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Immer noch lecker: Marbella

Tipps für Genießer

 

Von Ludwig Fienhold

 

Wer ist nicht schon alles über Marbella hergefallen – die Reichen, die Russen und jene, die Russen und Reiche ausnehmen. Was kümmert´s die Sonne, die dort fast das ganze Jahr scheint. Natürlich strahlt man nicht über alles in Marbella, nerven stellenweise oberflächlicher Protz und andere bauliche Irrtümer sowie die halbseidene Geselligkeit im Puerto Banús. Doch ist das keineswegs typisch. Marbella steht weit eher für eine ungebrochene Lust am Feiern, gutem Essen, Wein und was sonst noch zum Lebensgefühl gehört.

Tapas-Bars gibt es viele, aber kaum eine so erfolgreiche und amüsante wie La Morega im Puerto Banús. Sternekoch Dani Garcia betreibt mit seinem Calima das höchstbewertete Restaurant Marbellas, Geld verdient er aber vor allem mit seiner Tapas-Bar. Man kann nicht reservieren, weshalb die Gäste schon vor der Öffnungszeit um 20 Uhr Schlange stehen. Kaum eine halbe Stunde später ist kein Platz mehr frei, muss man Glück haben, vielleicht sind einige ja nur auf einen Happen dabei und räumen rasch wieder das Feld. Doch wer sich in den kleinen Schweinereien aus der offenen Küche erst einmal festgebissen hat, verlässt dieses beschwingte Lokal nicht so schnell. Zur guten Laune tragen außerdem der frohe Service von Amanda und die Weine zu Schmunzelpreisen bei.

Marbella Altstadt

Der Gast kann unter 50 Edel-Happen wählen – temperamentvolle, gut zubereitete und beherzt gewürzte Miniaturen, die bei jedem Bissen Lust auf den nächsten machen: Kebab mit Iberico-Schwein in orientalischer Sauce mit Raz el Hanout; Pig Burger aus Schweinebäckchen, Speck und Teriyaki-Mayonnaise; große Garnelen in frittiertem Basilikum; geräucherter Kabeljau mit Ziegenkäse und süßen Linsen; gehackte Kutteln mit Kichererbsen und Minze (pro Teller 3 bis15 Euro).

Die Altstadt von Marbella hat noch viel von ihrem Zauber erhalten können, trotz touristischer Kaschemmen und Pseudogourmetlokale, wie man sie ja in so vielen anderen attraktiven Altstädten dieser Welt sieht. Das Restaurante Buenaventura am Iglesia-Kirchplatz gehört noch zu den netteren Adressen. Schönes Ambiente, freundlicher Service, gute Weine, aber Essen im unteren Mittelmaß. In der Kirche vis-à-vis hat übrigens der Fotograf und Organist Michael Reckling in Zusammenarbeit mit örtlichen Hoteldirektoren und anderen Mäzen die denkwürdige Sonnenorgel bauen lassen, die nicht nur Musiker aus aller Welt begeistert. Trotz der himmlischen Klänge bewegt man sich kulinarisch in Marbellas Altstadt eher in Teufels Küche.

El Portalón

Ein spanisches Bilderbuchlokal, wie man es schöner kaum machen kann, ist das El Portolón gegenüber vom Marbella Club. In der behaglichen Fachwerkromantik tafelt es sich ausgesprochen lustvoll, fette Schinken hängen von der Decke, die ausgetrunkenen Flaschen in den Regalen zeugen von Geschmack, die Küche und ihr Kupfertöpfe und –pfannen sind so fotogen wie keine andere Küche in Marbella. Es ist nicht spektakulär, was auf die hübsch eingedeckten Holztische kommt, aber es schmeckt nach Flamme und nicht nach Konvektomat. Die verfeinerte Landhausküche beschert leckere Deftigkeiten, wie den Ochsenschwanz in Rotwein oder Kalbsbries vom Lamm mit Knoblauch, Petersilie und Sherry. Gut auch das Lämmchen aus dem mit Holz befeuerten Ofen und das galizische Filetsteak mit Wildpilzen, Portweinsauce und Trüffeljus.

Die erstklassige Weinkarte trumpft mit großen Namen wie Vega-Sicilia Único oder Pingus, das aber teilweise zu erstaunlich günstigen Preisen. Der Vega-Sicilia Único 2000 kostet 235 Euro, der Jahrgang 1989 ist für 325 Euro zu haben, und der großartige1995er erscheint für 280 € geradezu menschenfreundlich. Cava, außerhalb Spaniens viel zu lange der kleine und kaum beachtete Bruder aller Schaumweine, findet in diesem Restaurant seinen gebührenden Platz und kann mit feinperliger Delikatesse und dezenter Frucht begeistern. Beim Gran Juve y Camps erzeugt jedes Glas Verlangen auf das nächste, wobei seine trockne Art dabei sehr hilft.

Champagne Room

Vor und nach dem Essen gibt es kaum einen besseren Platz als den neuen herausgeputzten und munteren Champagne Room im Marbella Club. Das in den 50er Jahren von Prinz Alfonso von Hohenlohe gegründete Hotel war viele Jahre der Hot Spot der High Society, versank aber auch nach seinem Tod trotz mangelnder Glamourpräsenz nie ganz in der Versenkung. Allein die faunisch archaische Gartenanlage scheint dem Hotel auf ewig Schutz zu bieten. Der einstige Hoteldirektor, Graf Rudi von Schönberg, von allen kurz Conde Rudi genannt, hält dort seit Jahrzehnten Hof. Jetzt am liebsten im neuen Champagne Room, der etwas vom alten Flair zurückbringt. Nicht nur die optisch raffiniert mit Elementen von Art Deco und Jugendstil gestaltete Bar versetzt in perlende Laune, auch die Auswahl an Champagner – Vintage-Linien, berühmte und auch kleine Kellereien, und vor allem viele Champagner glasweise. 65 Kellereien sind vertreten. Daneben werden gute bis exzellente Cava offeriert, etwa der famose Gramosa Imperial, serviert in großen Zwiesel-Gläsern. Bemerkenswert ist der Rolls-Royce unter den Servierwagen der Welt, ein Trolley von Krug aus Edelholz mit eisgekühlten Gläsern.

Champagne Room

Zum Champagner serviert die Küche gratis feine Häppchen, etwa Garnelen-Tatar mit Avocado-Mousse, Hummer-Sashimi, Mini-Hamburger. Die jungen Barkeeper sind gutartig, doch manches Überbleibsel aus ganz alten Tagen meint offensichtlich, nur ein ernstes Gesicht bewahre vor Lachfalten. Leider trinken solche Herrschaften keinen oder zu wenig Champagner, sonst hätten sie genau so gute Laune wie ihre Gäste. Diese scheinen ein schönes Credo zu haben: Lebenshunger hat man nie satt.

 

 

 

 

La Moraga, Marbella, Puerto Banús, Ramón Areces 1, (0034) 952 815652. www.lamoraga.com

El Portolón, Marbella, Carretera Cádiz Km 178, Tel. (0034) 952 777104.

Champagne Room, Marbella Club Hotel, Golf Resort & Spa, Bulevar Principe Alfonso von Hohenlohe, Tel. (00 34) 952 822211, täglich von 17 bis 1 Uhr geöffnet. www.marbellaclub.com

 

 

 

 

 

 

 

 

 

El Portalón

 

 

 




Spanien für Entspannte

Blühende und essbare Hotellandschaften

 

Der Marbella Club ist die Diva unter den Hotels in Marbella, doch das Kempinski die zuverlässige Frau, die man auf Dauer an seiner Seite haben möchte. Beide Häuser zeichnen prachtvolle Gärten aus, das Kempinski besitzt den schönsten Sonnenliegenpark an der Costa del Sol und überrascht noch mit anderen Qualitäten.

Durch die Palmen weht ein laues Lüftchen, die gegrillten Langostinos im Wintergartenlokal La Cabaña del Mar werden mit Meerblick garniert. Dazu ein hauchzart nach Aprikosen und Pfirsichen duftender, trocken-würziger Albariño von Pazo de Señorans – und man ist mit der Welt versöhnt. Fangfrischer Fisch und Meeresfrüchte sind die Spezialität in diesem Lokal. Steinbutt, Seeteufel oder Dorade werden vor der offenen Küche präsentiert, der Gast bekommt sie à la minute zubereitet, in schöner Schlichtheit, ohne schwere Saucen und mit mediterranem Gemüse. Das erhält die Strandfigur und auch die Lust auf das nächste Essen. Der Zackenbarsch mit kanarisch-würziger Mojo-Sauce, der saftige Wolfsbarsch, die Miesmuscheln im aromatischen Sud, der Fisch in der Salzkruste sind Highlights. Vieles ist hausgemacht, wie der leckere Mandelkuchen mit Pistazien-Eis

Die blühende Hotellandschaft wird nicht nur von elf Gärtnern bewirtschaftet, sondern auch von der Küche behütet. Die bezieht daraus über 50 Sorten Gemüse, Gewürze und Kräuter sowie Obst: Mangold, Avocado, Kürbis, Kaktusfeige, Quitte, Zitrone, Limette, Mango, Zuckerapfel, Minze, Sakura-Kresse und und und. Wo vor 14 Jahren das Hotel eröffnet wurde, stand eine Avocado-Plantage. Ein besonders schöner Platz für private Diners: Auf dem Hügel am illuminierten maurischen Almenara Turm von 1575.

Im Restaurante La Brisa oberhalb der Pool- und Parkanlage kocht man kreativer, aber auf dem Boden spanischer Regionalklassik. Allein die einfach klingende kräuterige Malaga-Suppe mit Sherry und Minze ist köstlich und taugt obendrein wie der Klassikdrink Bullshot gegen einen Kater. Großartig und sonst selten zu bekommen ist das Secreto Iberico, saftiges Schweinefilet in der Salzkruste mit schöner, aus dem Saft gezogener Fleisch-Sauce mit Kapern. Schon beim Salat zeigt sich, dass Küchenchef Larry und sein Team weit mehr als das Herkömmliche wollen, der Salat wird mit bestem Olivenöl, kandiertem Spanferkel und verschiedenen Apfeltexturen zubereitet. Es sind viele gute Weine zu haben, etwa eine Reserva 2005 Coleccion 125 von Chivite aus Navarra oder der vorzügliche Verdejo von Jose Pariente sowie der spannende Cava Kripta in der ungewöhnlichen Amphorenflasche. Sommelier Romello und seine Kollegen sind den Gästen gute Berater.

Fischlokal Cabana del Mar

Das einst vom Frankfurter Unternehmer Wilfried Hoedt betriebene Hotel Las Dunas, das inzwischen leider nur noch als private Residenz geführt wird, hatte mit den bayerischen Spitzenköchen Frank Oehler und Peter Knogl die beste Küche an der Sonnenküste. Wenn auch das Kempinski nicht mit solchen Namen auftrumpfen kann, so ragen die Küchenleistungen von Executive Chef Jordi Bataller und seiner Brigade doch weit aus dem Meer der Mittelmäßigkeit heraus.

Das Kempinski-Hotel bietet neben kulinarischen auch viele optische Raffinessen, überall trifft man auf die Gestaltungen des Künstlers Stefan Szczesny, der moderne Bilder im traditionellen andalusischen Azulejo-Mosaik-Fliesen-Stil entworfen hat oder bemalte riesige Amphoren in den Garten setzte.  Zu den Delikatessen fürs Auge gehört im Grunde das ganze Panorama, der Ausblick von allen Restaurants inklusive Frühstücksterrasse richtet sich auf das Meer oder den Park mit seinen drei Pools. Vor den in warmen Erdtönen exquisit gestalteten Zimmern und Suiten breiten sich der weitläufige subtropische Garten und das Meer aus, alle haben Balkon oder eine große Terrasse. Die zweigeschossige Royal Suite beeindruckt durch eine hoch gelegene verglaste Sky Lounge mit eigener Bar und DJ-Station, auf der Terrasse steht ein sündhaft teures Teleskop für den Weitblick. Die teilweise mit maritimen Antiquitäten ausgestattete Suite del Mar wiederum hat auf der großen Sonnenterrasse noch Platz für einen Whirlpool.

Jordi Bataller (l.) & Küchenteam

Am 300 Meter langen Strand ist Sonnentanken bevorzugt, wobei das Programm mit Tauchen und Jetski erweitert wurde. Diese Maschinen können nerven, wurden hier aber mit geräuscharmen Eco-Motoren ausgerüstet. Die Poollandschaft ist generös und einzigartig an der Costa del Sol. Das Spa mit eigenem Innenpool wird noch vergrößert, der Fitnessraum hat  inzwischen die neusten Geräte sowie TV erhalten, man kann dabei gleich seinen Kalorienverbrauch checken. Außerdem haben einige Geräte Internetzugang – Googeln auf dem Laufband, YouTube-Filme beim Radfahren.

Keine Frage, die Strände an der Costa del Sol können mit denen in der Karibik nicht annährend mithalten. Aber deshalb müssen sich Hotels wie das Kempinski auf andere Qualitäten besinnen: Wohltuendes Ambiente, gute Gastronomie, schöne Zimmer, freundlichen Service. Diese Kernkompetenz war im Kempinski in Estepona bei Marbella nicht immer so ausgeprägt wie heute. Schwankende Leistungen brachten das Hotel einige Zeit in Misskredit. Seit vor drei Jahren Rüdiger Hollweg die Direktion übernahm, hat sich enorm viel verbessert und ist vor allem Kontinuität bei der Qualität eingezogen.

Das Fünf-Sterne-Hotel Kempinski beschäftigt 200 Mitarbeiter, was an den 132 Zimmern und 15 Suiten gemessen eine gute Relation ist. Viele Stammgäste schaffen eine zuverlässige Basis, die meisten kommen aus Deutschland, Spanien und England. Das Durchschnittsalter liegt bei 40 Jahren, im Sommer ist das Publikum jünger als im Winter. Geschätzt wird von allen die angenehm entspannte Atmosphäre, kommode Zimmer mit Stil und die gut aufgestellte Abteilung Food & Beverage – in Spanien beileibe keine Selbstverständlichkeit. Im Hotel geht es salopp zu, man will ja schließlich Urlaub machen, auch von Zwängen und Dresscodes. Einzige schrullige Ausnahme: In der Zigarren-Lounge sind Jacketts gerne gesehen – wer sie vergessen hat, kann unter grünen Samtjacketts in verschiedenen Größen wählen.

LF

 

Kempinski Hotel Bahia, Marbella-Estepona, Carretera de Cádiz Km. 159, Tel. (0034) 952 809 500. www.kempinski.com/estepona