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Gault Millau 2013 Deutschland Christian Jürgens ist Koch des Jahres

Aufstieg für Claus-Peter Lumpp

Kritik an den Krauts und grünen Flausen

 

 

Christian Jürgens vom Althoff-Hotel Überfahrt am Tegernsee wird vom Gault & Millau Deutschland 2013 zum Koch des Jahres gekürt.  19 Punkte für Claus-Peter Lumpp aus Baiersbronn. Watsch’n für genussarme Modeköche. Heftige Kritik an aktuellen Trends: geheuchelte Regionalität, grüne Desserts und minimalistische Speisekarten

„Regionalität gilt zwar als Mega-Trend, aber die Köche, die sich dem Thema wirklich mit viel eigenem Engagement widmen, bilden eine kleine Minderheit. Allzu oft bleibt es beim Lippenbekenntnis zur Heimat. Man setzt ein, zwei regionale Alibi-Produkte auf die Karte und ordert per Telefon bei geschäftstüchtigen Großhändlern, die allen Köchen die gleichen „Neuheiten“ andrehen. Das Ergebnis: Von Sylt bis Garmisch bekommt der Gast austauschbare Produkte und uniforme Geschmackserlebnisse.“ Das beklagt der aktuelle Gourmet Guide Gault & Millau Deutschland, der gerade in München im BMW-Turm vorgestellt wird.

Seehotel Überfahrt

Ausführlich beschäftigen sich die Restaurantkritiker in der 30. Ausgabe ihres Guides auch mit anderen aktuellen Trends. Sie kritisieren die Hinwendung zu Kraut und Gemüse im Dessert und geben zu bedenken, „dass bei dieser von der nordischen Küche inspirierten und hierzulande in deutscher Gründlichkeit nachvollzogenen Huldigung der Rohkost übersehen wird: Wenn das Hirn bereits deutliche Sättigungssignale sendet und der Gaumen durch das Wechselspiel unterschiedlicher Aromen ermattet ist, hat nur eine Geschmacksrichtung noch eine echte Chance, weil sie ganz anders ist: das Süße.“

Ausdrücklich begrüßt der Guide das wachsende Interesse „an Küchenstilen aus Fernost, die unsere Esskultur in Zukunft nachhaltig prägen werden“ und „zu verschlankten, fokussierten Weinkarten mit klarem Profil“. Scharf kritisiert er „den Trend zur minimalistischen Speisekarte, die den Gast entmündigen will“ und „die zunehmende Phantasielosigkeit in deutschen Küchen: Unter dem selbst auferlegten Druck, ständig neue kreative Gerichte zu produzieren, entdeckten viele Köche das Internet als Inspirationsquelle. Man kopiert gedanken- und beziehungslos jede gute Idee, die dadurch ganz schnell zur modischen Albernheit degeneriert wird.“

Zum Koch des Jahres wird der „Weltoffenheit vorbildlich mit Heimischem verschmelzende“ Christian Jürgens vom Seehotel Überfahrt in Rottach-Egern am Tegernsee gekürt. Der 44-jährige Metzgersohn, der auch durch eine außergewöhnliche Ästhetik des Anrichtens beeindruckt, „huldigt mit Intelligenz und Ironie dem Produkt und lebt vor, wie man das Flair der Landschaft in einen Küchenstil auf der Höhe der Zeit umsetzen kann, fern jeder Volkstümelei“.  Für Gerichte wie seine ganz urig auf einem Stück Rinde servierte „Schweinerei“; eine mit Blutwurstmousse gefüllte Zucchiniblüte und eine mit geräuchertem Schweinebauch gefüllte Kartoffel, akzentuiert von süß-säuerlichen Zwiebelaromen; sein „Zarenfrühstück am See“ in einer Art Glasteller mit doppeltem Boden (oben russisch mit Kaviar, Crême fraîche, Zwiebeln und Borschtsch-Gelee; unten à la Tegernsee mit geräuchertem Saibling, Gurkensüppchen und verfremdetem Wachtelei) oder sein „Gartenfest“ mit 14 verschiedenen Gemüse-Miniaturen erhält er 19 von 20 möglichen Punkten.

Eine höhere Bewertung als der passionierte Skifahrer und Jogger Jürgens haben in dem nach dem französischen Schulnotensystem urteilenden Guide nur 4 deutsche Köche, die ihre 19,5 Punkte aus dem Vorjahr verteidigen: Harald Wohlfahrt von der Schwarzwaldstube in Tonbach dank „der unglaublichen Geschmacksintensität seiner Küche und des schon 32 Jahre währenden Kunststücks, sich und seine Küche immer wieder neu zu erfinden“; Joachim Wissler vom Vendôme in Bergisch Gladbach, dessen „experimentelle High-End-Küche neue Trends setzt und demonstriert, dass man auch mit hochklassigen heimischen Viktualien statt international gängiger Luxusprodukte in der Champions-League mithalten kann“;

Klaus Erfort vom GästeHaus in Saarbrücken, der „den Produkten das Maximum an Wohlgeschmack entlockt, die Aromen förmlich herauskitzelt und die Geschmackspapillen in einen Freudentaumel versetzt“; Helmut Thieltges vom Waldhotel Sonnora in Dreis bei Wittlich (Südeifel), „der klassisch französische Tradition mit moderner Leichtigkeit und komplexer Aromatik verbindet und in seinen nie spektakulären, aber stets makellosen Kompositionen schönste Akkorde erklingen lässt“.

Claus-Peter Lumpp (l.) und Wolfram Siebeck

In die Phalanx der mit 19 Punkten bewerteten Küchenchefs steigt Claus-Peter Lumpp vom Restaurant Bareiss in Baiersbronn auf. Aus der Begründung: „Mit neu erwachtem Selbstbewusstsein zeigt er deutliche Ansätze zu eigener Interpretation seines nach wie vor französisch-mediterran inspirierten Küchenstils. Die dekorative, tellerüberfüllende Verspieltheit scheint passé, seine für unseren Geschmack immer noch zu große Leistungsschau ist nun aber stimmig auf das Hauptprodukt bezogen“. Dieselbe Note bekommen wieder

Tim Raue vom gleichnamigen Restaurant in Berlin, „bei dessen sorgsam orchestrierten Zusammenspiel von Gewürzen und Aromen aus China, Japan und Thailand sich süße, saure, scharfe und salzige Noten gegenseitig in Schach halten wie in Fernost üblich“.

Thomas Bühner vom La Vie in Osnabrück, „auf dessen Tellern ein dekoratives Durcheinander herrscht, das ein wenig willkürlich wirkt, aber ganz genau kalkuliert ist und jeden Bissen zur sinnlichen Offenbarung steigert“;

Hans Stefan Steinheuer von Steinheuers Restaurant zur alten Post in Bad Neuenahr, der „eine untrügliche Witterung für alles hat, was in der Luft liegt. Er läuft keinem Trend hinterher, sondern greift ihn sich, wenn er vorüberzieht. Derzeit ist es das Hoch auf die Heimat, das Zurück zur Natur“;

Nils Henkel vom Schloss Lerbach in Bergisch Gladbach, der „seine Bestimmung derzeit im ‚pur nature‘ genannten Küchenstil sieht: Hinwendung zu Kräutern, Gemüse und Gewürzaromen aus der Region in höchster Vollendung“;

Heinz Winkler von der Residenz Heinz Winkler im oberbayerischen Aschau, bei dem „jeder Teller zu einem in sich geschlossenen Geschmacksuniversum wird“;

Christian Bau vom Schloss Berg im saarländischen Perl-Nennig, dessen „überperfektionierte Teller meist wie nach Lehrbuch auf dem Reißbrett entworfen und daher oft seelenlos wirken, aber stets höchst kreativ und makellos zubereitet sind“.

Von 19,5 auf 19 Punkte fällt Sven Elverfeld vom Aqua in Wolfsburg, weil er „zu viele Gerichte kreiert, die mehr auf den Wow-Effekt als auf die langanhaltende Genussbefriedigung ausgerichtet sind und mehr Ideenreichtum als Geschmacksfülle bieten“. Dies Verdikt trifft auch andere Modeköche.

Denis Feix

Auf 18 Punkte steigern sich Denis Feix vom Il Giardino im bayerischen Bad Griesbach, der „in begeisternder Leichtigkeit gekonnt Kontraste nutzt“, Christoph Rüffer vom Haerlin in Hamburg, der „dann am besten zur Geltung kommt, wenn anderen beim beschränkten Angebot die Ideen ausgehen: im Winter“, Christian Scharrer vom Buddenbrooks in Lübeck, „der die klassische Küche durch seine modernen Interpretationen glänzen lässt“, Peter Maria Schnurr vom Falco in Leipzig, „in dessen Menüs unablässig Aromenwelten und Texturen, Formen und Farben wechseln“, und Ronny Siewert vom Friedrich Franz in Bad Doberan-Heiligendamm, der „in kontrastreichen Kreationen ein Feuerwerk filigraner Aromenkunst zündet“.

Insgesamt erkochen 27 Köche 18 Punkte, die für „höchste Kreativität und bestmögliche Zubereitung” stehen; 19 und 19,5 Punkte bedeuten Weltklasse. Von den 115 deutschen Topköchen, die 18 bis 19,5 Punkte bekamen, stehen 24 in Baden-Württemberg, 18 in NRW, 12 in Berlin und je 11 in Bayern und Schleswig-Holstein am Herd.

17 Punkte erreichen erstmals 9 Köche: Jens Fischer vom Freundstück in Deidesheim („saftiges Milchlamm orientalisch interpretiert mit Kurkuma, Kichererbsen, Kopfsalat, Aubergine und Limonenjus“), Norman Fischer vom La Terrasse in Bremen („Zanderfilet mit gepfeffertem Kalbsjus, pfiffiger Sauerkrautcreme und weißen Weintrauben“), Sebastian Frank vom Horváth in Berlin („gebratene Entenstopfleber mit Schafsjoghurt, säuerlichen Gurken, Senfmayonnaise und Liebstöckel“), Sonja Frühsammer vom Frühsammers in Berlin („kunstvolle und einfallsreiche Arrangements aus Salaten, Gemüse und kleinen Pilzen“), Axel Krause von der Oberländer Weinstube in Karlsruhe („Hummer auf Passionsfruchtmus mit Erbsen und glasierten Karotten“), David Mottl vom Marco Polo in Wilhelmshaven („Brathähnchen-Creme mit Bratkartoffel-Gelee, Rückenstückchen, knuspriger Haut und Hähnchenlebercreme“), Sebastian Prüßmann von der Villa Hammerschmiede in Pfinztal bei Karlsruhe („Heilbutt mit schmelzender Gänseleber, Kartoffel-Risotto in Nussbutterschaum und purem Rahmspinat“), Jens Rittmeyer vom Kai 3 in Hörnum/Sylt („schön angerichteter ‚Waldspaziergang‘ mit Steinpilz-Eis, Pfifferlingen, wilden Kräutern und Beeren“) sowie Benjamin Unger vom St. Andreas in Aue/Erzgebirge („Hummer mit Guave, Papayasalsa und Vanille“).

Sarah Henke

Weil sie „Fernöstliches in hierzulande seltener handwerklicher und geschmacklicher Perfektion“ bietet, wird die gebürtige Südkoreanerin Sarah Henke vom Spices in List auf Sylt Aufsteiger des Jahres. Für Gerichte wie ihr „Duett aus gebratener Meeräsche und gegrilltem Pulpo auf Spinat-Sesamgemüse und Algensalat mit Rauchtee-Fond und Nashi-Birnen-Püree“ bekommt sie 16 Punkte. Den aus London nach Deutschland heimgekehrten, „herrlich unangestrengt, manchmal spielerisch, aber stets durchdacht kochenden“ Oliver Röder, 28, aus Bembergs Häuschen in Euskirchen (Eifel) stellen die Tester als Entdeckung des Jahres vor. Er fiel durch Gerichte „wie ‚Herrengedeck‘ (Ochsenschwanzsuppe im Cognacschwenker, daneben eine Art gläserner Aschenbecher mit Asche aus Äpfeln und einer Zigarre aus in Teig gerollten, unglaublich saftigen Ochsenschwanzstücken) oder Schwarzfederhuhn mit Speck, süßem Selleriepüree, knackfrischem Apfel sowie Salbei als Würzblätter und Sorbet“.

 

Außer dem Koch, dem Aufsteiger und der Entdeckung des Jahres zeichnet der Guide noch weitere kulinarische und gastronomische Leistungen aus:

Oberkellner des Jahres: Antje Kirsch vom Caroussel in Dresden,

Sommelier des Jahres: Thomas Sommer vom Schloss Lerbach in Bergisch Gladbach bei Köln,

Restaurateur des Jahres: Michael Käfer, der vom Bundestag in Berlin über das Oktoberfest bis in

die BMW Welt von München gastronomisch engagiert ist,

Menü des Jahres: Josef Bauer vom Landgasthof Adler in Rosenberg (Württemberg),

Pâtissier des Jahres: René Frank vom La vie in Osnabrück,

Kochschule des Jahres: Ingo Holland vom Alten Gewürzamt in Klingenberg am Main.

 

Spices Sylt

858 Restaurants ausgezeichnet, darunter 91 in den neuen Bundesländern

Insgesamt bewertet der alljährlich wegen seiner strengen Urteile und deren zuweilen sarkastischer Begründung von den Köchen gefürchtete, von den Gourmets mit Spannung erwartete Gault Millau in seiner neuen Ausgabe 1040 Restaurants. Die 26 Tester, die stets anonym auftreten und dieses Jahr 276.700 € Spesen machten, verleihen 858 Luxuslokalen und Landgasthöfen, Bistros und Hotelrestaurants die begehrten Kochmützen. Dazu müssen die Köche mindestens 13 von 20 Punkten erreichen, was einem Michelin-Stern nahe kommt.

Das schaffen auch 91 Küchenchefs in den neuen Bundesländern. An ihrer Spitze stehen mit 18 Punkten Peter Maria Schnurr vom Falco in Leipzig, Dirk Schröer vom Caroussel in Dresden und Ronny Siewert vom Friedrich Franz in Bad Doberan-Heiligendamm.Ihnen folgen mit 17 Punkten Marcello Fabbri vom Restaurant Anna Amalia in Weimar,Benedikt Faust vom Berliner Salson in Göhren auf Rügen, Tillmann Hahn vom Butt in Rostock-Warnemünde,Oliver Heilmeyer vom 17fuffzig in Burg (Spreewald),Stefan Hermann vom Bean & Beluga in Dresden, Detlef Schlegel vom Stadtpfeifer in Leipzig sowie Benjamin Unger vom St. Andreas in Aue.

Oliver Roeder

Da auch die Welt der Gourmandise im ständigen Wandel ist und die Plätze im Feinschmeckerparadies immer wieder neu gerührt und erkocht werden, serviert der Gault&Millau im Vergleich zur Vorjahrsausgabe 106 langweilig gewordene Restaurants ab und nimmt 89 inspirierte Küchen neu oder wieder auf. Je 124 Köche werden höher oder niedriger als im letzten Guide bewertet.

Ferner beschreibt und klassifiziert der im Münchner Christian Verlag erscheinende Reiseführer für Genießer (808 Seiten, 29.95 €) 350 Hotels. Auf der Burg Schwarzenstein in Geisenheim am Rhein kürte er den gläsernen Rauchsalon zur Cigar Lounge des Jahres. Als zusätzliches Schmankerl bietet der Guide auf 50 Seiten Restaurants und Hotels in Südtirol.

 

Die Bestenliste auf einen Blick mit einem Klick

Gault & Millau Bestenliste 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Haute Cuisine im Frischeparadies

Spitzenköche zu Gast im Markt

Das Bistro hat immer Zulauf

 

Im Frischeparadies in Frankfurt-Griesheim ist es oft sehr lebendig, doch diesmal war die Stimmung besonders fidel. Während sonst Köche und Gäste getrennt sind, wurde hier der ganze Markt ein einziges großes Restaurant, bei dem sie alle beim Essen zusammenfanden.

Zwischen Weinregalen und Fischkühltheken servierten live an ihren Stationen Topköche aus der Rhein-Main-Region schönste Delikatessen: Michael Kammermeier (Ente im Nassauer Hof in Wiesbaden), Thomas Macyszyn (Navette im Columbia Hotel in Rüsselsheim), André Großfeld (Leib & Seele in Friedberg), Patrik Kimpel  (Kronenschlösschen Hattenheim im Rheingau), Carmelo Greco vom gleichnamigen Restaurant in Frankfurt musste sein Team schicken, das für das Dessert sorgte. Über diesen Tag hinaus ist das Frischeparadies durch sein amüsantes Bistro aber immer ein beliebtes Zeil bei allen, die den Markteinkauf mit einem leckeren Happen und einem guten Glas Wein verbinden wollen.

Michael Kammermeier (l.) und Michael Macyszyn

Wenn man bedenkt, dass die Köche ihre bestens ausgestatteten Küchen gewissermaßen gegen Campingkocher austauschen mussten, ist die Leistung noch mehr zu loben. Patrik Kimpels Seezunge mit Ochsenschwanzravioli war ebenso ausgezeichnet, wie André Großfelds Black Cod mit Lardo und Perlgraupen. Die Maisente von Michael Kammermeier hatte Format und schmeckte sogar am Schluss noch kalt noch hervorragend. Besonders raffiniert fiel die Foie Gras mit Aal, Melone und Misocreme von Thomas Macyszyn aus. Sommelier Kai Schattner und das Frischeparadies-Team kredenzten dazu mit Schwung ausgesuchte Weine, unter anderem von Battenfeld-Spanier und dem großartigen Aufsteiger des Jahres vom Gault Millau Wein-Guide, dem Gut Hermannsberg. Für 129 Euro gab es jedenfalls viel Gutes.

Das Frischeparadies in Griesheim ist vor allem Gastronomen als erstklassige Einkaufsadresse bekannt, dabei steht sie jedoch jedermann offen. Dort befindet sich auch ein amüsantes und gutes Bistro. Kein wirkliches Lokal, sondern eine Theke inmitten eines Topladens mit frischem Fisch und Meeresfrüchten, handverlesenen Weinen und anderen interessanten Produkten. Man kann beste Rohstoffe und Erzeugnisse kaufen, Fleisch, Wurst, Käse, Geflügel, Pasta, Brot, Gemüse, Gewürze.

Krönen lässt sich der Einkauf mit einem Besuch im Bistro, das nur mittags geöffnet hat. Das hat keinen Schick, aber Charme und Charakter. Man tafelt wie in einer Markthalle. Die 15 Sitze an der Theke und die vier Hockerplätze daneben sind schnell besetzt, vor allem freitags und samstags brummt der Laden, muss man reservieren. An der Frischetheke gibt es Steinbutt, Wolfsbarsch, Seezunge, Dorade, Kabeljau und 70 weitere Fische und Meeresfrüchte, die man sich aussuchen und an Ort und Stelle zubereiten lassen kann. Es existieren nur wenige Plätze, wo man gleich einen ganzen Steinbutt bekommt, dessen Fang keine 30 Stunden zurückliegt. Man muss zum Einkaufspreis 12 € Zubereitungzuschlag bezahlen. Jürgen Mahlmann werkelt in seiner offenen Küche vor den Augen der Gäste. Er behandelt den Fisch puristisch, kocht und würzt beherzt. Seine Bouillabaisse schmeckt etwas anders als die gewohnte und wird mit Safran, Fenchel, Karotten, Tomaten, Zwiebeln und Knoblauch gehaltvoll fast schon wie ein Eintopf zubereitet. Gut sind auch die Pastagerichte, vorzugsweise mit Meeresfrüchten. Schon beim ausgezeichneten Oliven- und Walnussbrot mit Olivenöl und Fleur de Sel merkt man den Willen zur Qualität. Die Preise erscheinen moderat, ein stattlicher Fischgrillteller kostet 16,90 Euro, der halbe Hummer wird gerade einmal mit 13,90 Euro berechnet. Probiert haben sollte man auch das Rinderhacksteak. Auf der Schiefertafel stehen täglich eine Handvoll neue Gerichte, Fisch ist immer dabei.

André Großfeld

Für das Frischeparadies arbeitet mit Kai Schattner als Weinsachverständiger ein altbekannter Profi, der zuvor im Sternerestaurant Ente im Nassauer Hof in Wiesbaden tätig war. Er hat für das Frischeparadies in Zusammenarbeit mit sieben ausgesuchten Winzern unter dem Begriff Cuvée Paradies eine eigene Serie herausgebracht, die durchweg glänzt. Die trockene Riesling-Spätlese Hattenheimer Wisselbrunnen von Schloss Reinhartshausen aus dem Rheingau ist ein mineralisch, frischer, zartfruchtiger Tropfen mit belebender Würze. Der Spätburgunder von Friedrich Becker aus der Pfalz duftet verwegen nach dunklen Beeren, Rauch, Speck und Vanille. Im Frischeparadies stehen immer acht offene Weine und ein Champagner parat. Man kann sich aber auch unter den weiteren 700 Flaschen umsehen und eine auswählen – zum Verkaufspreis kommen nur noch acht Euro Korkgeld hinzu.

LF

 

 

 

Frischeparadies, Frankfurt-Griesheim, Lärchenstr.101, Tel. 069 380  323 0. Geöffnet Mo. – Mi. 8 bis 18 Uhr, Do. – Fr. 8 bis 19 Uhr, Sa. 8 bis 16 Uhr. Bistro Tel. 069 380 323 86. Geöffnet Di. – Fr. 11.30 bis 15 Uhr, Sa. 11.30 bis 14.30 Uhr. Montag geschlossen. www.frischeparadies.de

Bild oben rechts:  Foie Gras, Aal, Melone und Misocreme von Thomas Macyszyn

Photo Credit: Barbara Fienhold

 

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Gault Millau: Die besten Köche Hessens

Greco und Krolik steigen auf 

 

Carmelo Greco und Andreas Krolik aus Frankfurt kochen sich im neuen Gault & Millau 2013 in die Küchenspitze des Landes. Viel Auftrieb gibt es im kulinarischen Mittelfeld. Alfred Friedrich vom Lafleur im Frankfurter Palmengarten ist nicht mehr unter den Topköchen zu finden.

 

Die Frankfurter Carmelo Greco vom Carmelo Greco und Andreas Krolik vom Tigerplast kochen sich in der aktuellen Deutschlandausgabe 2013 des Restaurantführers Gault & Millau in die Klasse der Köche mit „höchster Kreativität und bestmöglicher Zubereitung”.

Greco beeindruckte durch „eine schlanke, präzise, sinnliche und mitunter wunderbar süffige Küche. Voller Grandezza der Hummer-Risotto oder das zarte Milchferkel mit Apfelcannelloni“. Der aus Baden-Baden von Brenner´s Park-Hotel gekommene Krolik gefiel durch seine „modernisierte Klassik à la Törtchen aus Gänseleberterrine und gut angemachtem Rindertatar, gekrönt von Steinpilzmousse, Oxtailgelee und einem Gänselebereis, das mit Anchovis zubereitet war und so endlich einmal ein wenig Spannung in dieses mittlerweile zum Dauerlangweiler gewordene Eis brachte“. Für solch inspirierte Gerichte erhalten beide im Guide, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 17 von 20 möglichen Punkten.

Mario Lohninger

Auf 16 Punkte und damit in jene Klasse, in der nach Gault&Millau-Verständnis Kochen zur Kunst wird, kamen Mario und Paul Lohninger vom „Lohninger“ in Frankfurt dank „des bravourös gemeisterten Balanceakts zwischen gehobener Österreich-Küche und Avantgarde-Cuisine, zwischen dem besten Wiener Schnitzel der Stadt und dem Alaska-Edelfisch  Black Cod mit geräucherter Consommé“. Ebenfalls 16 Punkte erhielt Thomas Macyszyn vom „Navette“ in Rüsselsheim, „wo der Ex-Medizinstudent französische Klassik jung und frisch interpretiert und knackig gebratenem Langostino butterzart geschmortes Schweinekinn, etwas Fenchel und Orangenfilets zur Seite stellt“.

15 Punkte erkochten sich erstmals: Christoph Hesse vom „Schellers“ in Bad Homburg durch „perfekt gebratenen Lammrücken mit einem Stückchen Filet, etwas geschmortem Bauch, intensivem Jus, cremiger Polenta und verschiedenen mit Gemüsepüree gefüllten Wurzelgemüse“.

Franz Keller jr. von der „Adler Wirtschaft“ in Eltville, der „gebratene Blutwurst mit Apfel-Quittenkompott, leicht angebratenes Tatar von Kabeljau und Forelle mit klassisch köstlicher Remoulade oder butterweich geschmorte Rinderroulade mit Schafskäsefüllung in bester Produktqualität bot“.

Martina Mohr vom „Schützenhof“ in Glashütten, „zu deren Reh über ein Jahr lang eingelegte Rotweinzwiebeln und dunkelgrün gesprenkelte Brennnesselklößchen erfreuen, in denen die mit Brot und Mark vermischten Krautspitzen verarbeitet sind“

Gregor Nowak

Gregor Nowak von der „Heimat“ in Frankfurt, der „in einer Miniaturküche auf großer Flamme Gerichte wie Kaninchen mit Blaubeerrisotto, Mascarpone und Burgunderschaum brutzelt, die eitel Freude machen“.

André Rickert vom „Weinsinn“ in Frankfurt, „dessen Gerichten bei allem perfektionistischen

Streben eine lässige Heiterkeit innewohnt, wie etwa dem Seeteufel mit intensivem Beef Tea“

Dieselbe Note bekam auch das Frankfurter „Holbein’s“, dessen Küche nun unter der Führung von Mario Lohninger „unüberschmeckbar an dessen früheres ‚Micro‘ erinnert: Es gibt Sushi, Steaks, Salate, Pasta und japanisch inspirierte Fischgerichte – alles hat Klasse“.

Christoph Rainer

Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault & Millau in Hessen hält mit 18 Punkten Christoph Rainer von der „Villa Rothschild“ in Königstein. „Er präsentiert in aufwendigen Inszenierungen eine hochfeine, detailverliebte und dem Spitzenprodukt verpflichtete Küche. Das Format zum zeitlosen großen Klassiker hat das gegrillte spanische Eichelschwein mit geröstetem Oktopus sowie weißen und grünen Bohnen in einer alles integrierenden Bouillabaisse. Die Entenstopfleber, mariniert und pochiert, ist immer ein Highlight auf der Karte und wird beispielsweise mit duftiger Tomate in geeister und gelierter Form, Frischkäse und Basilikumaromen serviert.“

 

Christoph Rainer folgen mit 17 Punkten neben Greco und Krolik: Patrick Bittner „Restaurant français“ in Frankfurt, der „mit seiner modern interpretierten französischen Klassik die Seine an den Main holt, typisch die saftigen Froschschenkel in Kräuterpanade mit bissfesten weißen Linsen und Gemüsewürfelchen in süß-säuerlichem Sud“.

Sven Messerschmidt vom „Schwarzenstein“ in Geisenheim, „dessenTeller echte Hingucker sind. Bei ihm windet sich ein Tatar vom Galloway-Rind wie eine Schlange, ummantelt von einem Schwarzbiergelee und dekoriert mit süßlicher Senfcreme, hauchdünnen gerösteten Zwiebelscheiben und ein paar Tropfen frisch aufgeschlagener Mayonnaise“.

Matthias Schmidt, Villa Merton

Matthias Schmidt von der „Villa Merton“ in Frankfurt, der „als mutigster Koch der Stadt nur noch deutsche, vorzugsweise regionale Produkte verwendet. Die Karte blieb besonders phantasievoll: Frankfurter Rindswurst mit getrocknetem Sauerkraut, Taube mit kurz blanchierten Radieschen-Früchten und Petersilienwurzelsud, der durch Felsenblümchen verfeinert war, oder Wacholder, Schildampfer, Speierling, Vogelbeeren und karamellisierter Fenchel für Vegetarier“.

Patrick Spies vom „L’Etable“ in Bad Hersfeld „gibt jedem seiner Hauptprodukte unbekümmert, aber nicht unbedacht mindestens vier Komponenten mit, die sich zu eigenwilligen Kreationen addieren. Der tadellosen Entenleberterrine, schön marmoriert, gönnte er einen bunten Reigen hauchdünner Chips von Apfel, Sellerie, Roter Bete und Kastanie samt herb-fruchtigem Hagebuttenmousse und geeister Entenleberpraline mit Trüffelspänen“.

Andreas Krolik

Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 76 Restaurants in Hessen. 67 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Könner am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen müssen, was einem Michelin-Stern nahe kommt. Das schaffen auch die neu eröffneten oder erstmals bewerteten Lokale „Allgaiers“ und „Lafleur“ in Frankfurt sowie „Fellini“ in Limburg (jeweils 14 Punkte), „Weinstall“ in Castell, „Margarete“ in Frankfurt und „Treuschs Schwanen“ in Reichelsheim (je 13 Punkte). Im „Lafleur“ im Frankfurter Palmengarten enttäuschte Alfred Friedrich, seit zwei Jahrzehnten ein Liebling des Guides, durch „seltsam leblose und fade Gerichte. Weder der Steinpilztarte noch der Kombination aus perfekt gegartem St-Pierre und Kalbsbries, dem tadellosen Langostino mit Lauchterrine, die mit körniger Passionsfrucht überzogen war, oder der geräucherten Ziegenmilch zu Zwetschgen war viel Geschmack abzugewinnen.“ Im Vergleich zur Vorjahresausgabe serviert der gerne streng und bissig urteilende Gault&Millau in Hessen 10 langweilig gewordene Restaurants ab und nimmt 10 neu auf, 10 werden höher, 6 niedriger bewertet.

Bild oben rechts: Carmelo Greco

 

Die besten Restaurants des Gault & Millau in Hessen

 

18 Punkte

Villa Rothschild in Königstein

 

17 Punkte

Carmelo Greco*,Français,Tiger-Restaurant*und Villa Merton in Frankfurt

Schwarzenstein in Geisenheim

L’Etable in Bad Hersfeld

 

16 Punkte

Kronenschlösschen in Eltville

Philipp Soldan in Frankenberg (Eder)

Emma Metzler, Erno’s Bistro,Lohninger* undMax on Onein Frankfurt

Grossfeld in Friedberg

Navette* in Rüsselsheim

Ente in Wiesbaden

 

15 Punkte

Adler Wirtschaft* in Eltville

Biancalani, Die Leiter, Heimat*, Holbein’s*, Seven Swans und Weinsinn** in Frankfurt

Schützenhof* in Glashütten/Taunus

Hohenhaus in Herleshausen

Ox in Hilders/Rhön

Zur Krone in Höchst/Odenwald

Sänger’s und Schellers** in Bad Homburg

Landgut Falkenstein in Königstein

Hessler in Maintal

Kraftwerk in Oberursel

Schaumahl in Offenbach

*Aufsteiger   **Newcomer

 

Die Bestenliste ganz Deutschland

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Gault & Millau Bestenliste 2013