Aufgegabelt

Cappuccino & Manieren & Goethe & Gerbermühle

 

Auch in Frankfurter Hotels liegen für deren Gäste Heftchen bereit, die Informationen über Restaurants, Shopping und Kultur anbieten. Informationen? Es sind Werbebroschüren mit einer Ansammlung von Plattitüden. Bei der Auswahl der genannten Lokale sind keine Kriterien ersichtlich, der platten PR-Sprache nach liegen keinerlei journalistischen Hintergründe nahe. Da werden, rawülps, das Kellerloch Zenzakan und der Ivory Club empfohlen, als ob wir in Frankfurt nicht richtige gute Lokale hätten. Über das Gasthaus Zum Storch am Dom heißt es, schon Goethe habe dort die Frankfurter Küche genossen – wo ist das aber überliefert?  Goethe muss ja für vieles herhalten und hat angeblich so ziemlich alle Lokale Frankfurts besucht. Verantwortlich für diese Touristen-Verhöhnung ist eine Münchner Gesellschaft, was vieles erklärt, aber nichts entschuldigt.

***

Die schreckliche Angewohnheit, den Cappuccino mit Schokoladenpulver on top zu servieren, greift immer mehr um sich, sogar beim Italiener hat man diese deutsche Unsitte übernommen. Man muss heute bei der Bestellung eigens dazu sagen, dass man so etwas nicht wünscht, sonst gibt es garantiert den Schokoschock. Stets kämpfen muss man auch um kleine Tassen und Gläser, beim Kaffee, beim Apfelwein und bei Softdrinks. Der Service bringt grundsätzliche die große Version. Einfach nur lästig. Lokale mit diesem Gehabe fordern zu einem Boykott heraus.

***

Die Formulierung „Hat´s geschmeckt, der Herr?“ wirkt heute selbst in Grandhotels aufgesetzt, in Gasthäusern und Szenelokalen aber völlig lächerlich. Also bitte, verzichtet auf solche Service-Platitüden. Vor allem auch deshalb, weil wir gerade dann umso mehr merken, dass der Kellner damit seine Manieren aufzuwerten gedenkt, die er eigentlich gar nicht hat.

***

Die Frankfurter Gerbermühle ist ein beliebter Treffpunkt. Viele suchen hier immer noch nach Spuren von Goethe, werden diese aber nicht mehr finden.  Ein Bratkartoffelverhältnis werden wir hier  nicht aufbauen, so lange diese nicht ordentlich gemacht werden und weder frisch noch knusprig schmecken. Das Schnitzel war längst nicht perfekt, aber noch akzeptabel, bei dem Preis von 22,90 € auch mindestens zu erwarten. Die Frankfurter Grüne Soße ist richtig gut.

***




Schattners Wein-Chat Nr. 2

Macht es wirklich Sinn Weißweine zu karaffieren?   

 

Ein wichtiges und oft komplett falsch eingeschätztes Thema! Während bei Rotwein mit Depot unstrittig ist, dass dekantiert wird, wird es bei Weißwein oft sehr fahrlässig gesehen. Natürlich ist der Aufwand im Restaurant sehr groß. Aber man sollte nach dem eigenen Geschmack gehen und entscheiden, was besser ist für den Wein. Besonders die jungen konzentrierten Weißweine brauchen mindestens genauso viel Luft wie ihre roten Pendants. Erste- und Große Gewächse vom Riesling und Weiß- und Grauburgunder entwickeln sich deutlich an der Luft. Erst dann zeigen sie ihre volle Aromatik und passen sich auch meist besser dem Essen an. Das gleiche gilt für große Weißweine aus dem Burgund, dem Bordeaux, der Rhône und z.B. einzelnen speziellen Weinen der Loire und dem Friaul, die nicht für ihre Fruchtigkeit, sondern für ihren Körper und ihre Dichte bekannt sind. Bei Rotweinen übrigens Vorsicht – bei filigranen edlen Burgundern oder deutschen Spätburgundern. Die verlieren schnell ein Teil ihrer verführerischen Nase beim karaffieren. Das gleiche gilt bei zu reifen Rotweinen. Lieber erst vorsichtig aus der Flasche einschenken und probieren, ob der Wein den Sauerstoff verträgt.

 

Fisch und Rotwein

 

Man liest zwar überall, dass dieses Zusammenspiel neuerdings „erlaubt“ ist, sollte aber auf gewisse Dinge achten. Kulturell bedingt, ist es gerade in Spanien, Italien und dem südlichen Frankreich schon lange üblich, zu kräftig zubereiteten Fischen, Rotweine aus der Region zu trinken. Es kommt vorwiegend auf die Substanz und den Eigengeschmack des Fisches, aber auch besonders auf die Zubereitungsart und die Sauce dazu an. Sobald Röstaromen oder mediterrane Gewürze und Kräuter ins Spiel kommen, kann man gerne einen Rotwein dazu trinken. Er sollte aber nicht zuviel Gerbstoffe und Tannine haben und muss auch nicht unbedingt der Alkoholstärkste sein. Leicht gekühlt, passt er noch besser. Auf keinen Fall empfehlen kann ich Rotwein zu rohen Fischgerichten, pochierten oder gedünsteten Fischen. Der Rotwein überdeckt den Geschmack  des Fisches und wirkt metallisch.

 

Kai Schattner

Wie könnte man den Sommelier Kai Schattner beschreiben? Als frisch, ausbalanciert oder gar feinherb? Ja, auch das ist er irgendwie, doch vor allem präsentiert er sich als beschwingt, entspannt und punktgenau. Er ist kein Weinschwätzer, sondern ein Weinwisser, der sich nicht prahlerisch aufdrängt und lieber mit präzisen und fundierten Statements überzeugen will. Seinerzeit als Sommelier in der Ente im Grandhotel Nassauer Hof in Wiesbaden und jetzt als selbständiger Weinberater. Seine Erfahrungen und Fachkenntnisse sind gefragt. Der 43 Jahre alte Profi ist in Heidelberg geboren und lebt seit 20 Jahren in Wiesbaden beziehungsweise im Rheingau. Er  hat bei einigen Klassikern der Branche gearbeitet, etwa dem Château Eza bei Monaco, dem Schwarzen Adler in Oberbergen und eben in der legendären Ente in Wiesbaden. Kai Schattner liebt den Rheingau und die Rieslinge. Aber er ist ebenso mit großen französischen Rotweinen vertraut und kennt sich nach vielen Reisen sogar bestens in der Weinwelt Chinas aus, die gerade aufbricht, den Markt zu erobern. Schattner berät Unternehmen, hält Seminare und verkauft Weine im großen Stil. Warum wohl hat das Frischeparadies (Edelfisch) so viele tolle Weine? In der BISS-Zeitung wird Kai Schattner immer wieder zu vielgestellten Fragen von Weinfreunden Stellung nehmen und mit Rat zur Seite stehen.

 




Terrassen: Alles muss raus!

Die schönsten Dachgärten

Cocktails mit Aussicht

 

Wer gastronomisch auf der Höhe sein will, hat ein Dachgartenlokal. Spektakulär ist dies in Bangkok gelungen, wo das Vertigo Gäste aus aller Welt auf die 61. Etage des Banyan Tree Hotels zieht. Das Essen ist akzeptabel, doch geht es hier vor allem um den Ausblick, den man auch in der Moon Bar bei einem Drink unter freiem Himmel genießen kann. Die Aussicht wäre einmalig zu nennen, wenn es nicht noch The Dome at State Tower gäbe – den schönsten Dachgarten der Welt. In 200 Metern Höhe fühlt man sich beinahe wie im Flug über Bangkok und ist überwältigt. Im immer noch sehr guten Open-Air-Restaurant Breeze finden sich Rendezvous-Pärchen zum Dinner über den Wolken ein. Zu einer fantastischen Aussicht verhilft auch die Bar Rouge in Shanghai, wo sich die glitzernden Hochhausfassaden im Cocktailglas spiegeln. Die Uferpromenade Bund und der Huangpu-Fluss sind eine filmreife Kulisse, an der sich die Gäste kaum sattsehen können und ebenso heftig fotografieren, wie die Chinesen bei uns.

230 Fifth Avenue

Keinen einzigen Ruhetag gönnt sich New Yorks spannendste Rooftop Bar, 230 Fifth Avenue. Von 16 bis 4 Uhr in der Frühe kann man hier bei jedem Wetter feiern. Sollte es kühl sein, werden Heizstrahler aktiviert, zudem erhalten die Gäste rote Fleece-Bademäntel. Empire State Building und Chrysler Building scheinen zum Greifen nah, die Stadt liegt einem im Lichterglanz zu Füßen. Der Ausblick ist spektakulär, die Preise mögen manchen auch den Atem rauben, sind aber für diese einmalige Location nicht mal  überzogen. Ein Bier schluckt 7 $, mäßiger Wein ist für 7 $ zu haben, Cocktails werden mit 12 $ berechnet, eine Flasche Moet & Chandon Imperial verlangt 125 $ (+ 20% Gratuity jeweils). Man muss aus Plastikgläsern trinken, aus Sicherheitsgründen. Es gibt keine Haute Cuisine, sondern simples Fingerfood, etwa malaysische Fish Cakes oder Chicken Strips. Smooth Jazz, Chill Electronica und Oldies kommen gedämpft vom Band. Dress Code: Smart Casual, Jeans sind okay, Flipflops werden nicht gerne gesehen. Bis zu 1000 Gäste finden Platz. Unter ihnen viele Banker und Börsianer, aber auch jede Menge nette Menschen, hübsche obendrein. Jeder NYC-Besucher will hier mal dabei gewesen sein. Die Kellnerinnen können teilweise nett anzusehen sein, sind aber alles andere als professionell und nehmen sich viel zu wichtig – eine New Yorker Servicekrankheit.

Die wohl schönste Dachgartenterrasse in München bietet das Mandarin Oriental (siehe Bild ganz oben rechts). Derzeitiges Motto: Beach Feeling. Zudem befindet sich dort oben ein beheizter Swimmingpool. Gäste haben Ausblick über die Altstadt bis zum Gipfelkamm der Alpen (von 12 – 22 Uhr). Dass man sich in Deutschland mit Dachgarten-Lokalen grundsätzlich jedoch schwer tut, liegt nicht nur am launischen Sommer, sondern auch an den strengeren Sicherheitsbestimmungen.

Vertigo Bangkok

Wenn es eine Stadt gibt, die alle Voraussetzungen für aussichtsstarke Dachgarten-Lokale erfüllt, dann Frankfurt. Nr. 1 ist die Long Island Summer Lounge in zentraler Lage auf dem Oberdeck des Parkhauses Börse. Das Ambiente ist eine sehr gelungene Mischung aus Yachtclub und Schiffsdeck. Auf diesem Upper Deck wähnt man sich auf einem Ozeanriesen, doch statt unerwünschter Eisberge sieht man nur die anregende Frankfurter Skyline. Holzpaneele, Palmen und kleine Pools lassen Wasser, Strand und Meer vor dem Auge entstehen, moderne Lounge- und Lümmel-Möbel mit Doppelbetten und Baldachin laden zum Faulenzen. Wer sich unbedingt beschäftigen will, kann mit seinem Laptop dank Wireless LAN online gehen. Die 1700 Quadratmeter große City-Oase will indes vor allem für einen Kurzurlaub sorgen. Die Getränkekarte setzt auf Bacardi-Feeling und die allgegenwärtigen Cocktails, einen Riesling und Sauergespritzten findet man aber auch, ebenso den hierzulande weniger bekannten Long Island Ice Tea (aus braunem Rum, weißem Tequila, Wodka, Gin, Triple Sec, Orangensaft, Zitrone und Cola). Der nächtliche Sternenhimmel würde für eine wunderbare Atmosphäre reichen, doch abends sorgen Fackeln und Lichtspiele für weitere optische Reize. Der Sansibar Roofgarden an der Hanauer Landstraße existiert nicht mehr, im Frühjahr 2011 ist an die gleiche Stelle das Penthouse eingezogen.  Die Betreiber haben sich nach eigenem Bekunden vom Bauhausstil und den In-Clubs von New York inspieren lassen. Den Sound bestimmt Chill-House nach der Art von Sudio del Mar, zudem wird Live-Musik geboten. Man kann einen Besuch gleich mit dem sehr schicken und schönen Club Apartment im gleichen Haus verbinden.

Sirocco Bangkok

Eine ganz andere Frankfurt-Perspektive bietet der Dachgarten im Hotel Fleming´s am Eschenheimer Tor. Bei diesem Panaroma gerät man leicht ins Schwärmen und übersieht großzügig die Schwächen von Küche, Keller und Service. Zu empfehlen sind, sofern sie denn kalt an den Tisch kommen, der Grüne Veltliner von Ott und der Weißburgunder von Polz. Bei den Roten der Tinto „Fabelhaft“ aus Portugal und der südafrikanische Shiraz „Allesverloren“. Die Barkarte bietet neben Radeberger Bier vom Fass die allseits bekannten Drinks, wobei die Mojito einmal wirklich kubanisch ausfällt, will heißen, niedrig im Alkohol und mehr erfrischend als kopflastig. Gleich neben den Tischen schließt sich mit einigen Steh-Hocker-Plätzen die Bar-Abteilung an, wo man ebenfalls essen kann, nach 23 Uhr nur noch Kleinigkeiten. Mittags steht die Sonne so, dass die Schirme keinen Schatten spenden, die beste Zeit für dieses Lokal liegt zwischen 19 und 22 Uhr. Für die Fahrt nach oben sollte man den wunderbar altertümlichen Paternoster benutzen, den vorletzten seiner Art in Frankfurt.

LF

 

Long Island Summer Lounge

Long Island Summer Lounge, Frankfurt, Parkhaus Börse, Meisengasse 2-8, Tel. 069 91 39 61 47.Öffnungszeiten: Mitte Mai bis September, täglich 16 – 1 Uhr. Samstag, Sonntag ab 14 Uhr,  5 Euro Eintritt. www.longislandsummerlounge.de

Penthouse, Frankfurt, Hanauer Landstr. 190 (Uniongelände),  geöffnet Donnerstag bis Samstag 18 – 2 Uhr. www.apt-penthouse.de

Fleming´s Hotel, Frankfurt, Eschenheimer Tor 2. Tel. 069 42 72 32 200, täglich von 6 bis 23 Uhr geöffnet (Küche). www.flemings-hotel.de

Mandarin Oriental, München, Neuturmstr. 1, Tel. 089 290 980.

 


 

 

 

 

 

 

 

 




Im Westend was Neues

Allgaiers kommt salopp

 

Das neue Restaurant Allgaiers im Frankfurter Westend überrascht mit schlanker Optik und üppiger Weinkarte. Wer die früheren Lokale Le Midi und Gargantua an dieser Stelle kannte, wird seinen Augen kaum trauen: Alles ist anders, auch der Raumschnitt, selbst der Eingang wurde versetzt. Nach der Kernsanierung des Hauses ergibt sich ein völlig neues Bild.

Das am 1. August eröffnete Allgaiers ist gerne auf dem Holzweg, es gibt nur blankgescheuerte Tische, auf Tischdecken und andere formelle Accessoires wurde verzichtet. Man möchte mit dem saloppen Auftritt erst gar keine Schwellenangst aufkommen lassen und dem als besonders teuer und fein geltendem Westend eine gewisse Normalität entgegensetzen. Dazu verhilft auch als ironische Akzentuierung eine Terrassenmöblierung in ausgesuchter Loch- und Wurmstich-Art. Der efeuumrankte Garten hat noch nicht sein endgültiges Gesicht, Hauptsache Garten, Hauptsache Sommer. Der beige-braune Grundton des Gastraums im Inneren wird gehörig aufgefrischt durch die die sehr ausdrucksvollen und bewegenden Bilder von Jakob Kuffner. Der Kunstprofessor und Maler war der Onkel von Stefan Allgaiers Frau Claudia. Aufgelockert wird die Atmosphäre auch durch einige Barhocker an der Küchentheke, wo man auf ein Glas Wein und eine Kleinigkeit Platz nahmen kann.

Allgaiers schließt im Westend die Lücke zwischen der französischen Spitzenküche von Erno´s Bistro und einigen beliebigen Italienern. Ein täglich wechselndes Lunchmenü von drei Gängen gibt es zum lütten Preis von 17 €.

Stefan Allgeier, der bislang den Grünen Wald in Kronberg führte und dort immer noch die Grüne Gans betreibt, hat sich für sein neues Lokal keinen bekannten Koch geholt, sondern einen, den vor allem er kennt. Der junge Max Traue hat keine renommierten Stationen hinter sich und konnte bislang nur im Grünen Wald in Kronberg hervortreten. Stefan Allgeier zur Seite steht im Service der handfest-freundliche Achim Subtil, der zuletzt auch im Grünen Wald arbeitete und zwei Jahrzehnte davor im legendären Humperdinck schrägt gegenüber vom Allgaiers (jetzt Surf ´n´ Turf), wo Willi Tetz und Edmund Teusch eines der besten Restaurants von Frankfurt betrieben.

Neben dem Lunch-Menü und einem Wein-Menü (mittags und abends) werden Gerichte à la Carte angeboten, die bereits im Lokal Zum Grünen Wald in Kronberg Anklang fanden. Hummer mit Kalbsbries in Krustentierschaum, Gänseleberterrine, Wiener Schnitzel, Lamm oder US-Beef werden auf der Karte stehen. Bei den Weinen zeigt sich Allgaier wieder ambitioniert, über 400 Positionen sind verzeichnet. Schwerpunkt bilden Deutschland und Frankreich, auch Österreich, Italien und Spanien sind vertreten, die Neue Weinwelt dagegen nur stellenweise. Es sind dabei 15 offene Weine zu haben (0,1 und 0,2l, 4 – 9 €). Bei der Eröffnung gefielen die kleinen Tellergerichte, vor allem die gut gewürzte Lammfrikadelle mit mediterranem Gemüse.

LF

Achim Subtil

(siehe auch Biss-Artikel vom März Allgaiers statt Gargantua).

 

Allgaiers
Liebigstraße 47
60323 Frankfurt
www.allgaiers.eu
069 98956611

Mo – Fr. von 12-14.30 Uhr
und von 18.30-23.00 Uhr warme Küche

 

 

 

 

 

 

 

Bild ganz oben rechts: Stefan Allgaier




Koflers neues Café Schmus

Garten-Oase im Trubel Berlins

 

Das Lokal im größten jüdischen Museum Europas in Berlin heißt jetzt Café Schmus. Nach Umbauarbeiten wurde es wieder eröffnet und kann auch ohne Museumsticket besucht werden. Kofler & Kompanie ist hier bereits seit September 2011 für die gastronomische Betreuung zuständig. „Schmus“ oder „schmisen“, „schmusen“, bedeutet je nach jiddischem Dialekt, „sich unterhalten“, „miteinander reden“, „sich etwas erzählen“. Auf der großen Speisetafel über der Küche steht auch ein altes jüdisches Sprichwort: Wovon wird der Kaffee süß, vom Zucker oder vom Umrühren?

Das Café will eine neue kreative Richtung in der traditionellen jüdischen Küche einschlagen. Generell wird auf Schweinefleisch, Schalen- und Krustentiere verzichtet, jedoch nicht koscher gekocht. Am Vormittag bietet das Museumscafé ein Frühstücks-Sortiment und frische Kaffeespezialitäten an. Täglich gibt es wechselnde Mittagsgerichte aus regionalen sowie mediterranen Zutaten mit Live Cooking Elementen sowie Salate, Sandwich-Variationen, frische Kuchen und Süßes.

Das Café Schmus befindet sich im Altbau des Jüdischen Museums Berlin direkt neben dem lichtdurchfluteten Glashof und grenzt an einen weitläufigen Garten, im Sommer eine Oase im Großstadttrubel: 3.000 Quadratmeter mit Laubengang und Liegestühlen, Wiesen mit Zieräpfelbäumen und einem Platanenwäldchen. Beide Orte werden vom Café bespielt. Das Café Schmus bietet hier als besonderes Highlight individuell gestaltete Picknickkörbe an – der ideale Begleiter für den Konzertabend oder beim Genießen und Entspannen im idyllischen Ambiente (Vorbestellung: Tel. 030 25796751.

Die exklusiven Räumlichkeiten bieten zudem eine gute Location für hochwertige Event-Formate, meint Börries von Notz, der Direktor des Jüdischen Museums, für den Kofler & Kompanie bevorzugter Cateringpartner des Hauses ist. Nicht zuletzt eignet sich der von Daniel Libeskind  entworfene Glashof des Museums für Tages- und Abendveranstaltungen mit bis zu 650 Personen. Außerdem ist es möglich, die Caféflächen auch abends außerhalb der Museums-Öffnungszeiten exklusiv für Veranstaltungen zu mieten.

von Notz (l.) und KP Kofler

Für den Frankfurter Gastronomen Klaus Peter Kofler spielt Museumsgastronomie schon seit mehreren Jahren eine sehr bedeutende Rolle. Sein Unternehmen ist in Berlin neben dem Café Schmus im Jüdischen Museum auch im Zeughaus im Deutschen Historischen Museum sowie im Bodemuseum für die gastronomische Betreuung der Cafés zuständig, zudem ist er Cateringpartner für Veranstaltungen in  diesen Locations. „Für Veranstaltungen sind hier wunderbare Kombinationen der verschiedenen Museumslocations möglich, meint Kofler. „Besonders reizvoll an der Museumsgastronomie ist, dass hier wirklich äußerst spektakuläre Räumlichkeiten zu finden sind. Insbesondere ist es uns wichtig, dass wir als kunstinteressierte Gastronomen, das Museum inhaltlich stark in das jeweilige Café einbauen.“ So wurden beispielsweise für das Café Schmus besondere Lampen mit jüdischen Schriftzügen bauen eingebaut. Im neuen Café Schmus dominieren natürliche und gedeckte Farben. Das Interieur ist im Used Style gehalten – vergleichbar mit Kofler Pret a Diner Pop-up Design. Der Innenraum hat 60 Sitzplätze, im anschließenden Glashof  kommen noch einmal 100 hinzu, bei schönem Wetter gibt es weitere 40 Plätze im Garten.

 

Café Schmus, Berlin, Lindenstraße 9-14, Tel. 030  25796751, geöffnet Mo: 10-22 Uhr, Di-So: 10-20 Uhr, entsprechend der Öffnungszeiten des Jüdischen Museums Berlin.

 

 




Neueröffnung Lohninger & Meyer

Gastro News

Famoses Fest im neuen Holbein´s

 

Das Jahr ist zwar noch nicht zu Ende, doch es dürfte sich schwer ein besserer Kandidat für den Titel „Fest des Jahres“ finden lassen als die große Sommersause im Restaurant Holbeins, bei der Gregor Meyer und sein neuer Partner Mario Lohninger auch gleich den Einstand für ihre Kooperation feierten. Der Veranstalter, das Frankfurter Top Magazin, sucht sich für seine Top-Lounge Feste ja immer extravagante Locations aus, doch diesmal glänzte man auf allen Ebenen, von der Präsentation bis zur Organisation, beim Essen und bei den Getränken. Es gab guten Champagner von Billecart-Salmon, Wein von August Kessler und Radeberger Pils vom Fass sowie Hugo und Aperol Sprizz bis zum Ertrinken.

Gregor Meyer (l.) und Mario Lohninger im Holbein´s

Im Garten verteilten sich verschiedene Küchenstände mit Hausmacher Bratwurst und Ananas-Curry, Riesengarnelen in Dukka, Hühnchen mit Wok-Gemüse und N.Y. Strip Loin Mini-Burger. Als Desserts gab´s Macarons, hausgemachtes Bio-Sorbet im Glas und Pampelmusen-Cocktail.  Zudem konnte man zum ersten Mal das neue Sushi-Lokal im Holbein´s bewundern, in dem jetzt Kawano Hirofumi für die erstklassigen japanischen Happen sorgen wird, wie wir sie aus Mario Lohningers Silk und Micro kannten. Das mit dezentem Schick gestaltete Sushi-Lokal befindet sich im Souterrain, besorgt sich aber durch seinen großen Eingang viel Licht und Luft von Außen, wodurch überhaupt kein „Dunkles-Loch-Gefühl“ aufkommt.

Zu keiner Zeit herrschte an den Kochstationen Gedränge, ein unermüdlicher Service flitzte zudem mit Essen und gekühlten Getränken umher und dachte auch daran – heißa wir haben Sommer – Eiswürfeleimer einzusetzen. Laue Getränke sind bei vielen Sommerfesten ein Gute-Laune-Killer, aber immer wieder zu erleben. Über 500 Gäste tummelten sich und zeigten, dass Frankfurt keine graumäusige Business-Stadt ist, sondern auch bunt sein kann. Vor allem die Damen bewiesen Modebewusstsein, nicht oft sieht man so viel Bein und tolle Schuhe auf einmal.

 

Selten hat es bei den ohnehin gut besuchten Festen des Top Magazins einen solchen Ansturm gegeben, das Wetter war perfekt, doch vor allem waren alle neugierig auf das neue Holbein´s. Das Essen stammte selbstredend nicht von der neuen Karte, die ohnehin erst Ende des Monats greifen wird. Doch belegten die Happen, dass auch Party-Food gut gemacht sein kann. Das Holbein´s ist beim Ambiente seinem Stil treu geblieben, die Terrasse wurde mit neuen Stühlen ausgestattet, auch der große Gastraum selbst inklusive der separaten Arkaden ist behaglicher geworden. Die neue Tischkultur (Service, Besteck, Gläser) wird sich in den nächsten Tagen bemerkbar machen. Gäste können den Abschluss der Veränderungen und das neue Konzept im Holbein´s ab 1. September genießen.

Siehe auch Artikel Mario Lohninger und Gregor Meyer betreiben gemeinsam das Holbein´s im Städel Museum sowie Mario Lohninger schließt Silk und Micro

 

Balzers neue Küchenloft

 

Laut klackende Schuhe der Servicemitarbeiter und heftig knackende Eiswürfel sind Event-Caterer Michael Balzer bei Veranstaltungen ein Gräuel. Ebenso verpönt ist bei ihm Puderzucker, der schnell die Kleidung der Gäste bestäuben könnte. Bei der Eröffnung seiner neuen kulinarischen Werkstatt in Frankfurt-Niederrad beließ es Balzer nicht bei den üblichen Begrüßungsformeln. Er bemerkte auch, dass die Stadt nicht auf ihn gewartet habe, weshalb er besonders engagiert aufzutreten habe. Bislang ist Balzer eher in Wiesbaden aktiv und führt mit der Gutsschänke auf Schloss Reinhartshausen im Rheingau noch einen weiteren Betrieb. In Frankfurt begegnet er nun im gehobenen Catering-Bereich zwei Platzhirschen – Klaus Peter Kofler und Gregor Meyer. Die Stärke von Kofler liegt in seinem Ideenreichtum, die von Mayer in der soliden Handwerklichkeit. Die Stärke von Balzer sieht man unter anderem in der Präsentation. Unvergessen ist seine Tafel im Frankfurter Hauptbahnhof (http://www.fienholdbiss.de/?p=6855) Auch jetzt machte er aus dem tristen Gebäude mit der Produktionsküche (14 Mitarbeiter) in der Bürostadt Niederrad eine fesche Lounge mit verschiedenen Küchenstationen – mit Hilfe des kreativen und phantasievollen Unternehmens Unit Art aus Maintal-Bischofsheim bei Frankfurt, deren Blumen-Arrangements und Dekorationen immer optische Highlights sind.

 

Wein-Salon bei Zarges

 

Saar-Winzer Roman

Das Restaurant Zarges auf der Frankfurter Freßgass eröffnet wieder seinen Wein-Salon mit einer Reihe von Degustationen, bei dem Winzer ihre Erzeugnisse persönlich vorstellen. Den Auftakt macht am 30. August um 19 Uhr ein Winzerstar von der Saar:  Roman Niewodniczanski präsentiert den Jahrgang 2011 an diesem Abend als Premiere exklusiv im Restaurant. Für ihn ist dieser Jahrgang „ein sagenhafter von historischer Qualität“. Aufgrund der grandiosen Qualitäten stuft er den Jahrgang auf ein Niveau mit den inzwischen legendären Jahrgängen 1921, 1945, 1959 und 1971 ein. „2011 konnten wir Weine machen in einer Stilistik wie vor hundert Jahren: Fast alle unsere Rieslinge haben gerade einmal 12 Prozent Alkohol.“ Maître Sommelier Bjoern Zimmer führt durch den Abend, Küchenchef Girolamo Falco präsentiert ein 5-Gang-Menü passend zu den einzelnen Wine-Flights. An dem Abend besteht die Möglichkeit die zum Teil stark limitierten Weine von Van Volxem direkt zu bestellen. Die vorgestellten Weine gehen teilweise erst ab dem 1.September in den offiziellen Verkauf. Preis pro Person für das Weindinner: 99 Euro ( 5-Gang-Menü mit Weinbegleitung). Reservierung unter Tel. 069 29 90 30.

 

 

Das beste Frankfurter Würstchen

kommt aus Pfungstadt von der Metzgerei Feldmann. Jedenfalls kam es zu diesem Ergebnis beim 1. Frankfurter Würstchen Casting auf dem Liebfrauenberg, bei dem eine Jury aus Fachleuten und mehr oder weniger bekannten Frankfurtern munter mampfend Rat hielt, wobei auch Ex-Oberbürgermeisterin Petra Roth mit von der Partie war. Immerhin erreichte mit dem Fleicher-Fachgeschäft Kai Waibel ein Frankfurter Unternehmen Platz 2. Über 40 Teilnehmer kämpften um den Titel. Fleischkonsistenz und Knackigkeit spielten dabei eine Rolle, aber auch Geschmack und Aussehen. Der als Haxen-Reichert bekannte Thomas Reichert wollte mit dem von ihm initiierten Wettschmaus die handwerklichen hergestellten Produkte kleiner Fachbetriebe in den Mittelpunkt stellen, weshalb große Unternehmen wie G. A. Müller nicht dabei waren, der mit Rewe kooperiert, allein im Kernunternehmen 50 Mitarbeiter beschäftigt und im Landkreis Fulda produziert. Das Frankfurter Würstchen ist nach Meinung von Reichert „das liebeswürdigste Produkt von Frankfurt“ und auf der ganzen Welt viel bekannter und begehrter als bei uns, was sich durch solche Aktionen ändern solle. Das Frankfurter Würstchen ist ein geographisch geschütztes Markenzeichen und darf nur nach bestimmter Rezeptur im Frankfurter Raum hergestellt werden, wozu jedoch offiziell beispielsweise auch Darmstadt oder Offenbach gehören. Das Würstchen Casting auf dem Liebfrauenfest wurde zu einem kleinen Volksfest mit Musik – wo sonst konnte man die Sängerchöre der Fleischerinnung Frankfurt-Darmstadt live erleben?  Der Wettbewerb soll alle zwei bis drei Jahre stattfinden. Beim nächsten Mal könnte man vielleicht mehr das Publikum einbeziehen und mittesten lassen. Nach Art des Frankfurter Grünen Soße Festivals, wo Gäste gegen eine Gebühr probieren und abstimmen dürfen.

Barbara Fienhold

 

 

 




Der Fiesschmecker & Gastro News

Fiesschmecker

 

Alles im Leben ist Streit um Geschmack. Sagt unser Hausphilosoph Friedrich Nietzsche. Man muss nur wissen, mit wem man über Geschmack streiten will. Mitunter lohnt es sich, oft aber nicht. Die illustrierte Zeitschrift „Der Feinschmecker“ wählt in ihrem neuen Restaurantführer die 800 besten Restaurants Deutschland. Dass auf Platz 1 in Frankfurt das Restaurant Francais im Frankfurter Hof ist, erscheint bereits wenig überlegt, ist aber immerhin nicht ganz peinlich. Sonst geht es zu, als habe der wahnsinnig demokratische „Marcellino´s“ jedwede Gäste und kein Fachpersonal testen lassen. Das wahrscheinlich ungewöhnlichste Restaurant der Stadt und dessen im besten Wort eigensinnigen Gerichte, Villa Merton, sind dem Feinschmecker nur zwei „F“ wert (von 5 möglichen). Und damit so viel wie für das unterirdische Zenzakan und das in einer ganz anderen Liga spielende Döpfner´s im Maingau. Selbst die rustikale Werkskantine von Exenberger, der bloß wichtigtuerische Ivory Club und das vorgestrige Gargantua sollen angeblich ähnlich oder genau so gut sein, wie die phantasievolle Villa Merton. Warum das feudale Restaurant Opéra in der Alten Oper und das kunstsinnige Museumslokal Emma Metzler unter der Rubrik „Szenelokale“ laufen, erscheint ebenso unsinnig, wie das Fehlen des Restaurants Max on One im Hotel Jumeirah mit dem hochsoliden Küchenchef Martin Steiner.

 

Lindenberg-Essen

 

Kimberley Unser in der Lindenberg-Küche

 

Das neue Hotel Lindenberg in Frankfurt serviert jetzt jeden  Sonntag sein „Frühstücksmittagsessen“, bei dem es ausdrücklich erwünscht ist, dass sich Hotelgäste und Frankfurter zusammenfinden. In der schönen Küche mit Terrassenanschluss sind Kimberley Unser und ihr Team vom Seven Swans am Werk. Das Frühstück beginnt um 11 Uhr und kostet 21 € pro Person, ohne Getränke, dafür zum Immerwiedernachladen. Diese etwas andere Art zu Brunchen soll zu einer festen Einrichtung werden. Das Hotel bittet um vorherige Anmeldung.

Lindenberg, Frankfurt, Rückertstr. 47, Tel. 069 430 591 530. www.das-lindenberg.de

 

 

 

 

Schlau geleckt: Eis-Universität

Und erstes Eismuseum der Welt

In Anzola Emilia, einem kleinen Ort in der Nähe von Bologna, hat der italienische Eismaschinen-Hersteller Carpigiani anseiner Produktionsstätte ein 1.000 Quadratmeter großes „Museo del Gelato“ eingerichtet. Diese neue Sehenswürdigkeit öffnet pünktlich zum traditionellen „Wine Food Festival“  (27.- 29. September) seine Pforten.Während des Festivals sind mehr als 40 kulinarischen Events zu erleben. Im Eis-Museum erwarten die Besucher 200 Maschinen und Geräte, die man für die Zubereitung  benötigt. Über 10.000 Fotografien und verschiedene Rezepte nehmen die Gelati-Fans mit auf eine kulinarische Reise bis ins 18. Jahrhundert. Das Eismuseum ist von Montag bis Samstag geöffnet, der Eintritt kostenlos.

Für alle, die noch mehr über das eiskalte Vergnügen erfahren möchten, lohnt sich ein Besuch in der angeschlossenen Eis-Universität. Hier können Kurse zur Eiszubereitung belegt werden, in denen die Teilnehmer alles über die perfekte Konsistenz und die richtigen Zutaten erfahren. Sehr begehrt ist auch der dreitägige Grundkurs für „Gelatieri“, in dem die „Lehrlinge“ erfahren, wie das perfekt zubereitete italienische Eis schmecken muss. Dieser Kurs wird in deutscher, englischer, französischer, spanischer und italienischer Sprache angeboten.

www.gelatouniversity.com

 

 

 




Vorsicht Nepp !

Wie man ohne Abzocke reist

 

Sommerzeit, Urlaubszeit, Neppsaison. Wenn unsere Aufmerksamkeit durch Strände oder gotische Kirchen, durch Fischerboote oder Palmen abgelenkt ist, lassen wir uns leichter abzocken. Wir verratenen, was misstrauisch machen sollte.

 

Nähe von Monumenten oder Stränden

ist fast immer ein schlechtes Zeichen: Mit Blick auf Notre Dame, den Dom oder den Canal Grande speist es sich zwar noch mal so gut, aber meist auch teuer und mäßig. Exorbitante Mieten zwingen fast jeden Gastronomen, hier Masse zu machen.

 

Versteckte Preise

Preise müssen in allen Urlaubsländern deutlich sichtbar angeschlagen sein. Erst checken, ob Trinkgeld inbegriffen ist. Achtung: Auch günstige Lokale rächen sich gerne bei Kleinigkeiten und Details:  Aperitif, Kaffee oder Mineralwasser können erschreckend teuer sein; Gläser von warmem Schampus für 20 Euro sind keine Seltenheit mehr.

Etwas von allem, was jedem gefällt

ist das Motto vieler Sommerlokale: Sushi, Tomate-Mozza, Pasta, Dim-Sum, Seezunge im Ganzen und natürlich ein ordentliches Stück Fleisch für die Herren der Schöpfung. Gästemisshandlung in besonders schwerem Fall begeht der Wirt, wenn er solche Gerichte auf der Karte mit Fotos abbildet. Bringt in Kombination mit Punkt 1 auch die Magensäfte robuster Esser in Wallung.

 

Nonsens-Namen

klingen zwar schön, sind aber ein Risiko. Hier kann ihnen der Wirt ganz legal all das andrehen, was sich gerade im Kühlschrank befindet. Gastro-Großverdiener unterscheiden zwei Schulen: Die Pseudo-Klassik mit Gerichten wie „Huhn Graf Orlowski“, „Spaghetti Botticelli“ oder „Omelett Marco Polo“ und die Pseudo-Moderne mit „virtueller Kaninchenwurst“, destrukturierter Tomate-Mozza und „Jensens hartem Winter von 1945“. Immer wenn man nicht weiß, was da gerade aufgetischt wird, ist äußerste Vorsicht geboten. In der modernen Variante werden die Gerichte außerdem mit Zusatzstoffen und Aromen angerührt.

Überraschungsmenüs

Sind wie eine Wundertüte. Man weiß nie, was da gerade drin ist. Je nach Lokal kann die Überraschung aus Zutaten am Ende ihrer Lebensspanne bestehen, die halt raus müssen. Auch das ist eine Überraschung.

 

Herkunft der Zutaten

steht auch und gerade dort in Frage, wo jede Erbse mit den Worten „frisch vom Bauernhof“, nach Großmutterart oder „wie mein Onkel sie liebte“ versehen ist. Merke: Nicht jeder Gast muss mögen, was einst der Onkel aß, „nach Großmutterart“ werden auch Dosen und Convenience-Gerichte verkauft. Omi würde staunen, wenn sie die Liste der Inhaltsstoffe lesen müsste.

 

Brackwasser im Aquarium

durchsetzt mit traurig dreinblickenden Hummern und Langusten. Ein schwaches Alibi für die angeblich so frischen Edel-Zutaten. Faustregel: Sind die Hummerantennen bis auf kurze Stummel abgefressen, hat das Tier eine lange und unglückliche Sommersaison hinter sich, ist unter dem Krustenpanzer abgemagert und aromenarm.

Wein und Wasser in der Küche öffnen

ist oft ein klares Neppzeichen. Man präsentiert eine teure Flasche, zurück kommt eine Karaffe guten, aber günstigeren Weins. Mineralwasser wird hinter den Kulissen gegen Leitungswasser ausgetauscht. In Mittelmeerländer funktioniert das auch mit Hummern aus dem Vivarium oder einer üppigen Fisch-Auslage am Eingang: Einmal dem Gast gezeigt, in der Küche wieder beiseite legen bzw. lebende Tiere in ein zweites Becken stecken. Aufgetischt wird tiefgefrorene Ware.

 

Fragen nach Kreditkartennummern bei der Reservierung

sind schlicht ein Unding. Es gibt Horden von Missbrauchsfällen durch Personal, dass ja nur eine Touristensaison in einem Lokal  arbeitet. An exotischen Urlaubsorten floriert eine weitere Methode: Die Karte verschwindet außerhalb der Sichtweite des Gaste und wird kopiert.

 

Jörg Zipprick

 

 

 




Der große Durst: Trend Drinks

Es muss nicht immer

Alkohol sein

 

Tau von den Wiesen. Wer möchte sich nicht damit erfrischen. Mit diesem schönen Namen hat ein taufrisches Frankfurter Jungunternehmen vom Start weg Erfolg und wird von Gastronomen und Gästen gleichermaßen geschätzt. Den Bio-Kräuteraufguss gibt es derzeit in zwei Varianten, unser Favorit ist Lemoncrazy. Diese sympathische Köstlichkeit aus Nanaminze, Zitronengras, Limettenblättern, Zitronenthymian, Zitronenmelisse und anderem mehr ist keine Spur pappig und langweilig, sondern angenehm trocken und aromatisch. Simon Horn setzt in seinem neuen Lokal Margarete in der Frankfurter Braubachstraße genau auf solche netten Nischenprodukte, die abseits vom Mainstream liegen.

Es gibt weit mehr gute Weine, Biere und Spirituosen als bemerkenswerte alkoholfreie Drinks. Während uns die allgegenwärtige Bionade nur dumpf im Magen herumblubbert, haben wir doch an so manch anderen Getränken ohne Sprit und doch mit Spirit unsere Freude. Zu den positiven Ausnahmen gehört vor allem die Rhabarberschorle. In Berlin, Hamburg und selbst Magdeburg längst ein It-Getränk, in Frankfurt erst auf dem Vormarsch. Es gibt verschiedene, die vom Hofgarten Sauer aus Grebin bei Kiel ist besonders gut. Blitzsauber im Aroma, angenehme Perlage mit guten Druck. Bei dieser „Wurzel der Barbaren“ wird ausschließlich die säurearme und duftige Sorte „Holsteiner Blut“ verwendet. Man bekommt das lustig wie von Pipi Langstrumpf etikettierte Fläschchen beispielsweise im schönen und guten Restaurant Seven Swans in Frankfurt, wo die Weinauswahl ja nicht so berauschend ist und man gerne nach Alternativen sucht. Man kann die Rhabarberschorle auch direkt aus dem Internet beziehen oder in verschiedenen Märkten bekommen.

Sommer macht durstig. Vor allem in Spitzenrestaurants und Szenelokalen will man mehr als das Alltägliche bieten. Andreas Albrecht aus Bad Homburg ist Barkeeper, Wasserspezialist und spürt obendrein weltweit die interessantesten Trend-Drinks auf. Sein Unternehmen „Sir Aqua“ beliefert viele Lokale im Rhein-Main-Gebiet. Auch das Lokal Goldman an der Hanauer Landstraße, wo man für neue Ideen offen ist. Dort empfiehlt man nicht nur Weine, sondern auch alkoholfreie Neuzugänge wie ChariTea, ein Produkt, bei dem die englischen Begriffe für „Gutes tun“ und Tee originell zusammengeführt werden. In den netten Fläschchen steckt ein ungezuckerter Bio-Tee aus fairem Handel von Plantagen aus Südafrika und Sri Lanka. Mit den Fairtrade-Geldern werden Vorort Bildungs- und Gesundheitsprojekte unterstützt. „Trinkend die Welt verändern“, ist jedenfalls die Maxime des jungen Hamburger Unternehmens. Diesen Tee gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen, etwa als Grünen Tee mit Ingwer und Honig. Gut gekühlt ist er eine schöne Alternative zu herkömmlichen Softdrinks. Zu dem Unternehmen gehört außerdem der Bestseller LemonAid, mit angenehm unaufdringlicher und nicht chemisch schmeckender Frucht. Nach Meinung von Andreas Albrecht werden solche Drinks die nächsten Jahre Trend sein. Auch, weil sie von Barkeepern gut eingesetzt werden können, gerade bei der allgegenwärtigen Caipirinha. Die Bars und noch mehr die meist eintönig mit den immergleichen Getränken ausgestatteten Minibars in den Hotels können jedenfalls eine solche Auffrischung vertragen.

Die jetzigen Trend-Drinks repräsentieren mehr noch als einen neuen Geschmack eine ökologisch korrekte Haltung und witziges Design. Bio muss es sein, gesund sowieso. Mit gutem Gewissen genießen – und dadurch sich und anderen helfen. Beeren und Vitamine haben dabei als Inhaltsstoffe einen hohen Stellenwert. Die Beeren-Drinks namens Gloji kommen sehr originell in Fläschchen daher, die wie eine große Glühbirne aussehen. Der vitamin- und mineralreiche Inhalt soll entsprechend zum positiven Strahlen verhelfen, das Immunsystem stärken und durch Antioxidantien entgiften. Der Drink, so versprechen die Hersteller in Los Angeles, enthält kein Zucker und keine Konservierungsstoffe, aber mindestens 360 Goji-Beeren. Die Beeren des Bocksdornbuschs sind seit tausenden Jahren bei den tibetanischen Mönchen bekannt und wachsen noch immer wild in der Inneren Mongolei und dem Nordwesten Chinas, werden aber sonst auf großen Plantagen gezogen. Apfel, Granatapfel, Lychee und Sanddorn sind bislang die Geschmacksrichtungen bei den Goji-Drinks.

Ebenso ungewöhnlich ist ein neues Getränk in Bordeaux-Flaschen: World Domaine von Bottlegreen aus England. Auch ein alkoholfreies, biologisch und sozial geprägtes Produkt. Aus organischen Obstsäften, natürlichem Quellwasser und exotischen Kräuterextrakten. Leicht moussierend, erfrischend und mit deutlichem, aber nicht pappigem Traubengeschmack. Es gibt Versionen in Rot, Weiß und Rosé, wie bei einem richtigen Wein. Täuschend echt und eine Überraschung an jedem Tisch, bei jeder Party. Spritzer nennt sich im Englischen so ziemlich alles, was mit Sprudelwasser in Berührung kommt. Die Bottlegreen Sparkling Edition bietet alkoholfreie Erfrischung mit gutem Geschmack. Aus handgelesenen Holunderblüten (Elderflower) und Quellwasser mit Kohlensäure ist hier bei aller Leichtigkeit ein Getränk mit Substanz entstanden. Gut sind auch Cox Apfel und die Mischung aus Williams Birne und Holunder. Die neuen Drinks wollen sich vor allem gegen die allgegenwärtigen, zuckerreichen, süßen Getränke aufstellen und sich als gesundheitsbewusste Marken etablieren. Man findet sie in hippen Lokalen, wie der Long Island Summer Lounge, dem a&o oder dem Gutding in Frankfurt, dem Musikclub Robert Johnson in Offenbach, der Peppers-Bar in Bad Homburg und der Sommer-Lounge Spital in Wiesbaden.

Peter Lunas

 

Sir Aqua, Andreas Albrecht, Bad Homburg, Tel.  06172 859144.

 Anmerkung: Die Beeren werden Goji geschrieben, die vertreibende Firma und ihre Flaschen Gloji mit “l”, weil der Werbespruch „the juice that makes you glow“ heißt.   

 

 




Ödipus am Herd

Was Michel Bras groß machte

könnte den Sohn klein halten

 

Über den großen französischen 3-Sterne-Koch Michel Bras und seinen Sohn Sébastien kommt  jetzt ein Film in deutsche Kinos, der den Generationenwechsel geschmackvoll und sensibel dokumentiert. Der Filmemacher Paul Lacoste begleitete die beiden ein Jahr lang und zeigt tiefe Einblicke in das delikate Verhältnis zwischen dem Meister und seinem Zögling. 

Söhne von kochenden Vätern haben es nicht immer leicht. Und umgekehrt. Die Väter wissen: Trotz allem Star-Rummel um Köche geht es im Tagesgeschäft nicht um den Ausdruck künstlerischer Leistungen,  sondern darum, den Gast zu verwöhnen. Söhne wollen sich aus verständlichen Gründen selbst verwirklichen, wollen zumindest einen Platz neben dem Vater finden. Doch der Gast ist ein Gewohnheitstier: Besucht er ein erstklassiges Restaurant, möchte er die bekannten Spezialitäten zumindest auf der Karte sehen. Bei Troisgros oder bei Haeberlin, zwei alteingesessenen Restaurateurs-Dynastien, wird das Erbe der Väter nicht verleugnet. Beide Häuser sind generationsübergreifend erfolgreich. Doch auf einen Michel Troisgros kommen etliche Nachwuchsköche, die vom Vater regelrecht verheizt wurden. Auch der hatte natürlich nur die besten Absichten: Lehrzeit bei den Besten der Zunft (im Zweifelsfalle Kumpels des Vaters), dann schrittweise Übergabe des Betriebes. Es ist eine Situation, in der ein junger Koch fast nur verlieren kann. Die Brigade sieht im Youngster weniger den Könner als den Erben, den Gästekreis hat der Herr Papa aufgebaut. Kurz: Es ist eine Art ödipaler Konflikt bei dem das Familienrestaurant an die Stelle von Mutti tritt.

Dieser Situation nähert sich der Film „Entre les Bras“, der jetzt in den deutschen Kinos anläuft.  Im Französischen ist das ein Wortspiel: „Zwischen den Armen“ (Bras) oder zwischen Michel und Sébastien Bras, Vater und Sohn. Michel und Sébastien könnten nicht unterschiedlicher sein. Das liegt bestimmt nicht an den Genen. Beide sind zu unterschiedlichen Zeiten der Küchengeschichte „groß geworden“. Da ist zunächst Vater Michel, ein typisches Kind der Nouvelle Cuisine, als in Küche und Restaurantkritik noch alles möglich schien: Irgendwann 1978 verirrte sich ein namenloser Gault-Millau-Mitarbeiter in das vermeintliche kulinarische Ödland der Auvergne, kämpfte sich fast drei Stunden von Clermont-Ferrand aus über schmalste Bergstraßen bis ins ländliche Laguiole vor und bezog in der einfachen Auberge „Lou Mazuc“-Quartier. Ein junger, hagerer Bursche mit viel zu großer Brille ging damals in der Küche des Dorflokals seiner Mutter zur Hand. Das winzige Laguiole hatte der junge Mann nie in seinem Leben verlassen. Aber weil die Zeitungen aus dem fernen Paris soviel über die Nouvelle Cuisine und deren Helden von Troisgros bis Guérard schrieben, hatte auch er in seiner winzigen Küche ein wenig experimentiert – meist mit Kräutern und Pilzen, die er bei seinen Wanderungen durch die Region selbst gesammelt hatte. Der einsame Tester griff nach dem Menü sofort zum Telefon: Wenig später schaute Monsieur Millau höchstselbst vorbei –  und war nach einer „Terrine vom Taschenkrebs en crème mit Kräutersalat“ so zufrieden, dass auch Monsieur Gault eine Woche später zum Essen kam. Von da an hagelte es Auszeichnungen für den jungen Michel Bras und der mütterlichen Auberge. Erst Mützen, dann Sterne und Punkte…

Bras zog es nicht nach Paris oder an die Côte d’Azur. Er blieb so stur, wie die Hauptstädter es immer von den Auvergnaten behaupten, und entschied: „Sollen die Gäste doch zu mir kommen“ – ins winzige Dorf im Aubrac, wo es außer Messerschmieden, wahllos in die Landschaft gestreuten Granitfelsen und friedlich grasenden Rindern so gar nichts gibt, was zahlende Gäste anziehen könnte. Berühmt wurde Michel Bras durch den geschickten Einsatz von Kräutern und Gewürzen. Um die 350 verschiedene wanderten pro Jahr durch die Bras’sche Küche und wurden zu Gerichten wie dem „Gargouillou“, bei dem nicht weniger als 18 Gemüse dafür sorgen, dass jeder Bissen anders schmeckt. Und, ja, den halbflüssigen Schokoladenkuchen, den es heute in jedem französischen Supermarkt gibt, den hat er auch erfunden. Es dürfte sich beim „Moelleux“ um eines der meist imitierten Gerichte der letzten 30 Jahre handeln.

Manchmal beließ Bras-Präzision muss sein – auf der Karte seinen Kräutern und Gemüsen sogar ihre botanischen Namen: Tricholoma terreum und Tricholima equestre zur Rehterrine, Boletus edulis (eine Steinpilzart) mit Schinken im Dampf gegart, cantharellus tubaeformis (ein Pfifferling) zur Dorade.  „Terroir muss man leben, das ist für mich mehr als alte Rezepte“, pflegte Michel zu sagen. „Das kann der Duft einer Pflanze sein oder ein spezielles Licht – all das möchte ich in meiner Küche rüberbringen. Eine erdverbundene Küche für die ich die Zutaten freilich anderswo suchen muss, denn bei uns gibt es nur Käse, Wurst und ein wenig Wein.“ Dicke schwarze Kumuluswolken über dem Aubrac-Plateau inspirierten ihn zu einem Gericht mit Lotte in Olivenölemulsion, der „Gargouillou“ repräsentiert für ihn „Frühling und Lebensfreude in der Region“ – „das bewegt sich, das lebt“. Und natürlich ist für das Nationalgericht der Auvergne auf jeder Karte ein Ehrenplatz reserviert: Das Aligot (eine Mischung aus jungem Cantal-Käse und Kartoffelbrei) geriet dem Cuisinier aus der Auvergne so locker und leicht, dass sich alle anderen Versionen dagegen wie Wackersteine ausnahmen.

Michel Bras (r.) mit seinen Eltern

Bras wagte und gewann: Für nicht weniger als 26 Millionen Francs (etwa 4 Millionen Euro) konstruierten die Architekten Eric Raffy und Philippe Villeroux für ihn eine hypermoderne Bergfestung über der Route de l’Aubrac hinter Laguiole – eine Burg aus Glas und Granit inmitten einer gallischen Postkartenversion der schottischen Highlands. Und die war seitdem praktisch immer ausgebucht. „Ich habe nie in einem „Grand Restaurant“ gelernt. Früher hat mich das manchmal unglücklich gemacht“, erklärte Michel mir einmal. „Andererseits: Meine Küche ist gänzlich unbeeinflusst, die schulde ich Niemandem. Und darauf bin ich stolz.“

Und das ist der Unterschied zu Sébastien: Er lernt im Institut Paul Bocuse. Dort geht es weniger ums Kochen, sondern in seinem Fall mehr um Management, Verwaltung und Marketing. Alles Dinge, die ein Koch heute ohne Zweifel beherrschen muss. Dazu kommen bei Sébastien Abstecher zu Bernachon, dem großen Chocolatier aus Lyon, zu Pierre Gagnaire und Michel Guérard. Um seinen Horizont zu erweitern, reist er nach Japan, Vietnam, Marokko, den Senegal, Brasilien und und und.  Sébastien ist in der Küche am meisten durch den eigenen Vater beeinflusst. Dem Magazin Elle vertraute er einmal an, dass er auf sein Gericht „Tartine mit Rhabarber, Milchhaut und süßem Erdbeerlikör“ besonders stolz sei. Es war die erste Kreation von Bras junior, die der Vater unverändert auf die Karte setzte.

Von diesem Spannungsverhältnis lebt der Film. Auch dieser kann letztlich eine Frage nicht beantworten: Wie geht es mit dem Restaurant weiter? Bleibt die Leistung konstant? Ändert sich der Stil der Küche? Das Ergebnis wird spannend. Es ist schwierig, ein Lokal zu leiten, wenn der Übervater jeden Moment durch die Tür kommen kann. Sébastien ist da in guter Gesellschaft. Auch Michel Troisgros vom gleichnamigen Restaurant in Roanne fand seinen Weg erst, als Vater Pierre nicht mehr täglich in der Küche vorbeischaute.

Jörg Zipprick

 

 

ENTRE LES BRAS wir in folgenden Kinos ab dem 09.August zu sehen sein.

Berlin, EVA-Lichtspiele

Berlin, FSK-Kino

Berlin, Filmkunst 66

Bremen, Schauburg

Dresden, Programmkino Ost

Freiburg, Friedrichsbau

Frankfurt, Mal Seh’n Kino Frankfurt

Hamburg, Abaton

Hannover, Kino Hochhaus

Köln, Filmpalette

Köln, Weisshaus-Kino

Leipzig, Passage

Magdeburg, Moritzhof

München, Theatiner

Münster, Cinema

Nürnberg, Filmhaus

Saarbrücken, Filmhaus

Stuttgart, Arthaus

Seefeld, Breitwand