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Neues Hafenlokal mit flirrendem Skyline-Blick

Das urbane Ausflugsziel Oosten hat in Frankfurt eröffnet

 

Die Schiffsladekräne ragen wie die riesigen Tentakel eines Meeresungeheuers aus dem neuen Lokal Oosten am Main. Historische Industriekultur verschmilzt mit modischem Design. Die Gäste haben von drei Etagen eine aufgekratzte Sicht auf die Skyline und die Flusslandschaft Frankfurts. Nach nur einjähriger Bauzeit hat jetzt auf einem ehemaligen Werftgelände eines der spannendsten gastronomischen Objekte der Stadt eröffnet.

Dem neuen Lokal Oosten gelingt eine erstaunliche Verbrüderung von rustikal-hölzernem Gasthauslook und urbanem New Yorker Loftschick. Rauer Charme und individuelles Design sind die emotionalen Grundwerte, Glas, Stahl, Sichtbeton und Holz bilden die materielle Basis des Oosten. Das Lokal am Osthafen nimmt dabei durch die großen bodentiefen Fensterfronten die Außenwelt nach Innen auf. Gasträume, Wintergarten, Terrassen und Aussichtsplattform gehen fließend ineinander über. Sein eklektizistisches Design nennt der Interieurkünstler Piet Hein Eek salopp „scrappy“, zusammengestückelt. Das aber gelingt sehr gekonnt. Der Niederländer, dessen Stühle die Form von Skulpturen haben, setzt eine ungebändigte Ästhetik und amüsante Stilelemente ein – die Lust zum Hinschauen, Anfassen und Sitzen machen.

Piet Hein Eek zu Ehren hat der Gastronom Thomas Klüber das Lokal Oosten genannt, was holländisch für Osten steht. Im Untertitel steht Realwirtschaft, was wiederum der Lage zu Füßen des gerade entstehenden Finanzriesen EZB geschuldet ist. Klüber, der zudem das sehr erfolgreiche Lokal Walden im Kleinen Hirschgraben ganz in der Nähe des Goethehauses führt, hat das Projekt fünf Jahre konzipiert und dann in nur einem Jahr umsetzen lassen, maßgeblich auch von den Darmstädter Architekten Schubert & Seuß. Insgesamt umfasst der würfelartige Komplex an der sogenannten Ruhrorter Werft 1.500 Quadratmeter auf drei Etagen sowie 1000 Quadratmeter Außengastronomie. Der Biergarten mit 500 Plätzen wird im Frühjahr 2013 eröffnet.

Die Realwirtschaft Oosten möchte ein Lokal für alle sein, was immer die Gefahr birgt, eines für zu viele sein zu wollen. Es geht dabei einmal quer durch die Welt, mit Wasabi und Zitronengras. Für lokale Ideen scheint aber offenbar auch Platz, wie unter anderem Apfelwein-Tiramisu und Handkäsbrot mit Apfelschmand-Meerrettich und Schnittlauch auf ausgehobenem Sauerteigbrot zeigen. Gut ist es, Rinderroulade anzubieten und statt eines Riesenschnitzels drei kleine Wiener Schnitzel (mit Bratkartoffeln, Grüner Soße und Salat, 17,50 €). Es gibt neben grundsätzlich eher bunt kombinierten Allerweltsgerichten und rustikalen Basics auch leicht kreative Ansätze, etwa das marinierte Kaninchen vom Grill mit Salbei-Stampfkartoffeln und Honigkürbis. Die Weine sind dem Label bekömmlich, verständlich, bezahlbar zuzuordnen (mit 4,50€ bei 0,2l ist man schon dabei). Der Kaffee kommt von Wacker, wie schon in Klübers Walden. Bei den Drinks wird man die finden, die bekannt sind. Das neue Oosten will keine große Küche offerieren und definiert sich als städtisches Ausflugslokal. Ob das schon jetzt als Hinguckerlokal geltende Oosten auch ein Hinschmeckerlokal werden wird, zeigen die nächsten Besuche.

Schon vor der offiziellen Eröffnung kann Thomas Klüber für sein neues Lokal acht Großveranstaltungen verbuchen, die erste Ebene ist vorläufig ohnehin als Eventbereich privaten Feiern und geschäftlichen Veranstaltungen vorbehalten. Neben der Gerbermühle auf der anderen Flussseite, wird das Oosten ein Ausflugsziel werden, dessen magnetische Wirkung abzusehen ist. Ob die fehlende Zufahrt für den Autoverkehr ausbremsend wirkt, wird sich zeigen. Man kann jedenfalls mangels Parkplätzen nicht unmittelbar bis vors Lokal fahren. Das wiederum wird den Radfahrern gefallen. Die Umgebung könnte insbesondere bei Dunkelheit für Frauen wenig einladend wirken. Noch gleicht das Umfeld des Lokals einer riesigen Baustelle. Vielleicht ließe sich vom nahen Eisernen Steg ein Schiffs-Shuttle einrichten (wie er in Istanbul unterwegs ist). Eventuell könnte die Historische Eisenbahn aktiviert werden, deren Schienen das Mainufer entlang bis direkt zum Lokal Oosten führen.

Wohin auch noch immer das Lokal Oosten am Mainufer driften wird, es ist schon jetzt ein Logenplatz am Fluss, eine Bühne mit sagenhaftem Skyline-Blick.

 

Ludwig Fienhold

 

Oosten, Realwirtschaft am Main, Frankfurt, vom Frühstück bis zum Sundowner, Mo – Do 10-24 Uhr, Fr 10-1 Uhr, Sa 9-1 Uhr, So 9-24 Uhr. Eyssenstr. 4. Tel. 069 Vorspeisen 6 – 12 €, Hauptgerichte 12 – 24,80 €, Desserts 3,80 – 7,20 €. Keine Kreditkarten. www.oosten-frankfurt.de

Parkmöglichkeiten: Parkplätze am Ostbahnhof, Parkhaus Sonnemannstr. (VHS-Tiefgarage). Öffentliche Verkehrsmittel Ausstieg Haltestelle Zobelstr. und Ostbahnhof/Sonnemannstr.

Die inoffizielle Eröffnung am Sonntag mit über 1000 Gästen ging souverän vonstatten. Erstaunlicherweise ohne Musik. Gut so, denn die vielen Gäste wollten sich auch gerne unterhalten. Spieltipp für den künftigen Sundowner: Sittin´ on the Dock of the Bay.

Photo Credit: Barbara Fienhold