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Frühstück für Ausgeschlafene

Hier darf es etwas länger sein

 

Wer sagt eigentlich, dass Frühstück immer früh sein muss. Es kann auch ein Spätstück sein, gerade sonntags, wenn man mal nicht den Kaffee herunterkippen muss und mit Croissant zwischen den Zähnen aus der Tür eilt. Die beste und individuellste Adresse dafür in Frankfurt ist das neue Hotel Lindenberg, wo man zwischen 11 und 16 das Frühstücksmittagessen genießen kann. Für 22 Euro gibt es jeden Sonntag ein Buffet, das dem Motto Qualität statt Quantität gehorcht. Dazu kocht in der heimeligen Wohnküche Kimberley Unser oder ein anderer Mitarbeiter aus ihrem jungen Team vom Seven Swans unterschiedliche Gerichte, etwa Strammen Max, Eier mit Grüner Soße, Reibekuchen mit Apfelmus oder Erbsensuppe.

Lindenberg FrühstückDas Hotel Lindenberg bietet schon optisch viel Delikatesse. Es ist, als hätte uns eine künstlerisch talentierte Pippi Langstrumpf ihren leicht erwachsenen und doch noch ungestümen Traum von einer Villa Kunterbunt hinterlassen. Die Augen schwelgen in so heiteren Dimensionen, dass der Tag nur gut werden kann. Man sieht dem kleinen und feinen Buffet bereits an, wie es schmeckt. Die handverlesenen Aufschnitte, Schinken und Würste sind einfach gut, der Käse ausgesucht, die Brot/Brötchenauswahl wird durch Croissants und Laugengebäck aufgewertet.

Das Frühstück im Hotel Lindenberg ist nicht inklusive der Getränke. Rhabarber-Schorle, frisch gepresster Orangensaft, Cappuccino, Anno 1308 Keller Bier, Riesling oder Loire-Sekt gibt es gegen fairen Aufpreis (Cappuccino beispielsweise 2,50 €, eine Flasche Riesling 17 €). Die Speise/Getränkekarte mit Preisen wird gleich beim Entree vorgelegt, was Missverständnisse vermeidet. Zum Frühstücks-Programm gehört im Lindenberg ein Besuch der Kino-Bar um 16 Uhr im Haus, wo Filme für Kinder und Erwachsene gezeigt werden. Kinder zieht es meist ab 12 Uhr ins kleine Lichtspielhaus, was den Eltern und vielleicht auch anderen Gästen Ruhe gönnt.

Lindenberg Brunch - 4

Sonntag ist der schönste  Tag, an dem Externe und Hotelgäste aufeinandertreffen.  Man sollte sich für das Frühstück besser anmelden, denn die 30 Plätze können schnell besetzt sein. Für uns gibt es keinen schöneren Platz zum späten Frühstück als das Hotel Lindenberg. Es bietet im Grunde weder Frühstück noch Brunch, sondern eher einen Sonntag ohne Limit. Niemand wird hier zu einer bestimmten Zeit ausgewiesen, das Buffet steht lange bereit. Man lässt sich als Gast nicht nur bedienen, sondern läuft umher und gabelt mit jedem Bissen vielleicht auch ein nettes Gespräch oder eine neue Bekanntschaft auf.

 


(*Anzeige von www.das-lindenberg.de)
 

Im Mainkai-Café in der Nähe des Doms kann man jetzt täglich frühstücken, während der ganzen Öffnungszeit von 10 bis 20.30 Uhr. In dem ehemaligen Waschsalon liegt viel Zeitungslektüre aus. Morgens bietet sich das „Jogger“-Frühstück an, bei dem man guten Gewissens den Läufern am Mainufer zusehen kann. Beim „Sektgeflüster“ sind zwei Gläser Prosecco enthalten, beim „Südländer“ Mozzarella und Basilikumfrischkäse. Der Gast kann aber auch nur ein Croissant, Eier mit Speck oder Müsli mit frischem Obst bestellen. Die Kuchen sind ebenfalls gut, das Tiramisu wird hausgemacht. Was immer am Buffet zu sehen ist, wirkt appetitlich. In der Küche werden täglich frisch Salate, belegte Brötchen und verschiedene Sandwichs zubereitet. Aktuelles wird auf einer Schiefertafel annonciert. Besonders gut ist die hausgemachte, passierte und bestens gewürzte Linsensuppe mit Sucuk, türkischer Knoblauch-Kräuter-Wurst. Die saftig-pikante Wurst schmeckt auch zum Eierfrühstück. Der marokkanische Minzetee wird mit frischen Blättern im großen Glas serviert, erfrischend gut außerdem das leicht salzige türkische Joghurtgetränk Ayran. Betrieben wird dieses liebenswerte Lokal von Dilek und Ugur Cura, deren Familie aus dem türkischen Ansichtskartenstädtchen Altinoluk am Golf von Edremit stammt. Das Lokal fungiert daneben als „Vertical Gallery“ und ermöglicht jungen Künstlern einen alternativen Auftritt zur Galerieszene. Recht kunstsinnig ist bereits der Ausblick auf die gegenüberliegende Dreikönigskirche, die sich in würdevoller Gelassenheit über dem Main erhebt

 

Margarete FrühstückIn der Margarete kann man immerhin bis 14 Uhr frühstücken. Das immer noch als neu geltende Restaurant mit Café zählt wie die vorgenannten zu den besonders angenehmen, entspannten und lebendigen Adressen der Stadt. Mit gutem Croissant, Butter und Marmelade kann man schon sehr zufrieden sein. Manchmal darf es etwas mehr sein. Die frischen Eier vom Oköbetrieb Harvesterhof in Linter/Limburg werden mit Baguette und gesalzener Butter serviert, doch sollte man unbedingt noch den wunderbar krossen Alblinger Bauchspeck dazu bestellen. Der Kaffee/Cappuccino in der Margarete gehört zu den besten der Stadt, er kommt von der kleinen feinen Rösterei Pheonix aus Dresden: Kräftiges harmonisches Aroma, korrekte Temperierung, perfekte Crema, Milchschaum mit Stand.

LF

 

Lindenberg Brunch - 1

Lindenberg

Lindenberg, Frankfurt, Rückertstrasse 47, Tel. 069 430 591 530. www.das-lindenberg.de

Margarte, Frankfurt, Braubachstraße 18 – 22, Tel. 069 13 06 65 00. Café & Bar, Frühstück:  Samstag und Sonntag 10 – 14 Uhr. www.margarete.eu

Mainkai Café, Frankfurt, Mainkai 15, Telefon (069) 260 975 65. Durchgehend Frühstück. Geöffnet Montag bis Sonntag zwischen 10 und 20.30 Uhr, Samstag 9 – 20.30 Uhr www.mainkaicafe.de

 

 

Photo Credit: Barbara Fienhold (4x Lindenberg), Peter Unsinn (1x Margarete)

 

 

 




Schlaraffia am Morgen

Erstklassige Frühstücksadressen

 

Goethe genehmigte sich zum Frühstück bereits Champagner, Theodor W. Adorno genoss Omelett mit Toast und Mozart löffelte morgens gerne Suppe. Wenngleich sich viele für das Frühstück zu Hause gar keine oder zu wenig Zeit nehmen, so ist die Ausdauer beim Frühstück in Urlaubshotels enorm.

Im Hotel Bareiss in Baiersbronn wartet auf die Gäste ein Schlaraffia aus Rostbratwürstchen, Weißwürsten mit süßem Senf, geschmälzten Fleischküchle, à la minute zubereiteten Eierspeisen mit Speck, frischen Kräutern, Shrimps oder Lachs. Aus der Charcuterie kommen beste Salami, Mettwurst, Tiroler Bauernspeck, hausgemachte Leberwurst, Schwarzwälder Schinken, rosa Roastbeef, Parma- und Serranoschinken und einiges mehr. Die knackigen Nordmeerkrabben fallen ebenso gut aus wie die Wildsülze und das viele frische Obst. Eine solch Brot- und Brötchenauswahl wie hier, lässt den Gast wie in einer Bäckerei fühlen. Frischgepresste Obstsäfte und ein animierendes Tee-Sortiment sowie verschiedene Kaffeespezialitäten vergrößern nicht nur das Angebot, sondern vertiefen es. Da man bis mindestens 11.30 Uhr tafeln kann, wird auch der Riesling-Sekt häufiger aus dem Kühler geholt. Gleichwertiges hat sich in Deutschland nur in der Nachbarschaft entwickelt, in der Traube Tonbach, wo nicht nur die Vielfalt, sondern vor allem die enorme Qualität Lichtjahre von vielen anderen Hotelbuffets entfernt ist.  Hier gibt es hervorragenden Parmaschinken mit Melone, feinstes Tatar und verschiedene Delikatessen im Gläschen, die wegen ihrer Leichtigkeit und Finesse gerade am Morgen als Amuse gueules sehr willkommen sind. Vom Brot- und Brötchensortiment bis zur Teeauswahl bewegt sich alles auf höchstem Niveau. Ein besseres Frühstücksbuffet wird man in Deutschland nicht finden.

Traube Tonbach

Traube Tonbach

In der Villa Rothschild in Königstein können die Gäste in der ehemaligen Küche der Familie Rothschild frühstücken. Es gibt im Lande des Frankfurter Würstchens bayerische Weißwürste und Nürnberger Rostbratwürste sowie verschiedene Eiergerichte à la carte. Das mit Sauce Hollandaise pochierte Ei mit Rahmspinat und gekochtem Schinken auf knusprigem Toast fällt hervorragend aus. Eine ausgezeichnete eigene Kreation ist das Cesaren-Ei, welches im Ofen gegart und mit geschmortem Romanasalat, Cesarendressing und Parmesankäse im Gläschen serviert wird. Am Buffet holt man sich angenehm portionierte Shrimps in wölkchenleichtem Dressing, frisches Obst, gutes Brot und Brötchen, Aufschnitt und mehr.

In der Residenz von Heinz Winkler in Aschau gibt es neben der fabelhaften hausgemachten Mohnmousse viele regionale Schmankerl und individuelle Speisen, im Promi-Hotel Stanglwirt in Going bei Kitzbühl wird frisches Gebirgsquellwasser aus der eigenen Kaiser-Quelle sowie frische Kuhmilch, Alm-Butter, Wurst und Käse aus eigener Landwirtschaft in Bio-Qualität angeboten. Im Sacher in Wien darf man zu Walzermusik schon am frühen Morgen die berühmte Torte essen, wobei der Gewürzgugelhupf weit besser schmeckt.

Atlantis

Atlantis

Viele sehen im Atlantis in Dubai ein Micky Mouse Hotel, doch die Frühstückswelt dort ist erstaunlich. Über 20 Köche arbeiten an verschiedenen Live Cooking Stations und servieren Gerichte aus Singapore, Japan, China und Indien sowie Europa. Es herrscht Jahrmarkttrubel. Highlights: Chinesische Dim Sum, köstliches frisch zubereitetes indisches Nan Bread, ausgezeichnete arabischen Mezzeh, kleine feine und würzige Vorspeisen, ein Dutzend hervorragender Brotsorten, vom Weißbrot bis zum Körnerbrot. Plus diversen Brötchen, verschiedenen Toasts, Brioche,  erstklassigem  Baguette.  Die ausgezeichneten Croissants kommen frisch dampfend aus dem Ofen. Erstaunlich gut sortiert ist auch die Obstabteilung, in der reife und gute Früchte warten, darunter Ananas und Papaya. Erstklassig fallen zudem die verschiedenen Obstkompotte aus, die mit Zimt und anderen Gewürzen aufgepeppt wurden.  An einer Saftbar werden in Karaffen und Weinkaraffen verschiedene frische Säfte attraktiv präsentiert: Mango, Ananas, Karotte, Wassermelone, Apfel.

Ludwig Fienhold

Bild oben rechts: Hotel Bareiss

 

 

 




Besser als jede Diät: Wie man aus der Genussfalle kommt

Der Kau-Trainer vom Wörthersee

 

Für viele Tage wird der Kautrainer mein ständiger Begleiter. Der harte Bursche sorgt dafür, dass ich meine Zähne bewege, 30 bis 50 Mal, bis er weich genug ist und ich ihn zu Brei gemacht habe. Kein Tag jedenfalls ohne diesen Dinkelfladen im medizinischen Wellness-Hotel Viva am Wörthersee, wo man die alte Mayr-Kur gehörig modernisiert hat, ohne die bewährten Grundwerte zu vergessen.

Natürlich, die ersten Tage hadert und grummelt man gehörig. Nicht, dass man Champagner und Kaviar erwartet hätte, aber doch ein wenig mehr Lustbarkeiten, vielleicht auch so etwas wie ein Wiener Schnitzel light. Man muss sogar einiges vergessen, was man bislang als gesund und unentbehrlich empfand: Obst, Salat, Müsli. Der Morgen beginnt indes mit einem Dinkelfladen und bestenfalls mit einem als Zulage gedachten Schafsquark – ärger trifft es die, welche nur ein basisches Süppchen dazu löffeln dürfen.

Viva Mayr Kur Hotel am Wörthersee

Viva Mayr Zentrum rechts im Vordergrund

Wer zu den großen Hungerleidern gehört und wer etwas mehr genießen darf, darüber entscheidet der Arzt nach einer gründlichen Untersuchung. Danach können die so genannten Zulagen schon appetitlicher ausfallen: fein geräucherter Bachsaibling, Forellenfilets, Putenbrust, Avocado oder Büffel-Mozzarella. Es geht grundsätzlich streng zu, den wenigsten wird auch nur ein Salzstreuer gegönnt. Die Servicemitarbeiter, die wie alle im Haus selbst einmal im Jahr für vier Wochen eine Mayr-Kur absolvieren und sich bestens auskennen, wachen mit freundlicher Entschiedenheit über die Einhaltung des Speiseplans, der morgens und mittags noch relativ großzügig ausfallen kann, abends aber die volle Härte spüren lässt. Cholesterin, Bluthochdruck, Allergien und Speckbauch wollen nun mal bekämpft sein.

Viva Mayr KüchenchefinHarald Schmidt ist ein bekennender Mayr-Kurgänger, die Spice Girls waren schon höchstselbst am Wörthersee und auch Madonna schickt ihre Gurus dorthin, um mehr über die segensreichen Wirkungen zu erfahren. Crash-Börsianer, Pleite-Bankiers, verlassene Ehefrauen und Ehemänner, kurzum sehr viele, denen etwas gehörig auf den Magen geschlagen hat, gehören ebenso zu den Gästen, wie Models, Balletttänzerinnen und Showstars aus aller Welt. Nicht so sehr wegen eines ausgeprägten Figurbewusstseins, sondern weil die mit der Kur einsetzende Entsäuerung des Körpers auch eine schöne Haut und mehr Elastizität verspricht. Hauptziel ist die Entgiftung und Entschlackung, wozu auch eine kulinarische Katharsis gehört. Deshalb sollten sich gerade Gourmets angesprochen fühlen, deren Hedonismus nur so lange gut gehen kann, wie sie ihre Vitalität behalten. Im Sinne des altgriechischen Philosophen Aristipp ist Genussfähigkeit das höchste Glück des Menschen, die jedoch wahrhaftig und dauerhaft nur dem Weisen beschieden sein kann, der seinem Lustempfinden nicht blindlings folgt, sondern über es zu herrschen vermag. Dies bedeutet den kompletten Ausstieg aus dem bisherigen Genussleben und die Hinwendung zu einer ungewohnten Askese. Am besten für einige Wochen.

Viva Mayr KurZu Hause, wo der gut gefüllte Kühlschrank in Griffnähe ist und viele Lokale locken, setzt man sich unnötig einem Martyrium aus, wobei das tief greifende heilende Fasten ohnedies besser unter medizinischer Anleitung und Aufsicht geschehen sollte. Direkt am beschaulichen Wörthersee gibt es mit dem „Viva-Mayr“ eine Mischung aus Wellness-Hotel und Kurklinik. Mit Schwimmbad, Fitnesscenter, aber auch einer Liegewiese zum Faulenzen. Massagen aller Art und medizinische Checks gehören zum Tagesprogramm, das man individuell abstimmen kann. Dr. Stossier ist eine Kapazität auf seinem Gebiet, er hat die traditionelle Mayr-Kur, in der es wochenlang kaum mehr als Semmeln und Milch gab,  angenehm und sinnvoll modifiziert. Mit Küchenchefin Emanuela Fischer konnte er eine kongeniale Partnerin finden, die über profunde Produkt- und Ernährungskenntnisse verfügt, die allen Köchen zueigen sein sollten. Sie sorgt dafür, dass man schonend zubereitete Gemüse als Leckerbissen empfinden kann, sich diebisch auf Meeresfrüchte im Reisblatt freut und Kartoffelblinis mit geschmortem Fenchel und Zucchini für außergewöhnlich hält. Denn diese Highlights sind keineswegs eine Selbstverständlichkeit, da ansonsten basische Suppen und Dinkelfladen eine entscheidende Rolle spielen. Die aus hochwertigem Schwabenkorn-Dinkelmehl, Wasser, Salz, Weinstein, Koriander und Fenchel hergestellten Flachbrötchen werden täglich frisch im Ofen gebacken, erfüllen aber auch noch nach Tagen in trockenem Zustand ihren Zweck. Sie schmecken durchaus gut, sollen aber in erster Linie zum bewussten Kauen anregen, damit man wieder ganz Wesentliches lernt, denn der Mensch isst zu schnell, zu viel, zu häufig, zu schwer und zu spät.

Viva Winter 2011Dass bei einer solchen, auf jeden einzelnen Gast abgestimmten Diät die Pfunde purzeln (bei mir in einem Monat fünf Kilo) ist nicht das eigentliche Ziel und geschieht so nebenbei. Der Sinn liegt in der Erholung und Heilung des Verdauungssystems sowie der Reinigung, Entschlackung und Entsäuerung, wobei salinisches Wasser und ein Dutzend Kräutertees helfen. Die modischen Begriffe „Detox“ und „Dinner-Cancelling“ werden am Wörthersee schon lange gelebt, wobei hier die letzte kleine Mahlzeit am frühen Abend zwischen 18 und 19 Uhr serviert wird. Obst, Rohkost und Salat dürfen dabei nicht mehr den Magen belasten, da sie in der Nacht zu gärenden Ungeheuern mutieren, die giftig wirken, weshalb die Mediziner dafür den schönen Begriff „Horror autotoxikus“ verwenden.

Viva Mayr Hotel am WörtherseeKüchenchefin Fischer setzt bevorzugt den Magen stärkende Gewürze wie Ingwer, Koriander, Wacholder, Zimt und Nelke sowie hochwertige Lein-, Nuss-, Hanf- und Dotteröle ein. Wenn es ausnahmsweise Fleisch gibt, dann Poularde, Kalb und Lamm aus Bio-Haltung, was sich höchstens als 100-Gramm-Portion auf dem Teller wieder findet. Steinbutt und Bachsaibling entstammen nicht den Zuchtfarmen und sind Wildfang. Frittieren und braten ist verpönt, es wird gedämpft, pochiert und im eigenen Saft geschmort. Die täglichen drei Mahlzeiten dürfen nicht mit Zwischendurch-Knabbereien aufgepeppt werden, da sie störend in den Digestionsrhythmus eingreifen. Mikronährstoffe, Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente oder Enzyme gehören dagegen zur Nahrungsergänzung. Ernährungsberatungen und Kochkurse sind Teil des Viva-Mayr-Programms, denn man soll nach dieser Kur ja nicht im alten Trott weitermachen, sondern die gewonnenen Erkenntnisse das ganze Jahr über so weit es geht in den Tagesablauf einbauen. Hilfreiche Anregungen und Rezepte bietet das im Leopold Stocker Verlag erschienene Viva-Mayr-Kochbuch Gesundheit, die schmeckt.

VivaMag der innere Schweinehund auch anfangs nach Gänseleber und Frikadellen schreien, mit jedem Tag und Bissen kommt man mehr und mehr auf den Geschmack der Mayr-Methodik. Man fühlt sich so leicht und entspannt, dass man glaubt, über den Wörthersee wandeln zu können. Später kommt ein großer Energieschub hinzu und das gute Gefühl des inneren Aufgeräumtseins. Für den Höhepunkt nach den bedächtig langsam ausklingenden vier Wochen sollte man sich etwas Gutes gönnen, denn die Sensorik ist so geschliffen, dass man das erste normale Essen und den ersten Schluck Wein so unglaublich intensiv und nuancenreich wahrnimmt, als wäre man bei Dionysos persönlich zu Gast. Allein für dieses Gefühl hat sich der ganze Einsatz gelohnt, was den tieferen Sinn des Fastens nur erhöht.

Ludwig Fienhold

 

Viva, Das Zentrum für Moderne Mayr Medizin, A-9082 Maria Wörth, Seepromenade 11, Tel. 0043

4273 31117. www.viva-mayr.com

Dres Stossier

Dres. Christine & Harald Stossier

 

 




Der große Schoko-Schwindel

In den Tiefen des

Kakao-Dschungels

 

Verbraucher werden getäuscht

 

Kopfschüttelnd legt Oliver Coppeneur eine Tafel Schokolade auf den Tisch. Auf ihr prangt ein berühmter Name: „Arriba, Superieur Edelcacao aus Ecuador“. Doch so vielversprechend das auch klingt, wie viele Schokoladentafeln und Sticks, die in Supermärkten und bei Discountern angeboten werden, hält auch diese nicht, was sie verspricht. Oliver Coppeneur ärgert das:

„Der Name „Arriba“ war zweifellos über viele Jahrzehnte hinweg eine Garantie für einzigartige Qualität“, sagt der Chef der international bekannten Schokoladenmanufaktur Confiserie Coppeneur et Compagnon aus dem Rheinland. „Doch seit zehn Jahren hat der Kakao mit diesem Namen immer weniger mit dem zu tun, wofür er einmal stand. Heute steckt in ihm wahrscheinlich kein einziges Gramm des traditionellen Arriba-Kakaos, sondern eine neue Sorte von geringerer Qualität, die zudem auch noch weniger sorgfältig hergestellt wurde.“

Oliver Coppeneur

Oliver Coppeneur

Coppeneur weiß, wovon er redet. Vor zwanzig Jahre startete der gelernte Confiseur zusammen mit seinem damaligen Kompagnon Georg Bernardini, einem gelernten Konditor, in der kleinen Stadt Bad Honnef im Siebengebirge bei Bonn mit der Herstellung von Pralinen. 2004 folgte dann die Produktion von Schokoladen. Aber inzwischen gilt er in dem kleinen internationalen Zirkel echter Chocolatiers, die noch selber handwerklich von der Kakaobohne ab edelste Schokoladen herstellen, als „The German Guy“. Seine Pralinen und Schokoladen der Marke Coppeneur vertreibt er hauptsächlich über Fachgeschäfte. Der gesamte Herstellungsprozess von der Röstung der Bohne bis zur fertigen Tafel befindet sich unter einem Dach. Heute sind einhundert Mitarbeiter in der Confisserie Coppeneur tätig. Als typischer Mittelständler redet er aber nicht gern über Umsatz- und Gewinnzahlen. Am meisten redet er über gute Schokolade und über sein Credo dafür:

„Schokolade ist kein Grundnahrungsmittel, aber sie hat etwas Mystisches. Der Genuss edler Schokolade erzeugt Gefühle, die weitaus länger erhalten bleiben als die Erinnerung an den Geschmack. Schokolade ist Lebensfreude. Schokolade kann Gefühle erzeugen, an die der Mensch sich weitaus tiefer erinnert als an Ereignisse oder an Namen.“

Auf der Innenseite seiner Verpackungen erzählt Coppeneur Geschichten von der Herkunft seiner Bohnen und der Entstehung seiner Produkte. So schafft er für den Konsumenten Transparenz. Er soll sich mit seinen Schokoladen identifizieren können. Der Unternehmer hadert mit dem aktuellen Etikettenschwindel auf vielen Tafeln. Georg Bernardini, bis 2010 noch Mitgesellschafter von Coppeneur, hat in seinem gerade erschienenen Buch „Der Schokoladentester“ (ein geradezu grandioses Werk) nachgewiesen, dass die Berliner Schokoladenfirma Rausch mehrfach falsch Herkunfts- und Sortenangaben auf ihren Schokoladen angegeben hatte. Inzwischen musste Rausch dies auch eingestehen. Eigentlich ist dies in der Nahrungsmittelproduktion nichts Neues, denn Massenproduktion verleitet immer wieder auch zur Täuschung des Konsumenten.

In den letzten Jahren hat Coppeneur mehrfach die wichtigsten Kakaoanbaugebiete in Südamerika, aber auch in Afrika, bereist. Von einzelnen Plantagen in Ecuador bezieht er immer noch einige seiner besten Kakaosorten. Allerdings konnte er dort auch besonders drastisch den Verfall der Kakaoqualität beobachten. „Anfang des letzten Jahrhunderts stieg in den USA und in Europa der Appetit auf hochwertige Schokoladen stark an“, berichtet Coppeneur. In allen Anbauländern suchten die Einkäufer von Kakao nach Produzenten mit sehr guten Kakaobohnen. In einer abgelegenen Region Ecuadors um die Stadt Vinces in der Region Los Ríos wurden sie fündig. Hier gab es Hunderte von Kakaobauern, die auf kleinen Parzellen exzellente Bohnen produzieren. Traditionell setzten sie dafür die Bohnensorte „Nacional“ ein, welche nur in Ecuador vorkommt. Bis heute sind sich die Wissenschaftler nicht einig, ob es sich hierbei um einen besonders außergewöhnlich hochwertigen Abkömmling der ertragreichen Sorte „Forrastero“ handelt, die als Massenkakao gilt. Oder, ob es eine Verwandtschaft zu den edleren Sorten „Trinitario“ und „Criollo“ gibt. Oder, ob diese auch eine völlig eigenständige Sorte darstellt. Jedenfalls kommt nirgendwo auf der Welt ein Kakao vor, der dem typisch nussigen Aroma der „Nacional“ nahekommt. Welcher Kakaobohnengattung die„Nacional“ auch immer zugeschrieben wird, ihre Qualität ist herausragend. Diese wurde noch gesteigert, indem vor Ort die noch frischen Bohnen einem Fermentierungsprozess unterzogen wurden, wodurch die in den Bohnen enthaltenen Bitterstoffe in Aroma tragende Substanzen umwandelten. Da sich der Begriff „Nacional“ für eine weltweite Vermarktung wenig eignete, übernahmen die Händler in Vinces einfach einen regionalen Ausdruck. Die Bohnen aus dem Gebiet flussaufwärts waren von einer besseren Qualität, als die von flussabwärts. Sie erhielten so den Namen „Arriba“ (spanisch sinngemäß „von oben“). So kam der Edelkakao „Arriba“ in die Welt. Die Verbraucher gewöhnten sich an diesen Namen, und die Produzenten konnten mit ihm bessere Preise erzielen als mit dem üblichen Konsumkakao. Die Sorte „Nacional“ ist jedoch eine sehr sensible Frucht und fordert den Kakaobauern ein hohes Engagement ab. Sie braucht bis zur ersten Ernte fünf Jahre, zudem ist sie nur durchschnittlich ertragreich und wenn es infolge des periodisch auftretenden „El iño“ Phänomens tagelang im tropischen Urwald regnet, wird die Blüte so stark ausgewaschen, dass sogar eine gesamte Ernte ausfallen kann, wie etwa im Frühjahr letzten Jahres.

Schokoladen-BohnenViele Jahre arbeitete der einheimische Biologe und Pflanzenzüchter Castro Hormero in Naranjal an der Lösung dieser Probleme, bis er einen neuen Klon gezüchtet hatte, der mit einem Schlag die Nachteile der „Nacional“ überwand. Dieser wächst schneller, ist ertragreicher und resistenter gegenüber Wetterschwankungen. Er nannte ihn nach den Initialen CCN 51. Diese Bezeichnung kennen aber nur Experten, denn auf dem Markt wurde dieser neue Kakao weiterhin unter dem klingenden Namen „Arriba“ angeboten. Auf den meisten Plantagen in Ecuador wurden die alten Kakaobäume gerodet und der neue Klon angebaut. Die Bauern ernteten ein Vielfaches des bisherigen Ertrages. Exportierte Ecuador vor fünfzehn Jahren 100.000 Tonnen, so sind es heute fast 200.000 Tonnen. Die Bauern freuten sich über ihre gestiegenen Einnahmen, die Schokoladenproduzenten verkauften mehr Edel-Schokoladen als jemals zuvor, und die Verbraucher erhielten ihre „Arriba“ zu moderaten Preisen. Alle waren zufrieden. Allerdings war damit ein Nachteil verbunden, an dessen Publikmachung weder die Bauern, noch die Händler und auch nicht die Produzenten ein Interesse hatten. Dieser Klon verfügt nicht mehr über das unverwechselbar brillante Aromenspektrum der traditionellen „Nacional“. Es ist immer noch guter Kakao, aber kein überragend guter mehr. Auch noch durch eine andere Entwicklung verloren die Kakaobohnen zusätzlich an Qualität. Inzwischen wird ein Großteil der Kakaoernte in Ecuador nicht mehr fermentiert, sondern nach der Ernte einfach direkt getrocknet. Damit wird ein Produktionsschritt übersprungen – und so der Bedarf der großen Kakaokonzerne nach „Edel-Kakao“ noch schneller befriedigt. Der Wechsel der Sorte und das Einsparen von Veredelungsschritten sind für einen Verlust an Kakaoqualität verantwortlich und damit auch an ecuadorianischem Kulturgut

Schokoladen PowerHeute hat die „Arriba“ gar nichts mehr mit der „Arriba“ vor zehn Jahren zu tun. Zwar gehören nur etwa fünf Prozent des gesamten deutschen Kakaoimportes in die Kategorie des Edelkakaos, aber davon wiederum kommen über 50 Prozent aus Ecuador. Die damit verbundenen Gefahren – beispielsweise bei einer Medienkampagne durch Verbraucherschützer-Organisationen – führte zu einem Umdenken in der deutschen Industrie. Ganz im Stillen haben deshalb vor gut einem Jahr einige Produzenten zusammen mit Wissenschaftlern begonnen, mit Hilfe eines Forschungsprojektes  Kriterien herauszufinden, nach denen die ursprüngliche „Arriba“-Bohne von ihrem Klon unterschieden werden kann. Dazu heißt es in dem Forschungsprojekt:

„Dadurch kann die hohe Qualität deutscher Edelkakaoprodukte sichergestellt und gegen die Konkurrenz ausländischer Billigkakaoprodukte geschützt werden.“

In wenigen Monaten sollen dafür die ersten Ergebnisse vorliegen. Allerdings wird dabei der Blickwinkel viel zu sehr eingeengt, denn „Arriba“ aus Ecuador ist nur ein Beispiel für fehlgeleitete Marktmechanismen. Auch in anderen Ländern haben die Anstrengungen für größere Produktionsmengen und die internationalen Preismechanismen zum Betrug am Konsumenten geführt. Wenn die Nachfrage nach einem Nahrungsmittel wie dem Kakao steigt, werden auch Wege zur Produktionssteigerung gefunden, häufig auf Kosten der Qualität. Da die Händler jedoch am längeren Hebel sitzen, können sie die Einkaufspreise gerade wegen höherer Erntemengen gegenüber den Bauern senken. Die Bauern produzieren dann noch mehr, um den Preisverfall auszugleichen, oder um sich in Zeiten steigender Preise ein finanzielles Polster zu verschaffen. Die Hersteller können ihrerseits die gestiegene Nachfrage zu günstigen Preisen befriedigen. Aber die Konsumenten werden nicht über die damit verbundene geringere Qualität informiert. Wenigstens für Ecuador könnte dieser verhängnisvolle Mechanismus bald unterbrochen werden. Jedoch geht es auch in Deutschland nicht ohne einen üblen Beigeschmack ab. Die entsprechenden Forschungsarbeiten dafür, fast 300. 000 €, zahlt nämlich nicht die Industrie sondern das Bundesministerium für Wirtschaft. Erst verkaufen große Produzenten und Handel dem Konsumenten ein falsches Produkt. Und nachdem der Schwindel offenkundig geworden ist, bezahlt der Konsument über seine Steuern auch noch die Korrektur.

Klaus  Leciejewski

 

 




Die Gastro-Highlights des Jahres

Das hat uns 2012 besonders gut in Deutschland gefallen

 

Und wird auch im neuen Jahr Freude machen

 

Hotel Adlon in Berlin: Der mit Abstand beste und schönste Platz im Hotel ist das Restaurant Lorenz Adlon Esszimmer. Erstklassiges Essen (Zander mit Kalbsfuß-Lorbeer-Extrakt) hervorragender Service, vor allem Sommelier Shahab Jalali berät mit animierender Freude und sensibler Individualität. Mit Sicherheit ist das Esszimmer ein Kandidat auf Höchstbewertungen in allen Restaurantführern.

 

Hotel A-Rosa Sylt: Die phantasievollen und optisch hinreißend präsentierten Desserts von Chef-Pâtissier Christian Hümbs im Restaurant La Mer sind Weltklasse. Solch präzise und spannende Kombinationen, die wölkchenleicht und vor allem nicht zu süß ausfallen, kann man kaum sonst irgendwo erleben.

 

Dessert Restaurant La Mer im Hotel A-Rosa Sylt

Manne Pahl Sylt: Wunderbar turbulente Atmosphäre, tolle Weine, gutes und unkompliziertes Essen. So etwas braucht man ganz oft.

 

Hotel Bareiss in Baiersbronn:Das Hotel ist ein kulinarisches Gesamtkunstwerk, vom famosen Frühstück bis zum erstklassigen Gourmet-Restaurant. Wir schätzen die Dorfstuben mit ihrer allerbesten Gasthausküche und den umwerfenden Rouladen ebenso, wie die Haute Cuisine von Claus-Peter Lumpp mit Gänseleber-Variationen, vollendetem Service und punktgenauen Wein-Empfehlungen.

Gänseleber im Bareiss

 

Breidenbacher Hof in Düsseldorf: Das Hotel verbindet Klassik mit modernem Auftritt, die Capella Bar ist unser Lieblingsplatz. Ewald Stromer zählt zu den besten Barkeepern des Landes, das Cocktail-Menü ist besonders zu empfehlen. Jetzt gibt es auch einen eigenen Whisky: Uerige Single Malt.

 

Brenners Park-Hotel Baden-Baden: Das Hotel gehört zu den schönsten Häusern im Lande, wozu besonders der zauberhafte Park und das aufgefrischte Spa beitragen. Wellness vermittelt auch die von Erwin Biezen engagiert geführte Oleander-Bar. Er war einer der ersten, der die Qualität von Deutschlands Extraklasse-Gin Monkey 47 erkannte.

 

Brenners Bar

Hotel Lindenberg in Frankfurt: Kunstvolles und Kindliches finden zu einer fabelhaften Symbiose, die ein amüsant entspanntes Wohlbefinden und Hotelleben schafft. In diesem neuen, in jedem Winkel den Kopf und das Gemüt belebenden Boutique-Hotel, werden Gäste zu Familienmitgliedern, die gemeinsam kochen und frühstücken. Wenn sie denn wollen. Externe Gäste sind beim langen und guten „Frühstücksmittagessen“ am Sonntag in der Küche ebenso willkommen, wie in der einzigartigen Kino-Bar.

 

Hotel Nassauer Hof in Wiesbaden: Die „Ente“ ist zum Überflieger geworden, Küchenchef Michael Kammermeier arbeitet mit seinem Team auf Topniveau. Das Gänseleber-Mango-Krokant-Sandwich möchten wir das nächste Mal nicht nur als Amuse, sondern gerne als Hauptgang. Gut auch, dass es solche, hierzulande vernachlässigten Fleischstücke wie das Onglet gibt. Dazu noch in großartig satter Beef-Reduktion. Der pfiffige Sommelier Sebastian Mac Lachlan Müller ist kein Souffleur des Weinhandels, sondern trifft eine sehr persönliche Auswahl. Beispielsweise mit einem blitzsauberen Riesling Klassisch Franken von May oder superknackfrischen Grünen Veltliner Pfederspiel Steinriegel Riesling von Prager.

 

Kempinski Falkenstein: Die (Ver)Wandlung vom Restaurant Siesmayer mit guter Küche, aber eher beliebigem Konzept, zum Restaurant Landgut war mutig, konsequent und richtig. Das Landgut ist jetzt optisch und geschmacklich besser aufgestellt. Wildgerichte, Rouladen und anderes, was zu einem Landgut passt, werden ausgezeichnet umgesetzt.

Villa Rothschild

 

Villa Rothschild in Königstein: Die märchenhafte historische Residenz der Rothschilds und ihr prächtiger Park streicheln die Seele. Die Küche von Christoph Rainer kitzelt die Sinne mit kulinarischen Pretiosen, die sehr feinfühlig und detailbewusst kombiniert werden. Emphatische Gerichte, wie Iberico-Schwein mit geröstetem Oktopus mit Sauce Bouillabaisse, gefallen uns besonders gut.

 

 

Lohninger in Frankfurt: Mario Lohninger hat mit seinen Restaurants Silk und Micro im Cocoon Club Frankfurt gerockt, die abseitige Lage und die Verbindung mit einem Musikclub erwiesen sich als zunehmend problematisch – beide Lokale sind Geschichte. In seinem eigenen Restaurant, das nur den Familiennamen trägt, kann er sich nun auf seine Kernkompetenz konzentrieren: Allerbeste Österreichküche mit Wiener Schnitzel und Ochsenbackengulasch, gepaart mit Highlights der Haute Cuisine: Black Cod mit geräucherter Consommé.

 

Restaurant Lohninger

Schaumahl in Offenbach: Frankfurts ungeliebter Nachbar gilt dort als verbotene Stadt. Trotz einer ewig währenden Fehde sausen nun ausgerechnet die Frankfurter nach Offenbach, weil sich in dieser Diaspora doch tatsächlich ein sehr gutes Restaurant etabliert hat (das von den Einheimischen nicht leben könnte). Küchenchef Christoph Kubenz bringt ganz entschleunigte und intelligent pointierte Gerichte auf den Tisch: Kaninchen in feiner Kakaosauce; Schweinebacke mit Ingwer-Sauerkraut in Dunkelbiersauce; Entenstopfleber mit Thymiankrokant. Sommelier Pit Punda serviert dazu sehr behände handverlesene Weine.

 

 

Amador in Mannheim: Probleme &Insolvenz haben Juan Amador nicht Kraft & Kreativität rauben können. Ganz im Gegenteil, er kocht wahrscheinlich besser denn je. Königskrabben in duftiger Tomaten-Essenz mit Joselito-Schinken und fermentiertem Knoblauch sind von klarer Eleganz, die Mieral-Taube mit Purple Curry bleibt der Hausklassiker. Das Service-Team ist so gut aufgelegt wie lange nicht mehr. In jeder Krise steckt eine Chance.

Ludwig Fienhold

 

Bild oben rechts: Esszimmer Lorenz Adlon im Hotel Adlon mit Blick aufs Brandenburger Tor




Chinesische Kräutermedizin in der Gourmetküche

Im Peninsula Peking

isst man sich gesund 

 

 

Unter gesunder Ernährung versteht man in China etwas anderes als hierzulande. Jedenfalls nicht Salat und Blasentee. Auch die moderne chinesische Küche verwendet gerne Kräuter, die würzen und heilen helfen.

Unter dem Motto „Besser essen – besser leben“ integrieren die Küchenchefs des Hotels Peninsula Beijing die Kenntnisse der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) in ihre Speisen. Ab sofort können Gäste aus 14 Gerichten wählen, die mit chinesischen Heilkräutern zubereitet werden. Seit Jahrhunderten nutzen Chinesen bei der Zubereitung von Speisen traditionelle Kräuter. Verwendet werden solche, die gut für den Blutkreislauf sind, die dabei helfen, die Nierenfunktion zu verbessern, günstig auf das Nebennierensystem und die Verdauung einwirken, die Aufnahme von Nährstoffen verbessern und entgiftende oder entzündungshemmende Eigenschaften haben.

„Die Nutzung von medizinischen Kräutern in unseren Gerichten ist zur Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens gedacht“, erklärt Chef Wong, Küchenchef des chinesischen Restaurants Huang Ting im Peninsula Beijing. „Genutzt werden Substanzen, die dabei helfen, das Immunsystem zu stärken und die Kräfte Yin und Yang in Balance zu halten. Nahrhaftes und schmackhaftes Essen sind hierfür am Wichtigsten, deshalb steht auch immer das Aroma der Speisen im Vordergrund. Durch nahrhafte Lebensmittel und entsprechende Zubereitung lassen sich köstliche Gerichte kochen, die den Körper stärken und Krankheiten vorbeugen“.

Das neue Kräuter-Menü deckt sieben Kategorien ab: kalte Vorspeisen, Suppen, Fischgerichte, Schwein, Rind, Geflügel und Gemüse. Gäste haben die Wahl zwischen reinen Kräutergerichten und den regulären Gerichten à la carte. Zu den Neuheiten auf der Speisekarte des Huang Ting zählen geschmortes Hühnchen in chinesischem Wein mit Engelwurz und Chuan Qiong. Engelwurz zählt zu jenen Heilkräutern, die das Blut nähren sollen, was besonders für die Gesundheit der Frauen als wichtig erachtet wird. Daher stammt auch sein Beiname „Frauenginseng“. Chuan Qiong (deutsch: Szechuan-Liebstöckel) wird in China seit dem 14. Jahrhundert bei Herzproblemen, Bauch- und Kopfschmerzen eingesetzt.

Ein weiteres Gericht der neuen Karte ist das marinierte He Shou Wu-Kraut mit Datteln und Osmanthus-Duftblüten. He Shou Wu wird aus der mehrblütigen Knöterichwurzel gewonnen und ist eines der bekanntesten und beliebtesten Mittel der TCM. Dem Kraut werden entgiftende und energiefördernde Eigenschaften sowie eine positive Wirkung auf Haar und Zähne zugeschrieben. Auch geschmorte Huai Shan mit Tofusticks und Lotussamen werden erstmals serviert. Huai Shan, deutsch Yamswurzel, wird eine wohltuende Wirkung auf Niere, Lunge und Milz zugesprochen, auch bei niedrigem Blutdruck und Verdauungsproblemen soll die Wurzel hilfreich wirken.

 

Das Restaurant Huang Ting ist täglich von 11.30 bis 14.30 Uhr für Lunch und von 18 bis 22 Uhr für Dinner geöffnet. (Preise: Vorspeisen ab 60 RMB, umgerechnet ca. 8 €; Hauptgerichte ab 120 RMB, umgerechnet ca. 15 €.) Zimmerreservierungen über die gebührenfreie Telefonnummer des Peninsula Global Customer Servicecenters: 00 800 3046 5111 (für Deutschland und die Schweiz) oder unter der Telefonnummer: 00852 – 2926 2888, über Email: reservationgcsc@peninsula.com oder unter www.peninsula.com.

 

 

 




Gastro News Rhein-Main

Schönberger geht

in die Orangerie

 

Daniel Schönberger hat den Höerhof in Idstein verlassen und wechselt in die Orangerie im Kurpark von Bad Homburg. Derzeit arbeitet er noch am neuen Konzept, mit dem er im März starten will. Wie er im Gespräch mit uns erklärte, denkt er dabei grundsätzlich an eine klassische Küche mit modernem Touch und regionalen Bezügen. Mehr als ein Dutzend Positionen sollen nicht auf der Abendkarte stehen, darunter Gerichte aus dem Schmortopf. Die Preise wollen moderat bleiben und sich bei den Hauptgerichten überwiegend unter 30 Euro bewegen.

Der 37 Jahre alte Schönberger kehrt dem Schmuckstück Höerhof den Rücken, weil man ihm nicht genug Mitarbeiter an die Seite stellte, wie er jetzt enttäuscht äußerte. Davor arbeitete er als Küchenchef im Frankfurter Lokal Döpfners im Maingau, wo er mit sehr soliden und ausdrucksvollen klassischen Gerichten überzeugte. Die bekannteste Station seiner Laufbahn war das Restaurant Hessler in Maintal-Dörnigheim.

Daniel Schönberger

Daniel Schönberger

Die Orangerie im Kurpark von Bad Homburg wurde 1844 unter Kurfürst Wilhelm von Hessen erbaut. Sie diente ihm als schützendes Winterquartier für seine Orangenbäume, die er pflanzte um seine Spielschulden zu bezahlen. In den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts entstand daraus nach einem Umbau ein Café. Im Januar 2010 wurde das Café im Kurpark vom Bad Homburger Cateringunternehmen Huber übernommen, das es komplett renovieren ließ. Neben einer Metzgerei, der Urzelle des Unternehmens, betreibt Huber die Gastronomie der Oper Frankfurt, die Panorama-Bar im Schauspiel und das benachbarte Fundus. Der Huber Cateringservice verantwortet vor allem die Bewirtschaftung des Kurhauses und des Schlosses in Bad Homburg. Huber wird noch immer als Familienbetrieb geführt, inzwischen in dritter und vierter Generation – Inhaberin ist Christa von Hesler Wagner.

 

 

Lindenbergs Kino-Bar

Lindenberg mit Kino-Bar

Das neue Hotel Lindenberg im Frankfurter Ostend ist reich an phantasievollen Ideen und originellen Ecken, ein besonders schöner Platz ist die Kino-Bar. Bislang war sie Hausgästen vorbehalten, nun öffnet sie sich dem Publikum. An jedem ersten Donnerstag im Monat können sich alle ab 20 Uhr zu Cocktails einfinden. Am Donnerstag, 7. Februar, will man ab 20 Uhr,  „auf gebrochene Neujahrsvorsätze“ anstoßen. An diesem Abend wird die Kino-Bar getauft – auf den Namen Lucia, „die Erleuchtete“.

 

 

 

Seven Swans wird größer

 

Seven Swans AußenansichtFrankfurts schmalstes Haus ist nicht nur optisch eine kleine Wundertüte, man wundert sich auch immer wieder, wie es Kimberley Unser in ihrer Puppenstubenküche schafft, gleich ein ganzes Menü zu zaubern, und das auch noch gut. Bislang war das Seven Swans ein Potpourri aus Restaurant, Hotel, Bar und Event-Location. Jetzt gibt es wichtige Neuerungen, die jedoch frühestens im März greifen. Das Restaurant Seven Swans wird größer und bekommt als Gastraum noch zusätzlich eine Etage, in der zuvor eine der beiden Suiten untergebracht war. Das schafft zu den bisherigen 14 Plätzen noch einmal 12 zusätzliche. Zudem wandert die Küche zwei Etagen höher und erhält damit auch mehr Platz und Spielraum. Ein neues Highlight für die Restaurantgäste wird die kleine Terrasse mit Domblick sein, auf der vier Personen Platz haben. Dieser Logenplatz war bislang den Suitengästen vorbehalten. Das Seven Swans ist jetzt kein Restaurant mit Betten mehr, was Hotel war, wird als Event-Location genutzt. Wahrscheinlich die richtige Entscheidung, denn das Seven Swans hat als Restaurant eine sehr gute Entwicklung genommen und wird immer beliebter. Das Restaurant Seven Swans wird vom aktuellen Gault Millau erneut mit 15 Punkten bewertet, Küchenchefin Kimberley Unser wurde vom gleichen Gourmet Guide 2012 zur „Entdeckung des Jahres“ gekürt.

LF

 

 

 

 

 

 

 

 




Neues vom Ferran Adrià-Prozess

Horta vs. Adrià
Klage in erster Instanz abgewiesen

 

Die Klage der Familie Horta gegen den spanischen Koch Ferran Adrià wurde in erster Instanz abgewiesen. Beide Kläger, Sergi und Jofre Horta, sind die Erben des „El Bulli“ -Mitbesitzers Miquel Horta. Letzterer war seit 1997 Anteileigner des „El Bulli“. Er hielt 20 Prozent der Anteile. Horta zahlte nach Angaben der Familie auch 85% des Gesellschaftskapitals ein. Dabei investierte er 120.000.000 Pesetas, nach damaligem Kurs etwa 1,4 Millionen DM. Gutachter hatten bestätigt, dass Horta seit Jahren nicht geschäftsfähig ist. Laut der Familie Horta haben Adrià und sein Partner Juli Soler diese Schwäche missbraucht. Die Anteile ihres einstigen Partners kauften sie 2005 für eine Millionen Euro zurück – laut den Klägern liegt dieser Preis weit unter dem eigentlichen Wert.

Familie Horta kündigte an, Rechtsmittel einzulegen.

JZ

 

Unser erster Bericht vom Prozessbeginn im letzten Jahr

Starkoch Ferran Adrià vor Gericht

 

Halb Spanien spricht über den Prozess gegen Ferran Adrià. Während er dort in den Medien sehr präsent ist und heftig diskutiert wird, hat man hierzulande noch keine Kenntnis davon genommen.  Laut einer Meldung des spanischen Radiosenders „Cadena Ser“ müssen Ferràn Adrià und sein Sozius Juli Soler am 7. und 8. November vor Gericht erscheinen. Der Vorwurf: Sie sollen einen psychisch gestörten Geschäftspartner übervorteilt haben.

Die Kläger Sergi und Jofre Horta, ein Architekt und ein Musiker, sind die Erben des „El Bulli“ -Mitbesitzers Miquel Horta. Letzterer war seit 1994 Anteileigner des „El Bulli“. Er hielt 20 Prozent der Anteile.  „Cadena Ser“ erklärt: „Horta war die Schlüsselperson, durch die  El Bulli sein internationales Prestige erworben hat, er finanzierte die Erweiterung der Restaurant-Küche….“ Gutachter haben bestätigt, dass Horta seit Jahren nicht geschäftsfähig ist. Laut der Familie Horta haben Adrià und sein Partner Juli Soler  diese Schwäche missbraucht. Die Anteile ihres einstigen Partners kauften sie 2005 für eine Millionen Euro zurück – laut den Klägern liegt dieser Preis weit unter dem eigentlichen Wert. Die Kläger vermuten auch, dass Adrià und Soler Einnahmen aus zusätzlichen Aktivitäten versteckten, um keine Gewinne an ihren Vater ausbezahlen zu müssen. Ein Prozess könnte durch einen Vergleich der Parteien noch verhindert werden.

Fakt ist: Jeder kann in einen Rechtsstreit verwickelt werden, auch schuldlos.  Wer den Fall Horta versus Adrià auch nur ansatzweise bewerten möchte, sollte jedoch wissen, dass die spanische Justiz anders arbeitet als die deutsche Justiz. Sie muss, um einen spanischen Juristen zu zitieren, „wenig aber effizient“ arbeiten. Deshalb gibt es für solche Fälle eine Reihe von zeitraubenden Vorprüfungen und Vorverfahren.  So hat die Familie Horta bereits 2008 erstritten, dass sie die Buchhaltung des „El Bulli“ einsehen darf. Zum Prozesstermin kam es jetzt auch deshalb, weil gerichtliche und außergerichtliche Einigungsversuche erfolglos verliefen.

Im Fall „Horta vs. Adrià“ geht es um Geld. Dennoch zeigt dieser Rechtsstreit auch, was gegenwärtig in der kulinarischen Szene und in der Berichterstattung über Köche falsch läuft: Die spanische Presse verurteilte zunächst pauschal Hortas Söhne sowie  „die Franzosen“. Tatsächlich hatte „Le Monde“ es gewagt, über den Ausgang eines Vorverfahrens zu berichten und sich damit offenbar der Majestätsbeleidigung schuldig gemacht. Der politische Journalist Arkadi Espada meinte dazu etwa: „Das Problem von Adrià sind natürlich nicht die Erben von Horta, wie „les enfants de la patrie“ so pathetisch glauben.“ (Anmerkung: Die frz. Nationalhymne beginnt mit den Worten „Allons, enfants de la patrie“, gehen wir, Kinder des Vaterlande). Xavier Agullò, Restaurantkritiker von El Mundo, kommentierte den Rechtsstreit und die spärliche Berichterstattung als „Kampf der Länder“. Es klang fast, als wären bösartige Geheimagenten aus dem Norden eingedrungen um auf der iberischen Halbinsel Rechtsmittel gegen bekannte Köche zu ergreifen. Wichtig schien den Autoren auch, dass Miquel Hortas Ehefrau Nitsa Antoniou, „griechisch-zypriotischer Herkunft“ ist.

Familie Horta musste sich als Neider und Trittbrettfahrer beschimpfen lassen. Nun ist Miquel Horta in Katalanien kein Unbekannter, sondern eine regionale Symbolfigur:  Er leitete das Spielzeug-Imperiums Nenuco, war ein persönlicher Freund des Schriftstellers Vázquez Montalbán, setzte sich für regionales Liedgut ein, agierte als Mäzen und verlegte Bücher. Oft waren es Werke von der unbequemen Sorte, die herkömmliche Verlage nicht angefasst hätten. An mehr als einem Jahrzehnt leidet Miquel Horta an einer schweren bipolaren Störung. An vielen Tagen ist er kaum ansprechbar. Er finanzierte nicht nur eine neue Küche, sondern zahlte nach Angaben der Familie auch  85% des Gesellschaftskapitals ein. Dabei investierte er 120.000.000 Pesetas, nach damaligem Kurs etwa 1,4 Millionen DM. Horta war jahrelang kein stiller Teilhaber, er mobilisierte sein Netzwerk aus Kunst, Kultur und Prominenten für das Restaurant. Branchenexperten schätzten die Marke „„El Bulli“ heute mal auf 45 Millionen, mal auf einen Wert zwischen 90 und 120 Millionen Euro. Einige sprechen sogar von 200 Millionen Euro.

Die Krankheit Miquel Hortas wurde von keinem der Kritiker abgestritten. Wegen ein paar simplen Millionen gerichtlich gegen einen bekannten Küchenmeister vorzugehen, das erschien vielen Autoren jedoch als kleinlich bis bösartig oder, siehe oben, als Komplott finsterer Mächte, die natürlich im Ausland anzusiedeln sind. Restaurantkritiker und Freunde des Kochs wurden in nationalen Medien plötzlich zu Rechtsexperten. Außerhalb von Spanien und Frankreich berichtete kaum jemand über den Fall. Selbst politische Journalisten kolportierten hinter vorgehaltener Hand, dass die spanische Justiz nie gegen einen so bekannten Koch wie Adrià ermitteln würde. Doch diese ist nicht so leicht zu beeinflussen, wie mancher Chronist es gerne hätte: Iñaki Urdangarin, der Schwiegersohn von König Juan Carlos, steht derzeit wegen seiner Verwicklung in einen Finanzskandal vor Gericht.

Den Fall „Horta vs Adrià“  wird das Gericht klären müssen. Die Darstellung des Falles in der Presse und ihre Kommentierung durch Restaurantkritiker jedoch ist besorgniserregend: Sie haben Spitzenköche in den letzten Jahren zu Idolen in allen Lebensbereichen stilisiert, haben ihnen Privilegien eingeräumt, von denen Künstler, Sportler oder Politiker nur träumen können. Doch vielleicht werden einige dieser Lichtgestalten bald von den eigenen Schatten eingeholt.

Jörg Zipprick

 




Mamuschka: Deutschlands älteste Köchin mit 99 gestorben

In Memoriam Mamuschka

 

Marianne „Mamuschka“ Kowalew, Deutschlands älteste Köchin, ist kurz vor ihrem 100. Geburtstag im Kreis ihrer Familie in Frankfurt gestorben. Wir erinnern uns an eine ungewöhnliche, lebensintensive und wunderbar eigenwillige Frau, die den dramatischen Auftritt beherrschte, als sei alles eine große Bühne. Der letzte Vorhang ist gefallen, doch wir werden Mamuschka noch lange vor unserem geistigen Auge kochen, tanzen, weinen und lachen sehen.

Die Beerdigung findet am 18. Januar um 9 Uhr auf dem Frankfurter Hauptfriedhof statt.  Niemand soll in Schwarz erscheinen, sondern ein rosafarbenes Accessoire tragen, wünschte sich die fast 100jährige zum Abschied.

Der nachfolgende Artikel erschien in unserem Magazin im letzten Jahr, als Mamuschka/Mamutschka ihren 99. Geburtstag feierte.

 

Im Kellerlokal Scarlet Pimpernel traf sich viel Prominenz 

 

„Eesst Kiiindärchen eesst!“ Ihr Schlachtruf ist Legende, jetzt feierte Mamuschka ihren 99. Geburtstag und ist damit die wahrscheinlich älteste Köchin der Welt. Das Frankfurter Kellerlokal Scarlet Pimpernel in der kleinen Krögerstraße unweit des Eschenheimer Turms hat Küchengeschichte geschrieben und war das Wohnzimmer vieler Prominenter und Lebenshungriger. Die Rolling Stones und die Eagles schlemmten dort, Ray Charles, Elton John, Joe Cocker, Deep Purple, die Beach Boys, Ella Fitzgerald und der junge Michael Jackson. Sie alle schätzten das Private und Verschwiegene dieser wie kostbare Konterbande gehandelten Geheimadresse.

Mamuschka mit Esther Ofarim

Mamuschka mit Esther Ofarim

Im Scarlet Pimpernel sah man stets viele Künstler – bekannte und brotlose, die sich an den Gargantua-Portionen zu sozialen Preisen satt essen konnten. Auch Rainer Werner Fassbinder und seine Schauspieltruppe kamen gerne noch zu später Stunde. Andreas Baader attestierte Mamuschka gute Tischmanieren, wobei sie nie verstand, wie aus einem so braven Jungen ein Terrorist werden konnte. Für Mamuschka waren alle Gäste gleich und ihre „Kiiindärchen“. Einen Lieblingsgast hatte sie aber doch: Harry Belafonte. Wegen seiner noblen, bescheidenen Art und seines umwerfend guten Aussehens. Viele Stars kamen im Schlepptau der Konzertveranstalter Fritz Rau, Marek Lieberberg und Marcel Avram, die wahrhaftig einen Narren an Mamuschka gefressen hatten und deren Schützlinge bei ihr sicher vor Paparazzi und anderen aufdringlichen Menschen sein konnten. Wer ins Scarlet Pimpernel kam, genoss den Schutz der Matriarchin. Niemand getraute sich auch auch nur über Umwege nach Autogrammen zu fragen. Zudem glaubte jeder, der hier Gast war, selbst ein Prominenter zu sein.

Als Marianne „Mamuschka“ Kowalew das Kellerlokal unter ihrem Wohnung am 1. November 1969 eröffnete, brannten im Kachelofen Holz und Briketts. Die schlichte Einrichtung war aus Schwartenbrettern zusammengenagelt, das Mobiliar wurde aus einer alten Mühle und einem verfallenem Bauernhof zusammengetragen. Große Kerzenleuchter und eine rot schimmernde Beleuchtung  sorgten für eine warme  stimmungsvolle Atmosphäre. Zentrum war die große offene Küche mittendrin, in der mit Feuer und Flamme die temperamentvolle Mamuschka in den wuchtigen Töpfen rührte und die Pfannen zischen ließ. „Nehmt, fresst, vermehrt euch und seid glücklich“. Mamuschka war ebenso originell und eigenweillig, wie die meisten ihrer Gäste, das schaffte eine besondere und homogene Atmosphäre. Erkennungszeichen waren ihre teilweise aberwitzigen Turbane, mal schick, mal mit Bananen bestückt. Mamuschka liebte alles, was glitzerte, raschelte und bei Bewegungen irgendwie Musik machte. Sie war eine unglaubliche Melange aus Gräfin Mariza und operettenhafter Zigeunerbraut. Wild und ungestüm und doch auch oft feinfühlig im Umgang mit anderen.

Mamuschka

Mamuschka

Die ihrem Sternzeichen Wassermann zugeschriebenen Eigenschaften wie Freiheitsliebe und Dynamik waren bei der polnischen Exzentrikerin besonders ausgeprägt. Marianne Kowalew wuchs in armen Verhältnissen im polnisch sprachigen Wilna in Litauen an der Grenze zu Weißrussland auf, türmte mit 17 von Zuhause, verliebte sich in den Spross einer reichen Industriellenfamilie aus Wilna, flüchtete Ende des Zweiten Weltkriegs nach Frankfurt, wo sie von der Gestapo verhaftet wurde. Nach der Geburt ihres einzigen Sohnes Peter früh Witwe geworden, eröffnete sie 1955 gemeinsam mit ihrem damaligen Lebenspartner ihr erstes Lokal in Frankfurt, die Gräfin Mariza. Es ist die Zeit des deutschen Wirtschaftswunders, Frankfurt wird mit der Luxusdirne Rosemarie Nitribitt Symbol des Aufschwungs und seiner Abgründe. Auch bei Mamuschka geht es turbulent zu, sie und ihr Liebhaber verspielen ihr gesamtes Vermögen. Ende der sechziger Jahre eröffnet sie dann mit ihrem Sohn Peter das Scarlet Pimpernel in der Krögerstraße 7.

Nie hat Mamuschka nach Rezepten oder den Wünschen anderer gekocht, sondern ließ sich nur von der eigenen Inspiration treiben. Ihr Herd erschien wie ein Schrein, um den sich die Gemeinde versammelte. Man futterte wie bei Muttern in ungehemmter Atmosphäre – meist zu viel. Damals wurde mehr Wodka als Wein getrunken – die Gäste wollten dass üppige Essen und natürlich auch ein wenig sich selbst auflockern. Es waren Gelage mit Wildschwein- und Hirschkeulen, die im Ganzen im Ofen gebacken wurden. Es wurde alles gleich am Herd aufgeschnitten und auf die Teller gepackt. Mit viel, viel guter fetter Soße  und prallen „Kneedeln“. Gefüllter Fasan, Karpfen und Borschtsch galten als Spezialitäten, Gulasch und Hackbraten waren noch beliebter. Einer der auf Borschtsch abonnierten Stammgäste war Franz Keller, streitbarer Gastronom und badische Winzerlegende vom Kaiserstuhl.

Mamuschka in ihrem Kellerlokal 2010

Mamuschka in ihrem Kellerlokal 2010

Eine Speisekarte gab es nicht, es wurde das gegessen, was auf den Tisch kam. Beim stattlichen Gutsherrenbuffet gab es kein Limit, die Gäste durften zulangen, so oft sie wollten und konnten. Für einen Pauschalpreis von 45 DM, inklusive Wodka und Kuchen, den man sich meist mit nach Hause nahm, weil der Magen wegen Überfüllung geschlossen hatte. Mamuschka kochte ihre polnisch-russischen Gerichte stets allein und besaß auch keinen Küchenhelfer in Gestalt einer Spülmaschine. Als alle Gäste gegangen waren, schleppte sie Geschirr und Bestecke wieder in ihre Wohnung zurück. Der Lokalname Scarlet Pimpernel basiert auf dem von den Kowalews geliebten Mantel- und Degen-Roman der ungarisch-englischen Baroness  Emmuska Orczy. Erkennungszeichen des Buchhelden ist die scharlachrote blühende Wildblume Scarlet Pimpernel – die auch eine Heilpflanze ist, „welche bei Melancholie und allgemeiner Verrücktheit helfen soll“.

Peter Kowalew, Architekt, Gastronom und Hobbykoch, baute den im Jahre 2002 abgebrannten Keller zu einem gemütlichen Gewölbe mit warmen Sandsteinmauern um. Das neue Konzept heißt seitdem: Rent your own Restaurant. Hier kann jeder selbst zum Gastronomen werden und seine Gäste mit eigenen Speisen und Getränken bewirten, Platz ist für gut 60 Personen. Es lassen sich aber auch ein Koch und Servicepersonal anheuern, Mamuschkas Enkel Alexej ist in ihre Fußstapfen getreten. Peter Kowalew, der Anfang der achtziger Jahre mit seinem Le Caveau am Deutschherrnufer 29 ein Sterne-Restaurant betrieb (Wildhasenrückenroulade mit Pumpernickelsauce), setzt nach wie vor auf Qualität. Das zeigt sich schon bei seinem Fassbier, dem erstklassigen, ungespundeten und hefetrüben Kellerbier von St. Georgen Bräu  (1624 gegründet) aus dem fränkischen Buttenheim. Der hausgemachte ungeschwefelte Apfelwein wird aus den eigenen Gärten am Goetheturm gewonnen. Als Ausschankwein gibt es nicht irgendeinen Tropfen, sondern einen weißen Châteauneuf-du-Pape von Mont-Redon.Mamuschkas Scarlet Pimpernel

Bei ihrem 90. Geburtstag tanzte Mamuschka barfuß durchs Lokal. Auch zur Buchmesse 2010 stand sie noch für ihre Gäste im Kellerlokal.  „Ich bin nicht verrückt, aber extravagant“, sagte sie oft. Und genau so hieß auch das damals erschienene Buch von Halldór Gudmundsson über sie, mit dem Untertitel „Mamuschkas Lebensrezepte“. Mamuschka hat zwar so etwas wie Heesters-Gene, doch bei ihrer Geburtstagsfeier zum 99. musste sie nicht selbst am Herd stehen. Franz Keller junior von der Adlerwirtschaft in Hattenheim im Rheingau half als Freund der Familie mit einem Menü aus. Mamuschkas Enkel Alexej Kowalew geht dort in die Lehre.

Ludwig Fienhold

 

Scarlet Pimpernel, Frankfurt, Krögerstraße 7, Tel. 069 61 41 81.  www.scarlet-pimpernel-club.com

 

Todesanzeige Mamutschka

 

 

 




And the Winner is…

Ergebnis unseres Preisausschreibens

 

 

Wir bedanken uns für die lebhafte Teilnahme an unserem Preisausschreiben vom November letzten Jahres. Wir gratulieren ganz herzlich Stefanie von Lieven aus Frankfurt zum Gourmet-Preis: Eine Übernachtung in einer Juniorsuite im Kronenschlösschen in Hattenheim im Rheingau inklusive Frühstücksbuffet sowie Dinner im Restaurant mit begleitenden Weinen aus dem Rheingau, Mineralwasser und Kaffee. Der Preis gilt für zwei Personen.

Die richtigen Antworten waren:  Patrik Kimpel, Thomas Bühner, Kai Schattner

 

Kronenschlösschen

Kronenschlösschen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Restaurant Kronenschlösschen

Restaurant Kronenschlösschen