1

Neuer Küchenchef bei Lafer: Markus Langmann

Ein junges Talent steht jetzt

an der Spitze auf der Stromburg

 

Johann Lafer hat einen neuen Küchenchef für das Gourmetrestauran Le Val d’Or: Markus Langmann. Der erst 24 Jahre alte Koch kommt wie Johann Lafer aus der Steiermark und gewann dort vor fünf Jahren einen Landeswettbewerb der Lehrlinge und damit ein Praktikum bei Lafer auf der Stromburg in Stromberg.  Johann Lafer erkannte gleich sein Talent und förderte ihn – nicht nur im eigenen Hotel, sondern auch durch verschiedene Kurzstationen bei einigen Zunftgrößen, beispielsweise bei Tanja Grandits im Restaurant Stucki in Basel.

Markus Langmann

Markus Langmann

Markus Langmann arbeitet besonders gut mit Patissier Kevin Micheli zusammen, einer weiteren wichtigen Stütze der jetzigen Lafer-Mannschaft. Der bisherige Küchenchef, Bernhard Mundig, nimmt „Elternzeit“. Das Restaurant Le Val d´Or hält einen Michelin-Stern und 16 Punkte im Gault Millau. Silvia und Johann Lafer können inzwischen auf 20 Jahre eines arbeitsreichen Lebens auf der Stromburg blicken.

 

 LF

 




Neues Restaurant von Alain Ducasse in Paris setzt stur auf Natur

 

Famose Küche, aber der Weg vorwärts zur Natur

kommt den Gast teuer zu stehen

 

Von Jörg Zipprick

 

Ganz Paris spricht über das Plaza Athénée: Hier hat im September das neue Lokal von Alain Ducasse eröffnet. Natürlichkeit, Nachhaltigkeit und viel Gemüse verspricht der Meister. Dieses Vorwärts zur Natur hat aber seinen Preis.

„Naturalité“ – „Natürlichkeit“ heißt das Motto von Alain Ducasse und seinem neuen Pariser Restaurant im Hotel Plaza Athénée. Mehr als ein Jahr lang war das Luxushotel geschlossen. Ducasse  und seine Brigade zogen während dieser Zeit in das eine guten Kilometer entfernte Hotel Le Meurice. Damit die beiden Spitzenrestaurants sich nicht gegenseitig kannibalisieren, müssen die Küche des Meurice und des Plaza sich radikal unterscheiden. Le Meurice ist jetzt der Ort der neu interpretierten französischen Grande Cuisine, während im Plaza Athénée die „Naturalité“ zu Hause ist. Nun schreiben sich leider etliche Köche noch Natürlichkeit auf die Fahnen, selbst wenn sie ihre Teller mit industriellen Zusatzstoffen zukleistern. Alain Ducasse jedoch servierte schon 1987 in Monaco die ersten Gemüse-Menüs, als anderswo höchstens tournierte Möhrchen am Tellerrand angeboten wurden. Mit „Naturalité“ meint er auch Nachhaltigkeit. In ihrem Bestand bedrohte Fische stehen nicht auf der Karte – Ducasse gehörte zu den ersten Köchen, die Ende der 90er Jahre roten Thunfisch von der Karte verbannten. Seebarsch wird nach der japanischen Ikejime-Methode geschlachtet, die als relativ schmerzfrei für die Tiere gilt und obendrein den Geschmack erhält. Brot wird aus Reis gebacken und enthält kein Gluten. Fleischgerichte werden offiziell nicht angeboten, jedoch bekommt man sie auf Nachfrage. Die Hauptrolle spielen Früchte, Gemüse und Meeresfrüchte. In den Schlossgärten von Versailles wachsen die Karotten, Lauch und Bohnen für die Plaza-Teller, wenn auch nicht auf Marie-Antoinettes Bilderbuch-Bauernhof „Le Hameau“.

Ducasse-FischgerichtNur Gemüse, Fisch oder Hülsenfrüchte mag zunächst ein wenig nach Askese klingen. Und: Ist ein Spitzenrestaurant wirklich der ideale Ort, um Nachhaltigkeit vorzuleben? Alain Ducasse und sein 36 Jahre alter Küchenchef Romain Meder haben fünf Monate an der Karte gefeilt und beweisen mit jedem Gericht, dass zumindest ihre Vision von Nachhaltigkeit exzellent schmeckt: Nach einer wahren Amuse-Gueule-Orgie (darunter ein erfrischender Gemüsesaft und eine simple gegrillte Sardinen nebst Gräten) kommt beispielsweise ein Topf mit Linsen, Aalgelee und Kaviar. Fairerweise wird letzterer korrekt vom Service als chinesischer Zuchtkaviar vom Schrenki-Stör vorgestellt. Der wird in so gut wie allen Pariser Top-Lokalen serviert und ist in Geschmack und Konsistent erstklassig, aber viele Köche können sich nicht recht mit seinem Ursprung anfreunden und verschweigen seine Herkunft deshalb.

Eingeschlagen wird die delikate Mischung in leicht gebutterten Buchweizenfladen, das Resultat ist pure Harmonie in jeder Hinsicht. Ein großes Gericht, das hoffentlich für die nächste Karte erhalten bleibt. Oft geht es nach solchen Gängen decrescendo weiter, Ducasse und Meder wechseln einfach das Register: Gemüse aus dem erwähnten Garten bringen ursprünglichen Geschmack auf den Teller. Der Ikejime-Seebarsch mit jungem Lauch schmeckt buchstäblich nach Meer, die Rotbarbe mit knusprig gebratenen Schuppen wird durch eine kräftige Jus (u.a. aus Rotbarbenleber) geschmacklich auf ganz neue Ebenen gehoben.

Sämtliche Gäste bekommen eine kleine Käseauswahl, sozusagen als Einladung, um sich auf eine größere Degustation der fromages einzulassen. Desserts waren früher der Schwachpunkt aller Ducasse-Lokale, inzwischen wurde die Patisserie deutlich aufgewertet: Geeiste Zitrone aus Menton mit Algen und Estragon oder Himbeeren mit Hibiskus und knuspriger Pastilla sind auf demselben Niveau wie die anderen Gerichte.

Ducasse

Alain Ducasse

Wieder einmal hat Alain Ducasse es geschafft, für ein neues Lokal einen neuen Stil zu kreieren. Das Lokal im Plaza Athénée gleicht weder dem im Meurice noch dem bewährten Louis XV in Monaco. Allein das ist beeindruckend und außer Reichweite der meisten Küchenkollegen. Nur einen Nachteil hat die neue Nachhaltigkeit: Mit einem Preis von 380 Euro ist das Menü auch nach Pariser Maßstäben extrem kostspielig. Dafür gibt es drei kleinere Portionen sowie Käse und Dessert. Nach alter Pariser Tradition werden weniger begabte Köche bald nachziehen und ihre Menüs in ähnliche Preisregionen heben. Bei aller Nachhaltigkeit werden zumindest die finanziellen Ressourcen der Klientel nicht geschont.

 

Alain Ducasse au Plaza Athénée, Paris, 25, Avenue Montaigne
www.plaza-athenee-paris.fr
 
 

 

 

 

 

 




Villa Merton: Sternekoch Matthias Schmidt hört auf

Kofler & Company

verlieren Topchef

 

Matthias Schmidt, der Koch der Wiesen und Wälder, steigt nun endgültig aus und will nicht mehr am Herd stehen. Bis vor kurzem noch schaute er sich nach einem neuen Restaurant in Frankfurt um, da der betreibende Union Club keine Pachtverlängerung mehr für die Villa Merton wünschte.

Ab 18. Dezember trennen sich die Wege von ihm und seinem Patron Klaus Peter Kofler. Auf das übliche Gerede von einer einvernehmlichen Trennung verzichten wir und zitieren keine Banalitäten. Es ist aber wohl so, dass Matthias Schmidt sicher gerne ausschließlich im Restaurant Villa Merton gekocht hätte, ohne für weitere Arbeiten und Caterings herangezogen zu werden. Dazu gehörten beispielsweise die Pop-up-Restaurants, die Kofler an verschiedenen Stellen in Deutschland entspringen ließ. Und dazu zählten außerdem Großcaterings, wie das mit Pannen und Peinlichkeiten gespickte Gastro-Event im Frankfurter Thurn- und Taxss-Palais (siehe BISS-Artikel Murks & Knurps beim großen Pellegrino Köche-Gipfel). Vor allem wollte Matthias Schmidt mehr Zeit für seine Familie haben und nimmt sich jetzt erst einmal eine Auszeit. Wie so einige andere in diesen Tagen: Christoph Rainer (Villa Rothschild, Königstein), Volker Drkosch (Viktorian, Düsseldorf), Sarah Henke (A-Rosa, Sylt) und jetzt eben Marc Schulz und Bernhard Mundig. Christoph Rainer und Matthias Schmidt gehörten zu den wenigen Zwei-Sterne-Köche in Hessen, derzeit hält diese Bewertung dort nur noch Andreas Krolik vom Tigerpalast.

Villa Merton

Villa Merton

Mit der Villa Merton verlieren Kofler & Company ein hochdekoriertes Aushängeschild (2 Michelin-Sterne, 17 Punkte im Gault Millau), mit dem das weltweit agierende Catering-Unternehmen ungewöhnliche Leistungen zeigen und natürlich auch werblich nutzen konnte. Schon seit 2002 mit dem großartigen Hans Horberth, sieben Jahre später dann mit Matthias Schmidt.

 

LF




Mallorca: Vorhof zur Service-Hölle

Das Valparaíso Palace & Spa

in Palma de Mallorca

lässt den Gast schmoren

 

Die Branchen-Experten Sabine Hübner und Carsten Rath besuchen für uns Hotels in aller Welt und überprüfen deren Gastfreundlichkeit und Serviceeinsatz. In Mallorca erlebten sie ihr blaues Wunder, in München Präzision und Herzlichkeit. Hier weiter lesen:

 




Doris Greif wird neue Direktorin im Jumeirah Frankfurt

Nach Dagmar Woodward

wieder eine

Frau an der Spitze

 

Neue Direktorin des Jumeirah Frankfurt wird Doris Greif, sie folgt auf Dagmar Woodward, die bereits im Juni in den Ruhestand ging. Greif tritt am 1. Oktober an. Sie übernimmt ein gut eingeführtes Haus, vor allem was die Übernachtungszahlen anbelangt. Zudem bekommt sie eine ehrgeizige Küchenmannschaft, mit Marc Schulz als neuen Küchenchef.

Dagmar Woodward, die weiterhin gerne in Frankfurt lebt und jetzt noch mehr auf Reisen sein kann, war für ihren freundlichen Umgangston innerhalb des Hauses bekannt. Und für ihre stets propere und besonders schicke Kleidung.

Dagmar Woodward

Dagmar Woodward

Doris Greif startete ihre Karriere 1999 bei Jumeirah und war in zahlreichen Führungspositionen tätig, unter anderem als Executive Assistant Manager im Jumeirah Beach Hotel, General Manager des Jumeirah Beach Club Resort & Spa und General Manager Operations sowie General Manager des Jumeirah Emirates Towers.

 

 

 




Markthalle & Kunstwerk

Kulinarisches Masterpiece

in Rotterdam

 

Zu den berühmten Markthallen Europas in Barcelona, Valencia und Madrid gesellt sich ab 1. Oktober die neue „Markthal“ (Markthalle) in Rotterdam. Das spektakuläre Design erinnert an einen riesigen Flugzeughangar. Der imposante bogenförmige Bau liegt zentral am Blaak Platz, welcher bereits vorher als Marktplatz diente. Er fügt sich als  architektonisches Glanzstück perfekt in die Architekturmetropole an der Maas ein, die durch Bauten von Berühmtheiten wie Rem Koolhaas geprägt ist. Die Markthalle in Rotterdam ist der erste komplett überdachte Lebensmittelmarkt der Niederlande.

Markthalle RotterdamAn 96 Marktständen mit Fisch, Gemüse, Obst, Blumen und Pflanzen können Marktbesucher ab Herbst geschützt vor Wind und Wetter ihre Einkäufe erledigen. Sie teilen sich die 10.000 Quadratmeter mit Weinläden, Bäckern, Metzgern und anderen kulinarisch orientierten Geschäften. Es werden vor allem traditionelle und biologische Produkte angeboten. Und das vor einer beeindruckenden Kulisse: Über den gewaltigen Deckenbogen der Halle zieht sich ein 11.000 Quadratmeter großes Kunstwerk von Arno Coenen mit überdimensionalen Frucht- und Gemüsesorten in kräftigen Farben. Es ist nunmehr das größte Kunstwerk der Niederlande. Das Markt-Café liegt zentral im Erdgeschoss. Von den Terrassen im ersten Stock kann man Sie Geschehen in der Markthalle von Rotterdam schön übersehen.

Markthalle RotterdamDer Lebensmittelmarkt in der neuen Markthalle ist täglich von 9 bis 20 Uhr geöffnet. Der reguläre Wochenmarkt auf dem Vorplatz findet weiterhin  dienstags und samstags zwischen 11 und 16 Uhr statt. Eine Führung mit interessanten Hintergründen zu der neuen Halle bietet die „Markthal Experience“, zu der sich Besucher am Infopunkt im Gebäude innerhalb der Markt-Zeiten melden können. Außerdem soll es eine Kochschule geben, in der die frischen Produkte unter Leitung von Köchen direkt in leckere und gesunde Gerichte verwandelt werden. Außerdem gibt es acht Restaurants in der Rotterdamer Markthalle, unter anderem ein marokkanischen Esshaus und eine italienische Trattoria.

Im Bogen selbst sind neben Restaurants und 15 Delikatessenläden auch 228 Wohnungen untergebracht, die teils zur Miete und teils zum Verkauf stehen. Im Parkhaus direkt unter der Markhalle finden Besucher 1.200 Parkplätze. Mit der nur knapp hundert Meter entfernten Bus- und Bahn-Haltestelle „Blaak“ ist auch der Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr gut gelöst. Jährlich werden in der Markthal Rotterdam bis zu sieben Millionen Besucher erwartet.

Weitere Informatioen: www.rotterdam.info; www.markthalrotterdam.nl

 

 

 

 




Die wunderbare Welt des Wirtshauses

Goldochsenbräu

So schmeckt Dorf

 

Spielbach würde beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ nicht unbedingt als Favorit gelten, aber der Gasthof Goldochsenbräu ist weit mehr als eine Dorfschönheit. Stattlich in der Statur, deutlich im Charakter, blickt man hier in ein 400 Jahre altes Gesicht, auf dem viele Geschichten geschrieben stehen. Eine solche Gaststätte mit Gemüt gilt selbst im gemütvollen Hohenlohe als Rarität.

Greise und Jugend teilen sich die blanken Holztische wie in einer Großfamilie. Beflissenheit und Trägheit, Lebensfreude und Melancholie mögen anderswo als Widerspruch gelten, hier werden sie zum Genius loci, der alles auf wundersame Weise vereint. Dass, die den Gasthof seit Ewigkeit betreibende Wirtsfamilie auf den Namen Unbehauen hört, hätte man sich nicht besser ausdenken können. Der verstorbene Hausherr, so wissen alteingetrunkene Gäste, hielt während des Betriebs auf einem Sofa neben der Theke oft ein Schläfchen. Wer es wagte, in dieser Zeit nach einem Bier zu verlangen, wurde nicht mehr bedient oder gleich vor die Tür gesetzt. Das hausgebraute Bier ist aber auch gefährlich süffig und macht schon beim Trinken Lust aufs nächste Glas. Mancher Bauer aus der Nachbarschaft holt sich seine Bierladung gleich mit der Schubkarre ab, manche kommen nur auf ein Glas vorbei, die meisten aber sitzen lange, sehr sehr lange und bereiten dem Haus durch ungebremste Bestellungen Freude. Es herrscht ein Grundton, wie er nur in alten Gasthäusern zu Ohren kommt, dessen Fachwerk und Holzdielen das Stimmengewirr warm abdämpft. Es ist lebendig, aber nicht laut. Und wer nach dem fünften Schoppen über sich hinauswächst, stößt gleich an die niedrige Decke und wird wieder auf gemütliches Sitzmaß gestutzt. „Do hocke die, die immer do hocke“ steht am Stammtisch, der zwischen Theke und Kachelofen strategisch besonders günstig liegt. Auch bekannte Gastronomen, die unweit hochdekorierte Restaurants betreiben, sind gerne zu Gast.

Wo an anderer Stelle sieht man Dorfjugend, die Alten und die ganz Alten so friedlich gemeinsam an langen Tischen sitzen. Kaum sonst auf dem Lande, und schon gar nicht in der Stadt. Der Gasthof Goldochsenbräu ist eine Stätte von sozialer Kompetenz. Hier werden selbst die von der heilig-heimeligen Grundstimmung geschluckt, welche sich durch ihre absichtsvoll kahlen Köpfe und breitbeinige Stiefel martialisch geben.

Brigitte Unbehauen brutzelt unermüdlich in der Küche. Sie wird wegen ihrer mit Semmelknödelmasse gefüllten Tauben geliebt, die es jedoch nur an Feiertagen gibt. Ente und Schnitzel schmecken aber ebenfalls deftig gut. Bratkartoffeln, Sülze und Grünkernsuppe kommen von Herzen. Klar, was es danach gibt: einen Schnaps aus der eigenen Brennerei.

LF

Brauereigaststätte Goldochsenbräu, Spielbach, täglich ab 18 Uhr und Sonntag auch am Mittag geöffnet. Tel. 07939 461. Wer nicht reserviert hat, sollte gleich um 18 Uhr kommen.

 Siehe auch BISS-Artikel Stammtische sind wieder modern

 




Lorsbacher Thal: Das etwas andere Gasthaus

Darf Apfelwein so gut sein?

 

Das Lokal Lorsbacher Thal ist nicht der Nabel der Welt, aber das Zentrum des Frankfurter Amüsierreviers Alt-Sachsenhausen. Sein lebendiger Mittelpunkt, der das heimische Nationalgetränk Apfelwein jetzt auf Qualitätsniveau hebt. Mit einer Auswahl von mehr als 30 verschiedenen und handverlesenen Sorten – das angestrebte Ziel sind 100, die größte Apfelweinkarte der Welt. Frank Winkler und Johannes Döringer haben das Gasthaus übernommen und allein durch ihre ungewöhnlichen Apfelweinspezialitäten bereits neu in Position gesetzt. Winkler und Döringer sind keine typischen Apfelweinwirte, Winkler kommt aus der einstigen Betreiberfamilie des schönen und kulinarisch anspruchsvollen Schafhofs in Amorbach. Döringer ist seit Jahren Apfelwein-Aktivist und hat auch mal zwei Jahre bei Possmann gearbeitet, was ihm aber nicht geschadet hat.

Lorsbacher Thal An dem würdevoll ergrauten Wirtshaus und seinem urwaldigen Garten hat sich nichts geändert. Und das ist auch gut so. Speisen und weit mehr noch Apfelweine aber werden anders als zuvor präsentiert. Den guten Hausschoppen gibt es immer noch, er flitzt munter über die Zunge und wird die alteingetrunkenen Gäste weiter bei Laune halten. Für Liebhaber der neuen Apfelwein-Generation stehen indes viele weitere interessante Erzeugnisse von Arno Dirker, Andreas Schneider, Jörg Geiger, Gerhard Nöll, der Kelterei Rothenbücher und anderen bereit. Diese werden nicht im traditionellen Gerippten ausgeschenkt, sondern im Weinglas. Und weil man gerne verschiedene Apfelweine durchprobieren möchte, ist es vorteilhaft, dass sie auch in der Größe 0,1l zu haben sind und nicht nur im großen Glas oder als Flasche.

Jörg Geiger aus Schlat bei Göppingen verabreicht mit seiner Kombination aus Gewürzluike (Apfel mit Frische) und Oberösterreichischer Weinbirne (saftig-herbe Birne) einen sehr spannenden Obstwein, der nicht Äpfel mit Birnen vergleicht, sondern sie so zusammenbringt, dass daraus ein harmonisches Traumpaar wird. Während diese Cuvée vielen gefallen dürfte, erscheint „Der Echte“ vom Fass von der Kelterei Rothenbücher schon eher etwas für Fortgeschrittene – er ist sehr trocken und wurde Naturtrüb belassen. Geht wunderbar solo, passt aber auch gut zum Sülzchen von der Sauenrippe. Aus der Uckermark kommt die herb-frische Kaiser Wilhelm Renette mit Quitte vom Gutshof Kraatz, aus Poppendorf in der Steiermark die elegante und schon weinige Rubinette von der Kelterei Haas. Für Einsteiger eignet sich besonders gut der fein perlende und schlanke Apfelsecco von der Kelterei Nöll. Auch Jens Becker ist mit seinem Schoppen von der Streuobstwiese vertreten – ganz in der Nähe hat er gerade seine besuchenswerte eigene Apfelweinhandlung in der Brückenstraße 21 eröffnet, wo man über 40 verschiedene Sorten findet.

Johannes Döringer (l.) und Hendrick Docken

Johannes Döringer (l.) und Hendrik Docken

Im Lorsbacher Thal kann man ganz tief in das Thema Apfelwein eintauchen und wird viel Stoff finden, auch für Diskussionen. Darf Apfelwein so gut sein? Ja, er muss so gut sein. Und sich in seiner ganzen Vielfalt zeigen. Die sich auch beim Preis zeigt. Der Hausschoppen liegt mit 1,90 € im 0,3l-Glas im unteren Bereich, Andreas Schneider mit seinem Perlwein von der Roten Sternrenette mit 44 € für die Flasche an der Spitze.

Weil man nicht immer Lust auf Extragroß hat, gibt es neben den bekannten Deftigkeiten Sachsenhäuser Art im Lorsbacher Thal auch „Häppchen“. Ein Dutzend kleinerer Gerichte à la Bulette mit Kartoffelsalat und Kartoffelstampf mit gerösteten Steinpilzen. Lecker auch die kleinen Bratwürstchen und der Handkäs-Salat. Die Hessen-Miniaturen, die gar nicht einmal so klein ausfallen, kosten zwischen 2,20 und 4,80 € und sind eine gute Alternative zu den grundsätzlich großportionierten Gerichten des Hauses. Das neu konzipierte Lorsbacher Thal ist jedenfalls eine positive Belebung für das noch vielfach zu negativ gepolte Altstadtrevier und eine Bereicherung für die ganze Stadt.

LF

Hier klicken auf BISS-Artikel: Ist Deutschlands schönste Altstadt noch zu retten?

 

Hessische Apfelwein-Meisterschaft

 

Lorsbacher Thal Der Holz-Künstler Hendrik Docken aka Hendoc aus Oberursel macht nicht nur einen der besten Apfelweine des Landes, sondern ist auch Mitinitiator der Hessischen Apfelwein-Meisterschaft, an der ausschließlich kleine private Keltereien und keine professionellen Betriebe teilnehmen. Aus ganz Hessen.

Die Mikro-Keltereien reichen ihre Erzeugnisse ein, die dann in einer Blindverkostung bewertetet werden – in diesem Fall von den Besuchern des Lorsbacher Thals. Für einen winzigen Obolus von 8 € konnte alles probiert werden. 20 Glasballone standen an drei Tagen bereit, 250 Gäste füllten fleißig ihre Bewertungszettel aus – mit Noten von „schlecht“ bis „meisterlich. Die Apfelweine zeigten einen ziemlich interessanten Querschnitt von völlig abenteuerlich bis beachtlich gut. Manche Apfelweine schmeckten nach Nagellackentferner, andere frisch und herb, wie es sein soll. Sieger wurde Jörg Markloff aus Friedrichsdorf-Seulberg mit einem milden und gefälligen Tropfen (auf dem anonymen Bewertungszettel die Nr. 16).

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 




Froschrotze statt Apfelwein

Frankfurt Alt-Sachsenhausen

Ist Deutschlands schönste

Altstadt noch zu retten?

 

 

Die Drinks heißen Froschrotze. Vor allem am Wochenende ballern sich die Männer um den Verstand. Alt-Sachsenhausen wird totgesoffen. Schreiendes Elend. Das Kopfsteinpflaster ist mit zerbrochenem Glas übersät. Ein Frankfurter Stadtteil geht zu Bruch.

Gleich drei Shisha-Bars nebeneinander benebeln mit süßlichem Kopfschmerzqualm. Dumpfe Dönerbuden, grölende Sportsbars, dröhnende Musikvideos aus offenen Fenstern. Tropical-Bars gaukeln Latinostimmung vor und zeigen doch nur grobe Einsamkeit in der Menge. Frau Rauscher am legendären Brunnen in der Klappergasse müsste Blut statt Wasser spucken. Unheil wabert aus den Gassen, man fühlt sich im Dotter des Leviathans.

Schöppchen gibt’s schon lange nicht mehr, es muss gleich 1 Meter Bier oder 1 Meter Vodka her. Überall schlagen Alk-Shots ein und hinterlassen Löcher im Kopf. Junggesellenabschiede, marodierende Fußballfans. Gruppenzwang. Dung für Neonazis. Wann kommen die pro-russischen Separatisten?

Plasterstein Apfel

Apfelwein-Denkmal darf mit Füßen getreten werden

Die Kleine Rittergasse nennt man in Alt-Sachsenhausen mitleidig Mallorca-Meile. Die Apfelweinkneipen, die einst Alt-Sachsenhausen bestimmten, sind eine aussterbende Spezies. Die Frankfurter selbst meiden das Viertel und überlassen es vor allem am Wochenende weitgehend dem Pöbel. Tagsüber ist das Amüsier-Revier nahezu menschenleer, nur einige Wirte sind damit beschäftigt die Schäden der vorangegangenen Nacht zu beseitigen. Drohende Verslumung. Aus leerstehenden Häusern glotz gähnende Langeweile, tonnenweise Müll in schmuddeligen Hinterhöfen, Schnapsleichen. Der Gruselkater schleicht umher. Einige der jahrhundertalten Häuschen in Alt-Sachsenhausen sind wohl nicht mehr zu retten. „Meist belehrt erst der Verlust über den Wert der Dinge“, meinte der Wahlfrankfurter Arthur Schopenhauer. 40 denkmalgeschützte Häuser gibt es noch. Alt-Sachsenhausen ist der tobende Kern von Sachsenhausen und besteht im Wesentlichen aus der Kleinen und Großen Rittergasse, Klappergasse und Paradiesgasse.

Alt-Sachsenhausen war einst das berühmteste historische Amüsierviertel Deutschlands, inzwischen ist es nur noch berüchtigt. Das soll anders werden. Da die Stadt Frankfurt nicht genügend zur Verbesserung beiträgt und auch keinen Plan zur Rettung dieses im Grunde einzigartigen Quartiers hat, ergreifen immer mehr mutige private Unternehmer die Initiative. Ideen-Investor, Unternehmer und Kunstförderer Steen Rothenberger ist einer von ihnen. In seinem großen Kopf haben viele große Ideen Platz. Mit seinem kunstsinnigen Hotel Lindenberg und dem optisch und kulinarisch kreativen Restaurant Seven Swans konnte er das bereits beweisen. Jetzt hat er ein multifunktionales Haus in der Kleinen Rittergasse eröffnet –  Der Kleine Ritter also known as Der kleine Mann mit dem Blitz. Atelier für Fotografie und Kunst. Galerie, Bar, Apfelweinwerkstatt, Pop-up-Lokal, On- and Off-Location für Veranstaltungen aller Art.

Bembel-Kunst im Kleinen Ritter

Bembel-Kunst im Kleinen Ritter

Früher stand dort das Irish Pub der Mac Gowans, ein großartiges lebendiges Musiklokal. Das alte Fachwerkhaus brannte ab, stand über zehn Jahre leer. Der Bau war nicht mehr zu retten und musste abgerissen werden. Steen Rothenberger erkannte die noch immer zu bemerkende Schönheit und Würde Alt-Sachsenhausens und auch das Potential. „Ich bin ja noch jung, in zehn Jahren sieht hier alles anders aus.“  Bei der Eröffnung seines neuen Atelier-Hauses zeigte er, wo es langgehen könnte. Die modern verpackten Apfelweine tragen das Etikett „Kleiner Mann mit Schwips“ und schmecken erfrischend gut. Sie stammen von der Kelterei mit dem kessen Namen Feinripp aus Lich-Eberstadt in der Wetterau. Auch der Cocktail namens Apfelblitz aus Cremant, Tee, Kardamom, Pfeffer ist famos. Leider mixt Diana Haider aus dem Parlour nur zu bestimmten Anlässen in der kleinen Kellerbar. Wäre schön, wenn außerdem Küchenchef Jan Hoffmann vom Seven Swans öfter zu erleben wäre. Bei der Eröffnungsfeier gab es Delikatessen wie die tolle Linsensuppe mit Blutwurstgeröstel und Pflaume, gebeizten Lachs mit Rettich und Salat-Sugo sowie Kartoffelsalat mit Espuma von Frankfurter Grüner Soße und Senfkaramell.

Neues Atelier-Haus Kleiner Ritter

Neues Atelier-Haus Kleiner Ritter

Wo sich einst im Irish Pub die Fachwerkbalken langzogen, wurden jetzt als Memento mori Ornamente eingefräst. Die Romantik ist verblichen. Architekten lieben in Beton gegossenes Ego, aber dieser Bau wirkt intelligent und strahlt Ruhe und Gelassenheit aus. Und doch erscheint er im architektonischen Kontext wie ein Wesen aus einer fremden Welt. Das klar strukturierte Innenleben hat coolen Charme und bietet Platz für Gedankenräume. Alt-Sachsenhausen modern. Mit dem musealen Umfeld und seiner Zerbrechlichkeit aber spannungsreich. Die seinerzeit dazugehörige Irish Lounge nebenan wurde nicht integriert und modert weiter vor sich hin. Der Kleine Ritter ist aber leider kein öffentlicher Raum, der täglich für alle zugänglich ist. Wie soll er dann das Viertel positiv beeinflussen? Hauptmieter ist der Fotograf Oliver Tamagnini, der etwa Guerillakochen oder Musikveranstaltungen als Rekonvaleszenz sieht. Ob das genügt? Mit dem Projekt werden sich die Ideen gewiss weiter entwickeln.

Ein Zeichen dürfte auch das von Steen Rothenberger geplante Hotel in der Großen Rittergase 88 Ecke Frankensteiner Straße in Alt-Sachsenhausen setzen. Am alten Klinkerbau wird noch gearbeitet, ein kleiner Neubau kommt nebenan dazu. Im April 2015 soll alles fertig sein, mit 30 Zimmern, Bar, Agentur, Shop und Salons. Ähnlich wie das Lindenberg, eine Mischung aus Hotel und Wohngemeinschaft. Wenn jetzt noch das eine oder andere gute Restaurant sowie Cafés, Bäcker und anderes mehr hinzukommen könnte, würde das die Nachteule Alt-Sachsenhausen auch am Tage beleben und kultivieren. So wäre das Quartier vielleicht noch wiederzubeleben und zu retten. Es könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein.

Ludwig Fienhold

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

Wie man verwahrloste Quartiere vor dem Zerfall rettet, zeigt als Paradebeispiel das Künstler- und Kneipenviertel San Telmo in Buenos Aires. Ähnlich wie Alt-Sachsenhausen drohte dieser Stadtteil vollkommen zu verfallen. Die bunten Altbauten aus dem 19. Jahrhundert strahlen inzwischen eine Vitalität und Lebensfreude aus, wie sie jedes Herz hüpfen lassen. Längst gehen dort Einheimische und Touristen Hand in Hand durch ein lebendiges und fantasievoll inszeniertes Viertel. Straßenkünstler und Antiquitätenhändler finden Platz zwischen witzigen und aberwitzigen Cafés, Wein-Bars und Restaurants. Tangotänzer verbiegen sich selbstverliebt auf den Straßen vor begeisterungsfähigem Publikum.

Photocredit Ludwig Fienhold

 




Restaurant Jakobs geschlossen

Daniel Schönberger überrascht

 

Endlich hatte Daniel Schönberger nach vielen Wechseln mit dem Restaurant Jakobs in Dreieich-Buchschlag bei Frankfurt seine Heimat gefunden. Doch nach einem Jahr ist schon wieder Schluss, das Lokal wurde geschlossen, weil das federführende Unternehmen Catering Euro-Services aus Mörfelden-Walldorf überraschend keinen Restaurantbetrieb mehr haben wollte und den Pachtvertrag nicht mehr verlängerte. Dabei wäre das Lokal ein gutes Vorzeigeprojekt für die Firma gewesen. Was hier aus einer denkmalgeschützten Remise eines alten Forsthauses gemacht wurde, konnte sich sehen lassen. Auch der Garten war einladend, Küche und Service zeigten sich in Bestform. Man konnte mit der Bahn bis fast vor die Tür fahren, was auch deshalb angenehm war, weil die Weinkarte einiges an guten Tropfen zu bieten hatte. Daniel Schönberger, der unter anderem bei Döpfner´s im Maingau in Frankfurt und dem Höher Hof in Idstein, sein Können zeigte, blühte in Dreieich-Buchschlag richtig auf und lies eine schöne Country Cuisine mit vielen grünen Ideen und floralen Begleitungen auf den Tellern sprießen.

Maishähnchen

Maishähnchen

Zum saftigen Maishähnchen mit Fenchelsamenkruste, Austernpilzen und Kartoffel-Lauchpüree gab es einen tollen Gewürzspinat, der aus einem oft geächteten Gemüse etwas Genussvolles machte. Leckeres wie Heidelbeer-Mousse mit Eis aus Matcha-Tee sowie Aprikosen passten prima zur umgebenden Natur. Daniel Schönberger und sein Team sitzen jetzt aber nicht auf der Straße und bleiben bei Euro-Services angestellt. Doch da der Traum vom Restaurant wieder geplatzt ist, könnten wir schon bald etwas Neues von dem engagierten Küchenchef hören.

LF