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Restaurant Kraftwerk zeigt Power

Bertl Seebacher startet mit neuem Restaurant

 

Warum sind Österreichs

Köche solche Wunderwuzis?

 

Von Ludwig Fienhold

Was haben Köche aus Österreich, was andere nicht haben? Starkoch Wolfgang Puck in Los Angeles, Jahrhundertkoch Eckart Witzigmann und der Wiener Erfolgsgastronom Ewald Plachutta haben Küchengeschichte geschrieben. Hans Haas beweist seit über 21 Jahren im Münchner Tantris Größe, Mario Lohninger hat in New York und Frankfurt ebenfalls längst gezeigt, dass er zur Spitze gehört. Martin Steiner, der Küchenchef  beim gewitzten Johann Lafer in Stromberg war, leistet im Jumeirah Frankfurt sehr gute Arbeit. Der erste Österreicher, der in Frankfurt für Furore sorgte, war Alfred Friedrich, der im Brückenkeller begann und sich mit dem ebenfalls seligen Humperdinck selbständig machte. Jetzt zeigt auch zunehmend Bertl Seebacher, was alles in ihm steckt. Sicher wusste das Hans Haas, bei dem er arbeitete, schon weit früher.  Mit seinem Restaurant Kraftwerk in Oberursel bei Frankfurt startet Seebacher nun neu durch und kann gleich zwei Lokalkonzepte unter einem Dach fahren.

Bertl Seebacher & Daniela Finkes geben Gas

Bertl Seebacher & Daniela Finkes geben Gas

Bertl Seebachers Stärke liegt in seiner enormen Vielseitigkeit. Er vermag ein Wiener Schnitzel ebenso perfekt zuzubereiten, wie ein komplexes Gericht aus Gänselebermousse, Wachtelconfit, Selleriepüree und Trüffeln. Bertl Seebacher und Restaurantleiterin Daniela Finkes haben das denkmalgeschützte Kraftwerk 2008 übernommen und überzeugen seitdem mit kontinuierlicher Qualität. Ausgerechnet in Oberursel-Bommersheim, wo kein Hund begraben sein will, geschweige denn ein ambitionierter Koch ein Restaurant führen möchte. Strom wird im ehemaligen Straßenbahn-Kraftwerk schon lange nicht mehr erzeugt, doch die Küche ist von einer ganz anderen Energie.

Ein Schnauferl, das über den Tischen schwebt und ein Ford Mustang mitten im Restaurant sind schon ein extravaganter Blickfang. In der einstigen Garage des Kraftwerks wurde jetzt der Showroom eröffnet, ein lässiges Lokal mit Lounge-Charakter und originellem Dekor. Hier gibt es die Klassiker des Hauses: Luftig souffliertes butterzartes Wiener Schnitzel, saftig-herzhaftes Kalbsfleischpflanzerl und krachiges Backhendl mit Kartoffel-Rahmgurkensalat und steirischem Kernöl. Alles umwerfend gut, herzhaft und sinnenfroh. So können das, Pardon Deutschland, nur die Österreicher. Die Preise sind nett, ein Wiener Schnitzel in Perfektion kostet 20 €. Wer mehr will, wird genau gerechnet mit weniger zur Kasse gebeten. Ein Ösi-Menü mit drei Gängen kostet 30 €, wenn zwei Gäste das Menü „Volle Ösi-Dröhnung“ bestellen, bekommen sie drei Gänge inklusive einer Flasche Grüner Veltliner, Vöslauer Mineralwasser und Kaffee oder Zirbenschnapserl für 40 € pro Person.

Showroom

Showroom

Neu ist auch die Vinothek, die vom Schweizer Rico Etzensperger betreut wird, der sich auf Weine aus Österreich spezialisiert hat. Dort sind einige Schmankerln und Hausgemachtes von Bertl Seebacher zu finden, aber auch Marillen-Marmelade aus der Wachau oder Vulcano-Schinken und Kürbiskernöl aus der Steiermark. Bei Weinproben sitzt man an einem riesigen Tisch, gleichsam ein Stammtisch, der wie ein Baumstamm wirkt und vom Künstler Hendoc stammt. „Mehr Licht“ steht darauf. „Mehr Wein“ wäre passender gewesen. Daneben steht ein flotter Alfa Spider Baujahr 1988, der die gastliche Stätte als Drive-in erscheinen lässt.

Bertl Seebacher in seiner antiken Küche

Bertl Seebacher in seiner antiken Küche

Die Weinkarte mit gut sortierten 150 Offerten gilt selbstredend gleichermaßen für das Restaurant und das neue Lokal Showroom. Die Großen à la Hirtzberger, Knoll und F.X. und Rudi Pichler sind vertreten, aber auch Newcomer wie Graben-Gritsch aus der Wachau (Grüner Veltliner) oder Hannes Reeh vom Neusiedler See (Chardonnay unplugged). Neben den Flaschen wird ein Dutzend offener Weine angeboten.  Im Kraftwerk ist auch jeder willkommen, der nur auf ein Glas Wein vorbeischauen möchte – was aber weniger ratsam ist, weil er dann eine fabelhafte Küche verpassen würde

Das Restaurant bietet den Gästen jetzt mehr Raum und Abstand zueinander. Hier haben 20 Personen Platz, im Showroom 30. Bertl Seebacher will im Restaurant einen Gang mehr einlegen und noch hochwertiger kochen. Die Trennung der Küchenkonzepte bringt weit weniger Unterschiede in der Grundqualität, sondern eher bei der aufwendigeren Zubereitung und Präsentation. Im Restaurant werden ausschließlich Menüs offeriert, drei verschiedene: Österreich-Klassiker, Around the World. Amuse Bouche Menü. Famose Kraftpakete von sensibler Stärke sind das geschmorte Ochsenbackerl und der Rostbraten Tegetthoff.  Der Rostbraten ist ein unglaublich saftiges, zartes, rosa gebratenes und bestens gewürztes Sirloin-Steak mit feinster Kruste, begleitet von knackigen Garnelen, duftig-mediterranem Gemüse und Oliven. Allein für dieses großartige Stück Lebensfreude lohnt der Weg von weither. Ob Wildlachs ösiatisch oder orientalisch, der Fisch schmeckt im Kraftwerk stets besonders gut und ist so nanosekundengenau gegart, dass er voller Saft und Kraft steckt. Auch Kleinigkeiten sollte man im Kraftwerk Beachtung schenken, der „Flotte Dreier“ besteht aus allerschönsten Süppchen im Schnapsglas: Intensive Frittaten-Consommé, perfekt abgeschmeckte Garnele-Tomate, dezentes Curry. Gerichte mit  Foie Gras oder Rahmschwammerl mit luftigem Serviettenknödel sollte man nie an sich vorübergehen lassen. Eine Komposition aus Schweinebauch, Garnelen, Erdnuss-Kartoffelpüree, Pilzen, Erbsensauce und Aprikosenjus zeigt, welche Pirouetten die Küche schlagen kann, ohne die Bodenhaftung zu verlieren.

Restaurant

Restaurant Kraftwerk

Bertl Seebacher verfeinert gerne traditionelle k.u.k.-Gerichte, wobei diese nicht allein für kaiserlich & königlich, sondern für klug & kunstvoll stehen. Alles schmeckt nach Töpfen und Pfannen, nach Feuer und Flamme. Bertl Seebacher und seine Crew kochen auf antiken Gasherden. Bei einem Österreicher zu speisen, ohne Desserts zu probieren, wäre eine grobe Nachlässigkeit. Wir könnten uns dusselig reden und so ziemlich alles aufzählen, wollen aber stellvertretend  diese Köstlichkeiten nennen: Crème brûlée von der Süßholzwurzel mit Cashewkern-Sauerrahmeis; Karamellschnitte mit Birnensorbet; geschlagenes Vanille-Eis mit marinierten Kirschen sowie die Schokotrüffel mit Kürbiskernöl, die zum Espresso als Gustostückerl gereicht werden.

Nicola Santeramo

Nicola Santeramo

Bertl Seebacher aus der Steiermark wird perfekt ergänzt durch Daniela Finkes aus Graz, die alle Gerichte so anregend zu erklären weiß, dass man sich kaum bremsen kann. Auch sonst glänzt der gesamte Service durch Freundlichkeit und Aufmerksamkeit, Nicola Santeramo , der im Gegensatz zu Berlusconi ein wirklicher Cavaliere ist, hat sichtbar Freude an seinem Beruf.

Was nun haben Köche aus Österreich, was viele andere Köche nicht haben? Geschmackstalent! Die Gabe auch aus vermeintlich einfachen Gerichten Großartiges zu machen. Ihre Gerichte schmecken mehr nach Leidenschaft als die vieler Kollegen, die ihren Sinn eher im reinen Kunsthandwerk sehen. Österreichs Köche sind Wunderwuzis – Wunderknaben, weil sie viel von ihrer Natürlichkeit und Kindheit retten konnten und ganz wunderbar den Lenz schlenzen.

KraftwerkKraftwerk, Oberursel-Bommersheim bei Frankfurt, Zimmermühlenweg 2, Tel. 06171-92 99 82. Geöffnet:
Mo-Sa ab 18.00 Uhr. Mittags und sonntags geschlossen.

Parkplatz direkt vor der Tür. Der guten Weine wegen sollte man aber besser mit der U-Bahn-Linie 3 fahren, die von der Frankfurter Innenstadt bis zur Haltestelle Bommersheim knapp 25 Minuten benötigt und bis fast vors Kraftwerk fährt.

Photocredit: Barbara Fienhold, Kraftwerk




Pizza: That´s Amore

Auch der Mond ist nur ein großer runder Teigfladen

 

Bemerkenswerte Pizza-Adressen rund um den Globus

 

Von Ludwig Fienhold

When the moon hits your eye
like a big pizza pie
that’s amore

Dean Martin

Für Dean Martin war der Mond eine Pizza mit „Amore“-Geschmack. Manch einer vermag sie auch wirklich mit Liebe zuzubereiten. Und mit Fantasie, wie der Österreicher Wolfgang Puck, der in seinem Hollywood-Restaurant Spago seit 30 Jahren die Stars mit ausgefallenen Teigfladen speist und dadurch ebenfalls berühmt wurde. Er belegt seine Pizzen nicht mit Käse und Tomaten, sondern mit zarter Entenbrust, feinstem Lamm und knackigen Schrimps. Puck gehört zu den erfolgreichsten Gastronomen der Welt und betreibt inzwischen 40 Lokale, darunter zwei recht attraktive Pizzerien. Auch dort gibt es nicht das Übliche, sondern Pizzen mit Lachs & Caviar oder Spicy Chicken.

The Mercer Kitchen in NYC

Die beste Pizza außerhalb Italiens haben wir in Dubai im Hotel Atlantis erlebt. Dort führt der großartige Giorgio Locatelli sein gleichnamiges Lokal (Bild oben rechts). Die Pizza Bufala wird zwar mit 18 € berechnet, schmeckt aber auch göttlich. Der knusprig-dünne und doch saftige Teig ist perfekt, es finden nur allerbeste Zutaten Verwendung: Büffel-Mozzarella, aromatische Tomaten, frisches Basilikum. In New Yorks Immer-noch-In-Lokal The Mercer Kitchen von Topkoch Jean Georges Vongerichten wird eine der leckeren Pizzen mit allerbestem rohen Tunfisch und einer nicht zu scharfen Wasabisauce serviert. Renner ist dort allerdings eine Pizza mit schwarzen Trüffeln.

Die so genannte weiße Pizza, die ohne Tomaten auskommt und nur mit frischen Steinpilzen belegt wird, ist in Deutschland meist nur auf besonderen Wunsch zu haben. Bei Mauro in Cavallino nahe Venedig kann man diese besonders schöne Variante genießen, während das Lokal Ae Oche in Venedig gleich über 90 verschiedene Pizza-Arten anbietet. Die beste Pizza in Deutschland gab es nicht bei einem Italiener, sondern beim Österreicher Mario Lohninger im ehemaligen Silk im Frankfurter Cocoon Club – die knusprigen und saftigen Fladen mit Südtiroler Speck sind unerreicht. Es war einmal.

Pizza mit Lachs & Caviar von Wolfgang Puck

Pizza Frankfurt

In Frankfurt beginnt die Geschichte der Pizza im Jahre 1966 mit der Eröffnung von Da Angelo in der Homburger Landstraße – kaum größer und schon gar nicht schöner als ein Schuhkarton. Die Pizzabäcker verrichteten reichlich brummig ihre Arbeit, kaum jemand von ihnen sprach ein Wort Deutsch. Dennoch pilgerten die Frankfurter aus allen Stadtteilen nach Preungesheim. Vor allem nachts kochte der Teufel mit, wenn sich beschickerte Zecher und bekiffte GI´s noch zu einem letzten Bissen aufrafften und mit extrascharfer Peperoni-Pizza den Kopf ein wenig klarer zu machen versuchten. Die amerikanischen Soldaten sind längst abmarschiert, doch bei Da Angelo wirbeln noch immer die Teigfladen durch die Luft. Der Laden wurde um das Dreifache vergrößert, ist aber noch immer klein. Trotz häufiger Besitzerwechsel schmeckt die Pizza fast wie früher und kommt aus dem Steinofen, speziell der Teig erscheint so ganz anders als die von anderen Mitbewerbern. Einigen gefällt sie gewiss auch deswegen, weil sie mit Erinnerungen gewürzt ist. Jedenfalls gehört diese Pizzeria zum Allerbesten, was Frankfurt auf diesem Gebiet zu bieten hat.

Scialpi

Das Lokal Scialpi in der Innenstadt ist beliebt und immer besucht. Zwischen Opernplatz und Freßgass in der Hochstraße gelegen, entwickelte sich diese vor über 20 Jahren noch schlichte Pizzeria zum ansehnlichen und doch immer noch rustikalen Treffpunkt. Scialpi könnte die beste Pizza der Stadt machen, wenn sie immer gleich ausfallen würde. Im Idealfall erlebt man sie so: Knusperzarter dünner Teig, der trotzdem so saftig-würzig ist, dass man sogar die Krusten-Enden gerne isst. Die Pizza Bunga mit Salsiccia Calabrese und Mozzarella hat Temperament und Finesse, die Pizza Diavolo mit Peperoniwurst ist noch würziger, aber nicht unbedingt besser. Neben einem enormen Qualitätsgefälle gibt es noch zwei Minuspunkte: Die Pizza wird nicht gut vorgeschnitten und muss mit Messer und Gabel nachgearbeitet und gegessen werden. Eine Pizza muss man aber aus der Hand essen können. Zudem wird der Belag meist etwas lieblos draufgeknallt. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern lässt sich auch schwer handhaben, weil alles durcheinander rutscht. Die Pizza mit Tiroler Speck ist gut, man sollte nur auf Ruccola und alles andere verzichten. Puristen ziehen hier das Pizzabrot vor, es stört keinerlei Belag. Vielleicht lässt Eustacchio Scialpi endlich deutlich mehr Sorgfalt herrschen, Schnelligkeit ist nicht alles. Vor allem, wenn es zu Lasten der Qualität geht. Die letzte Diavolo-Pizza Ende Juli schmeckte wie eine schlechte Tiefkühlpizza – wir fühlten uns herzlich verarscht. Scialpi ist keine Billigpizzeria, zwei Personen werden mit zwei einfachen Pizzen und zwei Prosecchi nicht unter 40 Euro auskommen.

Pizza Spicy Chicken von Wolfgang Puck

Beliebt und billig ist Amalfi, die hektische Teigfabrik, in der man während der Wartezeit seinen Prosecco im Pappbecher schlürft. Tomaten-Käse-Pizza und Pizza Tito mit Tomaten, Speck, Spinat, Mozzarella sind hier preiswerter als überall, aber keineswegs schlecht. Das Zeremoniell an der Theke – links bestellen, rechts zahlen – ist eine wunderbare Studie der Wirrnisse, wie so vieles hier. Warum haben alle Pizzabäcker Kugelbäuche? Salvatore Rimonti kann sich enge T-Shirts leisten, denn sein Surfbrettbauch schlägt keine Wellen. Sollte bei ihm „Wegen Wind geschlossen“ an der Tür stehen, so weiß man, dass er wieder auf den Weltmeeren unterwegs ist, denn das Longboat-Surfen ist seit Jahrzehnten seine Leidenschaft, mit der er sich sogar schon für die Weltmeisterschaft qualifizierte. 1968 war „Salvatore“ noch eine Trinkhallen-Pizzeria, jetzt ist es eine möblierte Pizzeria; aus den 20 wurden über 80 Quadratmeter. Salvatore eröffnete etwa gleichzeitig mit dem damals nahe liegenden Musikclub Sinkkasten und bekam von dort auch einen guten Teil seiner Kundschaft. Zuvor hatte er als Barkeeper im Londoner Hilton und als Kellner im Schlosshotel Kronberg gearbeitet. Viele der alten Sinkkasten-Gäste kommen noch immer – damals Studenten, heute Professoren, Ärzte, Anwälte. Inzwischen finden noch mehr Junge, Schicke und Schöne zu Salvatore, da sein Lokal auf der Strecke zum Ausgehpflaster Hanauer Landstraße beziehungsweise dem Rückweg liegt. Die Pizza mit Mozzarella, Parmaschinken und Rucola ist ein schönes Stück von schlichter Lustbarkeit. Ein oft zu sehendes Gruppenerlebnis ist das zu später Stunde einsetzende Verputzen von Pizzabroten, deren Knoblauch offenbar mehr anregend als abschreckend wirkt. Der Begriff „Pizza“ leitet sich übrigens vom musikalischen „pizzicato“ ab, was so viel wie mit den Fingern gezupft, gerissen, gezwickt und gekniffen heißen kann.

In Frankfurt-Sachsenhausen ist die Pizza schon sehr lange zu Hause. Das über 35 Jahre alte Borsalino in der Kleinen Rittergasse zählt zu den Pionieren dieser Spezies. Die Pizzen werden mit Schmiss im Holzofen zubereitet, alle haben sie Saft und Kraft. Und sie besitzen auch etwas von dem stets freundlich lächelnden Pizzabäcker – eine heitere italienische Note. Die Pizza mit Südtiroler Speck ist ebenso gut, wie die mit Pancetta-Bauchspeck. Die Auswahl an bekannten und weniger bekannten Varianten ist enorm.

Kaum größer als ein Karton, doch Kult: Pizza-Petro in der Paradiesgasse gehört zu den Dinos des Genres. Beliebt ist diese schrumplige Italominiatur bei vielen Spätheimkehrern und Gastronomen. Der Teig ist dünn, knusprig und saftig zugleich. Dünngeschnittene Peperoniwurst, Salami, Schinken und Pilze sind jeweils für sich oder auch gemischt immer gut, schön und selten ist auch die Pizza mit türkischer Sucuk-Wurst. Der Wunsch „extra scharf“ wird mit einem milden Lächeln quittiert. Die Schärfe fällt angenehm würzig aus und lässt die Zunge nur leicht prickeln. Gewürzt wird die Pizza aber außerdem mit dem lebhaften Szeneleben von Alt-Sachsenhausen, wo mehr Merkwürdiges und Kurioses geschieht als an vielen anderen Orten der Stadt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Gastronomie: Mit Volldampf in die Krise

Auch gute Köche

machen Fehler

 

Die schnittige BISS-Kolumne

 

Es gibt keine bestimmten Krisenzeiten. Das Leben ist eine Dauerkrise. Auch für Hoteliers, Gastronomen und Köche. Aber sie reagieren panisch auf Sommerlöcher und andere schwache Zeiten. Und sie reagieren meist falsch. Jeder weiß, dass es nichts Schlimmeres gibt, als bei ausbleibenden Gästen die Preise zu erhöhen, obwohl es keine erkennbaren Verbesserungen als Gegenwert gibt. Ergebnis dieses kontraproduktiven Aktionismusses: Die Gäste bleiben erst recht weg. Im Grunde weiß dass jeder, und doch erlebt man dieses Szenario als die ewige Wiederkehr des Gleichen. Umgekehrt wird auch nichts daraus: Preise senken schafft kein Vertrauen in die Leistung und gibt nur das falsche Signal, dass es plötzlich doch billiger geht und vorher einfach zu teuer war.

Überhaupt nicht hilfreich, vor allem für gute Restaurants, sind billige Schlemmer-Wochen, All You Can Eat Angebote, Ein-Preis-für-Zwei-Offerten und ähnlicher Dumpfsinn. Solchen Ideen merkt man nur die Verzweiflung des Absenders an. Suche nach Sinnvollem sieht jedenfalls anders aus. Man stelle sich vor, ein Sterne-Koch böte plötzlich ein Menü à la All You Can Eat an? Viel besser wirkt es aber auch nicht, wenn renommierte Köche, etwa in Zusammenarbeit mit Mainstream-Medien der ohnehin fragwürdigen Art, gezielte Aktionen lancieren. Selbst gute und hochdekorierte Köche lassen sich leider immer wieder auf derartige Kuhhändel ein.

Es läuft meist nach dem gleichen Schema ab: Ein bekannter Koch soll ein Menü zusammenstellen, dessen Preis spürbar unter seinen sonstigen Menüpreisen liegt. Er geht auf das Geschäft ein, obwohl er zu allem Überfluss auch noch Prozente an das Unternehmen oder das entsprechende Journal zahlen muss. Um überhaupt auf seine Kosten zu kommen, kann sich der Koch aber nur unter Preis verkaufen, wenn er nicht so hochwertige Produkte verwendet, die Zubereitung weniger aufwendig gestaltet und die Portionen etwas kleiner fährt. Er wird also eher Pasta und Salat als Steinbutt und Trüffel auf die Teller bringen. Das wiederum hat zur Folge, dass die Billig-Gäste enttäuscht sind und sich wundern, warum der betreffende Koch einen Stern oder ähnliche Auszeichnungen hat. Am Ende ist der Koch frustriert, sind die Gäste unzufrieden. In das betreffende Restaurant werden sie jedenfalls nie wieder gehen. Dass solche Gäste augenscheinlich nicht zu der üblichen Klientel passen und das Gesamtbild atmosphärisch stören, kommt erschwerend hinzu.

Die Gastronomen füllen mit solchen Aktionen kurzsichtig gesehen ein paar Tische – aber mit den völlig falschen Besuchern. Mit Gästen, die glauben, man könne einen Porsche zum VW-Preis bekommen. Und dann nur einen Motorschaden hinterlassen.

Ludwig Fienhold

 




Ein letzter Drink mit Whitney Houston

Das intimste Konzert

ihres Lebens

 

Die Sängerin wäre am 9. August 50 Jahre alt geworden

 

Sie war immer die erste, die vom Tisch aufstand. Oft bockig wie ein Kind, das seinen Brei nicht essen will. Wir, eine Handvoll Journalisten, saßen in unmittelbarer Nähe und hatten jeden Abend Blick auf Whitney Houston und ihre Gesellschaft. Obwohl neben ihr der frisch angetraute Ehemann Bobby Brown sowie ein Dutzend anderer Gäste aus ihrer Entourage mit am Tisch saßen, wurde meist wenig gesprochen. Whitney stocherte auffällig gelangweilt in ihrem Essen herum. Sie hielt Messer und Gabel eigenartig verrenkt, als ob sich alle Gelenke dagegen sträuben würden. Wir alle tafelten im Windward Dining Room der SS Norway, die auf ihrer Kreuzfahrt zu den Karbik-Inseln St. Thomas, St. Martin und Puerto Rico in ruhigen Gewässern unterwegs war. Auf dem Entertainment-Schiff selbst schlug ein massives Unterhaltungsprogramm mit 80 Veranstaltungen am Tag hohe Wellen. Whitney Houston trat hier jedoch nicht auf und reiste auch nur als Passagier. Ein recht unauffälliger, im Benehmen und bei der Garderobe. Schwarz, Beige und Braun schienen ihre Lieblingsfarben zu sein, hin und wieder überraschte sie mit einem beherzten Dekollete.

Es war das Jahr 1992 als Whitney Houston den Höhepunkt ihrer Karriere erreicht hatte. In diese Zeit fielen einige entscheidende Ereignisse: Die Heirat mit Bobby Brown, der Film The Bodyguard mit Kevin Costner und ihr größter Welthit I will always love you. Auf dem Kreuzfahrtschiff machte Whitney Houston weder einen glücklichen noch unglücklichen Eindruck, schien sich aber wenig zu amüsieren. Wer nicht wusste, dass Bobby Brown ihr Mann war, hätte ihn auch für ihren Leibwächter oder Manager halten können, so neutral gingen beide in der Öffentlichkeit miteinander um. Bis dahin war Whitney Houston nur eine interessante Beigabe zu einer Kreuzfahrt, aber das sollte sich an einem späten Abend nach Mitternacht ändern.

Am vierten Tag der Kreuzfahrt waren zwei Kollegen und ich der Dauerbeschallung, den Modeschauen und Musicals und der grellen Shorts der meist amerikanischen Gäste überdrüssig und wählten unter den acht Bars die einzige aus, die leer war. Die Türen vom International Club standen offen, auf der kleinen Bühne waren nur noch die Mikrophone und andere Überreste einer Band zu sehen, die dort zuvor spielte. Wir hatten ein paar Dosen Bier dabei und freuten uns über die Ruhe. Plötzlich tauchte Whitney Houston auf, ohne Bodyguard und Bobby Brown, nur begleitet von zwei jungen Mädchen. Sie lächelte uns im Vorbeigehen kurz an und meinte, wir könnten ruhig bleiben. Man hätte uns auch schon heraustragen müssen, denn niemand von uns wäre jetzt freiwillig gegangen. Dennoch saßen wir sehr entspannt beisammen und gaben Whitney ungewollt das Signal, dass wir nicht lästig fallen würden. Solche wortlosen Abmachungen kann man nicht aushandeln, sie ergeben sich. Whitney ging allein auf die Bühne, die Anlage schien für sie zu einer Probe vorbereitet. Aus dem Stand heraus sang sie völlig unbegleitet und ohne Playback. Von der ersten Sekunde füllte ihre Stimme den Raum, eindringlich und seelenvoll, aber dabei so leicht und unbekümmert, als sänge sie allein in einer leeren Kirche. Whitney lächelte und schien zum ersten Mal während der Kreuzfahrt glücklich. Wir alle segelten gemeinsam auf einer großen Welle. Wenn es passte, applaudierten wir bedächtig – und Whitney bedankte sich freundlich. Einige der Songs kannten wir, andere nicht. Doch vor allem ein Lied war von einer ergreifenden Magie, beim Refrain And I will always love you wollten wir nicht einmal durchs Atmen stören. Niemand von uns Zuhörern kannte damals den Titelsong aus dem Film The Bodyguard, der erst später in die Kinos kommen und veröffentlicht werden sollte.

Nach einer guten halben Stunde sprach sich die Nachricht von Whitney Houstons Auftritt herum. Doch bevor noch mehr als Hundert der 2000 Passagiere aufkreuzten, entschwand sie mit schnellen Schritten. Es sollte das intimste Konzert bleiben, das Whitney Houston wohl je gab. Die Einzigartigkeit wurde durch ihren Tod endgültig.

Ludwig Fienhold




La Moraga: Tapas für die Welt

Spanien will mit seiner heiteren Häppchenkultur

jetzt auch Frankfurt, Dubai und Florida erobern

 

Von Ludwig Fienhold

Das in Spanien an der Costa del Sol ins Leben gerufene Konzept der Gastronomiegruppe La Moraga mit modernen Tapas hat nun sein erstes Lokal auf deutschem Boden in Frankfurt eröffnet. Nahe der Flaniermeile Goethestraße und damit auch nicht weit von der bekannten Freßgass entfernt, liegt es zwar nicht so prominent, aber doch zentral.  Küchenchef Christian Heinenbruch und sein Team stehen seit Dienstag, 1. Oktober, in der offenen Showküche.  Es gibt nicht nur Tapas, sondern auch größere Gerichte. Außer dem Restaurant existiert zudem eine Lounge-Bar mit kreativen Coktails.

La Moraga Bar Frankfurt

La Moraga Bar Frankfurt

Das La Moraga Frankfurt war zwar schon für letztes Jahr im Herbst geplant, doch knirschte es hinter den Kulissen. Der als kreativer Kopf eingesetzte Zwei-Sterne-Koch Dani García aus Marbella (Restaurant Calima) zertritt sich mit seinen Partnern, weshalb manche der spanischen Filialen geschlossen wurden und andere gar nicht erst an den Start gehen konnten. Inzwischen arbeitet La Moraga mit anderen Köchen zusammen, während Dani García unter dem Namen La Manzanilla sein eigenes Lokal in New York eröffnet hat.

Wo jetzt La Moraga seine Zelte aufgeschlagen hat, versuchte für nur sehr kurze Zeit das GinYuu sein Glück – als trauriges Paradebeispiel mit unqualifizierter Systemgastronomie. Das 450 Quadratmeter große Lokal La Moraga in Frankfurt wird von einer bislang wenig bekannten GmbH namens Look & Taste in Wiesbaden betrieben, doch steckt dahinter unter anderem Madjid Djamegari, der als Betreiber der Kameha Suite bekannt wurde und nun das Musiklokal Gibson an der Frankfurter Zeil führt. Er hat die Masterlizenz für La Moraga für Deutschland, die Schweiz und Österreich erworben.

Lamoraga HamburgerDa es sich um ein Franchise-Unternehmen handelt, sind die Vorgaben weltweit gleich. Hierbei geht es jedoch nicht nur um formelle und juristische, sondern auch gastronomische Strukturen. Die Rezepturen werden weitergegeben und sind allerorten weitgehend identisch. Die Grundfrage bei all diesen Unternehmungen lautet jedoch, ob es auch die ausreichend richtigen technischen Voraussetzungen und guten Mitarbeiter für deren Umsetzung gibt. Genau an diesen handwerklichen Voraussetzungen scheiterten schon einige Unternehmen. Was einst Sterne-Koch Dani García und seine Partner von La Moraga initiiert haben, ist als Konzept grundsätzlich sehr erfolgversprechend: Leckere kleine Gerichte zum angenehmen Preis, begleitet von guten Weinen und nettem Service. So unter anderem zu erleben in Marbella (Puerto Banứs) und in Malaga. Dort sogar am Flughafen, der damit für unseren Geschmack eines der Top Five Airport-Lokale in der Welt zu bieten hat. Dani García ist in Spanien und vor allem Andalusien sehr bekannt und hat bei Martín Berasategui im Restaurant Tragabuches in Ronda gelernt. Dani García experimentierte auch lange Zeit auf molekularer Ebene, besinnt sich heute aber wieder mehr darauf, klassische andalusische Gerichte zu verfeinern und neu zu interpretieren. Seinen Küchenstil bezeichnet er gerne als Cocinacontradición.

LamoragaIm extra ordinären Marbella-Hafen Puerto Banứs kann man als seriöser Gastronom nur schwer Fuß fassen wollen. Am Rand hat sich jedoch das La Moraga so gut installieren können, das sich bereits vor seiner Eröffnung um 20 Uhr Schlangen bilden, zumal man nicht reservieren kann.  Kaum eine halbe Stunde später ist kein Platz mehr frei, muss man Glück haben, vielleicht sind einige ja nur auf einen Happen dabei und räumen rasch wieder das Feld. Doch wer sich in den kleinen Schweinereien aus der offenen Küche erst einmal festgebissen hat, verlässt dieses beschwingte Lokal nicht so schnell. Zur guten Laune tragen außerdem der frohe Service von Amanda und die Weine zu Schmunzelpreisen bei. Die Tapas sind nicht durchgängig klasse, machen aber in jeder Form Spaß. Es sind zumeist temperamentvolle, gut zubereitete und beherzt gewürzte Miniaturen, die bei jedem Bissen Lust auf den nächsten machen: Kebab mit Iberico-Schwein in orientalischer Sauce mit Raz el Hanout; große Garnelen in frittiertem Basilikum; geräucherter Kabeljau mit Ziegenkäse und süßen Linsen; gehackte Kutteln mit Kichererbsen und Minze (pro Teller 3 bis15 Euro). La Moraga bezeichnet sich inzwischen nicht mehr als Tapas-Lokal, sondern als Gastrobar.

Lamoraga

La Moraga Malaga

Die Speisekarten aller La Moraga-Lokale fallen gleich aus und werden nur schleppend erneuert. Selbst bei mehrmaligem Besuch dauert es aber, bis man die über 50 Happen durch hat. Auch am Flughafen von Malaga gibt es die gleichen originellen Tapas, die ebenfalls nicht allzu klein ausfallen. Zu den Highlights gehören grundsätzlich der süffige und schön gewürzte Burger Bull mit geschmortem Ochsenschzwanz sowie der schlotzige Pig Burger mit Schweinebacke, Speck und Teriyaki-Mayonnaise. Dazu trinkt man einen quicklebendigen Cava von Augustí Torello Mata für angenehme 4,80 Euro das gut eingeschenkte Glas. Auch hier kann man den Service wegen seiner Freundlichkeit und Präsenz nur loben. Es gibt sogar nette Menüs für nur 20 Euro, inklusive Wein, Bier oder Wasser.

Der frühere Mentor von La Moraga, Dani García, hat inzwischen in der Park Avenue 345 in New York sein neues Lokal eröffnet. La Manzanilla will eine „Spanische Brasserie“ sein und bietet vor allem modifizierte traditionelle Küche, aber auch einige seiner bekannten Speisen, wie den fabelhaften Ochsenschwanz-Burger, allerdings nicht als Tapa-Portion, sondern als eigenständiges Gericht. García steht nicht selbst am Herd, dafür sein Partner Santiago Guerrero. Das Konzept ist nicht schlecht, aber vielleicht wäre er mit einer reinen Tapas-Bar besser in New York gefahren. Außerdem ist Dani García zwar in Andalusien ein Star, in New York aber eher ein No-Name.

La Moraga, Frankfurt, Junghofstr. 14, Tel. (069) 153454 66.  Geöffnet Montag – Donnerstag 11 – 1 Uhr, Freitag + Samstag 11 – 2 Uhr, Sonntag 11.30 – 23 Uhr.

La Moraga, Marbella, Puerto Banús, Ramón Areces 1, (0034) 952 815652. www.lamoraga.com

 

 

 




Super Soul Food beim Polo Turnier Frankfurt

Cater-Stimmung mal anders

 

Ob Prinz Charles und seine Söhne William und Harry, die bekanntesten Polo-Spieler auf diesem Planeten, den Frankfurt Gold Cup im Stadtteil Nied wohl kennen?  Es ging aber auch ohne sie ganz sportlich royal beim inzwischen sechsten Turnier auf dem Poloplatz Georgshof zu. Mit der Kleidung hapert es allerdings noch bei den Besuchern, nur ganz wenige Damen trugen Hut & Hütchen, die meisten kamen sportlich salopp, wobei es viele Männer nicht mal ins Jackett schafften. Das VIP-Zelt, in das sich jeder einkaufen konnte, wurde ganz in Weiß leicht festlich inszeniert. Auf allen anderen Plätzen hatten die Zuschauer freien Eintritt.

PoloEin solches Turnier wäre nur ein Sportplatz, wenn nicht auch eine Topqualität bei Essen und Service geboten würde. Thomas Funke von Soul Food und sein Team leisten stets erstklassige Arbeit, wobei sie nicht jedes Würstchen mit Schleifchen versehen und durch Überdekoration mangelndes Format kaschieren möchten. Bei Soul Food schmeckt alles nach Leib & Seele: Der butterzarte voll saftige Rücken vom Duroc-Schwein in einer würzigen Cajun-Bratensauce mit rosmarinisierten Hofheimer Bauernkartoffeln war so hervorragend, wie man das in nur wenigen Restaurants bekommt. Auch der Kabeljau glänzte durch perfekte Garung und schönste Konsistenz und bedurfte nur einer Prise Fleur de Sel, um glücklich zu machen. Tolle Gewürze standen handverlesen parat, allein der frische Pfeffer war für sich schon eine Entdeckung. Ob Maispoularde, Aufschnitt, Wurst, Käse oder andere Happen, selten sind wir von einem Caterer-Buffet so begeistert gewesen. Manches Dessert hatte großväterliche Güte, der saftige hausgemachte Zwetschgen-Crumble würde trotz anarchistischer Optik jedes Café adeln.  Bei den Getränken zeigte vor allem der fließend strömende Champagner von Gosset, was zu einem Polo Turnier passt.

Sportlicher Service: Celine Dahmen

Sportlicher Service: Celine Dahmen

Thomas Funke & Soul Food betreiben Catering auf Restaurant-Niveau. Er verfügt über einen sehr guten Background, hat unter anderem im seligen Frankfurter Brückenkeller gearbeitet und bei Klaus Peter Kofler, als dieser noch mit ihm das Schirn-Restaurant auf gutes Niveau brachte. Thomas Funke, der auch immer mal wieder im Frischeparadies kocht, kann sich auf ein gutes Serviceteam verlassen. Dieses war beim Polo-Turnier besonders einsatzfreudig und zeigte mit Cowboy-Hüten Schick – und war dadurch leicht erkennbar. Im VIP-Zelt wurden 300 Gäste bewirtet, insgesamt kamen 2.500 Besucher. Gewinner des Turniers wurde das Team von Oman-Air.

Polo ist ein beschwingt kraftvoller Sport von choreografischer Dynamik. Und gewissen Merkwürdigkeiten, es gibt sogar halbe Tore. Polo weckt in Argentinien schon lange Begeisterung, aber auch auf Sylt geht man auf Turniere und erkennt den sportlichen und gesellschaftlichen Reiz. Das Frankfurter Turnier gehört jedoch ebenso in jeden Terminkalender.

Polo Club Hessen, Herborn, Tel. 0170 45 40 570. www.frankfurtpolo.de

Soul Food, Liederbach, Tel. 0172 69 71 061. www.soulfood.de

 Photocredit: Barbara Fienhold




Skyline Dinner in Koflers Tree House

Wolkenkratzer-Lokal

mit Höhen & Tiefen

 

Das Auge isst mit und kann sich an diesem Skyline-Blick nicht sattsehen: Klaus Peter Kofler hat erneut sein Treehouse bezogen, in dem die Gäste eine grandiose Sicht auf Frankfurt haben. Auf der 25. Etage des Nextower am Thurn- und Taxisplatzt mitten in der City breiten sich Restaurant, Bar und Dachterrasse aus. Restaurant und Bar wurden in einem flamboyanten Stilmix aus Vintage, Retro und britischem Barclub entworfen, der Roof Garden braucht nur gutes Wetter, um zu gefallen und bietet Drinks open air. Zum Sundowner gibt es derzeit keinen schöneren Platz, doch ab 22 Uhr krachen DJ´s die Idylle weg. Bis 12. Oktober kann noch in 100 Metern Höhe gefeiert werden, dann wird das Luxus-Baumhaus wieder abgebaut.

Restaurant mit Ausblick

Restaurant mit Ausblick

Hauptattraktion im Tree House sind der Ausblick im Cinemascope-Format und die phantasievolle Gestaltung.  Das Essen ist eher eine nette Begleitmusik. 13 Michelin-Sterne sollen den Himmel erleuchten, doch ist das ziemlich geflunkert. Tim Raue (Berlin), Juan Amador (Mannheim), Wahibi Nouri (Hamburg) und andere bekannte Köche sind keineswegs präsent, die Kofler-Köche kochen lediglich nach deren Rezepturen. Beim Pre Opening waren immerhin Matthias Schmidt von der Frankfurter Villa Merton und André Tienelt vom Hotel Elbresidenz aus dem sächsischen Bad Schandau zugegen und teilten sich mit weiteren sieben Köchen die nicht allzu große Küche, die am Rand des Restaurants offen einsehbar installiert wurde. Bei den vielen bekannten Namen auf der Kofler-Köcheliste überrascht Tienelt, den man nicht unbedingt kennen muss. Bester Gang beim Menü war das Amuse bouche: Filigranes Mascarponeschaumbällchen in Kopfsalatsauce. Eine gute Kombination zeigte auch der würzige Saibling an Bearnaise-Mayonnaise mit Estragon, Sauerampfer und rohem Wurzelsalat, die Matthias Schmidt nach einer Vorlage von Tim Raue servierte. Beim gut gegarten Kalbfleisch mit süßsaurer Gemüse-Caponata, schwarzer Feige und Kräutern vertrugen sich vor allem Fleisch und Feige. Die Tagliatelle von Palmherzen mit zu viel Parmesan und schwachen Sommertrüffeln schmeckte wie beim Italiener nebenan – nach einem Rezept vom Restaurant Mani aus dem brasilianischen Sao Paulo. Wie toll auch manch einfach klingendes Gericht sein kann, zeigte Matthias Schmidt mit seinem Dessert: Gurke mit Joghurt und Dillblüten. Für eine Generalprobe insgesamt kein übles Ergebnis. Doch darf man bei solchen Events auch nicht zu viel erwarten. Die Köche müssen auf kleinem Raum viel improvisieren und mit einem ihnen unbekannten Service harmonieren. Der Service war indes in Hochform und schien auf Rollschuhen unterwegs. Bei der Weinauswahl zeigte das Tree House zunächst überhaupt keine glückliche Hand, kein einziger schlanker Weißwein war dabei, obwohl Rheinhessen und Rheingau gleich vor der Tür liegen. Jetzt wurde die Karte immerhin durch einen Weißburgunder von Battenfeld-Spanier und einen Rheinhessen Riesling von Groebe aufgestockt. Mit an Bord kam zudem ein Grauburgunder von Kühling-Gillot, der aber nicht gelistet ist und nur auf Nachfrage zu haben ist.

Die Menüpreise passen sich der Höhe des Tree Houses an, drei Gänge kosten 85 €. Es können aber inzwischen auch einzelne Gänge aus dem Menü für 29 € bestellt werden.

Bar

Restaurant

Ein ganz zentraler Erlebnisraum ist die Bar. Dafür hat man den Profi Stephan Hinz engagiert, der mit sehr amüsanten Ideen auftrumpft. Unter dem Titel Cocktailkunst gibt es einige bemerkenswerte Kreationen:

Pocket Rocket: In einem Reagenzglas serviert, erwartet den Gast ein Frische-Elixier aus Wodka, Rucola, Kokos, Limette, Mandel, Salz und Maracuja.

Coquetier: Eine Erklärung zum Entstehen des Wortes ‘Cocktail’ ist der Legende nach die Ableitung vom französischen Begriff für Eierbecher (coquetier). Grund genug, diese würzig-süße Komposition aus Rum, PX Sherry, Schokolade, Cherry Heering, Pimento Dram, Eiweiß und Bitters in einem Eierbecher zu servieren – in einem Ei selbstverständlich.

Goldener Schuss :  Den berühmten goldenen Schuss geht das Barteam etwas sanfter an, denn bei ihm landen nur Wodka, Cointreau, Zitrone, Salbei-Zucker und natürlich Goldstaub in der Spritze.

Currywurst Cocktail: Ein flüssiger Tribut an die Currywurst: Wodka wird mit würzigem Schinken aromatisiert und durch fruchtiges Paprikapüree ergänzt. Darauf eine Krone aus Curryschaum und eine Prise Beerenpfeffer. Serviert in einem Weckglas mit einer Nudel als Trinkhalm und Serranoschinken-Chips.

Cinema Cocktail: Aus Mais lässt sich nicht nur Popcorn machen, sondern zum Beispiel auch Bourbon. Um auf diese Verwandtschaft aufmerksam zu machen, wird im Tree House der Bourbon gleich mit Popcorn aromatisiert, durch Orangensaft und Honig abgerundet und in einer Popcorntüte serviert.

Ludwig Fienhold

Dachterrasse

Dachterrasse

Tree House, Nextower 25th Floor, Frankfurt, Thurn- und Taxisplatz 6, Tel. 0170 389 8800. Öffnungszeiten: Dachterrasse & Bar ab 18.30 Uhr, Restaurant ab 19 Uhr.

Der aberwitzig unübersichtliche und nur in Englisch stattfindende Internetauftritt verwirrt mehr als er informiert, weshalb wir den eher direkten Draht über das Telefon empfehlen.

www.pretadiner.com/en/event_2013_frankfurt_taste.php

 

 

 
 

 


BILDER GALERIE TREE HOUSE

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold




Küchenchef Martin Steiner verlässt Jumeirah

Und eröffnet eigenes Lokal in alter Schlossmühle

 

Von Ludwig Fienhold

Der Executive Chef des Jumeirah in Frankfurt, Martin Steiner, wird das Hotel am 15. September verlassen. Der 35 Jahre alte Österreicher begann dort im Mai 2011 und war zuvor Küchenchef auf Johann Lafers Stromburg. Steiner steht für eine hochklassische und verfeinerte deutsch-österreichische Küche. Der Nachfolger Steiners im Restaurant Max on One im Jumeirah ist in Aussicht, muss aber noch vertraglich abgesichert werden, weshalb es bislang dazu keine offizielle Stellungnahme gibt.

Jumeirah Küchenparty

Direktorin Dagmar Woodward, Martin Steiner, Slim Ennakhla (v.l.n.r.)

Martin Steiner will sich selbständig machen und plant sein eigenes Restaurant – aber nicht in Frankfurt, sondern in einer alten Schlossmühle bei Paderborn. In dieses Objekt hatte er sich schon vor sieben Jahren verliebt. Inzwischen ist es frei geworden, kann Steiner seinen Traum verwirklichen. Eröffnung der Almer Schlossmühle soll am 1. November sein.

Der anfangs als Restaurantleiter im Max on One fungierende Marcus Wyrwich ist inzwischen im Roomers, an seine Stelle rückte Slim Ennakhla. Die Speisekarte im Jumeirah ist nach wie vor deutsch-regional und österreichisch und wird vorerst keine Veränderungen aufweisen. Der Kärntner Martin Steiner versteht sich ausgezeichnet auf seine Heimatgerichte, das Wiener Schnitzel gehört zu den Besten überhaupt und darf auch 26 Euro kosten. Es wird mit sehr guten und leicht speckigen Bratkartöffelchen und wunderbar erfrischendem Gurkensalat serviert. Das gebackene Bio-Freiland-Ei klingt unspektakulär, wie manches auf der Karte, überrascht aber optisch und geschmacklich umso mehr. Highlights sind neben dem Wiener Schnitzel und dem Backhendl vor allem Duo vom Steirischen Almochsen, Hunsrücker Damhirschrücken in der Linzertorten-Kruste und Seiberbacher Huhn im Salzteig. Die Desserts sind durchweg gut. In den nächsten Wochen kann man Steiners Küche noch genießen.

Jumeirah City Skyline

Jumeirah City Skyline

Das Restaurant Max on One von Martin Steiner hat 16 Punkte im Gault Millau, aber keinen Michelin-Stern. Die Haltung vom Michelin ist deshalb umso unverständlicher, weil Steiners Küche auf Lafers Stromburg mit einem Stern belohnt wurde, obwohl er dort weniger überzeugend kochte als im Jumeirah.

Das Jumeirah Hotel in Frankfurt hat viel Hightech zu bieten, von amüsant bis sinnvoll. Auch die Küche des Hauptrestaurants Max on One ist sehenswert – die Gäste können den Köchen ungeniert bei der Arbeit zusehen. Es ist alles sehr stilvoll, doch das Noble wird durch kybernetischen Realismus mit Rinderhälften und Knoblauchstangen am Haken rational geerdet. Zusammen mit der Schaumalrein-Küche schafft das verglaste Kühlhaus mit seinem Inventar ein großartiges Stillleben von hopperscher Dimension.

Gebackenes Bio-Ei

Gebackenes Bio-Ei

Dem Jumeirah hätte man gar nicht so viel mutigen Hintersinn zugetraut, die Gestaltung des Restaurants wurde dem coolen japanischen Designer Takashi Sugimoto aus Tokio und seinem Team Super Potato überlassen, die bekannt für innovative Ideen sind, aber hauptsächlich in Asien arbeiten und hier erstmals in Deutschland aktiv wurden. Man musste mangels interessanten Fensterausblicks noch mehr nach Innen fürs Auge gehen, was auch mit dem gläsernen begehbaren Weinklimaschrank im Zentrum geglückt ist. Der Restaurantteil um die Backherde und Öfen erscheint mit den an dieser Stelle nur spartanisch eingedeckten Holztischen und dem kunstvollen Geschirr in den Wandregalen wie eine große Wohnküche. Trotz der Modernität des Raums kommt Behaglichkeit auf, was auch den kommoden Fauteuils zu verdanken ist. Das Jumeirah in Frankfurt ist bis jetzt das einzige Hotel dieser Dubai-Gruppe in Deutschland.

 

Jumeirah, Max on One, Frankfurt, Thurn- und Taxis-Platz 2,

Tel. (069) 297 23 71 98

Martin Steiner

Martin Steiner

Bild ganz oben rechts: Martin Steiner in der Küche vom Restaurant Max on One im Hotel Jumeirah

Photocredit: Barbara Fienhold, Jumeirah

 




Seven Swans: Das originellste Restaurant von Frankfurt im neuen Look

Nach dem Umbau jetzt 

größer, schöner, besser

 

Von Ludwig Fienhold

Im schmalsten Haus von Frankfurt ist viel Platz für Phantasie: Nach dem Umbau ist jetzt alles noch größer, schöner, besser. Aus den ehemaligen Hotelzimmern wurde zusätzlich Platz für eine neue Küche und mehr Tische geschaffen.  Künftig können im Restaurant Seven Swans 30 Gäste bewirtet werden, bislang waren es höchstens 18. Das Restaurant erstreckt sich nun über drei Etagen und teilt sich in den White Room und den Black Room sowie die Dachterrasse auf. Diese wunderbare Loge mit Blick auf den Dom und die Skyline ist der schönste Platz (für 2 – 4 Gäste). Dort zieht Küchenchefin Kimberley Unser auch ihre Kräuter. Die Dachterrasse ist aber auch ein Chefs Table, denn die Gäste sitzen unmittelbar neben der offenen Küche. Die Speisekarte bleibt weiterhin klein, doch der Menüzwang wurde abgeschafft, man kann jetzt auch spontan kommen und sich etwas aus der Speisenfolge auswählen.

White Room

White Room

Küchenchefin Kimberley Unser strahlt wie ein Honigkuchenpferd. Endlich konnte sie ihre schlichte Hausfrauenküche gegen eine professionelle eintauschen. Die ist zwar auch nicht riesig und musste dem Häuschen angepasst werden, doch hier steht jetzt ein eigens für Seven Swans angefertigter Molteni-Herd, der Rolls-Royce unter den Öfen. Unterstütz wird Kimberley Unser nach wie vor von Souschef Max und einer Gehilfin. Der Stil der Küche bleibt wie er war. Kimberley Unser lässt sich gerne von der ganzen Welt inspirieren und macht daraus ihre ganz persönliche Landhausküche. Saisonal, regional, frisch. Aus kontrolliertem Anbau – jetzt sogar mit einem eigenen ökologische Hof auf den Braumannswiesen in Bad Homburg. Das dort erzeugte Obst, Gemüse und nebst frischen Kräutern werden verstärkt in der Küche vom Seven Swans eingesetzt. Die anfänglich magere Weinkarte wurde inzwischen aufgestockt und mit einigen guten Flaschen ergänzt, wobei noch Spielraum nach oben bleibt.

Black Room

Black Room

Ein Raum im Seven Swans ist nur für Künstler und ihre Werke reserviert. Katharina Weinstock kuratiert mehrmals jährlich die Ausstellungsreihe Seven Swans perspectives. Jede neue Ausgabe der Reihe begeht das Seven Swans mit einer offenen Vernissage, bei der Künstler und Kuratorin durch den Abend führen. Kunst ist auch an den Wänden der Restaurantetagen zu finden, wobei der Blick aus dem Fenster auf den Main und die vorbeiziehen Schwäne ebenfalls ein großer optischer Leckerbissen ist.

Am Eröffnungsabend des neuen Seven Swans feierten Hausherr Steen Rothenberger, Geschäftsführerin Suna Korap und Küchenchefin Kimberley Unser mit über 100 geladenen Gästen. Beliebtester Platz waren die Dachterrasse und die Küche. Die vielen positiven Neuerungen könnten bewirken, dass Küchenchefin Kimberley Unser, die ohnehin gerne über den Tellerrand blickt, ihren Horizont noch weiter öffnet. Das Seven Swans bleibt Frankfurts originellstes Lokal und erscheint jetzt noch eine Prise pfiffiger.

Seven Swans, Frankfurt, Mainkai 4, Tel. (069) 21 99 6226. Geöffnet Dienstag – Samstag ab 18.30 Uhr. www.sevenswans.de.

Bild oben rechts: Kimberley Unser

Photocredits: Barbara Fienhold

Siehe auch: Neueröffnung Seven Swans

 


 





Die Sterne sind schnuppe

Der kulinarische Horizont wird enger

 

 

Von Ludwig Fienhold

Köche gehen, neue Konzepte kommen. So viele Schließungen auf einen Schlag wie jetzt gab es in der deutschen Spitzengastronomie selten. Nachdem das ehemalige Zwei-Sterne-Restaurant La Vision im Kölner Wasserturm jetzt ohne Visionen auskommt und das ebenfalls von den Gourmet Guides dekorierte Nero im Schloss Hugenpoet in Essen-Kettwig geschlossen ist, wird auch Michael Hoffmann im nächsten Jahr sein respektables Margaux in Berlin dicht machen (18 Punkte Gault Millau, 1 Stern Michelin). Außerdem ändert das muntere Monkey´s West in Düsseldorf  seine Küche und verlässt den Gourmetkurs (bislang 16 Punkte Gault Millau, 1 Michelin-Stern).

Immer mehr Gastronomen sind die Sterne schnuppe, andere suchen nach neuen Konzepten, weil die alten vielleicht gut, aber nicht rentabel waren. Von einem Sternesterben zu reden, wäre zu dramatisch, denn noch bewegen sich viele Kometen am kulinarischen Himmel. Doch es sind (ein)leuchtende Zeichen, die hier gesetzt werden. Welchen Grund also gibt es für den Kurswechsel und die Schließung vieler Toprestaurants?

Michael Hoffmann vom Margaux in Berlin

Michael Hoffmann vom Margaux in Berlin

Wer in Berlin als ambitionierter Küchenchef  ohne Hotel oder einen anderen Sponsor überleben will, muss nicht nur gut am Herd sein, sondern auch rechnen können wie Adam Ries. Michael Hoffmann ist viel zu sehr Künstler, um sich mit erdrückenden Zahlen befassen zu wollen. Irgendwann rächt sich das aber, laufen die Kosten davon. Ob Michael Hoffmann nun für sein Margaux die Pacht nicht mehr aufbringen konnte, wie vielfach zu hören ist, oder sich nicht hat wirtschaftlich beraten lassen, ändert nichts mehr – in fünf Monaten ist Schluss. Von Buletten-Berlinern und Gourmet-Touristen kann sich kein Küchenchef ernähren, der ein kostspieliges Spitzenrestaurant betreibt. Offiziell will sich Hoffmann nicht zu den Gründen äußern und verrät auch sein neues Konzept nicht, mit dem er in jedem Fall wieder in Berlin antreten will. Vielleicht weiß er es auch einfach gar nicht und muss sich selbst erst einmal über seine Zukunft klar werden. Die Auszeichnungen in den Gourmet Guides Gault Millau und Michelin sind dann im nächsten Jahr erst einmal verloren und müssen wieder neu erarbeitet werden. In diesen Tagen liest man viel davon, dass die Köche ihre Sterne und Punkte zurückgeben würden, was aber Quatsch mit Soße ist: Kein Koch kann diese Ehrungen retournieren, nur die Restaurantführer selbst verleihen und entziehen sie.

Schloss Hugenpoet

Schloss Hugenpoet

Über den Wasserturm und sein Restaurant hatten wir bereits berichtet (siehe BISS-Artikel La Vision in Köln schließt). Das wunderbare Schloss Hugenpoet (bitte Pot und nicht wie „Dichter“ aussprechen, der Name bedeutet „Krötenpfuhl“) hatte gute und doch schmerzliche Gründe, sein Konzept zu ändern. Das Gourmetrestaurant Nero wird es so nicht mehr geben, doch Küchenchefin Erika Bergheim und ihr Team bleiben. Trotz ihres Talents fehlte die raumfüllende Akzeptanz in der Region. Gourmetrestaurant bedeutet in dieser Gegend immer noch „teuer“ und „fein“. Es gab Abende, da saßen wir mit Schauspieler Bruno Ganz ganz allein in der Gaststube. Manch einer mag auch die Küchenchefin unterschätzt haben, die so wirkt, wie man sich Veganer vorstellt. Doch die Dame hat´s drauf und beherrscht die gute klassische Küche.

Das neue Angebot im Lokal Nero ist simpel, meint Schlossherr  Michael Lübbert. Es orientiere sich an den Bedürfnissen der internationalen Hotelgäste ebenso, wie an denen der Nachbarn aus Kettwig, Hösel oder Düsseldorf. Das Restaurant hat weder Sonntag noch Montag zu, es gibt auch nachmittags Küche. Niemand muss sich an einen Gourmet-Verhaltenskodex halten, damit er mit Freude und Respekt bedient wird, sagt Lübbe. Es sei egal, ob jemand mit dem Nachtisch beginnt und dann eine Vorspeise esse, oder überhaupt lieber nur ein Stück Kuchen. Es störe auch niemanden, wenn jemand Cola oder Bier statt Wein bestelle, egal zu welcher Tageszeit und zu welchem Essen. Mit dieser neuen Ausrichtung hofft man jedenfalls, mehr Freunde gerade in der Umgebung zu finden. Die tapfere Küchenchefin und das charaktervolle Hotel hätten es mehr als verdient.

Affentheater ums Monkey´s West

Affentheater ums Monkey´s West

Das Monkey´s  West in Düsseldorf feierte seinen Ende letzten Jahres erhaltenen Michelin-Stern und merkte dann recht schnell, dass dieser auch eine Bürde sein kann. Man wendet sich nun in eine andere Richtung und unternimmt alles, damit der Stern in diesem Jahr schnell wieder erlischt. Wo einst kreative Küche funkelte, sollen nach der Sommerpause nur noch kleine Sternchen glitzern – mit Events.

Für den engagierten Küchenchef Christian Penzhorn ist kein Platz mehr. Betreiber Benjamin Achenbach bemängelt, dass der „Stern“ den Eindruck einer „teuren“ Küche vermittelt hätte. Zudem hätte diese Art der Küche nicht mehr die Zugkraft wie vor Jahren. Die Aussage von Achenbach, man wolle sich außerdem nicht von Restaurant-Testern vorschreiben lassen, wie ein Essen schmecken solle, ist allerdings töricht. Er ist zwar noch jung, sollte aber begreifen, dass in dieser kostenlosen Beratung die Chance einer Verbesserung liegt.

Restaurant La Terrrasse im Park Hotel Bremen

Restaurant La Terrrasse im Park Hotel Bremen

Die Zukunft des Toprestaurants La Terrasse im Bremer Park Hotel steht nicht unbedingt in den Sternen. Nachdem nun die nicht gerade für gastronomische Sonderleistungen bekannte Dorint-Gruppe das Hotel übernommen hat, dürften die Tage eines solch kostenintensiven Lokals gezählt sein. Küchenchef  Norman Fischer, der zuvor in allerbesten Häusern wie dem Waldhotel Sonnorra in Wittlich und Victors Schloss Berg in Perl arbeitete, hat das Park Hotel in kulinarische Höhen gekocht. Er wurde vom Gault Millau mit 17 Punkten bedacht und erhielt vom Michelin 1 Stern, vor allem aber, ist er fähig, noch höhere Weihen zu erfahren. Von Dorint wird er dafür wohl nicht die gleiche finanzielle und ideelle Unterstützung bekommen, wie vom Grandseigneur und Gourmet Wilhelm Wehrman, der das Park Hotel mit seiner Frau Dominique mehr als drei Jahrzehnte prägend führte. Die offizielle Gangart ist indes eine etwas andere. Der Restaurantbetrieb werde bislang noch mit Küchenchef Norman Fischer und Serviceleiterin Catharina Boll weitergeführt, heißt es. Wie der stellvertretende Direktor des Park Hotels Jens Wehrenberg auf Anfrage erklärte, stehe jedoch jede Abteilung sehr genau unter weiterer Prüfung – will heißen, wird auf Rentabilität hin untersucht. Wenn aber ausgerechnet der gerade im Höhenflug befindliche Norman Fischer Abstriche machen muss – beim Einkauf und anderen Qualitätsbelangen – dürfte er nicht zu halten sein.

Mario Lohninger

Mario Lohninger

Auszeichnungen von reputierlichen Restaurant-Testern können Fluch und Segen sein, das ist allseits bekannt. Doch diese allein entscheiden nicht über Gedeih und Verderb. Die Küche ist längst nur eine notwendige Voraussetzung für Erfolg. Atmosphäre, Location und Service sind, ob man dies nun mag oder nicht, die weit wichtigeren Voraussetzungen dafür. Und natürlich streng wirtschaftliches Denken. Das hat auch Mario Lohninger in Frankfurt erleben müssen, 2011 „Koch des Jahres“ bei Gault Millau. Der Österreicher hatte sich mit seinem Restaurant Silk 18 Gault Millau Punkte und einen Stern verdient. Silk und Schwesterrestaurant Micro sind längst Geschichte. Auch hier hat die Schließung keinesfalls an mangelnder Qualität und fehlendem Engagement gelegen. Die abseitig schrottige Lage im Gewerbegebiet Fechenheim war von Anfang an ein riesengroßes Manko. Später wurde auch der Cocoon Club, in dem sich beide Restaurants befanden, zum Problemfall. Koma-Kids und Gourmetgäste sind einfach nicht kompatibel. Mario Lohninger wirkt jetzt entspannter denn je. Mit seinem gleichnamigen Restaurant in Frankfurt-Sachsenhausen (kein Stern, 16 Punkte im Gault Millau), das ihm inzwischen auch gehört, ist er wirtschaftlich sehr erfolgreich. Die Mischung aus bestens gemachten Klassikern der Österreich-Küche und einigen Weltklasse-Gerichten in lockerer Atmosphäre spricht viele an. Essengehen muss Spaß machen, ein Erlebnis vermitteln. Wer das nicht begriffen hat und entsprechend umsetzt, ist als Gastronom zum Scheitern verurteilt.

Es werden in nächster Zeit noch viele Köche aufgeben und nach anderen Konzepten und neuen Ufern suchen. Wie lange will beispielsweise Ronny Siewert das unwürdige Geschachere um das Hotel Heiligendamm noch mitmachen? Er hätte hier schon längst die Schürze an die Wand hängen und das Restaurant Friedrich Franz Richtung bessere Welt verlassen sollen.