Die Gastro-Highlights des Jahres

Das hat uns 2012 besonders gut in Deutschland gefallen

 

Und wird auch im neuen Jahr Freude machen

 

Hotel Adlon in Berlin: Der mit Abstand beste und schönste Platz im Hotel ist das Restaurant Lorenz Adlon Esszimmer. Erstklassiges Essen (Zander mit Kalbsfuß-Lorbeer-Extrakt) hervorragender Service, vor allem Sommelier Shahab Jalali berät mit animierender Freude und sensibler Individualität. Mit Sicherheit ist das Esszimmer ein Kandidat auf Höchstbewertungen in allen Restaurantführern.

 

Hotel A-Rosa Sylt: Die phantasievollen und optisch hinreißend präsentierten Desserts von Chef-Pâtissier Christian Hümbs im Restaurant La Mer sind Weltklasse. Solch präzise und spannende Kombinationen, die wölkchenleicht und vor allem nicht zu süß ausfallen, kann man kaum sonst irgendwo erleben.

 

Dessert Restaurant La Mer im Hotel A-Rosa Sylt

Manne Pahl Sylt: Wunderbar turbulente Atmosphäre, tolle Weine, gutes und unkompliziertes Essen. So etwas braucht man ganz oft.

 

Hotel Bareiss in Baiersbronn:Das Hotel ist ein kulinarisches Gesamtkunstwerk, vom famosen Frühstück bis zum erstklassigen Gourmet-Restaurant. Wir schätzen die Dorfstuben mit ihrer allerbesten Gasthausküche und den umwerfenden Rouladen ebenso, wie die Haute Cuisine von Claus-Peter Lumpp mit Gänseleber-Variationen, vollendetem Service und punktgenauen Wein-Empfehlungen.

Gänseleber im Bareiss

 

Breidenbacher Hof in Düsseldorf: Das Hotel verbindet Klassik mit modernem Auftritt, die Capella Bar ist unser Lieblingsplatz. Ewald Stromer zählt zu den besten Barkeepern des Landes, das Cocktail-Menü ist besonders zu empfehlen. Jetzt gibt es auch einen eigenen Whisky: Uerige Single Malt.

 

Brenners Park-Hotel Baden-Baden: Das Hotel gehört zu den schönsten Häusern im Lande, wozu besonders der zauberhafte Park und das aufgefrischte Spa beitragen. Wellness vermittelt auch die von Erwin Biezen engagiert geführte Oleander-Bar. Er war einer der ersten, der die Qualität von Deutschlands Extraklasse-Gin Monkey 47 erkannte.

 

Brenners Bar

Hotel Lindenberg in Frankfurt: Kunstvolles und Kindliches finden zu einer fabelhaften Symbiose, die ein amüsant entspanntes Wohlbefinden und Hotelleben schafft. In diesem neuen, in jedem Winkel den Kopf und das Gemüt belebenden Boutique-Hotel, werden Gäste zu Familienmitgliedern, die gemeinsam kochen und frühstücken. Wenn sie denn wollen. Externe Gäste sind beim langen und guten „Frühstücksmittagessen“ am Sonntag in der Küche ebenso willkommen, wie in der einzigartigen Kino-Bar.

 

Hotel Nassauer Hof in Wiesbaden: Die „Ente“ ist zum Überflieger geworden, Küchenchef Michael Kammermeier arbeitet mit seinem Team auf Topniveau. Das Gänseleber-Mango-Krokant-Sandwich möchten wir das nächste Mal nicht nur als Amuse, sondern gerne als Hauptgang. Gut auch, dass es solche, hierzulande vernachlässigten Fleischstücke wie das Onglet gibt. Dazu noch in großartig satter Beef-Reduktion. Der pfiffige Sommelier Sebastian Mac Lachlan Müller ist kein Souffleur des Weinhandels, sondern trifft eine sehr persönliche Auswahl. Beispielsweise mit einem blitzsauberen Riesling Klassisch Franken von May oder superknackfrischen Grünen Veltliner Pfederspiel Steinriegel Riesling von Prager.

 

Kempinski Falkenstein: Die (Ver)Wandlung vom Restaurant Siesmayer mit guter Küche, aber eher beliebigem Konzept, zum Restaurant Landgut war mutig, konsequent und richtig. Das Landgut ist jetzt optisch und geschmacklich besser aufgestellt. Wildgerichte, Rouladen und anderes, was zu einem Landgut passt, werden ausgezeichnet umgesetzt.

Villa Rothschild

 

Villa Rothschild in Königstein: Die märchenhafte historische Residenz der Rothschilds und ihr prächtiger Park streicheln die Seele. Die Küche von Christoph Rainer kitzelt die Sinne mit kulinarischen Pretiosen, die sehr feinfühlig und detailbewusst kombiniert werden. Emphatische Gerichte, wie Iberico-Schwein mit geröstetem Oktopus mit Sauce Bouillabaisse, gefallen uns besonders gut.

 

 

Lohninger in Frankfurt: Mario Lohninger hat mit seinen Restaurants Silk und Micro im Cocoon Club Frankfurt gerockt, die abseitige Lage und die Verbindung mit einem Musikclub erwiesen sich als zunehmend problematisch – beide Lokale sind Geschichte. In seinem eigenen Restaurant, das nur den Familiennamen trägt, kann er sich nun auf seine Kernkompetenz konzentrieren: Allerbeste Österreichküche mit Wiener Schnitzel und Ochsenbackengulasch, gepaart mit Highlights der Haute Cuisine: Black Cod mit geräucherter Consommé.

 

Restaurant Lohninger

Schaumahl in Offenbach: Frankfurts ungeliebter Nachbar gilt dort als verbotene Stadt. Trotz einer ewig währenden Fehde sausen nun ausgerechnet die Frankfurter nach Offenbach, weil sich in dieser Diaspora doch tatsächlich ein sehr gutes Restaurant etabliert hat (das von den Einheimischen nicht leben könnte). Küchenchef Christoph Kubenz bringt ganz entschleunigte und intelligent pointierte Gerichte auf den Tisch: Kaninchen in feiner Kakaosauce; Schweinebacke mit Ingwer-Sauerkraut in Dunkelbiersauce; Entenstopfleber mit Thymiankrokant. Sommelier Pit Punda serviert dazu sehr behände handverlesene Weine.

 

 

Amador in Mannheim: Probleme &Insolvenz haben Juan Amador nicht Kraft & Kreativität rauben können. Ganz im Gegenteil, er kocht wahrscheinlich besser denn je. Königskrabben in duftiger Tomaten-Essenz mit Joselito-Schinken und fermentiertem Knoblauch sind von klarer Eleganz, die Mieral-Taube mit Purple Curry bleibt der Hausklassiker. Das Service-Team ist so gut aufgelegt wie lange nicht mehr. In jeder Krise steckt eine Chance.

Ludwig Fienhold

 

Bild oben rechts: Esszimmer Lorenz Adlon im Hotel Adlon mit Blick aufs Brandenburger Tor




Chinesische Kräutermedizin in der Gourmetküche

Im Peninsula Peking

isst man sich gesund 

 

 

Unter gesunder Ernährung versteht man in China etwas anderes als hierzulande. Jedenfalls nicht Salat und Blasentee. Auch die moderne chinesische Küche verwendet gerne Kräuter, die würzen und heilen helfen.

Unter dem Motto „Besser essen – besser leben“ integrieren die Küchenchefs des Hotels Peninsula Beijing die Kenntnisse der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) in ihre Speisen. Ab sofort können Gäste aus 14 Gerichten wählen, die mit chinesischen Heilkräutern zubereitet werden. Seit Jahrhunderten nutzen Chinesen bei der Zubereitung von Speisen traditionelle Kräuter. Verwendet werden solche, die gut für den Blutkreislauf sind, die dabei helfen, die Nierenfunktion zu verbessern, günstig auf das Nebennierensystem und die Verdauung einwirken, die Aufnahme von Nährstoffen verbessern und entgiftende oder entzündungshemmende Eigenschaften haben.

„Die Nutzung von medizinischen Kräutern in unseren Gerichten ist zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens gedacht“, erklärt Chef Wong, Küchenchef des chinesischen Restaurants Huang Ting im Peninsula Beijing. „Genutzt werden Substanzen, die dabei helfen, das Immunsystem zu stärken und die Kräfte Yin und Yang in Balance zu halten. Nahrhaftes und schmackhaftes Essen sind hierfür am Wichtigsten, deshalb steht auch immer das Aroma der Speisen im Vordergrund. Durch nahrhafte Lebensmittel und entsprechende Zubereitung lassen sich köstliche Gerichte kochen, die den Körper stärken und Krankheiten vorbeugen“.

Das neue Kräuter-Menü deckt sieben Kategorien ab: kalte Vorspeisen, Suppen, Fischgerichte, Schwein, Rind, Geflügel und Gemüse. Gäste haben die Wahl zwischen reinen Kräutergerichten und den regulären Gerichten à la carte. Zu den Neuheiten auf der Speisekarte des Huang Ting zählen geschmortes Hühnchen in chinesischem Wein mit Engelwurz und Chuan Qiong. Engelwurz zählt zu jenen Heilkräutern, die das Blut nähren sollen, was besonders für die Gesundheit der Frauen als wichtig erachtet wird. Daher stammt auch sein Beiname „Frauenginseng“. Chuan Qiong (deutsch: Szechuan-Liebstöckel) wird in China seit dem 14. Jahrhundert bei Herzproblemen, Bauch- und Kopfschmerzen eingesetzt.

Ein weiteres Gericht der neuen Karte ist das marinierte He Shou Wu-Kraut mit Datteln und Osmanthus-Duftblüten. He Shou Wu wird aus der mehrblütigen Knöterichwurzel gewonnen und ist eines der bekanntesten und beliebtesten Mittel der TCM. Dem Kraut werden entgiftende und energiefördernde Eigenschaften sowie eine positive Wirkung auf Haar und Zähne zugeschrieben. Auch geschmorte Huai Shan mit Tofusticks und Lotussamen werden erstmals serviert. Huai Shan, deutsch Yamswurzel, wird eine wohltuende Wirkung auf Niere, Lunge und Milz zugesprochen, auch bei niedrigem Blutdruck und Verdauungsproblemen soll die Wurzel hilfreich wirken.

 

Das Restaurant Huang Ting ist täglich von 11.30 bis 14.30 Uhr für Lunch und von 18 bis 22 Uhr für Dinner geöffnet. (Preise: Vorspeisen ab 60 RMB, umgerechnet ca. 8 €; Hauptgerichte ab 120 RMB, umgerechnet ca. 15 €.) Zimmerreservierungen über die gebührenfreie Telefonnummer des Peninsula Global Customer Servicecenters: 00 800 3046 5111 (für Deutschland und die Schweiz) oder unter der Telefonnummer: 00852 – 2926 2888, über Email: reservationgcsc@peninsula.com oder unter www.peninsula.com.

 

 

 




Gastro News Rhein-Main

Schönberger geht

in die Orangerie

 

Daniel Schönberger hat den Höerhof in Idstein verlassen und wechselt in die Orangerie im Kurpark von Bad Homburg. Derzeit arbeitet er noch am neuen Konzept, mit dem er im März starten will. Wie er im Gespräch mit uns erklärte, denkt er dabei grundsätzlich an eine klassische Küche mit modernem Touch und regionalen Bezügen. Mehr als ein Dutzend Positionen sollen nicht auf der Abendkarte stehen, darunter Gerichte aus dem Schmortopf. Die Preise wollen moderat bleiben und sich bei den Hauptgerichten überwiegend unter 30 Euro bewegen.

Der 37 Jahre alte Schönberger kehrt dem Schmuckstück Höerhof den Rücken, weil man ihm nicht genug Mitarbeiter an die Seite stellte, wie er jetzt enttäuscht äußerte. Davor arbeitete er als Küchenchef im Frankfurter Lokal Döpfners im Maingau, wo er mit sehr soliden und ausdrucksvollen klassischen Gerichten überzeugte. Die bekannteste Station seiner Laufbahn war das Restaurant Hessler in Maintal-Dörnigheim.

Daniel Schönberger

Daniel Schönberger

Die Orangerie im Kurpark von Bad Homburg wurde 1844 unter Kurfürst Wilhelm von Hessen erbaut. Sie diente ihm als schützendes Winterquartier für seine Orangenbäume, die er pflanzte um seine Spielschulden zu bezahlen. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entstand daraus nach einem Umbau ein Café. Im Januar 2010 wurde das Café im Kurpark vom Bad Homburger Cateringunternehmen Huber übernommen, das es komplett renovieren ließ. Neben einer Metzgerei, der Urzelle des Unternehmens, betreibt Huber die Gastronomie der Oper Frankfurt, die Panorama-Bar im Schauspiel und das benachbarte Fundus. Der Huber Cateringservice verantwortet vor allem die Bewirtschaftung des Kurhauses und des Schlosses in Bad Homburg. Huber wird noch immer als Familienbetrieb geführt, inzwischen in dritter und vierter Generation – Inhaberin ist Christa von Hesler Wagner.

 

 

Lindenbergs Kino-Bar

Lindenberg mit Kino-Bar

Das neue Hotel Lindenberg im Frankfurter Ostend ist reich an phantasievollen Ideen und originellen Ecken, ein besonders schöner Platz ist die Kino-Bar. Bislang war sie Hausgästen vorbehalten, nun öffnet sie sich dem Publikum. An jedem ersten Donnerstag im Monat können sich alle ab 20 Uhr zu Cocktails einfinden. Am Donnerstag, 7. Februar, will man ab 20 Uhr,  „auf gebrochene Neujahrsvorsätze“ anstoßen. An diesem Abend wird die Kino-Bar getauft – auf den Namen Lucia, „die Erleuchtete“.

 

 

 

Seven Swans wird größer

 

Seven Swans AußenansichtFrankfurts schmalstes Haus ist nicht nur optisch eine kleine Wundertüte, man wundert sich auch immer wieder, wie es Kimberley Unser in ihrer Puppenstubenküche schafft, gleich ein ganzes Menü zu zaubern, und das auch noch gut. Bislang war das Seven Swans ein Potpourri aus Restaurant, Hotel, Bar und Event-Location. Jetzt gibt es wichtige Neuerungen, die jedoch frühestens im März greifen. Das Restaurant Seven Swans wird größer und bekommt als Gastraum noch zusätzlich eine Etage, in der zuvor eine der beiden Suiten untergebracht war. Das schafft zu den bisherigen 14 Plätzen noch einmal 12 zusätzliche. Zudem wandert die Küche zwei Etagen höher und erhält damit auch mehr Platz und Spielraum. Ein neues Highlight für die Restaurantgäste wird die kleine Terrasse mit Domblick sein, auf der vier Personen Platz haben. Dieser Logenplatz war bislang den Suitengästen vorbehalten. Das Seven Swans ist jetzt kein Restaurant mit Betten mehr, was Hotel war, wird als Event-Location genutzt. Wahrscheinlich die richtige Entscheidung, denn das Seven Swans hat als Restaurant eine sehr gute Entwicklung genommen und wird immer beliebter. Das Restaurant Seven Swans wird vom aktuellen Gault Millau erneut mit 15 Punkten bewertet, Küchenchefin Kimberley Unser wurde vom gleichen Gourmet Guide 2012 zur „Entdeckung des Jahres“ gekürt.

LF

 

 

 

 

 

 

 

 




Neues vom Ferran Adrià-Prozess

Horta vs. Adrià
Klage in erster Instanz abgewiesen

 

Die Klage der Familie Horta gegen den spanischen Koch Ferran Adrià wurde in erster Instanz abgewiesen. Beide Kläger, Sergi und Jofre Horta, sind die Erben des „El Bulli“ -Mitbesitzers Miquel Horta. Letzterer war seit 1997 Anteileigner des „El Bulli“. Er hielt 20 Prozent der Anteile. Horta zahlte nach Angaben der Familie auch 85% des Gesellschaftskapitals ein. Dabei investierte er 120.000.000 Pesetas, nach damaligem Kurs etwa 1,4 Millionen DM. Gutachter hatten bestätigt, dass Horta seit Jahren nicht geschäftsfähig ist. Laut der Familie Horta haben Adrià und sein Partner Juli Soler diese Schwäche missbraucht. Die Anteile ihres einstigen Partners kauften sie 2005 für eine Millionen Euro zurück – laut den Klägern liegt dieser Preis weit unter dem eigentlichen Wert.

Familie Horta kündigte an, Rechtsmittel einzulegen.

JZ

 

Unser erster Bericht vom Prozessbeginn im letzten Jahr

Starkoch Ferran Adrià vor Gericht

 

Halb Spanien spricht über den Prozess gegen Ferran Adrià. Während er dort in den Medien sehr präsent ist und heftig diskutiert wird, hat man hierzulande noch keine Kenntnis davon genommen.  Laut einer Meldung des spanischen Radiosenders „Cadena Ser“ müssen Ferràn Adrià und sein Sozius Juli Soler am 7. und 8. November vor Gericht erscheinen. Der Vorwurf: Sie sollen einen psychisch gestörten Geschäftspartner übervorteilt haben.

Die Kläger Sergi und Jofre Horta, ein Architekt und ein Musiker, sind die Erben des „El Bulli“ -Mitbesitzers Miquel Horta. Letzterer war seit 1994 Anteileigner des „El Bulli“. Er hielt 20 Prozent der Anteile.  „Cadena Ser“ erklärt: „Horta war die Schlüsselperson, durch die  El Bulli sein internationales Prestige erworben hat, er finanzierte die Erweiterung der Restaurant-Küche….“ Gutachter haben bestätigt, dass Horta seit Jahren nicht geschäftsfähig ist. Laut der Familie Horta haben Adrià und sein Partner Juli Soler  diese Schwäche missbraucht. Die Anteile ihres einstigen Partners kauften sie 2005 für eine Millionen Euro zurück – laut den Klägern liegt dieser Preis weit unter dem eigentlichen Wert. Die Kläger vermuten auch, dass Adrià und Soler Einnahmen aus zusätzlichen Aktivitäten versteckten, um keine Gewinne an ihren Vater ausbezahlen zu müssen. Ein Prozess könnte durch einen Vergleich der Parteien noch verhindert werden.

Fakt ist: Jeder kann in einen Rechtsstreit verwickelt werden, auch schuldlos.  Wer den Fall Horta versus Adrià auch nur ansatzweise bewerten möchte, sollte jedoch wissen, dass die spanische Justiz anders arbeitet als die deutsche Justiz. Sie muss, um einen spanischen Juristen zu zitieren, „wenig aber effizient“ arbeiten. Deshalb gibt es für solche Fälle eine Reihe von zeitraubenden Vorprüfungen und Vorverfahren.  So hat die Familie Horta bereits 2008 erstritten, dass sie die Buchhaltung des „El Bulli“ einsehen darf. Zum Prozesstermin kam es jetzt auch deshalb, weil gerichtliche und außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos verliefen.

Im Fall „Horta vs. Adrià“ geht es um Geld. Dennoch zeigt dieser Rechtsstreit auch, was gegenwärtig in der kulinarischen Szene und in der Berichterstattung über Köche falsch läuft: Die spanische Presse verurteilte zunächst pauschal Hortas Söhne sowie  „die Franzosen“. Tatsächlich hatte „Le Monde“ es gewagt, über den Ausgang eines Vorverfahrens zu berichten und sich damit offenbar der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht. Der politische Journalist Arkadi Espada meinte dazu etwa: „Das Problem von Adrià sind natürlich nicht die Erben von Horta, wie „les enfants de la patrie“ so pathetisch glauben.“ (Anmerkung: Die frz. Nationalhymne beginnt mit den Worten „Allons, enfants de la patrie“, gehen wir, Kinder des Vaterlande). Xavier Agullò, Restaurantkritiker von El Mundo, kommentierte den Rechtsstreit und die spärliche Berichterstattung als „Kampf der Länder“. Es klang fast, als wären bösartige Geheimagenten aus dem Norden eingedrungen um auf der iberischen Halbinsel Rechtsmittel gegen bekannte Köche zu ergreifen. Wichtig schien den Autoren auch, dass Miquel Hortas Ehefrau Nitsa Antoniou, „griechisch-zypriotischer Herkunft“ ist.

Familie Horta musste sich als Neider und Trittbrettfahrer beschimpfen lassen. Nun ist Miquel Horta in Katalanien kein Unbekannter, sondern eine regionale Symbolfigur:  Er leitete das Spielzeug-Imperiums Nenuco, war ein persönlicher Freund des Schriftstellers Vázquez Montalbán, setzte sich für regionales Liedgut ein, agierte als Mäzen und verlegte Bücher. Oft waren es Werke von der unbequemen Sorte, die herkömmliche Verlage nicht angefasst hätten. An mehr als einem Jahrzehnt leidet Miquel Horta an einer schweren bipolaren Störung. An vielen Tagen ist er kaum ansprechbar. Er finanzierte nicht nur eine neue Küche, sondern zahlte nach Angaben der Familie auch  85% des Gesellschaftskapitals ein. Dabei investierte er 120.000.000 Pesetas, nach damaligem Kurs etwa 1,4 Millionen DM. Horta war jahrelang kein stiller Teilhaber, er mobilisierte sein Netzwerk aus Kunst, Kultur und Prominenten für das Restaurant. Branchenexperten schätzten die Marke „„El Bulli“ heute mal auf 45 Millionen, mal auf einen Wert zwischen 90 und 120 Millionen Euro. Einige sprechen sogar von 200 Millionen Euro.

Die Krankheit Miquel Hortas wurde von keinem der Kritiker abgestritten. Wegen ein paar simplen Millionen gerichtlich gegen einen bekannten Küchenmeister vorzugehen, das erschien vielen Autoren jedoch als kleinlich bis bösartig oder, siehe oben, als Komplott finsterer Mächte, die natürlich im Ausland anzusiedeln sind. Restaurantkritiker und Freunde des Kochs wurden in nationalen Medien plötzlich zu Rechtsexperten. Außerhalb von Spanien und Frankreich berichtete kaum jemand über den Fall. Selbst politische Journalisten kolportierten hinter vorgehaltener Hand, dass die spanische Justiz nie gegen einen so bekannten Koch wie Adrià ermitteln würde. Doch diese ist nicht so leicht zu beeinflussen, wie mancher Chronist es gerne hätte: Iñaki Urdangarin, der Schwiegersohn von König Juan Carlos, steht derzeit wegen seiner Verwicklung in einen Finanzskandal vor Gericht.

Den Fall „Horta vs Adrià“  wird das Gericht klären müssen. Die Darstellung des Falles in der Presse und ihre Kommentierung durch Restaurantkritiker jedoch ist besorgniserregend: Sie haben Spitzenköche in den letzten Jahren zu Idolen in allen Lebensbereichen stilisiert, haben ihnen Privilegien eingeräumt, von denen Künstler, Sportler oder Politiker nur träumen können. Doch vielleicht werden einige dieser Lichtgestalten bald von den eigenen Schatten eingeholt.

Jörg Zipprick

 




Mamuschka: Deutschlands älteste Köchin mit 99 gestorben

In Memoriam Mamuschka

 

Marianne „Mamuschka“ Kowalew, Deutschlands älteste Köchin, ist kurz vor ihrem 100. Geburtstag im Kreis ihrer Familie in Frankfurt gestorben. Wir erinnern uns an eine ungewöhnliche, lebensintensive und wunderbar eigenwillige Frau, die den dramatischen Auftritt beherrschte, als sei alles eine große Bühne. Der letzte Vorhang ist gefallen, doch wir werden Mamuschka noch lange vor unserem geistigen Auge kochen, tanzen, weinen und lachen sehen.

Die Beerdigung findet am 18. Januar um 9 Uhr auf dem Frankfurter Hauptfriedhof statt.  Niemand soll in Schwarz erscheinen, sondern ein rosafarbenes Accessoire tragen, wünschte sich die fast 100jährige zum Abschied.

Der nachfolgende Artikel erschien in unserem Magazin im letzten Jahr, als Mamuschka/Mamutschka ihren 99. Geburtstag feierte.

 

Im Kellerlokal Scarlet Pimpernel traf sich viel Prominenz 

 

„Eesst Kiiindärchen eesst!“ Ihr Schlachtruf ist Legende, jetzt feierte Mamuschka ihren 99. Geburtstag und ist damit die wahrscheinlich älteste Köchin der Welt. Das Frankfurter Kellerlokal Scarlet Pimpernel in der kleinen Krögerstraße unweit des Eschenheimer Turms hat Küchengeschichte geschrieben und war das Wohnzimmer vieler Prominenter und Lebenshungriger. Die Rolling Stones und die Eagles schlemmten dort, Ray Charles, Elton John, Joe Cocker, Deep Purple, die Beach Boys, Ella Fitzgerald und der junge Michael Jackson. Sie alle schätzten das Private und Verschwiegene dieser wie kostbare Konterbande gehandelten Geheimadresse.

Mamuschka mit Esther Ofarim

Mamuschka mit Esther Ofarim

Im Scarlet Pimpernel sah man stets viele Künstler – bekannte und brotlose, die sich an den Gargantua-Portionen zu sozialen Preisen satt essen konnten. Auch Rainer Werner Fassbinder und seine Schauspieltruppe kamen gerne noch zu später Stunde. Andreas Baader attestierte Mamuschka gute Tischmanieren, wobei sie nie verstand, wie aus einem so braven Jungen ein Terrorist werden konnte. Für Mamuschka waren alle Gäste gleich und ihre „Kiiindärchen“. Einen Lieblingsgast hatte sie aber doch: Harry Belafonte. Wegen seiner noblen, bescheidenen Art und seines umwerfend guten Aussehens. Viele Stars kamen im Schlepptau der Konzertveranstalter Fritz Rau, Marek Lieberberg und Marcel Avram, die wahrhaftig einen Narren an Mamuschka gefressen hatten und deren Schützlinge bei ihr sicher vor Paparazzi und anderen aufdringlichen Menschen sein konnten. Wer ins Scarlet Pimpernel kam, genoss den Schutz der Matriarchin. Niemand getraute sich auch auch nur über Umwege nach Autogrammen zu fragen. Zudem glaubte jeder, der hier Gast war, selbst ein Prominenter zu sein.

Als Marianne „Mamuschka“ Kowalew das Kellerlokal unter ihrem Wohnung am 1. November 1969 eröffnete, brannten im Kachelofen Holz und Briketts. Die schlichte Einrichtung war aus Schwartenbrettern zusammengenagelt, das Mobiliar wurde aus einer alten Mühle und einem verfallenem Bauernhof zusammengetragen. Große Kerzenleuchter und eine rot schimmernde Beleuchtung  sorgten für eine warme  stimmungsvolle Atmosphäre. Zentrum war die große offene Küche mittendrin, in der mit Feuer und Flamme die temperamentvolle Mamuschka in den wuchtigen Töpfen rührte und die Pfannen zischen ließ. „Nehmt, fresst, vermehrt euch und seid glücklich“. Mamuschka war ebenso originell und eigenweillig, wie die meisten ihrer Gäste, das schaffte eine besondere und homogene Atmosphäre. Erkennungszeichen waren ihre teilweise aberwitzigen Turbane, mal schick, mal mit Bananen bestückt. Mamuschka liebte alles, was glitzerte, raschelte und bei Bewegungen irgendwie Musik machte. Sie war eine unglaubliche Melange aus Gräfin Mariza und operettenhafter Zigeunerbraut. Wild und ungestüm und doch auch oft feinfühlig im Umgang mit anderen.

Mamuschka

Mamuschka

Die ihrem Sternzeichen Wassermann zugeschriebenen Eigenschaften wie Freiheitsliebe und Dynamik waren bei der polnischen Exzentrikerin besonders ausgeprägt. Marianne Kowalew wuchs in armen Verhältnissen im polnisch sprachigen Wilna in Litauen an der Grenze zu Weißrussland auf, türmte mit 17 von Zuhause, verliebte sich in den Spross einer reichen Industriellenfamilie aus Wilna, flüchtete Ende des Zweiten Weltkriegs nach Frankfurt, wo sie von der Gestapo verhaftet wurde. Nach der Geburt ihres einzigen Sohnes Peter früh Witwe geworden, eröffnete sie 1955 gemeinsam mit ihrem damaligen Lebenspartner ihr erstes Lokal in Frankfurt, die Gräfin Mariza. Es ist die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders, Frankfurt wird mit der Luxusdirne Rosemarie Nitribitt Symbol des Aufschwungs und seiner Abgründe. Auch bei Mamuschka geht es turbulent zu, sie und ihr Liebhaber verspielen ihr gesamtes Vermögen. Ende der sechziger Jahre eröffnet sie dann mit ihrem Sohn Peter das Scarlet Pimpernel in der Krögerstraße 7.

Nie hat Mamuschka nach Rezepten oder den Wünschen anderer gekocht, sondern ließ sich nur von der eigenen Inspiration treiben. Ihr Herd erschien wie ein Schrein, um den sich die Gemeinde versammelte. Man futterte wie bei Muttern in ungehemmter Atmosphäre – meist zu viel. Damals wurde mehr Wodka als Wein getrunken – die Gäste wollten dass üppige Essen und natürlich auch ein wenig sich selbst auflockern. Es waren Gelage mit Wildschwein- und Hirschkeulen, die im Ganzen im Ofen gebacken wurden. Es wurde alles gleich am Herd aufgeschnitten und auf die Teller gepackt. Mit viel, viel guter fetter Soße  und prallen „Kneedeln“. Gefüllter Fasan, Karpfen und Borschtsch galten als Spezialitäten, Gulasch und Hackbraten waren noch beliebter. Einer der auf Borschtsch abonnierten Stammgäste war Franz Keller, streitbarer Gastronom und badische Winzerlegende vom Kaiserstuhl.

Mamuschka in ihrem Kellerlokal 2010

Mamuschka in ihrem Kellerlokal 2010

Eine Speisekarte gab es nicht, es wurde das gegessen, was auf den Tisch kam. Beim stattlichen Gutsherrenbuffet gab es kein Limit, die Gäste durften zulangen, so oft sie wollten und konnten. Für einen Pauschalpreis von 45 DM, inklusive Wodka und Kuchen, den man sich meist mit nach Hause nahm, weil der Magen wegen Überfüllung geschlossen hatte. Mamuschka kochte ihre polnisch-russischen Gerichte stets allein und besaß auch keinen Küchenhelfer in Gestalt einer Spülmaschine. Als alle Gäste gegangen waren, schleppte sie Geschirr und Bestecke wieder in ihre Wohnung zurück. Der Lokalname Scarlet Pimpernel basiert auf dem von den Kowalews geliebten Mantel- und Degen-Roman der ungarisch-englischen Baroness  Emmuska Orczy. Erkennungszeichen des Buchhelden ist die scharlachrote blühende Wildblume Scarlet Pimpernel – die auch eine Heilpflanze ist, „welche bei Melancholie und allgemeiner Verrücktheit helfen soll“.

Peter Kowalew, Architekt, Gastronom und Hobbykoch, baute den im Jahre 2002 abgebrannten Keller zu einem gemütlichen Gewölbe mit warmen Sandsteinmauern um. Das neue Konzept heißt seitdem: Rent your own Restaurant. Hier kann jeder selbst zum Gastronomen werden und seine Gäste mit eigenen Speisen und Getränken bewirten, Platz ist für gut 60 Personen. Es lassen sich aber auch ein Koch und Servicepersonal anheuern, Mamuschkas Enkel Alexej ist in ihre Fußstapfen getreten. Peter Kowalew, der Anfang der achtziger Jahre mit seinem Le Caveau am Deutschherrnufer 29 ein Sterne-Restaurant betrieb (Wildhasenrückenroulade mit Pumpernickelsauce), setzt nach wie vor auf Qualität. Das zeigt sich schon bei seinem Fassbier, dem erstklassigen, ungespundeten und hefetrüben Kellerbier von St. Georgen Bräu  (1624 gegründet) aus dem fränkischen Buttenheim. Der hausgemachte ungeschwefelte Apfelwein wird aus den eigenen Gärten am Goetheturm gewonnen. Als Ausschankwein gibt es nicht irgendeinen Tropfen, sondern einen weißen Châteauneuf-du-Pape von Mont-Redon.Mamuschkas Scarlet Pimpernel

Bei ihrem 90. Geburtstag tanzte Mamuschka barfuß durchs Lokal. Auch zur Buchmesse 2010 stand sie noch für ihre Gäste im Kellerlokal.  „Ich bin nicht verrückt, aber extravagant“, sagte sie oft. Und genau so hieß auch das damals erschienene Buch von Halldór Gudmundsson über sie, mit dem Untertitel „Mamuschkas Lebensrezepte“. Mamuschka hat zwar so etwas wie Heesters-Gene, doch bei ihrer Geburtstagsfeier zum 99. musste sie nicht selbst am Herd stehen. Franz Keller junior von der Adlerwirtschaft in Hattenheim im Rheingau half als Freund der Familie mit einem Menü aus. Mamuschkas Enkel Alexej Kowalew geht dort in die Lehre.

Ludwig Fienhold

 

Scarlet Pimpernel, Frankfurt, Krögerstraße 7, Tel. 069 61 41 81.  www.scarlet-pimpernel-club.com

 

Todesanzeige Mamutschka

 

 

 




And the Winner is…

Ergebnis unseres Preisausschreibens

 

 

Wir bedanken uns für die lebhafte Teilnahme an unserem Preisausschreiben vom November letzten Jahres. Wir gratulieren ganz herzlich Stefanie von Lieven aus Frankfurt zum Gourmet-Preis: Eine Übernachtung in einer Juniorsuite im Kronenschlösschen in Hattenheim im Rheingau inklusive Frühstücksbuffet sowie Dinner im Restaurant mit begleitenden Weinen aus dem Rheingau, Mineralwasser und Kaffee. Der Preis gilt für zwei Personen.

Die richtigen Antworten waren:  Patrik Kimpel, Thomas Bühner, Kai Schattner

 

Kronenschlösschen

Kronenschlösschen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Restaurant Kronenschlösschen

Restaurant Kronenschlösschen