Wohnst du noch oder lebst du schon in Frankfurts schönstem Hotel?
Der kunstvolle Amüsierbetrieb Lindenberg hat eröffnet
Von Ludwig Fienhold
In Frankfurt wurde jetzt mit dem Lindenberg das originellste Hotel der Stadt eröffnet, in dem es sogar eine eigene Kino-Bar gibt. Künstler und Designer haben die 150 Jahre alte Villa mit viel Witz und Charme ebenso heiter wie stilvoll gestaltet. Solche Originalität mit Drang zur Andersartigkeit kennt man eher aus New York oder London. Das Lindenberg will auch keine herkömmliche Herberge sein, sondern sieht sich als besonderer Ort für eine Gästegemeinschaft. Man will zeitloses Bleiben ermöglichen, Übernachtungsgäste sind genauso willkommen wie solche, die für wenige Tage, einige Wochen, Monate oder gar Jahre ein zweites Zuhause suchen. Das neue Hotel steht nicht im Zentrum Frankfurts, der touristischen Altstadt oder dem noblen Westend, es beweist Mut zur Lücke und platziert sich im momentan noch nicht so attraktiven Ostend, das sich aber stetig positiv entwickelt. Genau dieser Stadtteil wird schon sehr bald eine enorme Aufwertung erleben, wenn dort 2014 die Europäische Zentralbank in ein gigantisches Gebäude von 220 Metern Höhe mit 2.500 Mitarbeitern einzieht.
Lindenberg ist kein Design-Hotel mit immergleichen Lounge-Mobiliar. Es wurde bis ins kleinste Detail mit Feinsinn für Dekor, Farben und Formen sehr emotional und individuell gestaltet. Allein die schreiend schönen Lampenschirme der Berliner Künstlerin Isabel Ott sind Schmuckstücke und sinnliche Apperzeptionen zugleich. Einige der zehn Zimmer und Suiten zieren Wandvertäfelungen und Stuck, an vielen Stellen überraschen Kunstobjekte, alte Koffer oder Kleiderpuppen. Sämtliche Möbelstücke sind Unikate, die penibel restauriert wurden. Clever und raumsparend sind die Verstecke: In einem der Zimmer verschwindet das Bett in einer Schrankwand aus sonnenverbrannter Fichte, die zuvor über 100 Jahre lang Teil der Hauswand einer Berghütte war. Das Bad ist wie unsichtbar in einem eigens für das Hotel entworfenen Holzkubus untergebracht. In den Zimmern kann an einem Herd gekocht werden, der in einen alten Schrank für Maschinenbauzeichnungen eingepasst wurde. Dort befindet sich auch die Minibar. Alle Zimmer sind mit einem französischen Bett und exquisiten Matratzen des finnischen Herstellers Fennobed ausgestattet. Zum Standard gehören Multimediapanels für Musik und Lan sowie Plasma-Fernseher. Die Suiten und Zimmer heißen Lilly, Lolita, Lotta, Lila, Luna, Linda, Lulu, Laila, Lisl und Lucy und passen sich damit alliterarisch dem Namen Lindenberg an. Dem Hotelbesitzer Steen Rothenberger gefiel der Name, weil Udo Lindenberg ja seit Jahren Dauergast im Hamburger Atlantic ist.
Das Lindenberg will so etwas wie eine Mischung aus Hotel und Wohngemeinschaft sein, weshalb es auch gemeinsame Bereiche gibt, in dem man andere Gäste treffen kann. Das ausdrucksvoll gestaltete Kaminzimmer wurde von der Berliner Künstlerin Kathi Kaeppel mit üppigen Wandreliefs versehen. Lindenberg-Gäste kochen entweder selbst oder können sich von einem der Köche verwöhnen lassen. Jeder Gast hat in der gemeinsamen Küche seinen persönlichen Bereich mit eigenem kleinen Kühlschrank und Stauraum. Gekocht wird auf einer Teppanyakiplatte oder auf dem Induktionsherd. Wer bei einem Glas Wein einfach nur zuschauen möchte, kann an der Theke auf einem der Barhocker Position beziehen. Ein Geschirrspüler ist vorhanden, ebenso ein Weinklimaschrank. Direkt von der Küche geht es über die Terrasse hinaus in den Garten mit Grill, Liegestühlen und Strandkorb. Die eigentliche Sonnenterrasse weiter oben bietet Ausblick auf die Dächer der Stadt. Es gibt zudem noch einen gemütvoll-heiteren Ess-Salon, an dessen runder Tafel viele Gäste Platz finden. Sonntags wird ein „Frühstücks-Mittagsessen“ serviert – von Kimberley Unser, die sonst im Restaurant Seven Swans kocht und vom Gault Millau als „Entdeckung des Jahres 2012“ ausgezeichnet wurde. En passant: Das Haus vom Seven Swans gehört Lindenberg-Hausherr Steen Rothenberger.
Der Fitnessraum mit seinen Dutzenden alten und schön gerahmten Spiegeln ist schon beachtlich, doch der Clou in diesem an geistvollen Einfällen reichen Hotel ist die hauseigene Kino-Bar mit plüschigen Sitzreihen, wobei auch an eine Popkornmaschine gedacht wurde. Die Kino-Bar wurde Lucia getauft – die Erleuchtete. Zu alten und neuen Filmen kann man an der gut sortierten Bar seinen Drink genießen, auch direkt an der Theke oder in einer Sitzecke. Das Lindenberg verzichtet bewusst auf unnötigen Service, den der Gast weder braucht, noch bezahlen möchte. „Fleißige Gäste waschen ihre Hemden im hauseigenen Waschsalon, zupfen sich die Bettdecke zurecht und wenden morgens ihre Spiegeleier selbst. Gäste mit weniger Enthusiasmus für diese Handgriffe buchen sich einfach einen maßgeschneiderten Service hinzu“, meint Eva Kösling, die sich nicht Hoteldirektorin nennt, sondern den Titel „Leitung Gästewünsche“ trägt. Die reinen Zimmerpreise im Hotel Lindenberg richten sich nach Größe, Ausstattung und Dauer des Aufenthalts. Sie reichen von 99 € für den Tag bis zu 1.279 für einen Monat. Auch bei der Gestaltung der Tarife nutzt man die künstlerische Freiheit: „Träger eines Künstlersozialversicherungsausweises, registrierte Freiheitskämpfer und niederländische Staatsbürger erhalten vergünstigte Konditionen.“
Ich erlaube mir subjektive Werturteile: Das Lindenberg ist das kunstsinnigste, sinnlichste und seelenvollste Hotel Frankfurts. Und von einem nicht allzu kleinen Teil der Welt.
Lindenberg, Die Kunst der Unterkunft, 60314 Frankfurt, Rückertstrasse 47, Tel. 069 430 591 530. www.das-lindenberg.de
Zimmerpreise: Einzimmersuiten ab 99, Zweizimmersuiten ab 149 €.
Zusätzliche Services können individuell oder als maßgeschneiderte Pakete dazu gebucht werden. Die verschiedenen Frühstücksangebote beginnen bei 4 €, die unterschiedlichen Zimmerreinigungspakete sind ab 45 € pro Woche und ab 75 € im Monat erhältlich.
Photo Credit: Barbara Fienhold