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Alpenträume: Stille Genießer & Denker lieben das Engadin

Mit Nietzsche zu kulinarischen und geistigen Höhen

 

Von Ludwig Fienhold

Die Kutscherin führt die Pferde von Pontresina durch das Roseg-Tal und lässt die Peitsche knallen – und schon sind wir bei Nietzsche, dessen schicksalhaftes Vermächtnis es ist, immer wieder auf diese eine Aussage mit der Peitsche und dem Weib reduziert zu werden. Engadin ist Nietzsche-Land, hier fühlte er sich wohl, hier schöpfte er aus der sinnstiftenden Natur die Kraft für seine Kopfarbeit, die jener Berg- und Talfahrt gleichkam, die auch die Landschaft kennzeichnet.

Hotel Roseg

Hotel Roseg

Nach einer beschaulichen Stunde wartet am Roseg-Gletscher ein Bilderbuch-Gasthaus, in dem mittags ein fulminantes Dessert-Buffet inszeniert wird, das die Tische biegen lässt: Apfelstrudel, Tarte Tatin, Crème brûlée, Rüblitorte, Früchteauflauf, Himbeergratin, Linzer-Torte, Zabaione, Sacher-Torte  Zuppa Inglese, Nusstorte, Topfenstrudel, Engadiner Torte, frische Beeren und eine Vanillesauce, die genauso gut gemacht ist, wie alles andere. Wer von diesem Zuckerberg auch nur zwanzig Prozent runterschleckt, darf nicht mehr die Kutsche nehmen und muss zu Fuß zurück nach Pontresina wandern.

Käserei live

Käserei live

Das Engadin ist zu jeder Jahreszeit ein Fabelwesen, meist aber ein Faun von feinfühliger Derbheit. Die seelenvolle Ruhe der Seen und die massive Bedrohlichkeit der Berge ergeben nur augenscheinlich ein schwankendes Bild, denn sie sie sind mehr Einheit als Widerspruch. Der stets im Widerspruch mit sich und der Welt lebende Nietzsche konnte dies nur als spannungsreich empfinden.  „Im Engadin ist mir bei weitem am wohlsten auf Erden“, schreibt er. „Es kann gar nicht still und hoch und einsam genug um mich sein.“ Durch den Riss in seiner Seele schimmerte ihm hier, „wie ruhig alle Dinge im Lichte liegen“.  Wer in der Landschaft des Engadins nicht zu eindringlichem Nachdenken gebracht wird, hat auch sonst nichts zu Begreifen.

 

Engadin Vesper in der Käserei

Vesperteller in der Alphütte

Schnell anfreunden kann man sich nicht nur mit der Natur, die Menschen und die Küche geben auch Gelegenheit dazu. Als Friedrich Nietzsche als feingezwirnter Herr mit rotem Schirm erstmals im Engadin auftauchte, war er ein Exot. Längst ist die Schweizer Alpenregion weit merkwürdigere Menschen mit weniger Verstand gewohnt.  Die Gletscher schlucken alles, das Bergvolk lässt sich nicht aus seiner Ruhe bringen.

Essen kann man im Engadin gut, vor allem die Basis stimmt. Nietzsche, der mehr über Kulinarisches redete als philosophierte, beklagte das dumpfe Essverhalten der Deutschen und die trockene Trunkenheit der Burschenschaften. In der Schweiz schlürfte er belustigt seinen Fendant und futterte auch gerne ein gutes Wurstbrot. Er schätzte die einfachen Dinge und unterhielt sich gerne über das vermeintlich Schlichte. Anfangs musste ihm seine Mutter regelrecht zum Essen ermuntern, später erkannte er darin durchaus eine Quelle der Lust.

Nietzsches Lieblingsplatz am Silvaplana-See

Nietzsches Lieblingsplatz am Silvaplana-See

Von einer schlichten Schönheit, wie sie nach dem Geschmack Nietzsches gewesen sein könnte, ist die Alphütte Morteratsch. In der Käserei können Gäste sehr anschaulich die gesamte Herstellung verfolgen. Beim Käsemachen hat Peter Maurer noch Zeit genug, zu erklären, dass er gerne Whisky mag und auch schon oft in Schottland war. Er rührt konzentriert mit stoischer Miene im riesigen Käsekessel, wie ein Druide, mit dem Wissen, etwas ganz Besonderes zu schöpfen. Später wird daraus ein Gletschermutschli, ein ganz feiner und zarter Käse. Er ist Primus auf einer vortrefflichen Vesperplatte, die an den blanken Holztischen von freundlichen Mägden serviert wird.

Von dieser geselligen Runde bis zum Ruhepol Nietzsches ist es gedanklich näher als geografisch. „Die Einsamkeit ist ungeheuer“, notierte er sich bei seinen Spaziergängen durch die Natur Engadins. Er war ein Wanderer, ein seelenvoller Wanderer, für den jeder Gang zum Erkenntnisweg wurde.  Die Stelle, an der er seinen großen Grundgedanken von der Ewigen Wiederkehr des Gleichen hatte, findet man bei Surley. Dort entwarf er 1881 seinen tiefgründigen Zarathustra, jenes Buch, das all sein Sinnen zusammenfasst. „6000 Fuß jenseits von Mensch und Zeit, und viel höher über allen menschlichen Dingen.“ Dieser Ort am Silvaplana-See hat etwas Magisches. Der See verschwimmt. Man versinkt in sich. Und taucht wieder auf, taufrisch und mit den reingewaschenen Gedanken. Der Silvaplana-See ist eine Inspirationsquelle.  Nietzsche ist dort so nah wie kaum sonst. Ein springender Funke aus dem Zarathustra steht hier in Stein gemeißelt:  „Doch alle Lust will Ewigkeit, will tiefe, tiefe Ewigkeit!“

Hotel Waldhaus

Hotel Waldhaus

Flach mochte es Nietzsche nicht, er stieg ganz hoch ins „Gebirge der Wahrheit“ und entdeckte Abgründe. Das Hotel Waldhaus in Sils-Maria thront als Märchenschloss über den Wipfeln, als sei es dem Zauberberg von Thomas Mann entsprungen. Die Grandezza der Gründerzeit lockte viele kluge Köpfe: Albert Einstein, Thomas Mann, Herrmann Hesse, Thomas Bernhard, Friedrich Dürrenmatt und, ja, auch Theodor Adorno, der dem Engadin so gar nichts außer ein paar Boshaftigkeiten  abgewinnen konnte. Und Nietzsche? Nein, der durfte dort nicht logieren, da das Waldhaus erst einige Jahre nach seinem Tod 1908 eröffnet wurde. Friedrich Nietzsche quartierte sich ab 1881 sieben Sommer in Sils-Maria im Haus der Familie Durisch ein und wohnte in einem kleinen Zimmer im 1. Stock zur Untermiete. Jeder Winkel flüstert Geschichte, die Dielen knarzen eine uralte Melodie. In dieser wundersamen, zeitabgewandten Atmosphäre meint man Nietzsche noch atmen zu hören. Alles hier lässt den Philosophen lebendig werden, auch die Gespräche mit der Kuratorin Mirella Carbone, die das Nietzsche-Museum leitet. Die Literaturwissenschaftlerin aus Sizilien wollte nur einen Sommer bleiben und lernte das Engadin aus den gleichen Gründen wie Nietzsche lieben, der schrieb: „“Hier ist gut leben, in dieser starken hellen Luft, hier, wo die Natur auf wunderliche Weise zugleich mild, feierlich und geheimnisvoll ist – im Grunde gefällt mir´s nirgendswo so gut als in Sils-Maria.“ Eine Beschreibung, als Spieglung seiner Seele.

Nietzsche-Zimmer

Nietzsche-Zimmer

So vieles lässt sich in den über 2000 Büchern nachlesen, so manches in den alten Schriften und Bildern entdecken. Doch das Museum hat auch Überraschungen zu bieten: Hier findet man die original Totenmaske von Nietzsche. Die fast allen bekannte, hatte seine entsetzliche Schwester fälschen lassen, weil sie der Menschheit ein Gesicht zeigen wollte, das besser in ihr heroisches Weltbild passte – nicht der einzige fatale Eingriff von Elisabeth Förster-Nietzsche, die den Nachlass ihres Bruders teilweise grotesk maskierte.  Einzigartig für ein Museum: Man kann im mystischen Nietzsche-Haus auch wohnen und sich inspirieren lassen. Auf so teilhabende Weise werden nur wenige Museen zum Leben erweckt. Nietzsche fand im Engadin eine Heimat für seine geschundene Seele, nur mit St. Moritz haderte er anfänglich, weil ihm dort zu viele Touristen aus Basel und Deutschland begegneten.

Nietzsche-Haus in Sils-Maria

Nietzsche-Haus in Sils-Maria

Rainer Maria Rilke, der ähnlich orphisch dichtete wie Nietzsche und von dessen Werk beeinflusst wurde, lebte eine Zeitlang in Soglio, einem Ort von rauer Poesie.  Nur 20 Kilometer westlich von Sils-Maria gelegen, fehlt diesem steinernen Monument bäuerlichen Lebens die Zartheit von Sils. Doch die Aura jedes einzelnen Hauses zeigt voll Würde das alte charaktervolle Gesicht des Engadins. Von einem der ergreifendsten Friedhöfe auf dem Erdenrund hat man einen dramatischen Ausblick auf die schönsten Seiten der alpinen Welt.

Interessant, dass man glaubt, den Toten einen solch fabelhaften Panoramablick gönnen zu müssen. Noch besser, dass Friedhofsbesucher ihn tatsächlich erleben.  Die bunten Wiesenblumen werden eins mit den Gräbern, die sogar in einem Brunnen untergebracht wurden.  An einer solch in sich ruhenden Stätte würden selbst grasende Kühe ins Bild passen. Luis Trenker drehte in Soglio Anfang der 30er Jahre „Der Rebell“. Immer wieder wird die spektakuläre Bergkulisse von der Filmwelt in Szene gesetzt.

 

Hotel-Restaurant Palazzo Salis

Hotel-Restaurant Palazzo Salis

Das Bergdorf Soglio hat nur 200 Einwohner, aber 20.000 Logiergäste im Jahr. Ein sorgloses Gasthaus mit traumhaftem Garten ist der Palazzo Salis. Das pittoreske Haus aus dem 17. Jahrhundert vereint Albergo und Ristorante unter einem Dach. Die 15 Hotelzimmer sowie die Säle und Hallen zeigen Geschichte und wurden mit antiken Möbeln, Kachelöfen, Marmor-Cheminées, Originalbildern, Wandmalereien und Stuckaturen ausgestattet. Im Garten vergnügen sich die Gäste zwischen hohen Buschhecken mit Schweinsbratwurst auf Rosmarinrisotto, Polenta mit Steinpilzen oder Speck, Bergkäse und Ziegenkäse aus Soglio.  Cüpli (Champagner) und Herrgöttlie (Bier) finden in Eintracht zusammen, solche Helvetismen vereinen.  Zwei Mammutbäume überragen wie Schutzheilige die Idylle – die am Stamm hängenden Spiegel dienen nicht der Überprüfung der eigenen Gesichtszüge, sondern geben einen ungewöhnlichen kunstvollen Blick von unten auf die riesigen labyrinthischen Baumkronen.

Hotel Nira Alpina

Hotel Nira Alpina

Das Hotel Nira Alpina in Silvaplana ist ein Alpentraum. Und der geht so: Naturbursche trifft Model und bringt ein hübsches Kind zur Welt, das beiden gerecht wird. Das von außen wie ein Fort wirkende, längliche und terrassenartig angelegte Gebäudeensemble duckt sich unter den Corvatsch, um den Blick auf den höchsten Berg Engadins freizugeben.  Vom Hotelbett aus breitet sich eine Filmleinwand mit beindruckenden Szenen aus, bei denen der Silvaplana-See, das Dörfchen Surley und die Berge von Piz Nair und Corviglia die Hauptrollen spielen. Auf den Nachttisch liegt, wie dürfte es anders sein, der Zarathustra von Nietzsche. Holz, Stein und Granit bestimmen die Grundierung des Hotels, schokoladiges Wildleder, mahagonifarbiger Damast und naturbelassene Steinfliesen schaffen Atmosphäre.

Restaurant Stars im Nira Alpina

Restaurant Stars im Nira Alpina

Restaurant und Lounge wurden so gestaltet, dass man durch die großen Panoramafenster so viel wie nur möglich Natur ringsum wahrnehmen kann. Das Nira Alpina sieht sich auch als „Fenster zum Engadin“. Irgendwo glimmt immer ein Feuer, und sei es nur ein virtuelles in dem feierfreudigen Blockhaus vor dem Hotel, weil es der Brandschutz so fordert. Das Nira Alpina ist die moderne und luxuriöse Version einer Schweizer Skihütte, traditionell und doch kitschfrei, zeitgemäß aber behaglich. Außerdem bietet das Hotel die ideale Basis für Skifahrer, Wanderer und Landschaftsgenießer.

Engadin Nira Alpina Stars Restaurant

Auch Hühnchen können Stars sein

Beim Essen setzt die Küche bewusst andere Akzente. Gewiss, es gibt auch sehr gute heimatliche Schinken, Würste und Käse, wie schon das Frühstücksbuffet zeigt. Doch will man in einem Design-Hotel keinesfalls die in Selbstgefälligkeit erstarrte Schweiz verkörpern. Klassiker gehören zwar zum festen Speiseplan, aber asiatisch und US-amerikanisch interpretierte Gerichte geben den Ton an. Der Rücken vom Bergeller Berglamm mit geräucherter Knoblauchjus hat ein weit über dem Konventionellen liegendes Format, die Riesencrevetten mit Tandoori-Gewürzen und anregendem Mango-Basilikum-Chutney machen Lust auf mehr. Peppig und hübsch präsentiert  werden die nach Cajun-Art gewürzten Chickenwings. Noch eine Prise spannender wird es mit hausgeräucherten Spareribs in Schwarzbier-Maldonpfeffersauce.  Man sollte den Weinen der Schweiz eine Chance geben, nicht nur dem großen Pinot Noir von Gantenbein. Die Grünen Veltliner aus Österreich sind hier indes die beste Wahl. Die Bar neben dem Restaurant bewegt sich auf gleicher Höhe und garniert ihre gutgemachten Drinks ebenfalls mit Alpenblick.

Die weißen Bergzipfel glänzen kristallklar, die Eiswürfel im Drink schmelzen zu Gletscherwasser,  das Alpenpanorama wird von flirrenden Silberwellen durchwebt. Ein Cüpli hier, ein Hergöttlie dort. Und Nietzsches Spirit dazu. Man möchte hier einfach nicht mehr weg – alle Lust will Ewigkeit, will tiefe,  tiefe Ewigkeit.

 

Naturgenuss Engadin

Naturgenuss Engadin

Nira Alpina, Silvaplana, Tel. (0041) 081 838 6969. Zimmerpreise 138 – 308 €. Besonderheit: Privater Zugang zur Corvatsch-Seilbahn. www.niraalpina.com

Nietzsche-Haus, Sils-Maria, Tel. (0041) 081 826 52 24. Führungen, Ausstellungen, Wohnen & Arbeiten, Vorträge, Kolloquium. Zimmerpreise: 53 – 122 €. www.nietzschehaus.ch

Hotel Waldhaus, Sils-Maria, (0041) 081 838 51 00. Zimmerpreise: 280 – 533 €. Nietzsche-Kolloquium „Alle Lust will Ewigkeit“,  26-29. September. www.waldhaus-sils.ch

Hotel & Restaurant Roseg-Gletscher, Pontresina, Tel. (0041) 081 842 64 45. Zimmerpreise: 57 – 110 €. www.roseg-gletscher.ch

Hotel & Restaurant Palazzo Salis, Soglio, Tel. (0041) 081 822 12 08. Zimmerpreise: 80 – 240 €. www.palazzosalis.ch

Alp-Schaukäserei, Pontresina, (Tel. 0041) 081 842 62 73. www.alp-schaukaeserei.ch

 

 

Photocredit: Fienhold, Nira Alpina, Waldhaus, Nietzsche-Haus

 

 

 

 

 

 




Service: Reservierungs Rüpel

Warum können Gastronomen & Servicekräfte nicht telefonieren?

 

Sie kauen, nuscheln und granteln am Telefon, meist fühlen sie sich geradezu belästigt. Bei fast allen Tisch-Reservierungen hat man als Gast das ungute Gefühl zu stören. Ob Pizza-Italiener oder Sterne-Restaurant macht dabei nur geringfügig einen Unterschied. Dabei findet der so entscheidende erste Kontakt mit einem Restaurant durch das Telefon statt. In den allerseltensten Fällen wird das Reservierungshandling korrekt praktiziert, fast immer möchte man wegen des ersten schlechten Eindrucks gleich wieder auflegen und erst gar nicht in das entsprechende Lokal gehen. Auf diese Weise vermag ein einziger Mitarbeiter ein ganzes Unternehmen zu diskreditieren.

Aus diesem Grund liefern wir Gastronomen & Servicemitarbeitern frei Haus und gratis die Schulbuch-Anleitung für das richtige Reservierungsverhalten.

  1. Bitte mit dem Namen des Restaurants und dem eigenen melden, und zwar verständlich. Sprechen Sie dabei laut und deutlich und vor allem mit freundlicher Stimme.
  2. Notieren Sie den Reservierungswunsch und wiederholen Sie danach alle relevanten Daten (Name, Uhrzeit, Personenzahl).
  3. Sprechen Sie den Gast, dessen Namen Sie ja erfahren haben, persönlich mit Namen an.
  4. Fragen Sie den Gast nach einer favorisierten Platzwahl (Fenster, Ecke, lebendiges Zentrum etc.).
  5. Erkundigen Sie sich bereits am Telefon nach Allergien, damit sich die Küche rechtzeitig darauf einstellen kann.
  6. Bedanken Sie sich am Ende des Gesprächs für die Reservierung.
  7. Besonders höfliche Reservierungen enden mit dem freundlichen Zusatz, dass man sich auf den Gast freut.

So einfach geht das. Und so leicht verschafft sich ein Restaurant ein gutes Entree, das zu einem zufriedenen Einstieg verhilft und den Gast gut einstimmt.

LF

The bottom line?  Every touchpoint matters.

 




Weltklasse Patisserie: Köllers gesammelte Naschwerke

 

Dolce Vita mit Macarons, Pralinen & Desserts

 

Von Ludwig Fienhold

 

Zwei zarte Mandelbaiserschalen mit delikater Crème dazwischen: Keine Süßigkeit ist so sexy und begehrt wie Macarons. Während bei manchen aber nur billiger Sex angeboten wird, beglücken andere mit feinster Erotik. Florian Köller ist der Casanova unter den Patissiers, weil seine Naschwerke von verführerischer Raffinesse sind.

Macarons

Macarons

Florian Köller musste lange rühren, bis er den richtigen Dreh bei der Herstellung der Macarons herausfand. Einmal zu viel oder zu wenig gerührt und man kann die Grundmasse wegwerfen. Man muss seinen Backofen beherrschen und sich selbst, denn es wird tausendmal schief gehen. Über ein Jahr hat sich der Patissier allein intensiv mit diesem Thema beschäftigt, bis er zur Meisterschaft gelangte. Das Geheimnis der Macarons liegt im Fingerspitzengefühl, der Spannung zwischen filigranen leicht knusprigen Mandelschalen und sahniger Crème, der Ganache (sprich: Kanasch). Florian Köller und seine Frau Sandra präsentieren  nach jahreszeitlicher Saison abgestimmt ein gutes Dutzend verschiedener Macarons. Auch die aktuelle Kollektion fällt wieder fabelhaft aus. Das Macaron Crème brûlée mit Karamellcreme, Madagaskarvanille, Fleur de Sel und Muscovadozucker ist ein vollendet abgeschmecktes und in sich geschlossenes Geschmackssystem –  mehr Delikatesse auf vier Zentimeter Durchmesser gibt es nicht. Tonkabohne mit Erdbeere birgt ebenfalls viel Größe in einer Miniatur. Die Tonkabohne und ihr Aroma aus Vanille, Bittermandel und einem Hauch Rum sowie herben Muskat- und Zimt-Noten wird hier sinnlich herausgefiltert und forsch mit der Frische der Erdbeere kombiniert. Viel flirrende Duftigkeit bringen sizilianische Zitrone und konfierter Ingwer, wobei Florian Köller mitunter einen winzigen fruchtigen Kern einarbeitet, der noch eine zusätzliche geschmackliche Pointe setzt – eine arbeitsaufwendige Eigenart, die andere Patissiers weglassen. Zu dieser Spezies gehören auch die feinfruchtigen Macarons mit Rosencrème und gelierten Himbeeren. Beim Griottino wiederum wird Pistazie aus Sizilien mit eingelegter Sauerkirsche kombiniert, die erstklassigen Grundprodukte sind stets spürbar. Gute Pistazien sind übrigens eher grau und nicht grün und kosten mindestens 70 € das Kilo. Aus diesem und allen anderen Gründen sehen wir uns auch in keiner Weise durch einen Preis von 1,70 € pro Macaron gebremst.

Dessert Li La

Dessert Li La

Wir lieben die großartigen Macarons von Laduree und eingeschränkt selbst die meist etwas zu süßen von Hermé in Paris. Diese haben weltweit Maßstäbe gesetzt. Längst sind sie jedoch so begehrt, dass sie in großen Mengen produziert und reproduziert werden müssen, was zu gewissen Qualitätsschwankungen führt. Kleine handwerkliche Betriebe wie die von Florian Köller können weit individueller und frischer arbeiten. Auch das muss keine Garantie für Spitzenleistungen sein, doch bei der Manufaktur L´Art Sucré von Florian Köller erlebt man ein solch enormes Talent, wie es sonst nur in den besten Restaurants zu erkennen ist. Allein die Macarons geben Anlass zur Begeisterung: Stilsichere Kombinationen, prononcierte Aromen von großer Natürlichkeit, bestens kalibrierte Creme, knusperzarte Mandelschalen.

Alle Macarons, Desserts und Schokoladen werden bei L´Art Sucré selbst täglich frisch entworfen. „Wir verwenden feinste Butter und Sahne aus den verschiedensten Regionen von Frankreich, unterschiedliche Mandelsorten aus Spanien und edle Kakaos aus aller Welt“, sagt Florian Köller. Fertigmischungen, künstliche und naturidentische Aromen sind tabu. „Himbeergeschmack kommt bei uns von echten und den besten auf dem Markt zu findenden Himbeeren.“  Alles ist haus- und handgemacht, unter völligem Verzicht auf Backmischungen oder Fertigprodukte. „Unsere Arbeit beginnt etwa beim Rösten der von uns ausgesuchten Haselnüsse, um aus ihnen ein intensives, vollmundiges und komplexes Praliné zu fertigen, beim Pressen sizilianischer Zitronen für eine fruchtige Zitronenmousse oder beim Öffnen von Vanillestangen von der Insel Réunion – sie geben der Vanillecrème eine unvergleichliche Finesse.“

Florian & Sandra Köller

Florian & Sandra Köller

Florian Köller und seine Frau Sandra betreiben ihre Manufaktur in Taunusstein und führen zwei Patisserie-Boutiquen in Wiesbaden und Bad Homburg. Bei der Produktion werden sie von 15 Mitarbeitern unterstützt. In beiden Läden herrscht kein Pariser Schick, aber eine nette Atmosphäre und animierende Präsentationen. Sandra Köller berät so sachkundig und verkaufsfördernd, dass man den Laden leerkaufen möchte. Auch der Cappuccino schmeckt ausgezeichnet, die Tees vom Pariser Traditionsteehaus Mariage Frères passen ebenso gut zu den Zuckerkunstwerken. Die Köllers eröffneten ihr erstes Geschäft vor fünf Jahren in Wiesbaden und sind nun auch seit über einem Jahr in Bad Homburg in bester Lage vertreten.

Die genialen Macarons mögen bei L´Art Sucré so etwas wie die Botschafter des Unternehmens sein, doch auch alles andere zeigt Format. Durchweg hervorragend fallen die Petit Fours aus. Unter den Pralinen sieht man bei denen mit Eisenkraut bereits, wo es langgeht: Klare Aroma-Ansage in geschmeidiger Hülle. Pralinen mit Sternanis, Nana-Minze, Darjeelingtee und Szechuanpfeffer mit Fleur de Sel setzen den Reigen geschmackssicher fort.  Eine Klasse für sich sind die Dragées, verschiedene Nüsse in unterschiedlichen Schokoladenbezügen. Wenn wir schon beim Schwärmen sind, wollen wir auch die hervorragenden Sablés Bretons nicht vergessen, die bei den Köllers einfach besser, leichter, feiner als meist ausfallen. Bereits die Standardversion, das Mürbegebäck mit frischer Butter aus der Bretagne und Fleur de Sel ist köstlich.

Desserts

Desserts

Die Crème de la Crème unter den Naschwerken von L´Art Sucré sind die Desserts. Diese kulinarischen Pretiosen würden jedes Restaurant adeln. Li La nennt sich ein subtiles Meisterwerk aus weißem Schokoladenmousse, Veilchenmousse, Cassiskompott, Cassis-Veilchencrème und Périgord-Walnusscrunch.  Das Spiel der Aromen und Strukturen gelingt perfekt. Die Sahnigkeit wird bei Florian Köller gerne durch Knuspriges haptisch geknackt und doch nie in ihrem Fluss gebremst.  Er packt auch nie zu viele Komponenten zusammen, sondern überlässt einigen wenigen Akteuren die Aussage. Beim Basilic sind es lediglich Basilikum und Limette, die sich auf einem Boden aus Sablé Breton vereinen und umwerfend gut schmecken. Ein auslaufender Sommerhit ist der Mainhattan Cheescake, der aus verschiedenen wölkchenleichten Schichten besteht: Frischkäsemousse, mit Rosmarin abgeschmeckter Walderdbeergelee und Maracujacrème auf karamellisiertem Mürbeteigboden. Griottino ist eine höchst delikate Komposition aus Ceylon-Zimtmousse, Crème von sizilianischer Pistazie, Griottekirschgelee und Mandelmürbeteig.  Bei Piemontais verschmelzen dunkle Schokoladenmousse, leichte Mousse und Crunch von der Piemonteser Haselnuss, Schokoladenbisquit und Haselnusskrokant. Jedes Stück der Kollektion zeigt Weltklasse. Florian Köllers Kreationen sind vielschichtig, präzise in der Aussage, kunstvoll inszeniert. Erstklassige Grundprodukte, meisterliche Handwerklichkeit, Geschmackstalent. Florian Köller bietet Dolce Vita für Fortgeschrittene.

 

Köller-L'Art de Sucre L´Art Sucré

Florian & Sandra Köller

www.lartsucre.com

Boutique Wiesbaden

Am Römertor 7

Telefon: 0611 / 135 72 33

roemertor@lartsucre.com

 

 

Öffnungszeiten

Montag – Freitag 10 – 19

Samstag               10 – 16

Sonntag               11 – 17 Uhr

Köller-L'Art de Sucre

Boutique Bad Homburg

Louisenstraße 52

Telefon: 06172 / 850 13 27

louisenstrasse@lartsucre.com

Öffnungszeiten

Montag – Freitag 10 – 19

Samstag               10 – 16

Sonntag                11 – 17

Macarons 1,70 €, Desserts 5,50 – 5,90 €

 

Event Zungenspitzen

Florian Köller hat eigens zu den Weinen des Rheingauer Spitzenwinzers Gunter Künstler Desserts und Patisserie-Spezialitäten aller Disziplinen entworfen und wird diese gemeinsam mit aktuellen Tropfen und süßen Raritäten aus der Schatzkammer des Guts präsentieren: Am 28. September um 19 Uhr. Preis pro Person 110 € inklusive aller Weine und Süßspeisen.

Weingut Künstler, Hochheim, Geheimrat-Hummel-Platz 1a, Tel. 06146/83860.

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold, Till Roos, Marcus Michaelis




Marc Schulz ist neuer Küchenchef im Hotel Jumeirah

Der Nachfolger von

Martin Steiner

sorgt für eine Überraschung

 

Der neue Küchenchef des Jumeirah in Frankfurt heißt Marc Schulz. Dies ist deshalb eine Überraschung, weil man eher mit einem bekannten Namen hätte rechnen können, der den einstigen Lafer-Küchenchef Martin Steiner ablösen würde. Steiner hatte nicht nur einen guten Ruf, sondern hinterließ auch deutliche kulinarische Spuren im Jumeirah, wobei er jetzt am 1. November mit der Almer Schlossmühle sein eigenes Restaurant bei Paderborn eröffnet. Von dem neuen Küchenchef konnte man bislang wenig hören, er hat sich auch keine Auszeichnung als Koch erworben. Dies ist jetzt vielleicht seine große Chance, der Küche des Jumeirah und insbesondere dem Restaurant Max on One zu weiterer Wertschätzung zu verhelfen – und damit auch sich einem größerem Publikum bekannt zu machen.

Jumeirah Küchenchef Marc Schulz

Marc Schulz, der neue Küchenchef im Jumeirah

Der aus Krefeld stammende Marc Schulz ist als Executive Chef seit 1. Oktober für den gesamten kulinarischen Bereich des Luxushotels verantwortlich. Er arbeitete in verschiedenen Gourmetrestaurants in Deutschland, etwa Tiefenbachers Herzog von Burgund in Neuss, dem Fährhaus auf  Sylt und dem Cheval Blanc in Düsseldorf. Dort aber nicht als Küchenchef, sondern in der zweiten Riege. Nach dem Abschluss zum Küchenmeister an der Steigenberger Hotel-Akademie in Bad Reichenhall im Jahr 2006 war Marc Schulz Küchenchef im Waldhotel Mangold in Bensberg. 2008 wechselte als Souschef zum Breidenbacher Hof nach Düsseldorf. Im selben Jahr leitete er auch als Task Force Chef die Eröffnung des damaligen Capella-Hotels Schloss Velden in Österreich. Danach verwaltete er die Restaurants und Küchen des Hotels an der Auburn University und dem Dixon Conference Center in Auburn in den USA. Im März 2013 leitete er außerdem die Eröffnung des Capella Hotels Washington DC.

Die aktuelle Herbst- und Winterkarte im Jumeirah mit deutsch-österreichischen Gerichten wird bis Ende des Jahres weitergeführt, bevor das Restaurant Max on One mit neuen kulinarischen Ideen starten will. Dem 32 Jahre alten Marc Schulz steht ein gut eingespieltes Team zur Seite.

 

Siehe auch BISS-Artikel Martin Steiner verlässt Jumeirah




Wein News Flüssiges & Überflüssiges

Die guten ins Kehlchen,

die schlechten ins Kröpfchen

 

Von Ludwig Fienhold

 

Deutsche Wein-Elite

geht auf Tournee

 

Der festliche Gesellschaftssaal des Palmengartens war der richtige Rahmen für die flüssigen Glanzlichter, die unter den massiven Kronleuchtern zur Verkostung standen. 144 Weingüter präsentierten auf zwei Etagen über 400 Spitzenweine. Viele Winzer waren persönlich dabei, was die Begegnung zwischen ihnen und den 500 Besuchern noch interessanter machte. Dass der aktuelle Jahrgang 2012 sehr gut ausfällt, war deutlich zu erleben. Aber auch, dass es Qualitätsunterschiede gibt, selbst bei den sogenannte Großen Gewächsen, die auf den Weinkarten der Restaurants als GG gekennzeichnet immer noch bei vielen Gästen auf Unverständnis stoßen.

Palmengarten Weinverkostung Renommierte Weingüter wie Clemens Busch (Mosel-Saar-Ruwer) zeigten mit ihren Rieslingen, wie hoch das Niveau liegen kann. Der Marienberg ist so harmonisch, delikat und frisch, dass er bei jedem Schluck Lust auf den nächsten macht. Das ist gerade für Gastronomen wichtig, die ihre Gäste ja mit animierenden Tropfen bewirten wollen, von denen man gern ein Glas mehr trinkt. Dazu gehören die Weine von van Volxem (Mosel-Saar-Ruwer) nicht, denn sie ermüden rasch den Gaumen und machen wegen ihrer überdeutlichen Präsenz schnell satt. Als Essensbegleiter machen sie eine bessere Figur. Dr. Losen (Mosel-Saar-Ruwer) gehört dagegen zu den Vertretern der schlanken, filigranen und doch ausdrucksvollen Rieslinge, das Treppchen schmeckt fabelhaft facettenreich und gut durchblutet. Aus gleichem Grund können wir uns für die Rieslinge von Fred Prinz (Rheingau) begeistern, seine Jungfer ist ein raffiniertes Stück voll geschliffener Eleganz und knackiger Frische. Das gilt ebenso für die Rieslinge und das Frühlingsplätzchen von Emrich-Schönleber (Nahe).

Die Pfälzer neigen zu einer gewissen Fülle und Behäbigkeit – auch beim Wein. Üppig, stark parfümiert und mit breiter Süße demonstrieren die Weine vom Gut Acham-Magin, dass man offenbar nur laut sein muss, um als Großes Gewächs zu gelten. Der Riesling von der kalkigen Lage Kalmit vom Weingut Kranz wiederum zeigte sich sauertöpfisch und keineswegs geschmeidig, wie viele andere aus der Region. Wie es besser geht, belegen die Pfälzer Weingüter Dr. Wehrheim und A. Christmann, deren Kollektion durchweg nobel ausfällt. Groß auch das Weingut Von Winning, vor allem die Lage Kirchenstück – komplex, mit dichter und doch nicht überladener Frucht sowie einer präzisen Tiefenschärfe. So etwas bleibt lange auf der Zunge und noch länger im Kopf.

Palmengarten Weinverkostung Die Franken überzeugen selten mit Riesling und punkten beim Silvaner. Bestes Beispiel sind Horst Sauer und seine Lumpen. Württemberg ist beim Rotwein stärker als beim Weißwein, aber nicht grundsätzlich so schwach wie der Riesling Burg Wildeck vom Staatsweingut Weinsberg. Der Rheingau zeigt sich auch in der Qualität nicht geschlossen, es schwankt. Spreitzer ist wunderbar eigenwillig und bietet viel Amüsement für Fortgeschrittene, bei Ress hat man es ebenfalls mit Charakterweinen zu tun, die Ecken und Kanten haben. August Kesseler macht das, worauf man immer Lust hat: Saftige Weine.

Großen Freude hat man stets mit den Weinen aus dem Anbaugebiet Rheinhessen: Battenfeld-Spanier, Kühling-Gillot, Wagner-Stempel oder Wittmann zählen zur Spitze. Die Lagen Rothenberg, Pettenthal und Ölberg von Kühling-Gillot bringen gut strukturierte, pralle, delikate Tropfen mit langem Nachhall. Wittman präsentiert angenehm unfrisierte Weine, die Gewächse von Wagner-Stempel haben am meisten Frucht und Power, ohne breit zu werden.

Palmengarten Weinverkostung - 3Auffällig bei den Großen Gewächsen ist, dass sich die Weingüter in der Spitze geschmacklich oft nur wenig unterscheiden, während deren Gutsrieslinge weit eher die Abweichungen deutlich machen. Wer ein Weingut kennenlernen möchte, ohne die ganze Palette probieren zu wollen, tut ohnehin gut daran, den einfachsten und den besten Wein zu probieren. Beide müssen auf ihre Art überzeugen.

Nach der Premiere in Berlin und Frankfurt gehen die Prädikatsweingüter und ihre Großen Gewächse auf Deutschlandtournee. Mehr Infos dazu unter: www.vdp.de

 

 

 

 

Winzerinnen-Dinner mit Erkenntniswert

Beim Winzerinnen-Dinner blieb keine Kehle trocken. Und auch kein Auge, denn es ging besonders lustig zu.

Weinnase Christine Fischer

Weinnase Christine Fischer

Frauen-Power in der Ente im Nassauer Hof in Wiesbaden. Gemeinsam mit Sommelier Sebastian Mac Lachlan Müller präsentierten vier bekannte Winzerinnen ihre Weine: Regina Stigler, Ihringen Kaiserstuhl, Baden; Andrea Wirsching, Iphofen, Franken; Dorli Muhr, Rohrau, Carnuntum, Österreich; Valeria Losi, Querciavalle, Castelnuovo Berardenga, Toskana, Italien. Flüssig moderiert wurde der Abend von Sommeliere Christina Fischer aus Köln. Für 119 € wurde unglaublich viel geboten. Winzerinnen-Sekt zum Aperitif, fünf Gänge plus Appetithappen, sowie zu jedem Gang gleich drei verschiedene Weine, zudem Wasser und Kaffee.

Die Winzerinnen redeten, wie ihnen der Schnabel gewachsen war – was ja gut zur Ente passte. Wenn Frauen über Wein sprechen, dozieren sie weniger als Männer. Das war die vielleicht wichtigste Erkenntnis aus dem Winzerinnen-Dinner. „Unkomplizierte Wissensvermittlung“ versprach Christine Fischer – und so geschah es dann auch.

Dorli Muhr

Dorli Muhr

Dorli Muhr konnte anschaulich über ihr Weinleben erzählen, Valeria Losi berichtete einfühlsam über die Toskana, wobei sie mit dem Chianti Classico Losi 2007 (Millennium Riserva) einen wunderbar charakteristischen und die Region bestens repräsentierenden Wein vorstellte. Andrea Wirsching aus dem fränkischen Iphofen beeindrukte mit erfrischend-lebhaften, sehr trockenen, filigranen und nuanciert würzigen Silvanern aus den Lagen Julius-Echter-Berg und Kronsberg. Zu ihrer exotischen Scheurebe, die gut mit asiatischen Aromen kann, hatte Küchenchef Michael Kammermeier sehr viel Würz-Temperament aufgebracht und ließ sie von Tatar von der Roten Wildgarnele mit Apfelsorbet, Passepiere-Algen, schwarzem Quinoa-Korn und reichlich Koriander begleiten.

Die nächste Veranstaltung in der Ente ist am 10. Oktober und hat die Weine Österreichs zum Thema. Gleich fünf Winzer, darunter F.X. Pichler, werden ihre Weine zu fünf Gängen von Küchenchef Michael Kammermeier präsentieren. Der wiederum sehr angenehme Preis von 109 € beinhaltet neben Essen und Weinen auch Wasser und Kaffee. Tel. 0611 133 666. www.nassauer-hof.de

 

Schinken & Wein

Spanische WeinprobeWeniger fehlerhafte als zu warme Tropfen konnte man bei einer Verkostung spanischer Weine im Instituto Cervantes (früher Amerikahaus) in Frankfurt erleben, die mit Serrano-Schinken und gekochten Schinken-Gerichten munter ergänzt wurde. Toll war der frisch aufgeschnittene Serrano-Schinken, der klar machte, mit welch schwachen Produkten wir hier oft allerorten abgespeist werden. Es gab nur Rotweine aus dem Anbaugebiet Ribera del Duero. Eine etwas sonderbare Auswahl indes. Da war kaum eine gute Entdeckung zu machen. Überzeugend präsentierte sich unter anderem immerhin das Weingut Abadía de Arcón. Der einfache Roble und die ebenfalls preiswerte Crianza besaßen trinkfreudigen Spaßfaktor, doch die Reserva (Tempranillo, Cabernet Sauvignon) offenbarte die ganze Qualität mit einem Duft aus schwarzen Beeren, Vanille, Schokolade und schönen nussigen Röstaromen. Mit von der Partie bei der Weinprobe war auch Hubert Huhn, der auf der Berger Straße in Frankfurt ein Geschäft namens Buch & Wein betreibt, das einen Besuch lohnt. Allein die Cava-Auswahl dort überzeugt. Es gibt es auch immer wieder Lesungen, mehr dazu unter: www.buchundwein-ffm.de

 

Exotisches Franken

Sandra Knoll bei Döpfners

Sandra Knoll bei Döpfners

Das Restaurant Döpfner´s im Maingau in Frankfurt-Sachsenhausen ist in Sachen Wein seit jeher besonders engagiert. Auf der Karte stehen 450 verschiedene Tropfen, die oft stattfindenden Wein-Dinner sind besonders beliebt. Bei der diesjährigen Hausmesse mit dem Weinhändler Heiko Wilhelm von MainWein konnte man sehr viele erstklassige Weine probieren: Spreitzer, Leitz, Jung, Künstler, Weil, Pfannebecker, Knewitz, Kuhn, Knipser, Laible, Bercher, von Winning und und und. Kurz darauf folgte innerhalb der Reihe „Culinarium“ ein Weinabend mit dem fränkischen Weingut am Stein in Würzburg. Die gewiefte Sandra Knoll stellte ihre Weine kurz und knackig vor. Bester Wein: Der trockene Silvaner Innere Leiste (Großes Gewächs) 2011. Der ungewöhnlichste Wein: Vinz Scheurebe 2008 (Alte Reben). Aus dieser Steillage kommt ein fulminant fruchtiger Wein mit exotischen Aromen und hohem Alkoholstand. Dazu passend gab´s Saiblingsfilet mit Zitronengras-Currysud auf Gurken-Chili-Relish. Der trockene Silvaner Vinz 2006 dagegen verlangte nur nach einer fränkischen Bratwurst mit Pfifferlingen und Schnittlauchpüree.   www.maingau.de

 

 

Schlaue Maschine soll für besseren Wein sorgen

Eine neu entwickelte Traubensortiermaschine will Winzern helfen Fehler zu vermeiden. Bittertöne und andere unerwünschte Qualitätsminderungen sollen damit vermieden werden.  Die Anlage wurde von Forschern vom Fraunhofer-Institut für Optronik gemeinsam mit anderen Fachkräften konstruiert.

WeingottDie in Bottichen angelieferten Trauben gelangen zunächst über eine Zuführeinrichtung in die Abbeermaschine, die die Früchte von den Stielen ablöst, entrappt und dann über einen neu entwickelten Fördermechanismus auf einem Band vereinzelt. Mit einer Geschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde bewegen sich die Trauben dann auf dem Förderband und passieren auf ihrem Weg das neuartige Sortiermodul. Eine Hochgeschwindigkeits-Zeilenkamera, Herzstück des Moduls, schießt Bilder von den Früchten – 18 000 Mal pro Sekunde. Eine angeschlossene Auswertungssoftware analysiert die Aufnahme in Millisekunden. Sie steuert Druckluftdüsen an, die Fremdkörper wie Insekten, Rebholz, Steine und Ästchen herauspusten. Auch schlechte, unerwünschte Beeren werden von der Ausblaseinheit entfernt. Die guten Beeren fallen in einen Behälter. „Unser Sortiermodul soll die Fähigkeiten aktueller Maschinen übertreffen. Es mustert nicht nur Fremdkörper aus, sondern sortiert Beeren zudem nach unterschiedlichen Qualitäten. So kann man den Wein komponieren wie man ihn haben will“, sagt Wissenschaftler Dr. Vieth. Was die Kamera mit „schlecht“ bewerten soll, wird zuvor trainiert. Schimmel, Ohrwürmer, Blätter und falscher Reifegrad sind typische Auswurfkriterien. Sortiert wird anhand von Form- und Farbanalysen. Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.

Photocredit: Barbara Fienhold

 




La Moraga: Tapas für die Welt

Spanien will mit seiner heiteren Häppchenkultur

jetzt auch Frankfurt, Dubai und Florida erobern

 

Von Ludwig Fienhold

Das in Spanien an der Costa del Sol ins Leben gerufene Konzept der Gastronomiegruppe La Moraga mit modernen Tapas hat nun sein erstes Lokal auf deutschem Boden in Frankfurt eröffnet. Nahe der Flaniermeile Goethestraße und damit auch nicht weit von der bekannten Freßgass entfernt, liegt es zwar nicht so prominent, aber doch zentral.  Küchenchef Christian Heinenbruch und sein Team stehen seit Dienstag, 1. Oktober, in der offenen Showküche.  Es gibt nicht nur Tapas, sondern auch größere Gerichte. Außer dem Restaurant existiert zudem eine Lounge-Bar mit kreativen Coktails.

La Moraga Bar Frankfurt

La Moraga Bar Frankfurt

Das La Moraga Frankfurt war zwar schon für letztes Jahr im Herbst geplant, doch knirschte es hinter den Kulissen. Der als kreativer Kopf eingesetzte Zwei-Sterne-Koch Dani García aus Marbella (Restaurant Calima) zertritt sich mit seinen Partnern, weshalb manche der spanischen Filialen geschlossen wurden und andere gar nicht erst an den Start gehen konnten. Inzwischen arbeitet La Moraga mit anderen Köchen zusammen, während Dani García unter dem Namen La Manzanilla sein eigenes Lokal in New York eröffnet hat.

Wo jetzt La Moraga seine Zelte aufgeschlagen hat, versuchte für nur sehr kurze Zeit das GinYuu sein Glück – als trauriges Paradebeispiel mit unqualifizierter Systemgastronomie. Das 450 Quadratmeter große Lokal La Moraga in Frankfurt wird von einer bislang wenig bekannten GmbH namens Look & Taste in Wiesbaden betrieben, doch steckt dahinter unter anderem Madjid Djamegari, der als Betreiber der Kameha Suite bekannt wurde und nun das Musiklokal Gibson an der Frankfurter Zeil führt. Er hat die Masterlizenz für La Moraga für Deutschland, die Schweiz und Österreich erworben.

Lamoraga HamburgerDa es sich um ein Franchise-Unternehmen handelt, sind die Vorgaben weltweit gleich. Hierbei geht es jedoch nicht nur um formelle und juristische, sondern auch gastronomische Strukturen. Die Rezepturen werden weitergegeben und sind allerorten weitgehend identisch. Die Grundfrage bei all diesen Unternehmungen lautet jedoch, ob es auch die ausreichend richtigen technischen Voraussetzungen und guten Mitarbeiter für deren Umsetzung gibt. Genau an diesen handwerklichen Voraussetzungen scheiterten schon einige Unternehmen. Was einst Sterne-Koch Dani García und seine Partner von La Moraga initiiert haben, ist als Konzept grundsätzlich sehr erfolgversprechend: Leckere kleine Gerichte zum angenehmen Preis, begleitet von guten Weinen und nettem Service. So unter anderem zu erleben in Marbella (Puerto Banứs) und in Malaga. Dort sogar am Flughafen, der damit für unseren Geschmack eines der Top Five Airport-Lokale in der Welt zu bieten hat. Dani García ist in Spanien und vor allem Andalusien sehr bekannt und hat bei Martín Berasategui im Restaurant Tragabuches in Ronda gelernt. Dani García experimentierte auch lange Zeit auf molekularer Ebene, besinnt sich heute aber wieder mehr darauf, klassische andalusische Gerichte zu verfeinern und neu zu interpretieren. Seinen Küchenstil bezeichnet er gerne als Cocinacontradición.

LamoragaIm extra ordinären Marbella-Hafen Puerto Banứs kann man als seriöser Gastronom nur schwer Fuß fassen wollen. Am Rand hat sich jedoch das La Moraga so gut installieren können, das sich bereits vor seiner Eröffnung um 20 Uhr Schlangen bilden, zumal man nicht reservieren kann.  Kaum eine halbe Stunde später ist kein Platz mehr frei, muss man Glück haben, vielleicht sind einige ja nur auf einen Happen dabei und räumen rasch wieder das Feld. Doch wer sich in den kleinen Schweinereien aus der offenen Küche erst einmal festgebissen hat, verlässt dieses beschwingte Lokal nicht so schnell. Zur guten Laune tragen außerdem der frohe Service von Amanda und die Weine zu Schmunzelpreisen bei. Die Tapas sind nicht durchgängig klasse, machen aber in jeder Form Spaß. Es sind zumeist temperamentvolle, gut zubereitete und beherzt gewürzte Miniaturen, die bei jedem Bissen Lust auf den nächsten machen: Kebab mit Iberico-Schwein in orientalischer Sauce mit Raz el Hanout; große Garnelen in frittiertem Basilikum; geräucherter Kabeljau mit Ziegenkäse und süßen Linsen; gehackte Kutteln mit Kichererbsen und Minze (pro Teller 3 bis15 Euro). La Moraga bezeichnet sich inzwischen nicht mehr als Tapas-Lokal, sondern als Gastrobar.

Lamoraga

La Moraga Malaga

Die Speisekarten aller La Moraga-Lokale fallen gleich aus und werden nur schleppend erneuert. Selbst bei mehrmaligem Besuch dauert es aber, bis man die über 50 Happen durch hat. Auch am Flughafen von Malaga gibt es die gleichen originellen Tapas, die ebenfalls nicht allzu klein ausfallen. Zu den Highlights gehören grundsätzlich der süffige und schön gewürzte Burger Bull mit geschmortem Ochsenschzwanz sowie der schlotzige Pig Burger mit Schweinebacke, Speck und Teriyaki-Mayonnaise. Dazu trinkt man einen quicklebendigen Cava von Augustí Torello Mata für angenehme 4,80 Euro das gut eingeschenkte Glas. Auch hier kann man den Service wegen seiner Freundlichkeit und Präsenz nur loben. Es gibt sogar nette Menüs für nur 20 Euro, inklusive Wein, Bier oder Wasser.

Der frühere Mentor von La Moraga, Dani García, hat inzwischen in der Park Avenue 345 in New York sein neues Lokal eröffnet. La Manzanilla will eine „Spanische Brasserie“ sein und bietet vor allem modifizierte traditionelle Küche, aber auch einige seiner bekannten Speisen, wie den fabelhaften Ochsenschwanz-Burger, allerdings nicht als Tapa-Portion, sondern als eigenständiges Gericht. García steht nicht selbst am Herd, dafür sein Partner Santiago Guerrero. Das Konzept ist nicht schlecht, aber vielleicht wäre er mit einer reinen Tapas-Bar besser in New York gefahren. Außerdem ist Dani García zwar in Andalusien ein Star, in New York aber eher ein No-Name.

La Moraga, Frankfurt, Junghofstr. 14, Tel. (069) 153454 66.  Geöffnet Montag – Donnerstag 11 – 1 Uhr, Freitag + Samstag 11 – 2 Uhr, Sonntag 11.30 – 23 Uhr.

La Moraga, Marbella, Puerto Banús, Ramón Areces 1, (0034) 952 815652. www.lamoraga.com

 

 

 




Super Soul Food beim Polo Turnier Frankfurt

Cater-Stimmung mal anders

 

Ob Prinz Charles und seine Söhne William und Harry, die bekanntesten Polo-Spieler auf diesem Planeten, den Frankfurt Gold Cup im Stadtteil Nied wohl kennen?  Es ging aber auch ohne sie ganz sportlich royal beim inzwischen sechsten Turnier auf dem Poloplatz Georgshof zu. Mit der Kleidung hapert es allerdings noch bei den Besuchern, nur ganz wenige Damen trugen Hut & Hütchen, die meisten kamen sportlich salopp, wobei es viele Männer nicht mal ins Jackett schafften. Das VIP-Zelt, in das sich jeder einkaufen konnte, wurde ganz in Weiß leicht festlich inszeniert. Auf allen anderen Plätzen hatten die Zuschauer freien Eintritt.

PoloEin solches Turnier wäre nur ein Sportplatz, wenn nicht auch eine Topqualität bei Essen und Service geboten würde. Thomas Funke von Soul Food und sein Team leisten stets erstklassige Arbeit, wobei sie nicht jedes Würstchen mit Schleifchen versehen und durch Überdekoration mangelndes Format kaschieren möchten. Bei Soul Food schmeckt alles nach Leib & Seele: Der butterzarte voll saftige Rücken vom Duroc-Schwein in einer würzigen Cajun-Bratensauce mit rosmarinisierten Hofheimer Bauernkartoffeln war so hervorragend, wie man das in nur wenigen Restaurants bekommt. Auch der Kabeljau glänzte durch perfekte Garung und schönste Konsistenz und bedurfte nur einer Prise Fleur de Sel, um glücklich zu machen. Tolle Gewürze standen handverlesen parat, allein der frische Pfeffer war für sich schon eine Entdeckung. Ob Maispoularde, Aufschnitt, Wurst, Käse oder andere Happen, selten sind wir von einem Caterer-Buffet so begeistert gewesen. Manches Dessert hatte großväterliche Güte, der saftige hausgemachte Zwetschgen-Crumble würde trotz anarchistischer Optik jedes Café adeln.  Bei den Getränken zeigte vor allem der fließend strömende Champagner von Gosset, was zu einem Polo Turnier passt.

Sportlicher Service: Celine Dahmen

Sportlicher Service: Celine Dahmen

Thomas Funke & Soul Food betreiben Catering auf Restaurant-Niveau. Er verfügt über einen sehr guten Background, hat unter anderem im seligen Frankfurter Brückenkeller gearbeitet und bei Klaus Peter Kofler, als dieser noch mit ihm das Schirn-Restaurant auf gutes Niveau brachte. Thomas Funke, der auch immer mal wieder im Frischeparadies kocht, kann sich auf ein gutes Serviceteam verlassen. Dieses war beim Polo-Turnier besonders einsatzfreudig und zeigte mit Cowboy-Hüten Schick – und war dadurch leicht erkennbar. Im VIP-Zelt wurden 300 Gäste bewirtet, insgesamt kamen 2.500 Besucher. Gewinner des Turniers wurde das Team von Oman-Air.

Polo ist ein beschwingt kraftvoller Sport von choreografischer Dynamik. Und gewissen Merkwürdigkeiten, es gibt sogar halbe Tore. Polo weckt in Argentinien schon lange Begeisterung, aber auch auf Sylt geht man auf Turniere und erkennt den sportlichen und gesellschaftlichen Reiz. Das Frankfurter Turnier gehört jedoch ebenso in jeden Terminkalender.

Polo Club Hessen, Herborn, Tel. 0170 45 40 570. www.frankfurtpolo.de

Soul Food, Liederbach, Tel. 0172 69 71 061. www.soulfood.de

 Photocredit: Barbara Fienhold




Skyline Dinner in Koflers Tree House

Wolkenkratzer-Lokal

mit Höhen & Tiefen

 

Das Auge isst mit und kann sich an diesem Skyline-Blick nicht sattsehen: Klaus Peter Kofler hat erneut sein Treehouse bezogen, in dem die Gäste eine grandiose Sicht auf Frankfurt haben. Auf der 25. Etage des Nextower am Thurn- und Taxisplatzt mitten in der City breiten sich Restaurant, Bar und Dachterrasse aus. Restaurant und Bar wurden in einem flamboyanten Stilmix aus Vintage, Retro und britischem Barclub entworfen, der Roof Garden braucht nur gutes Wetter, um zu gefallen und bietet Drinks open air. Zum Sundowner gibt es derzeit keinen schöneren Platz, doch ab 22 Uhr krachen DJ´s die Idylle weg. Bis 12. Oktober kann noch in 100 Metern Höhe gefeiert werden, dann wird das Luxus-Baumhaus wieder abgebaut.

Restaurant mit Ausblick

Restaurant mit Ausblick

Hauptattraktion im Tree House sind der Ausblick im Cinemascope-Format und die phantasievolle Gestaltung.  Das Essen ist eher eine nette Begleitmusik. 13 Michelin-Sterne sollen den Himmel erleuchten, doch ist das ziemlich geflunkert. Tim Raue (Berlin), Juan Amador (Mannheim), Wahibi Nouri (Hamburg) und andere bekannte Köche sind keineswegs präsent, die Kofler-Köche kochen lediglich nach deren Rezepturen. Beim Pre Opening waren immerhin Matthias Schmidt von der Frankfurter Villa Merton und André Tienelt vom Hotel Elbresidenz aus dem sächsischen Bad Schandau zugegen und teilten sich mit weiteren sieben Köchen die nicht allzu große Küche, die am Rand des Restaurants offen einsehbar installiert wurde. Bei den vielen bekannten Namen auf der Kofler-Köcheliste überrascht Tienelt, den man nicht unbedingt kennen muss. Bester Gang beim Menü war das Amuse bouche: Filigranes Mascarponeschaumbällchen in Kopfsalatsauce. Eine gute Kombination zeigte auch der würzige Saibling an Bearnaise-Mayonnaise mit Estragon, Sauerampfer und rohem Wurzelsalat, die Matthias Schmidt nach einer Vorlage von Tim Raue servierte. Beim gut gegarten Kalbfleisch mit süßsaurer Gemüse-Caponata, schwarzer Feige und Kräutern vertrugen sich vor allem Fleisch und Feige. Die Tagliatelle von Palmherzen mit zu viel Parmesan und schwachen Sommertrüffeln schmeckte wie beim Italiener nebenan – nach einem Rezept vom Restaurant Mani aus dem brasilianischen Sao Paulo. Wie toll auch manch einfach klingendes Gericht sein kann, zeigte Matthias Schmidt mit seinem Dessert: Gurke mit Joghurt und Dillblüten. Für eine Generalprobe insgesamt kein übles Ergebnis. Doch darf man bei solchen Events auch nicht zu viel erwarten. Die Köche müssen auf kleinem Raum viel improvisieren und mit einem ihnen unbekannten Service harmonieren. Der Service war indes in Hochform und schien auf Rollschuhen unterwegs. Bei der Weinauswahl zeigte das Tree House zunächst überhaupt keine glückliche Hand, kein einziger schlanker Weißwein war dabei, obwohl Rheinhessen und Rheingau gleich vor der Tür liegen. Jetzt wurde die Karte immerhin durch einen Weißburgunder von Battenfeld-Spanier und einen Rheinhessen Riesling von Groebe aufgestockt. Mit an Bord kam zudem ein Grauburgunder von Kühling-Gillot, der aber nicht gelistet ist und nur auf Nachfrage zu haben ist.

Die Menüpreise passen sich der Höhe des Tree Houses an, drei Gänge kosten 85 €. Es können aber inzwischen auch einzelne Gänge aus dem Menü für 29 € bestellt werden.

Bar

Restaurant

Ein ganz zentraler Erlebnisraum ist die Bar. Dafür hat man den Profi Stephan Hinz engagiert, der mit sehr amüsanten Ideen auftrumpft. Unter dem Titel Cocktailkunst gibt es einige bemerkenswerte Kreationen:

Pocket Rocket: In einem Reagenzglas serviert, erwartet den Gast ein Frische-Elixier aus Wodka, Rucola, Kokos, Limette, Mandel, Salz und Maracuja.

Coquetier: Eine Erklärung zum Entstehen des Wortes ‘Cocktail’ ist der Legende nach die Ableitung vom französischen Begriff für Eierbecher (coquetier). Grund genug, diese würzig-süße Komposition aus Rum, PX Sherry, Schokolade, Cherry Heering, Pimento Dram, Eiweiß und Bitters in einem Eierbecher zu servieren – in einem Ei selbstverständlich.

Goldener Schuss :  Den berühmten goldenen Schuss geht das Barteam etwas sanfter an, denn bei ihm landen nur Wodka, Cointreau, Zitrone, Salbei-Zucker und natürlich Goldstaub in der Spritze.

Currywurst Cocktail: Ein flüssiger Tribut an die Currywurst: Wodka wird mit würzigem Schinken aromatisiert und durch fruchtiges Paprikapüree ergänzt. Darauf eine Krone aus Curryschaum und eine Prise Beerenpfeffer. Serviert in einem Weckglas mit einer Nudel als Trinkhalm und Serranoschinken-Chips.

Cinema Cocktail: Aus Mais lässt sich nicht nur Popcorn machen, sondern zum Beispiel auch Bourbon. Um auf diese Verwandtschaft aufmerksam zu machen, wird im Tree House der Bourbon gleich mit Popcorn aromatisiert, durch Orangensaft und Honig abgerundet und in einer Popcorntüte serviert.

Ludwig Fienhold

Dachterrasse

Dachterrasse

Tree House, Nextower 25th Floor, Frankfurt, Thurn- und Taxisplatz 6, Tel. 0170 389 8800. Öffnungszeiten: Dachterrasse & Bar ab 18.30 Uhr, Restaurant ab 19 Uhr.

Der aberwitzig unübersichtliche und nur in Englisch stattfindende Internetauftritt verwirrt mehr als er informiert, weshalb wir den eher direkten Draht über das Telefon empfehlen.

www.pretadiner.com/en/event_2013_frankfurt_taste.php

 

 

 
 

 


BILDER GALERIE TREE HOUSE

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold