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Gaga Gastronomie
Zoff in Frankfurts bester Lage

Aus für das Lokal Römerbembel am Rathaus?

 

Die Historische Ostzeile auf dem Frankfurter Römerberg ist das meistfotografierte Motiv der Stadt Frankfurt. Das ändert nichts daran, dass es hinter den Kulissen gehörig im Fachwerk knirscht. Wenn es Gästen vor allem die letzten beiden Jahre übel wurde, so lag dies nicht unbedingt am schlechten Essen, sondern den Farb- und Lackgerüchen, die massiv während der Bauarbeiten aus dem Parkhaus Dom/Römer in das Gasthaus Römerbembel und die Wohnungen zogen. Die Häuser sind teilweise marode und gehörten längst generalüberholt, was insbesondere für die Gaststätten und deren Technik gilt.

Blick auf Römerbembel und Dom vom Lokal Alten Limpurg

Blick auf Römerbembel und Dom vom Lokal Alten Limpurg

Günther Reichel, Geschäftsführer des Apfelweinlokals Römerbembel, muss nicht mehr mit den Behörden kämpfen: Er wurde vor die Tür gesetzt und muss am 2. Januar 2014 die Schlüssel abgeben. Der 62 Jahre alte Gastronom hatte 2002 den Römerbembel gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Samuel Hochmann aus Insolvenzmasse gekauft. Hauptfinanzier Hochmann führt auch das Haus Wertheym am Römerberg sowie das Lokal Frankfurt & Friends in Bockenheim. Von der Kündigung sind außerdem die sieben Mitarbeiter von Küche und Service des Römerbembels betroffen. Verantwortlicher Vermieter ist das Liegenschaftsamt der Stadt Frankfurt, Hauptpächter ist die Kelterei Possmann. Die Zukunft der seit über 30 Jahren mit wechselnden Besitzern bestehenden Gaststätte ist ungewiss, ab 2. Januar 2014 wird sie erst einmal geschlossen. Der Stadt wäre es am liebsten, wenn sie von einem solventen Pächter betrieben würde, der die dringend notwendige Renovierung mit eigener wirtschaftlicher Kraft aufbringen könnte. Ob Samuel Hochmann den Römerbembel allein weiterführen wird, hängt auch davon ab, ob er überhaupt gewillt ist, die notwendigen hohen Investitionskosten zu übernehmen. Sicher ist nur, dass die in die Jahre gekommene Gaststätte hochgradig sanierungsbedürftig ist. Es wäre zudem überfällig an dieser Stelle endlich einmal ein anspruchsvolles Lokal zu etablieren, das den Römerberg auch kulinarisch zu einer Visitenkarte der Stadt Frankfurt macht. Bislang existiert ausgerechnet an diesem exponierten und beliebten Platz nicht ein einziges ernstzunehmendes Restaurant.

Touristen lieben den Römerberg (r. Lokal Römerbembel).

Touristen lieben den Römerberg (r. Lokal Römerbembel).

Es ist schon lange ein Kampf um die Plätze am überaus lukrativen Standort Römerberg entbrannt. Letztes Opfer waren Dieter Hoppe und Andreas Staab, die das Lokal Alten Limpurg neben dem Rathaus aus undurchsichtigen Gründen verlassen mussten (siehe BISS-Artikel Der Frankfurter Würstchenkrieg). Nachmieter Lior Ehrlich macht im Grunde vom Konzept her nichts anders als die beiden, die mit Frankfurter Würstchen und vor allem Glühwein Umsatz machten. Wer weiß, welcher Gewinn während des Weihnachtsmarkts allein mit Glühwein zu machen ist, wird verstehen, warum gerade der Römerberg geschäftlich so begehrt ist.

Der Frankfurter Römerberg ist eine Schatzkiste, die mit zu viel Tand besetzt ist. Fast nur schwächliche Lokale und manch anderer Ramschladen diskreditieren den Platz zwischen Rathaus und Kaiserdom. Jeder Frankfurtbesucher kommt hier vorbei und macht auch Rast. Die Lokale können auf solche Eintagsfliegen bauen und sie abspeisen, da aus ihnen ohnehin keine Stammgäste werden. Dass der Römerberg eine solche Touristenfalle geworden ist, muss jedoch die ganze Stadt beschämen. Im vorläufigen Ende des Lokals Römerbembel liegt die Chance für einen Neuanfang.

LF

Bild ganz oben: Das vierte Haus von links in der Historischen Ostzeile beherbergt den inzwischen geschlossenen Römerbembel.




Neueröffnung: Restaurantkritik La Moraga in Frankfurt

Schnittige Tapas für den

Westentaschen-Gourmet

 

Es gibt Restaurants, die weit schlechter starten. Man kann im neuen La Moraga noch vieles verbessern, doch schon jetzt bedeuten Küche & Konzept eine unterhaltsame Belebung der Frankfurter Gastronomie. Wie oft irrt man durch die Innenstadt auf der Suche nach einem guten Happen für unter zehn Euro in unkomplizierter Atmosphäre und findet nur große Portionen und kostspielige Angebote oder Fast Food. Und wie oft verspürt man gerade zwischen 15 und 18 Uhr Lust auf eine kleine Mahlzeit und wird durch knallenge Küchenschlusszeiten ausgebremst. Das ist jetzt durch La Moraga anders, es gibt viele Tapas von 4,50 bis 9,50 € (daneben aber auch höherpreisige Offerten). Auch sonntags, wenn fast alle anständigen Lokale in Frankfurt schnarchen.

Lamoraga TitelDer lässige Schick des Lokals baut keine Schranken auf, jeder scheint willkommen, ob nur auf ein Glas oder einen ganzen Tapasreigen. In der Frankfurter City gibt es auf diesem Level nichts Gleichwertiges. Vor allem darin liegt die Chance des neuen gastronomischen Amüsierbetriebs.

Der Gast wird gleich freundlich am Stehempfang willkommen geheißen und zu einem freien Platz geführt. Blickfang ist die offene Showküche, an der Singles und Pärchen einen Platz in der ersten Reihe erhalten. Für eine größere Anzahl eignen sich eher die Tische. Die Plätze im lichtgedämmten Eck und die an der Küchentheke sind besonders beliebt. Das Lokal breitet einen heiteren Charme aus, hinter dessen Nonchalance eine schlüssige Idee steht: Die Gäste sollen sich in einem leichten und beschwingten Ambiente mit unbekümmert und fast kindlich erscheinenden Mobiliar ungezwungen wohl fühlen – denn wer sich entspannt, konsumiert auch mehr. Diese weltumspannende Idee der Tapas-Lokale wird im La Moraga auf moderne und etwas anspruchsvollere Weise interpretiert. Dies gilt auch für die Küche. Neben vielen Klassikern sind zeitgemäße Tapas zu haben, vor allem leichtere als in traditionellen Lokalen dieser Spezies.

Hot Gambas

Hot Gambas

Die Gambas al Ajillo sind viel besser als man dies sonst in ähnlichen Lokalen erlebt. Die knackigen Riesengarnelen von sehr guter Qualität werden in Olivenöl gebraten und mit Knoblauch, Chili und Petersilie schön scharf abgeschmeckt. Der gegrillte Oktopus mit Limette und schwarzem Salz ist tadellos, man fragt sich nur, in welcher Art die kleinen Limettenviertel das Gericht bereichern könnten, da man sie mit Schale nicht essen und durch ihre geringe Größe auch nicht auspressen kann. Eine Gedankenlosigkeit, die sich nicht selten an manchen Stellen wiederfindet. Bei einem Chorizo-Gericht erwartet man vor allem die rauchige Würze des Hauptprodukts. Hier werden Chorizo-Wurstscheiben zaghaft auf einer angeblich mit Ei gebratenen „Zwiebel-Focaccia“ nebst Tomaten-Emulsion eingesetzt. Dieses Gericht klingt besser als es ist, weil es letztendlich wie ein mäßiges Baguette wirkt. Die ohnehin zu wenig wahrnehmbare Chorizo sitzt auf einem matten und durchweichten längliches Brötchen, das mit einer absurd süßlichen Tomatensauce verwässert wird. Tapas-Lokale, egal wie modern sie sich geben mögen, sollten zudem wichtigkeitsheischende Begriffe à la  „Emulsion“ meiden, zumal sie gerade in diesem Fall einfach nicht passen und letztlich einer endlich vergangenen Ferran Adrià-Ära angehören. Warum eigentlich geben wir uns hier eine solch analytische Mühe? Weil auch ein Happen für dann immerhin doch 6,50  € einfach viel besser sein muss. Genau an dieser Stelle erscheint selbst ein Tapas-Lokal als unter allen Erwartungen und dabei als zu teuer. Hinzu kommt, dass Beilagen separat zu bestellen sind und extra berechnet werden. Das ist im Grunde gar nicht so nicht schlecht, denn die Tapas allein tun der Linie und dem Geldbeutel besser. Zudem muss man sehen, dass gerade die Beilagen eher größer dimensioniert sind und sich zm Teilen für mehrere Personen eignen. Diese „We love to share“-Idee zieht sich durch die Speisekarte.

Lamoraga Frankfurt Manche kreativ gemeinten Tapas können noch nicht handwerklich und geschmacklich überzeugen: Die an sich guten und fleischigen Tigres-Miesmuscheln werden hier in einer zu süßen Balsamico-Reduktion mit Bechamel-Schaum und Panko-Paniermehlbröseln kombiniert und wirken auf diese Weise nicht harmonisch, weil sie selbst als Hauptakteur überdeckt werden.

Pimientos gehören zu den einfachsten und doch leckersten Häppchen in einer Tapas-Bar, warum man aber in Frankfurt auf das zwingend wichtige grobe Meersalz zur Abrundung verzichtet, ist schwer nachzuvollziehen. Für solche Details fehlt der Küche noch die notwendige Einsicht – oder will man ausgerechnet daran sparen? Und wo wir schon beim Meckern sind: Warum gibt es kein Gericht als kulinarischen Hinweis auf die namensgebenden Moraga-Sardinen, die der Málaga-Maler Horacio Lengo Martinez de Baňos in seinem Bild vom Fest am Strand festgehalten hat? Genau dieses hatte ja den Koch und einstigen Moraga-Gründer Dani García zum Tapas-Lokal inspiriert.

Restaurantmanager Emrah Sütcü

Restaurantmanager Emrah Sütcü

La Moraga wurde also nicht in Frankfurt erfunden und basiert auf einer Idee aus Südspanien. Dani García vom Zwei-Sterne-Restaurant Calima in Marbella hatte gemeinsam mit Geschäftsfreunden die Idee, Tapas einmal etwas anders darzustellen. Inzwischen ist er nicht mehr bei dem Unternehmen und wurde durch andere kreative Köpfe ersetzt. Die Tapas-Lokale in Marbella und Málaga haben sich seitdem nicht wesentlich verändert, was für ein gut eingespieltes Team spricht. Gerade der Erfolg von Systemgastronomie hängt von der authentischen Art und der gleichbleibenden Qualität ab. Der Frankfurter Gastronom Madjid Djamegari hat sich gemeinsam mit Partnern die Lizenz (Deutschland, Schweiz, Österreich) für La Moraga erworben und will noch weitere Lokale dieser Art etablieren. Als Bar- und Club-Macher konnte er sich in Frankfurt einen guten Namen machen (früher Kameha Suite, jetzt Gibson), als kulinarisch orientierter Gastronom muss er sich erst noch beweisen.

Zu den Highlights der Moraga-Lokale gehören die Mini-Hamburger, allen voran der süffige und schön gewürzte Bull Burger  mit geschmortem Ochsenschwanz sowie der schlotzige Pig Burger mit Schweinebacke, Speck und Teriyaki-Mayonnaise. So zumindest in Spanien. Der Ibérico Burger alias Pig Burger fällt im Frankfurter La Moraga beherzter aus, der Bull Burger reicht trotz guter Machart nicht an das spanische Original heran. In Frankfurt schmeckt der Bull Burger wie ein besserer Hamburger, beim Original wird das Saftige und Eigenständige eines Ochsenschwanzes deutlicher herausgearbeitet. Der Lobster Burger mit Anis-Aioli und Wakame-Alge ist in der Frankfurter Dependance ebenfalls gut, sollte sich aber weniger auf vordergründige und zu intensiv eingesetzte Saucen verlassen. Dennoch zählen auch im Frankfurter La Moraga die drei Hamburger-Miniaturen zu den besonders begehrlichen Tapas (5,50 – 9 €,  als Trio 19 €), zumal selbst die Brötchen gut sind. Jedenfalls sind das die richtigen Happen für den Westentaschen-Gourmet.

Christian Heinenbruch

Christian Heinenbruch

Der Service unter der Leitung des aufmerksamen Emrah Sütcü besteht zum großen Teil aus Mitarbeiterinnen, die mit Freundlichkeit Defizite ausgleichen und sich noch orientieren müssen. Man darf nicht vergessen, dass hier ein Team zusammengewürfelt wurde, dass sich bislang nicht kannte. Gleiches gilt für die Küche von Christian Heinenbruch, der zuvor als Koch, Barkeeper und Eventmanager arbeitete. Zu La Moraga gehört außerdem noch eine Bar mit Lounge.

Bei den Weinen könnte es viel Spanischer zugehen. Immerhin gibt es mit Jané Ventura einen sehr ordentlichen Cava (auch glasweise), der gelistete Albariňo-Weißwein wurde bislang nicht geliefert. Die offenen Weine, die gerade in einer Tapas-Bar wichtig sind, haben noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.  Im Flaschensortiment ist man mit deutschen Tropfen von Leitz, Diel, Rebholz, Breuer sowie einigen Spaniern gut, aber nicht optimal vertreten. Dort könnte man gerade mit Spaniern noch mehr Flagge zeigen. Wie etwa beim famosen Cava Gramonia „Ill Lustros“, Gran Reserva Brut Nature, der vielen Champagner auf der Karte überlegen ist. Auch der feinperlige Juve y Camps, Reserva de la Familia, Brut Nature, (48 €) bietet viel Frische, Finesse und Geschmeidigkeit.

Dem Moraga in Frankfurt fehlt noch etwas der Mut, auch der zu noch mehr Qualität. Aber langsam, das Lokal hat gerade eröffnet und wird weiter an sich arbeiten. Wir konnten nahezu täglich erleben, wie sich das Lokal Biss für Biss verbesserte. Mit unserer konstruktiven Kritik möchten wir erreichen, dass sich in Frankfurt ein bislang vermisstes Lokal gut etabliert.

Ludwig Fienhold

 

Lamoraga Frankfurt La Moraga, Frankfurt, Junghofstraße/ Alte Rothofstraße, schräg gegenüber der Frankfurter Kultkneipe Mutter Ernst. Tel. (069) 153 454 66. Geöffnet Montag – Donnerstag 11 – 1 Uhr, Freitag + Samstag 11 – 2 Uhr, Sonntag 11.30 – 23 Uhr.

Weitere Eröffnungen von Tapas-Lokalen in Madrid, Valencia, Naples/Florida, Budapest, Dubai. www.lamoraga.com Die Webseite gilt für das gesamte Unternehmen und bietet wenig Informationen.

Klicke auch auf BISS-Artikel Tapas für die Welt

 

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 




Insel-Wein Sylt: Ein Tropfen für Captain Iglo?

Rheingauer Weingut Balthasar Ress erntet

jetzt Inselwein aus der Solaris-Rebe

 

Auf Sylt gibt’s ja so ziemlich alles, was gut und teuer ist. Jetzt auch noch Wein, der sich ebenfalls dieser Prädikate bedienen kann. Der oft mit originellen Ideen überraschende Christian Ress bepflanze im Juni 2009 rund 3000 Quadratmeter auf 55 Grad nördlicher Breite in der  Gemarkung Keitum auf Sylt. Damit ist Keitum zum nördlichsten „Weindorf“ Deutschlands geworden. Ress bot 555 Reben zur Pacht an, die schnell Absatz fanden. Wer bereit war, zwischen 269 und 499 Euro dafür zu zahlen, erhielt seinen persönlichen Weinstock mit graviertem Namensschild, eine Urkunde mit dem verbrieften Recht, den Weinberg jederzeit zu betreten, um das Gedeihen der Rebe zu beobachten sowie das Anrecht auf eine kostenlose Flasche Keitumer Landwein pro Jahr. Man hat nicht irgendeine Rebe nehmen können, sondern eine robuste, die sich der rauen Landschaft und den eher geringen Sonnentagen anpassen konnte. Für Ress war die pilzresistente und früh reifende Solaris die ideale Sorte. Sie bringt keine säurebetonten, sondern leichte und fruchtige Weine hervor. Bislang gibt es in Deutschland keine reinen Solaris-Weine, die nur in äußerst geringen Mengen vorkommende Sorte wurde bislang stets nur als Verschnittpartner verwendet.

Christian Ress

Christian Ress

Am 13. Oktober fand jetzt die erste Weinlese auf Sylt statt. Ress sagt, dass die Kosten enorm seien. Sein kleiner Weinberg ist auch der kostspieligste, wobei alles nur in Handarbeit erledigt wird und keine Maschinen zum Einsatz kommen.  Mehr als 1500 Flaschen dürfte es von dem Inselwein kaum geben. Er hat seinen Preis: 69 €. Doch die Flaschen sind schon so gut wie verkauft. Sylt ist Kult, weiß Ress. Da geht immer was.

Peter Lunas

Weingut Balthasar Ress, Rheinallee 7, Eltville-Hattenheim,Tel. 067 23 – 91 95-0

 

 

 

 

 

Ein Wein für Captain Iglo

und seine Fischstäbchen?

„Solaris“ ist natürlich sehr selten in Deutschland als reinsortiger Wein, soweit kommt er meist gar nicht. Die überwiegende Menge dieses Zuckerproduzenten (Durchschnittlich 106°Oechsle aus 33 Ernten) wird als Federweißer an den Mann & die Frau gebracht, der Rest wir sehr gerne als Süßreserve hergenommen, da es praktisch immer Spätlesen hagelt, leider halt auf „Müller-Thurgau“ Niveau. Nichts gegen den Müller Thurgau, aber wenn der zu süß wird verliert der auch seinen knackigen Charakter. Es ist halt einfach, so ein Gewächs in den Norden zu pflanzen, das so ziemlich resistent gegen alles ist. Auf der Nachbarinsel Föhr, der Heimat meiner Frau, hat es noch so ein „Pionier“ angepflanzt…geerntet wird erst Mitte Oktober, wie ja auch auf Sylt. Hier in Franken wird der Solaris in normalen Jahren Ende August geerntet, da vollreif. Dass man das bisschen Weinberg von Hand bearbeitet versteht sich wohl von selbst. Ein Maschinenpark dafür ist doch viel zu teuer. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja bald noch mehr dieser Anlagen, dann würde sich ein Maschinenring rentieren. Zumindest muss man den Hut ziehen vor diesem Preis für einen „Solaris“, der normalerweise als Federweißer über den Ladentisch geht. Bei 69 € die Flasche kommen bestimmt noch mehr Landwirte in Nordfriesland auf den Plan. Schade, dass Sylt so wenig Land hat, aber auf Föhr und Amrum ist ja noch Platz. Und wenn das nicht reicht würde ich Dänemark und Norwegen empfehlen. Die waren ja auch von der Antike her berühmt für Ihren Wein, oder war das Met? Naja, gesoffen wird immer, sagt der Wikinger und vielleicht schmeckt er ja erst, wenn es so richtig weh tut.

Die wahren Handarbeitssteillagen werden still gelegt, da meist nicht mehr betriebswirtschaftlich interessant, auch wenn diese Jahrhunderte Bestand unserer Kultur waren. Vielleicht sollte man einmal versuchen, dem Weintrinker dieses nahe zu bringen und nicht noch so einen belanglosen Wein auf den Markt bringen, der international nur belächelt wird. Aber vielleicht liege ich ja auch total falsch. Wahrscheinlich duftet der Wein nach Salzwiesen und der Nordsee-Gischt und harmoniert bestens mit Iglo´s Fischstäbchen und Remoulade aus der Tube.

Norbert Spielmann




Restaurantkritik Moriki: Asiatisch für alle

Das neue Lokal in der Deutschen Bank

scheint eine gute Geldanlage zu sein

 

Ist ein Lokal in der Deutschen Bank eine gute Geldanlage? Das neue asiatische Restaurant Moriki hat seinen Platz am Fuß der mächtigen Zentrale gefunden, in jenem Teil der Zwillingstürme, der immerhin „Haben“ und nicht „Soll“ genannt wird. Sieht man die Belegungszahlen, vor allem das Mittagsgeschäft, so verspricht die Investition eine gute Rendite. Moriki ist nicht allein japanisch ausgerichtet, das Konzept verbindet verschiedene asiatische Küchen und versucht diese sowohl traditionell als auch modern umzusetzen.

Sushi sind in allen Varianten zu haben, mittags gibt es vor allem davon eine große Zahl plus einiger weniger Gerichte. Banker und andere Mainstream-Luncher wollen sich schnell und auf nicht allzu bewusste Weise mit einem Mittagessen beschäftigen. Diese Prädisposition wird im Moriki aufgegriffen. Zudem geht es deutlich flockiger zu, sind Ambiente und Service so angelegt, dass die Schwere eines formellen Arbeitstages für kurze Zeit aufgehoben wird.

Moriki Die Abendkarte im Moriki ist aussagekräftiger. Stellenweise auch kantiger. Eines der besten Gerichte aber, der Schweinebauch, war vielen offenbar zu kantig – er ist nur noch auf Nachfrage zu haben. Das ist mehr als schade. In sehr vielen Toprestaurants wird gerade dieses Gericht besonders geschätzt. Im Moriki wird der Schweinebauch mit Miso mariniert, lange bei Niedrigtemperatur gegart und etwas karamellisiert. Das Resultat ist eine saftig-zarte, fein-gewürze kleine Schweinerei, die rundum Spaß macht und saugut schmeckt. Mit dem Black Cod gibt es aber noch ein Highlight. Dieser wunderbar saftige, buttrige und wegen seiner „fetten“ Art vor allem von den Japanern geschätzte Fisch, ist derzeit eines der Lieblingsprodukte in der Spitzengastronomie. Im Moriki hätte es gar nicht noch einer sehr süßlichen Misosauce bedurft, wobei der Ingwer dazu durchaus wie ein Digestif wirkt und Sinn macht. Zu den Besonderheiten der Küche zählt auch das Simmentaler Rind, was aber nicht als solches gekennzeichnet ist und unter „Beef“ gefunden werden kann. Gewürfelt, mit rosa Kern und leichter Kruste, hat es einfach Saft und Kraft. Man kann es, wie alles im Moriki, solo ordern oder im Baukastensystem aufbauen – mit Pilzen und eine Butter-Soya-Sauce etwa.

morikiBei solchen Gerichten zeigt die Küche eine Handschrift, sonst wirkt sie vor allem nach allen Seiten offen und präsentiert das, was viele mögen: Sushi, Sashimi, Dumplings. In der Bentobox, die mittags auch zum Mitnehmen zu haben ist, bekommt man ein Sortiment verschiedener Happen. Typisch im Moriki ist der Hang zu einer modischen Verspieltheit, wie sie gerne von Szenelokalen betrieben wird. Man trägt dann etwas zu dick auf, mit Aromen, Saucen, Öl und sogar Mayonnaise. Feinsinnig ist das nicht. Das Moriki ist immer dann gut, wenn es genau auf solche Vordergründigkeit verzichtet und eher puristisch auftritt. Dass im Weglassen die Kunst liegt, weiß jeder gute Küchenchef. Und das weiß auch The Duc Ngo, der kulinarische Kopf des Unternehmens. Er glaubt jedoch für ein breites Publikum etwas unterhaltsamer und origineller kochen zu müssen. Der in Vietnam geborene und in Berlin aufgewachsene Koch betreibt in Berlin erfolgreich verschiedene asiatische Lokale, die ebenfalls weit eher den munteren Szenegänger als den stillen Genießer bedienen. Auch in Frankfurt soll dieses Konzept greifen. The Duc Ngo ist Partner von Micky Rosen und Alex Urseanu, die mit Hotels und anderen gastronomischen Betrieben im Geschäft und auch im Gespräch sind. The Nug Ngo wird noch drei Monate in Frankfurt die Regie im Moriki führen und will dann an einen aus seiner Riege kommenden Nachfolger übergeben. Danach wird sich zeigen, ob der Qualitätsstandart weiter Bestand hat.

Moriki

Küchenchef The Duc Ngo mit Kingfish

Die Weinkarte neigt nicht zur Individualität und will möglichst viele Gäste bedienen. Die Flaschenweine von Spreitzer und Weil (Rheingau), Schäfer-Fröhlich (Nahe), Knipser (Pfalz) oder Dreissigacker (Rheinhessen) sind eine sichere Bank und für jedermann verständlich und bezahlbar. Zudem passen sie zur asiatischen Küche. Die sehr guten Champagner von Legras & Haas sind nicht nur als Aperitif geeignet, sondern können auch einen ganzen asiatischen Happenreigen bestens begleiten. Ein gutes Sake-Sortiment ergänzt die Weinkarte.

Das Lokal versucht auch optisch vielseitig zu sein, Restaurant, Lounge und Sushi-Theke gehen ineinander über. Über alle Plätze legt sich musikalisch ein Beat, den man dezenter steuern könnte.  Die Lounge-Ecke bringt beim Essen ergonomisch Probleme und eignet sich eher für Drinks und Häppchen. Unsere Lieblingsplätze sind die an der Sushi-Theke, hinter der japanische Veteranen messerscharf hantieren. Das vor allem in Beige gehaltene Dekor wirkt sanft, was auch die niedrige Decke recht schnell vergessen lässt. Es geht angenehm leger zu. Das Lokal will so salopp wie möglich erscheinen.

In der parkplatzarmen City muss man gedanklich mobil sein: Zum guten Service gehört im Moriki Valet Parking, ab 19 Uhr kann man seine Autoschlüssel übergeben und zahlt für einen sicheren Platz in der Tiefgarage der Deutschen Bank fünf Euro. Der Service ist in jeder Hinsicht flott. Welche Restaurants haben so viele hübsche Mitarbeiterinnen im Einsatz? Das Auge isst mit.

Ludwig Fienhold

Moriki

Moriki, Frankfurt, Taunusanlage 12, 60325 Frankfurt am Main, Tel. (069) 71 91 30 70. www.moriki.de

Bild ganz oben: Küchenchef The Duc Ngo (Mitte)

Photocredit: Moriki, Barbara Fienhold

 




Yello-Musiker Meier eröffnet Steakhäuser in ganz Deutschland

Wine & Beef Kontor

Neues Steakhaus Ojo de Agua in Frankfurt

 

Schon wieder ein neues Steakhaus in Frankfurt? Wie langweilig ist das denn. Könnte aber ganz spannend werden, denn das neue Wine & Beef Kontor Ojo de Agua  wird von dem Schweizer Musiker Dieter Meier betrieben, der mit seiner Elektropop-Formation Yello recht erfolgreich war und inzwischen auch als Konzeptkünstler arbeitet. Dass Dieter Meier daneben ein millionenschwerer Unternehmer, Rinderzüchter und Weingutsbesitzer in Argentinien ist, war bislang eher in der Schweiz bekannt. In Zürich betreibt er bereits seit fünf Jahren ein Restaurant sowie einen Laden, über die er seine Rindersteaks, Bio-Gemüse und Weine verkauft. Jetzt will er im November ein Lokal in der Hochstraße eröffnen, just dort wo einst das Avocado seinen Platz hatte und zwei Jahre eine Lücke hinterließ. Weitere Steakhäuser in Deutschland sind geplant.

Musiker & Rinderzüchter Dieter Meier (Mitte)

Musiker & Rinderzüchter Dieter Meier (Mitte)

Dieter Meier züchtet auf seiner Rinderfarm Ojo de Agua in der Pampa Humeda die Rassen Black Angus und Hereford. Ebenso wie der Wein, den er im Weingebiet Agrelo Alto in Mendoza anbaut, ist das produzierte Fleisch mit dem argentinischen Bio-Zertifikat ArgenCert ausgezeichnet. Ojo de Agua, „Wasserauge“, nennt sich auch der kleine Laden in Zürich, in dem Dieter Meier Wein, Fleisch, Mais, Soja, Getreide und Gemüse verkauft. Im Restaurant Bärengasse in Zürich werden ebenfalls Produkte seiner Farm Ojo de Agua serviert.

Das Frankfurter Lokal Avocado stand über zwei Jahre leer. Das ganze unter Denkmalschutz stehende Haus wurde renoviert und restauriert. Viel Platz ist nicht, zuvor konnten gerade einmal 30 Gäste bewirtet werden. Den Vorbesitzern schaffte es zudem Probleme, dass die nicht gerade große Küche auch noch im Keller unterhalb des Lokals ihren Platz hatte. Das Haus in der Hochstraße Nr. 27 hat eine längere gastronomische Geschichte. Es befindet sich in der Frankfurter Innenstadt an der Bockenheimer Anlage, die bis zu den 70er Jahren besser als Haschwiese bekannt war. An dieser Stelle waren seinerzeit schon Lokale zu Hause, das Adloff hatte Charakter und war sehr speziell. Der Hausherr nahm die Bestellung auf und ging dann in den Keller zum Kochen. Es gab keine Speisekarte und damit auch keine Preise, man musste sich in jeder Hinsicht überraschen lassen. Das plüschig-düstere Restaurant gehörte zu den teuersten der Stadt, hatte aber seine Liebhaber.

Steakhaus von Dieter Meier mit argentinischen ErzeugnissenMitte der 80er zogen dann die guten Bistros Kempf und Büro an gleicher Stelle ein. Besonders erfolgreich aber agierte ab 1989 für viele gute Jahre Farid Bensouda-Nettlau mit seinem stets liebevoll dekorierten Restaurant Avocado. Der ebenso freundliche wie geschäftstüchtige Gastronom holte die städtische Prominenz und Gourmets an die Tische, bis er in seiner Heimat Gambia ein kleines Luxushotel eröffnete. Nach Farid Bensouda-Nettlau führte für elf Jahre Thierry Muller das Avocado, der aber an die großen Zeiten nicht mehr anknüpfen konnte. Jetzt also zieht ein Steakhaus von Musiker Dieter Meier ein, der bislang vor allem Geschäftstüchtigkeit zeigte und guten Geschmack erst noch zu beweisen hat. Die anderen zahlreichen Frankfurter Steakhaus-Gastronomen, von denen nur ganz wenige überzeugen, werden den Neuzugang mit Argwohn begleiten, zumal hier endlich einmal ein anderes, individuelles Steak-Lokal entstehen könnte – cuts like a knife.

Wine & Beef Kontor Ojo de Agua, Frankfurt, Hochstr. 27.