Vorjahr souverän verteidigt, weil seine „kombinationsstarke kreative Küche mit profunder Klarheit“ arbeitet. Alles sei bewundernswürdig, einiges sogar sensationell. Von bestechender Geschmackslogik der Carabinero mit Avocado, würzigem Gurkentatar und Cocos-Creme oder das Taunus-Reh mit fast schwarzer, leicht süßlicher Urkarotte und famosem Jus aus Rehessenz und Hibiskus.

Platz 2 teilen sich mit Lohninger 5 Köche, die für ihre inspirierten Gerichte wiederum 17 Punkte bekommen:

• Patrick Bittner vom „Restaurant Français“ in Frankfurt,

• Carmelo Greco vom „Carmelo Greco“ in Frankfurt („vorzüglich die Rotbarbe mit gerösteten Artischocken on top neben knackfrischen grünen Bohnen und akkurat gegartem Fenchel in einer prägnanten und mit einem Hauch von Kaffee-Gewürzöl abgeschmeckten Krustentierreduktion“),

• Dirk Schröer vom „Schwarzenstein“ in Geisenheim („ungewöhnlich, aber stimmig die asiatisch angehauchte Gänsestopfleber mit einem fernöstlich aromatisierten Kohlsalat, Reiswein-Gel und Sorbet der exotischen Cherimoya-Frucht , deren Fruchtfleisch ein wenig an Ananas und Banane erinnert“),

• Patrick Spies vom „L’Etable“ in Bad Hersfeld,

• Christoph Rainer als Krolik-Nachfolger im „Tigerplast“ in Frankfurt („marinierte und geeiste Gänseleber boten mit Romanasalat als Julienne und Mousse, Anchovis, weißer Tomate als Schaum und Gelee sowie Parmesan ein ganzes Aromenuniversum auf einem Teller“).

 

Sebastian Ziese vom Carte Blanche

Sebastian Ziese vom Carte Blanche

Unter den „Jungen Talente 2016“, die in dieser Testsaison erstmals Küchenchef wurden und aufgrund ihrer Begabung und Leidenschaft das kulinarische Deutschland bereichern können, würdigt der Guide auch Erik Arnecke als neuen Küchenchef des „Philipp Soldan“ in Frankenberg bei Marburg, der sich auf Anhieb 16 Punkte für „vorbildliches Produktbewusstsein, vielfältige Geschmackserlebnisse und großartige Saucen“ erkocht.

Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 65 Restaurants in Hessen. 56 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus. Die erhalten auch die jungen Lokale „Carte Blanche“ in Frankfurt (14 Punkte) sowie „Bidlabu“ und „Chalet 18“ in Frankfurt (je 13 Punkte). Im Vergleich zur Vorjahresausgabe serviert der Gault & Millau in Hessen 13 langweilig gewordene Restaurants ab und nimmt 6 neu auf, 4 werden höher, 7 niedriger bewertet. Der Guide erscheint im Münchner Christian Verlag (640 Seiten, 34.99 €).

 

Die besten Restaurants des Gault & Millau in Hessen

 

18 Punkte

*Lafleur in Frankfurt

Villa Rothschild in Königstein

 

17 Punkte

Carmelo Greco, Français, *Lohninger und Tiger-Restaurant in Frankfurt

Schwarzenstein in Geisenheim

L’Etable in Bad Hersfeld

 

16 Punkte

Philipp Soldan in Frankenberg (Eder)

Emma Metzler, Erno’s Bistro, **Gustav und Weinsinn in Frankfurt

Schaumahl in Offenbach

Ente in Wiesbaden

 

15 Punkte

Bartmann’s Haus in Dillenburg

Adler Wirtschaft und Kronenschlösschen in Eltville

Goldman, Heimat, Seven Swans und Villa Merton in Frankfurt

Schützenhof in Glashütten/Taunus

Hohenhaus in Herleshausen

Krone in Höchst/Odenwald

Sra Bua by Juan Amador in Neu-Isenburg

Kraftwerk in Oberursel

*Aufsteiger   **Newcomer 

Photocredit: Barbara Fienhold, Hotel Die Sonne Frankenbergs (Philipp Soldan)

 

Gault Millau Geehrte

 

 

 zum Anklicken

Besondere Auszeichnungen

für herausragende Leistungen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Michelin Bib Gourmand: Auch die kleinen Sterne sind wertvoll

Gut & Preiswert als Markenzeichen

 

Viele Gäste schätzen die Bibs mehr als die Sterne

 

 

Gute Küche zum netten Preis, verheißt die Auszeichnung mit dem Bib Gourmand, die bei vielen Gastronomen besonders beliebt ist, weil sie nicht den Aufwand bedeutet, den eine Sternebewertung nach sich zieht und dennoch große Beachtung bei einem breiten Publikum findet. Ein Paradebeispiel für den Bib sind die Dorfstuben in Düsseldorf. Im Grunde hätten sie auch einen Stern verdient, doch würden nicht wenige Gäste dann höhere Anforderungen stellen, die dann beim Lokal zu unnötiger Erklärungsnot und stärkerem Wareneinsatz führten und im Endeffekt eher Nachteile mit sich brächten. Die Dorfstuben bieten so wie sie sind allerbeste deutsche Gasthauskultur, unabhängig von jeglichen Auszeichnungen, doch der Bib hilft in der Regel gut weiter und ist längst zu einem vorteilhaften Marketinginstrument der Gastronomen geworden. Ja es gibt sogar nicht wenige Gäste, die nur nach den Bib-Listen buchen und die Sterne links liegen lassen. Dies hat man auch bei Michelin erkannt und bringt jetzt erstmals einen eigenen Guide mit 469 Empfehlungen für ganz Deutschland heraus. Mit 15 Bibs gibt es die meisten Auszeichnungen in Hamburg, in Frankfurt schaffte nur ein einziges Lokal den Sprung in die Liste. Länderführend mit den meisten positiven Wertungen ist Baden-Württemberg.

Der Michelin hat wie jedes Jahr Bib-Auszeichnungen gestrichen und andere neu dazu genommen. Der Gutsausschank Im Baiken in Eltville im Rheingau zählt zu den Neuzugängen, wobei auch er mit einem Bib fast unterbewertet ist. Umso größer dürfte die Überraschung bei vielen Gästen aber sein, wenn das Essen dann sogar noch besser als erwartet ausfällt. Preiswert ist es für die Qualität ohnehin. In Frankfurt gab es all die Jahre bislang nur sehr sehr wenige Bibs, das Cigale von Martin Kofler hat weiterhin einen, das Zarges auf der Freßgass keinen mehr. Man sieht daran, dass die Tester keineswegs nur nachrechnen, ob die Preisgestaltung für die Kriterien eines Bib ausreichen, sondern auch die Qualität überprüfen.

Bild: Gutsschänke im Baiken (Foto: Barbara Fienhold)

 

Alle BIB Gourmand-Wertungen, die neuen und die gestrichenen mit einem Klick

 

Bib Gourmand Deutschland

Neu & Gestrichen

 

 




Der neue Gault & Millau: Peter Maria Schnurr vom Falco in Leipzig ist Koch des Jahres

Es ist angerichtet: Die Gewinner und Verlierer

des neuen Gourmet Guides Gault & Millau

 

Peter Maria Schnurr vom Restaurant Falco im Hotel Westin in Leipzig wurde vom Gourmet Guide Gault & Millau zum „Koch des Jahres“ gewählt. Das ist sehr ehrenwert und motivierend. Kann man sich von diesem Titel aber auch etwas kaufen? Ja, kann man. Denn solche ausgezeichneten Köche werden von den Medien überrannt und erhalten die bestmögliche kostenfreie Werbung. Außerdem, und das ist den Geehrten fast noch wichtiger, können sie aus einer solchen Topposition heraus viel leichter gutes Personal für Küche und Service rekrutieren. Es lohnt sich also in jeder Hinsicht zu den Preisträgern zu gehören. Dies sollte auch einmal bei der Hotelgruppe Westin zum Nachdenken Anlass geben, die sonst nicht gerade für besondere kulinarische Leistungen steht.

Peter Maria Schnurr arbeitete nach seiner Ausbildung im Restaurant Fallert in Sasbachwalden in weiteren Spitzenrestaurants: Hirschen in Sulzburg; Andresens Gasthof Bargum; Waldhotel Sonnora von Helmut Thieltges; Johann Lafers Stromburg; Rockendorfs und First Floor Berlin; Schiffchen Düsseldorf. Seit Februar 2005 ist Schnurr Küchenchef und Patron des Restaurants Falco in der 27. Etage des Leipziger Hotels The Westin. 2008 wurde das Falco als erstes und bisher einziges Restaurant in den neuen Bundesländern auch mit einem zweiten Michelin-Stern ausgezeichnet.

„Das Motto ‚Mehr Schein als Sein‘ findet leider auch in der deutschen Gastronomie zunehmend Anhänger. Immer öfter spielen Äußerlichkeiten eine größere Rolle als das, worum es eigentlich geht: den guten Geschmack. Landauf, landab begegnet man vielen Tellern, die anscheinend nur auf Optik getrimmt sind. Schon klar, man möchte all den Bloggern und Gourmetnomaden, die am nächsten Morgen schöne Fotos ins Netz stellen wollen, etwas bieten. Deswegen sehen immer mehr Teller aus wie von Foodstylisten designt. Leider schmecken sie auch so“, beklagt der Gourmet Guide Gault & Millau in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2016.

Restaurant Falco

Restaurant Falco

Doch es geht auch anders: Viele Köche nehmen sich derzeit mit besonderem Ehrgeiz des Themas Gemüse an – der Gourmetführer präsentiert die besten Gerichte des Jahres. Er setzt sich zudem mit aktuellen Genusstrends wie Streetfood als Inspiration für die gehobene Küche, dem Kult um Highend-Rinder wie Wagyu & Co sowie der Wiederentdeckung alter Rassen auseinander. Zum 25. Jahrestag der Wiedervereinigung ziehen die Kritiker eine kulinarische Bilanz der Entwicklung in den neuen Bundesländern: Perspektivisch gesehen geht es aufwärts, vor allem in den vom Tourismus begünstigten Metropolen Leipzig und Dresden, der Kulturstadt Weimar sowie den Ostseebädern. Engagierte Landwirte, Züchter und Jäger beliefern heute sogar Berliner Spitzenköche und immer mehr junge Gastronomen kehren von Lehr- und Wanderjahren in ihre Heimat zurück, um den kulinarischen Aufbau Ost voranzutreiben.

Christian Jürgen ist im Köche-Olymp angekommen

Christian Jürgen ist im Köche-Olymp angekommen

Vehement bedauern die Kritiker des Gault & Millau die Tendenz zur Großen Küche per Knopfdruck: „In Abwandlung eines oft zitierten Satzes von Eckart Witzigmann (Das Produkt ist der Star) heißt es in vielen deutschen Küchen heute: Die Technik ist der Star. Allenthalben bekommt man minimalen Wareneinsatz, aufgemotzt mit größtmöglicher Küchentechnik. Mit Vakuumiergerät, Rotationsverdampfer, Thermomix und Pacojet gleichen viele Küchen heute technisch hochgerüsteten Versuchslaboren.“ Diese Technikverliebtheit deutscher Köche führe indes nicht zum Genussgewinn für den Gast, sondern zu einer Verarmung des Kochhandwerks. Schade, meint der Gault & Millau, wenn junge Küchenchefs nicht mehr den Ehrgeiz an den Tag legten, dem Gast innerhalb eines Menüs Fisch und Fleisch in verschiedenen Garmethoden zu bieten, sondern alles, vom Kaninchen über die Bachforelle bis zum Entrecôte, stereotyp in Plastik packten und ins Wasserbad senkten – mit dem zu schon zu erwarteten Ergebnis, dass der zarte Fisch jegliche Struktur und das Fleisch Saft und Kraft verlieren würde. „Es ist so weit gekommen, dass man als Gast regelrecht Dankbarkeit empfindet, wenn man einmal wieder eine großzügig portionierte, saftige Schnitte besten bretonischen Steinbutts auf dem Teller hat, der nach Meer und nicht nach Verfremdung schmeckt, konstatiert der Gault & Millau bissfest.

Der „Koch des Jahres“ tischt FKK und Peep Show auf

Als Küchenkünstler voller Sturm und Drang mit einem mutig-eigenständigen Stil kürt der Gourmet Guide den 46 Jahre alten Peter Maria Schnurr vom Leipziger Restaurant „Falco“ zum „Koch des Jahres“. „Wer seine Karte mit Kreationen wie ‚FKK‘ (ein Stopflebergericht) und ‚Peep Show‘ (ein Dessert auf Mango-Basis) schmückt, der will provozieren und so ist auch seine Küche: Voller expressiver Aromen und überraschender Produktallianzen, die am Gaumen aber stets perfekt aufgehen,urteilen die Tester. Und schwärmen: „Ein grandioser Teller ist auch der butterzart gegarte Bauch vom Livar-Klosterschwein, den eine Garnitur von Pastinakenpüree, geschmortem Spitzkohl, eingeweckter Quitte und Senfkörner zierte. Dazu gab es nichts als einen ordentlichen Klacks intensiv schmeckendes, den Gaumen aber kühl streichelndes Haselnussjoghurt.“

Für solche Gerichte erhält der gebürtige Schwarzwälder, der in seiner Freizeit Schlagzeug spielt und gern schnelle Autos sowie gelegentlich Skateboard fährt, 19 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen in dem Guide, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, für „weltbeste Restaurants”.

Eine noch höhere Note bekommt mit 19,5 Punkten erstmals Christian Jürgens von der „Überfahrt“ in Rottach-Egern am Tegernsee für seine „tiefgründigen Genüsse voller kulinarischem Esprit, die umso eindrucksvoller sind, je unspektakulärer sie daherkommen.“ Typisch für „seine Genieblitze ist etwa das Lamm als eine Art überhöhte Spare Rib, die sich als raffiniert marinierte, geschmorte und gefüllte Geschmackssensation entpuppt: Nur das zarteste Fleisch aus der Rippe wurde, im Wechsel mit geröstetem Brot geschichtet, in einen Lammschinken gewickelt und in der Sauce gar gezogen“.

Küchenchef Jochim Busch (l.)

Entdeckung des Jahres: Küchenchef Jochim Busch (l.)

Auf 18 Punkte, die höchste Kreativität und bestmögliche Zubereitung bedeuten, steigern sich Andreas Krolik vom „Lafleur“ in Frankfurt am Main, Tohru Nakamura von „Geisels Werneckhof“ in München und Paul Stradner von „Brenners Park-Restaurant“ in Baden-Baden, der „das sehr traditionsreiche Haus in solcher kulinarischen Frische vibrieren lässt“, dass ihn die Kritiker dafür als „Aufsteiger des Jahres“ küren.

17 Punkte erreichen erstmals Andreas Aumer vom „Aumers La Vie“ in Nürnberg, Tristan Brandt vom „Opus V“ in Mannheim, Sascha Kemmerer  von der „Kilian Stuba“ im Kleinwalsertal, Mario Paecke vom „Luce d’ Oro“ in Elmau (Oberbayern), Kurt Podobnik von „Podobnik’s Gourmet“ in Würselen (Rheinland), Mario Sauer vom „Le Gourmet“ in Heidelberg, Daniel Schimkowitsch vom „L. A. Jordan“ in Deidesheim und Daniel Schmidthaler  von der „Alten Schule Fürstenhagen“ in Feldberger Seenlandschaft (Mecklenburg).

Deutschlands beste Köche

An der Spitze der kulinarischen Hitparade des Gault & Millau stehen mit 19,5 Punkten neben dem Aufsteiger Christian Jürgen wie bisher:

• Klaus Erfort vom „GästeHaus“ in Saarbrücken, dessen „Gerichten der Zauber vermeintlicher Schlichtheit innewohnt, die er ganz unangestrengt auf den Teller bringt. Wenn andere Köche im Kreativitätswahn die Teller überladen, was meist nur Indiz für Unsicherheit ist, schafft Erfort in seiner Konzentration auf den Höchstgenuss ganz selbstsicher ein Höchstmaß an Klarheit, stets in sich stimmig.“

• Harald Wohlfahrt von der „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn, der „sich souverän über sämtliche modischen Strömungen erhebt und eine Küche bietet, die sich zwar aller zeitgemäßen Entwicklungen bewusst ist, davon aber jeweils nur so viel aufnimmt, dass sie sich selbst im Wesen immer treu bleibt“.

• Joachim Wissler vom „Vendôme“ in Bergisch Gladbach, der „höchste Perfektion und Konzentration leistet und von den Gästen Aufgeschlossenheit und Neugier auf ungewöhnliche Kreationen erwartet, die oft wie küchenintellektuelle Herausforderungen wirken“.

• Helmut Thieltges vom „Waldhotel Sonnora“ in Dreis bei Wittlich (Südeifel), der „unbeeindruckt von allem Modischem, trendigen Produkten, fernöstlicher oder nordischer Küchenstilistik die erlesensten Produkte aus Frankreich in höchstmöglichem Wohlgeschmack zubereitet“.

Diesem Quartett folgen neben Peter Maria Schnurr mit je 19 Punkten, die sie bereits im Vorjahr hatten

• Christian Bau vom „Victor’s Fine Dining by Christian Bau“ im saarländischen Perl-Nennig („kulinarische Reise von Paris nach Tokio unter meisterlicher Ausreizung des gesamten sensorischen Spektrums“),

• Thomas Bühner vom „La Vie“ in Osnabrück („je einfacher etwas in diesem Gesamtkunstwerk geschmacksmächtiger Gerichte scheint, desto aufwendiger ist es zubereitet“),

• Sven Elverfeld vom „Aqua“ in Wolfsburg („staunend bewundert man, wie er im Geschmack, in der Temperatur und vor allem in der Intensität unterschiedliche Aromen perfekt vereint“),

• Claus-Peter Lumpp vom „Bareiss“ in Baiersbronn („eine in ihrem Wesen der Klassik verbundene, aber auf der Höhe der Zeit präsentierte Küche voller Sinnlichkeit und großer Geschmackstiefe“),

• Tim Raue vom Restaurant „Tim Raue“ in Berlin („seine asiatisch inspirierte Parforcejagd durch die Aromen ist eines der größten kulinarischen Erlebnisse hierzulande“),

• Christoph Rüffer vom „Haerlin“ in Hamburg („bei allem Aufwand, den kein Teller verhehlt, haben seine Schöpfungen, deren Stärke die Verbindung von Aromen ist, etwas spielerisch Leichtes“),

• Hans Stefan Steinheuer von „Steinheuers Restaurant zur alten Post“ in Bad Neuenahr („wie die zum Auftakt völlig uneitel angekündigte Gänseleber mit jungen Mandeln und Traubenmost ist hier fast alles ein nicht enden wollender genussvoller Reigen auf dem Teller“).

Von den 35 deutschen Topköchen, die 18 bis 19,5 Punkte bekommen, stehen 8 in Bayern, 5 in Rheinland- Pfalz sowie je 4 in Baden-Württemberg und Berlin am Herd.

„Bester Deutscher Koch Im Ausland“: Rainer Becker mit 13 Restaurants auf 3 Kontinenten.

Außer dem Koch und dem Aufsteiger des Jahres zeichnet der Guide noch weitere kulinarische und gastronomische Leistungen aus:

• „Oberkellner des Jahres“: Kathrin Feix vom „Il Giardino“ in Bad Griesbach (Bayern),

• „Sommelier des Jahres“: Frank Glüer vom „Ess.Zimmer“ in München,

• „Entdeckung des Jahres“: Jochim Busch, 28, vom „Gustav“ in Frankfurt („bei dem Regionales und Bio nicht modisch anbiedernd, sondern gründlich durchdacht wirken“),

• „Pâtissier des Jahres“: Thomas Yoshida vom „Facil“ in Berlin,

• „Restaurateur des Jahres“: Ali Güngörmüs, der das „Le Canard Nouveau“ in Hamburg und das „Pageou“ in München führt,

• „Bester Deutscher Koch Im Ausland“: Rainer Becker, der 13 Restaurants (unter den Namen „Zuma“, „Roka“ und „Oblix“) in drei Kontinenten betreibt,

• „Hotelier des Jahres“: Heiner und Renate Finkbeiner, die die „Traube Tonbach“ in Baiersbronn, „Schloss Monrepos“ in Ludwigsburg bei Stuttgart sowie das „Montforthaus“ in Feldkirch (Österreich) führen und „seit 1993 Maßstäbe für die Hotellerie als Genusswelt“ setzen.

Große Talente der modernen Küche

Ausdrücklich würdigt der Guide junge Köche zwischen Mitte 20 und Anfang 30, die wie Jochim Busch in dieser Testsaison erstmals Küchenchef wurden und aufgrund ihres Talents und Engagements das kulinarische Deutschland bereichern können: Erik Arnecke vom „Philipp Soldan“ in Frankenberg bei Marburg, Sonja Baumann und Erik Scheffler vom „Gut Lärchenhof“ in Pulheim bei Köln, Benjamin Gallein vom „Ole Deele“ in Burgwedel bei Hannover, Andreas Hettinger vom „Délice“ in Stuttgart und Micha Schäfer vom „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin (alle 16 Punkte) sowie Christian Michel vom „Schwarzreiter“ in München und Manuel Schmuck vom „Martha‘s“ in Berlin (beide 15 Punkte).

 

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