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Doggy Gourmet

Wenn der Magen knurrt freut sich der Hund

 

In welchen Restaurants Vierbeiner willkommen sind

 

Ein Erfahrungsbericht von Claudia Zeller

 

Ein Restaurantbesuch ohne Hund ist möglich aber freudlos (frei nach Loriot).

Ja, wir sind ein kinderloses Ehepaar mit zwei Hunden, Gustav und Knut. Nein, die Hunde sind kein Kindersatz. Oder haben sie schon mal einen Hund „Danke, Mama, ich hab Dich so lieb“ sagen hören? Und genau das tun Kinder doch ständig. Unsere Hunde sind verstädterte, vollwertige Familienmitglieder und als solche an möglichst allen Unternehmungen zu beteiligen. Natürlich lassen wir sie zu Hause, wenn wir in die Oper, ins Museum, ins Kino oder ins Theater gehen. Sie sind auch längst nicht so kulturbeflissen wie wir. Aber ein Restaurantbesuch ohne Gustav und Knut?  Nur in Notfällen und dann auch noch mit schlechtem Gewissen. Wir berauben sie doch damit ihrer größten Erfolgserlebnisse. Welch ein Triumph, wenn es Knut unter Aufbietung all seiner hypnotischen Kräfte gelingt, uns dazu zu bewegen, nahezu willenlos ein Stück Brot, Fleisch oder Käse unter dem Tisch in seine Schnauze zu schmuggeln und ein zweites für Gustav, der immer nur wach wird, wenn sein Vorarbeiter schon schmatzt.

Aber diese Art gemeinsamer Tafelfreuden ist uns in Frankfurt und Umgebung nicht überall vergönnt. Ein unverzeihlicher Frevel an der unschuldigen Kreatur. Zumal doch schon jeder geschäftstüchtige Kioskbesitzer weiß, dass der Hund entscheidet, wo Herrchen die Zeitung und den Apfelsaft kauft und dementsprechend ein schmieriges Glas Hundeleckerlis unter der Verkaufstheke bereit hält. Warum fragen wir also nicht Gustav und Knut, wo Sie mit Ihrem besten Freund morgen schick Essengehen sollten?

„Was meinst Du Knut? Nimm doch mal den Knochen aus dem Maul!“ Ach ja, das Döpfner’s im Maingau. Knuts erste Wahl in Frankfurt, denn hier bekommen die Hunde eine große Schüssel Fleisch, noch bevor uns die Speisekarte angeboten wird. Den Nachschlag lehnen wir meistens dankend ab, denn zu viel Braten führt in nicht wenigen Fällen zu unerwünschter Verdauungstätigkeit. Wir fühlen uns bei Döpfners natürlich auch rundum wohl. Die Mitarbeiter sind herzlich freundlich und die Auswahl der durchweg guten Weine  überlassen wir nur zu gerne den Herren Döpfner.  Mich begeistert zudem jedes Mal entweder die Kunst der Köche, mir ein glücklich machendes, vegetarisches Menü ohne Fleisch und Fisch zusammenzustellen oder ihre Souveränität, mir die wüstesten Extrawünsche zu erfüllen, ohne ein Hausverbot auszusprechen (z.B. eine Extraportion Bratkartoffeln zum Kartoffelstrudel mit –stampf).

„Wie bitte Gustav? Hör doch mal auf, mit dem Gummifrosch zu quietschen! Dann versteh ich Dich besser.“ In der Scuderia im Westend gibt’s zwar keine Extraportion für die struppigen, chronischen Hungerleider. Aber der Brotkorb mit dem leckeren, selbstgebackenen warmen Brot wird diskret und mit verschmitztem Lächeln immer wieder aufgefüllt, wenn wir ihn zu viert in Nullkommanichts geplündert haben. Wohl wissend bringt man uns zum Espresso auch immer noch eine zweite Portion der himmlischen, selbstgebackenen Cantuccini , die wir nicht mehr ganz so gerecht mit den Hunden teilen – Entschuldigung, Knut, die sind einfach zu lecker.

Im Restaurant Carmelo Greco werden Gustav und Knut nahezu angehimmelt und mit Leckerlis verwöhnt, die die hundebegeisterte Mitarbeiterin aus der Tasche zaubert. Paradiesisch. Eine weitere rühmliche Ausnahme unter den hundefeindlichen, sternefunkelnden Restaurants in Frankfurt ist Erno’s Bistro. Hier sind Gustav und Knut herzlich willkommen und man duldet voller Takt, dass so manch edler Bissen unter den Tisch wandert. Seit einem der letzten Besuche bei Erno’s ist auch ein für alle Mal klar, dass weder wir noch die Bittsteller unterm Tisch Austern mögen. Wir haben die allseits verschmähten Luxusmuscheln am Ende dezent unter die Bank gekickt, im Vertrauen auf eine gewissenhafte Reinigungskraft, die sie am nächsten Morgen diskret im Müllsack beerdigen würde. Und um noch mal auf meinen strikten Vegetarismus zurückzukommen: Nirgends in Frankfurt und Umgebung bekomme ich so umwerfend leckere, vegetarische Menüs wie dort. Was mich davon abhält öfter bei Erno’s zu speisen, ist mein unbezwingbarer Drang, die himmlischen Süßspeisen, die nach dem Essen serviert werden und für meinen Mann und mich gedacht sind, in Windeseile und bis zum letzten Krümel alleine zu verdrücken. Noch schlimmer ist es, wenn wir mit Freunden dorthin gehen, denn ich schaffe leider auch vier bis sechs Portionen. Tut mir ja wirklich leid, Gustav und Knuti, aber zu viel Süßes verursacht Zahnstein.

Jetzt fällt Gustav und Knut zu Frankfurt nichts mehr ein, aber sie hätten noch ein paar Tipps für die Gastronomie in der näheren Umgebung: Ihre erste Wahl wäre das Restaurant Villa Rothschild in Königstein, aber nur mit Übernachtung. Zwar dürfen sie dort nicht mit ins Restaurant, aber sie werden durch das Personal am Empfang mehr als nur getröstet. Dort dürfen wir sie nämlich während unserer Restaurantbesuche und auch während des Frühstücks zwischenlagern. Man verhätschelt sie mit Unmengen von Leckerlis und Streicheleinheiten und führt sie sogar gewissenhaft durch den wunderschönen Park um die Villa –  diesen Gang haben sie nach all den Köstlichkeiten auch meistens bitter nötig. Aber nicht nur den Hunden geht’s dort gut. Die Villa Rothschild ist das Rundum-Sorglos-Paket für schwelgerische Zwei- und Vierbeiner. Ebenso gerne sind Gustav und Knut im Schützenhof in Schlossborn. Familie Mohr kocht, berät und serviert aufs Beste und wir sind jedes Mal begeistert von Frau Mohrs einzigartigen, gekonnten und überzeugenden Zusammenstellungen von exotischen Gewürzen und regionalen Produkten. Für Gustav und Knut wird stets reichlich gesorgt. Wenn der Schützenhof nicht so weit weg wäre und die Rückfahrt nach all den guten Weinen so ein tollkühnes Unterfangen, wäre mein Mann bestimmt schon Schützenkönig und ich seine Schützenliesel.

Damit aber noch nicht genug, es gibt noch einige andere hundefreundliche Lokale, etwa die Weinschänke Schoss Groenesteyn in Kiedrich. Unvergesslich bleibt uns die wahre Geschichte von den vorab auf einem Tellerchen an den Tisch gebrachten Hundekeksen, die zum Entsetzen des unter dem Tisch darbenden Hundes von Herrchen und Frauchen gefuttert wurden. Dann ist da noch der Gutsausschank Baiken in Eltville, wo man ganz herrlich mitten in den Weinbergen sitzen, Weine der Hessischen Staatsweingüter trinken und leckere Gerichte essen kann, die die typischen  Gutsausschank-Schmankerln ganz weit hinter sich lassen. Und natürlich werden auch Gustav und Knut bestens versorgt: mit Hundekeksen von den netten Mitarbeiterinnen und von uns mit Butterbrot und übrig gebliebenen Bratkartoffeln. Den Haushund, der hier eigentlich Platzhirsch ist,  stört das nicht.

Claudia Zeller mit Gustav & Knut, von ihr selbst gezeichnet

Wenn’s ganz exklusiv sein soll, nehmen uns Gustav und Knut mit ins Kronenschlösschen nach Hattenheim, ein weiteres Sternerestaurant, in dem Hunde nicht „leider“ draußen bleiben müssen. Gustav und Knut futtern mit Kennermiene das leckere Brot und verkosten kritisch aber wohlwollend ein Hattenheimer Leitungswasser. Fast nebenan ist noch die legendäre Adlerwirtschaft von Franz Keller, wo wir allerdings bisweilen mit den Hunden im arg zweckmäßig anmutenden Erweiterungsbau geparkt werden. Macht uns vieren aber nix, denn das ist immer noch besser als traurig ohne Hunde im Gourmetrestaurant der Burg Schwarzenstein in Johannesberg zu speisen. Wie schade. Denn ursprünglich durften dort Hunde hinein, zumal der Hausherr selbst einen Hund hat. Warum das jetzt nicht mehr geht? Wegen der Hundehaarallergie, sagt man. Es fällt auf, dass diese Allergie in fast allen Gourmetrestaurants für Hundeverbote herhalten muss, und ich habe mich schon oft nach dem Zusammenhang gefragt. Vielleicht ist es so, dass alle Hundehaarallergiker nur in Sternerestaurants verkehren.  Möglicherweise führt aber auch der häufige Besuch von Gourmetrestaurants zu Hundehaarallergie. Vorläufig zwei kühne Thesen, die ich besser nicht verbreiten werde.  Sonst wird möglicherweise noch der deutsche oder gar der europäische Gesetzgeber wach und denkt sich ein „Gesetz zum Schutze der Bevölkerung vor Hundehaarallergien“ aus. Dann droht entweder das totale Hundeverbot in Restaurants (erste These) oder alle Gourmetrestaurants werden  geschlossen (zweite These). Aber auch dann bleiben wir positiv und entspannt, denn eine Currywurst im Stehen und an der frischen Luft genossen schmeckt doppelt so gut mit Gustav und Knut, obwohl wir nur die Hälfte abbekommen.