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Beim Zeus! Griechenland ist noch nicht gegessen

Rettet die Griechen

Und geht griechisch essen

 

Beim Zeus! Griechenland steht nicht nur für Euro-Schulden und Fußball. Auch die Küche hat ihren Wert. Nicht immer und überall, aber an bestimmten Stellen. Etwa im Parthenon in Frankfurt, wo gezeigt wird, wie frisch und gut griechische Küche sein kann.

Das griechische Lokal Parthenon ist weder Taverne noch Tempel. Gutbürgerlich, hieß Derartiges früher, bevor dieser Begriff ins Schwammige entgleitete. Abseits spröder Spießigkeit erlebt man hier eine eher muntere Atmosphäre, was nicht zuletzt an Stelios Kokkinoplitis liegt, der in seinem Olymp mit dionysischer Lebensfreude herrscht. Es gibt gewiss schönere Lokale, auch wirkt mancher im Service so gelangweilt, als müsste man mit ihm erst einen Fiskalpakt schließen. Doch beim Essen offenbart sich das Besondere. Unter den Backwaren fällt das Gerstenbrötchen „Paximadi“ aus Kreta auf. Es wurde aus Gerstenvollkornmehl, Olivenöl, Sauerteig, Hefe, Salz und Wasser nach alter Sitte geknetet und im Ofen steinhart getrocknet. Auf diese Weise ist es ein Jahr haltbar und wird erst durch ein wenig Wasser und Olivenöl zu neuem Leben erweckt. Gemeinsam mit Tomaten, Oliven, Kapern oder Käse schmeckt dieses Urbrot anders- und einzigartig. Es sind solch authentische Regionalrelikte, die einem Lokal Identität geben. Dazu zählen auch die vielen Vorspeisen, die für gute kulinarische Unterhaltung sorgen. Etwa feinwürziges Fawa-Erbsenpüree, Zucchinischeiben mit schwarzer Olivenpaste, frittierte Sardinen und köstlich derbe Gigantes – dicke Bohnen aus Kastoria. Die hausgemachte Fischroggencreme Tarama leuchtet zwar in fiesem Pink, ist aber lecker. Auch der obligatorische Tsatsiki ist hier besser angerührt als vielfach andernorts und eignet sich in seiner leichten und erfrischenden Art als Puffer zwischen Vorspeisen und Hauptgericht.

Stelios

In der griechischen Küche spielt weit weniger die Phantasie bei der Zubereitung eine Rolle, sondern viel mehr die Frische und Qualität der Zutaten. Gutes Olivenöl und ein paar Spritzer Zitronensaft statt schwerer Saucen mag mancher als zu einfaches Küchenwerk verstehen, entspricht aber der griechischen Essphilosophie und dem Hang zu Schlichtheit und Natürlichkeit. Fisch wird nur gebacken oder gegrillt, doch im Parthenon bringt er den Duft des Mittelmeeres an die Tische. Der Oktopus hat keine ihn glättende Schönheits-OP hinter sich bringen müssen und wird noch mit Saugnäpfen serviert, wobei er von saftiger Geschmeidigkeit ist. Auffällig gut gerät auch der Stockfisch mit Kartoffel-Knoblauch-Mousseline. Ob Fisch, Meeresfrüchte, würziges Hackfleisch oder klassische Kalbsleber, die Küche belässt den Produkten ihren Charakter und weiß deren Geschmack mit gut balancierter Würze hervorzuheben. Zicklein aus dem Ofen und wunderbar aromatischer Stifado-Eintopf sind Spezialitäten, die nicht immer zu haben sind, aber auch vorbestellt werden können. Ganz wichtig sind die in Olivenöl leicht frittierten Kartoffelscheiben aus jungen Zypern-Kartoffeln, die man sich am liebsten zu jedem Gericht wünscht, vor allem aber zu

Lammkoteletts und geschmortes Lamm. Stelios steht zwar nicht selbst am Herd, ist aber kreativer Koch der Küche und geht für sein Restaurant noch selbst auf den Märkten einkaufen. Sein Qualitätsbewusstsein beschert den Gästen von der Tomate bis zum Fisch beste Ware. Ob Salat, Sardellen, Hackfleisch-Biftéki oder Okra, hier ist alles von Geschmack und Frische. Es gibt auch mehr als den üblichen Feta, man probiere einmal den leicht geräucherten Dorfkäse aus Metzovo.

Parthenon ohne Stelios

Nicht nur im Winter, gibt es kaum etwas Schöneres als Schmorgerichte, die im Parthenon besonders gut gelingen. Die marinierten und lange in Rotwein gegarten Fleischgerichte sind von großer Delikatesse. Das Rindfleisch ist zart und wird gut gewürzt, wobei meist eine Prise Zimt die Pointe setzt. Die traditionellen Kokkinisto-Eintopf-Gerichte können mit Huhn, Lamm, Schwein, Rind und auch Kaninchen sein. Dazu passen  die genannten speziellen griechischen Pommes frites oder Kritharáki, wie Risotto wirkenden „Reis“-Nudeln. Mehr als nur Beilagencharakter haben zudem die sehr leckeren, an Kartoffelpuffer erinnernden Zucchini-Fladen, die von Köchin Ecaterina Trufu zubereitet werden. Hausherr Stelios kann sich auf einige altgediente Mitarbeiter/innen stützen. Dazu gehört auch Jelka, der man nicht ansieht, dass sie schon 30 Jahre dabei ist. Es gibt nur wenige Griechen in Deutschland und auch im Heimatland selbst, die einen solchen guten Standard erreicht haben, wie das Lokal Parthenon in Frankfurt. Ebenfalls gut ist das Restaurant Dorade in Frankfurt, das Stelios Bruder Georgios Kokkinoplitis führt.

Berufsenthusiast Stelios, der um die Ecke auch ein Geschäft mit Wein und Olivenöl betreibt, ist ein Qualitätssucher. Das merkt man schon beim Ouzo Plomari, einem hochwertigen Erzeugnis von der Insel Lesbos, beim Olivenöl (z.B. Mylopotamos und Nemea) und den Weinen. Unter vielen empfehlenswerten Weißweinen überzeugt ein leichter und duftiger Tropfen aus der autochthonen Rebsorte Assyrtiko von der Domaine Evharis aus den Gerania-Bergen bei Athen. Der Name setzt sich aus den Weingutsbesitzern Haris Antoniou und Eva Boehme zusammen, die aus einer Winzerfamilie in Rheinhessen stammt.

Wer erinnert sich noch an die Drachme?

Ungewöhnlich auch der nach exotischen Früchten duftende Sigalas sowie der rauchige Gaia Thalassitis von der Vulkan-Insel Santorin. Gut auch der Syrah von Christos Kokkalis und der Nemea von der Halbinsel Peloponnes. Der Dyo Elies vom Weingut Kir-Yianni aus dem Jahr 2005 beschert mit seiner Cuvée aus Syrah, Merlot und der autochthonen griechischen Rebsorte  Xynomavro einen kraftvollen, nach roten Beeren, Leder und Tabak duftenden Roten, der wunderbar zu den Grillgerichten des Lokals passt. Einen Kelch sollte man bei einem Besuch im Parthenon auch nicht an sich vorübergehen lassen: Der elegante und wildbeerige Cabernet Sauvignon Trilogia aus der Nähe von Olympia gehört zum Besten, was Griechenland derzeit zu bieten hat. Erzeugt wird er vom Mönchengladbacher Apotheker Christos Kokkalis, der damit für eine ganz besondere Medizin sorgt.

Ludwig Fienhold

 

Parthenon, Frankfurt, Kennedyallee 34, Tel. 069 63 54 19. Geöffnet von Montag bis Sonntag 12 – 15 und 18 – 24 Uhr, sonntags durchgehend. Sommerterrasse.

 

 

 




Gastro News

Mohr zieht nach Wiesbaden

 

Andreas Mohr, der seit acht Jahren mit seinem Restaurant Mohrs Bad Homburgs beste Adresse betreibt, zieht nach Wiesbaden in das Lokal M. In der Taunusstraße 49 residierten bislang Markus Seegert und Bernhard Weber, die inzwischen die Villa im Tal führen. Seegert fungiert zudem auch weiter als Geschäftsführer vom  Hotel de France, wo das M beheimatet ist. Andreas Mohr (14 Punkte im Gault Millau) ist bekannt für eine die Welt verbindende Fusionsküche, wobei er gerne Aromasalze verwendet. Der Wildfang-Steinbutt wird mit Rosenblütensalz bearbeitet, das US-Beef durch Malvenblütensalz ergänzt. Oft ist seine Küche aber auch auf feine Weise handfest, etwa beim mit Niedrigtemperatur gegarten Rücken vom Iberico-Schwarzschwein mit sautiertem Serviettenknödel und weißem Pfeffer-Schaum. Die ambitionierte Weinkarte wird mindestens wie gewohnt ausfallen, die eigene Wasserkarte beibehalten. Überraschung:  Marco Zanetti, aka Winepunk, und zuvor im Restaurant Parkstraße Neun in Bad Nauheim, wird als neuer Sommelier bei Mohr arbeiten – was für Eigenwilligkeit, Überraschungen und noch mehr spannende Weine sorgen wird. Andreas Mohr will in Wiesbaden am Herd stehen und sein Lokal Mohrs in Bad Homburg weiter als Event-Location betreiben. Das neue Mohrs in Wiesbaden soll in einigen Wochen eröffnen.

 

Paul Stradner jetzt im Brenners Park-Restaurant

Paul Stradner ist in Baden-Baden im Brenners Parkhotel angekommen und wird dort am 1. August als Küchenchef aktiv (siehe Biss-Ausgabe vom April, hier klicken). Der gebürtige Österreicher, der auf einem Bauernhof bei Graz aufwuchs und schon als Junge im Kräutergarten der Mutter arbeiten durfte, entwickelte eine hohe Wertschätzung für den Umgang mit Produkten aus der Natur. Stradner arbeitete unter anderem vier Jahre bei Harald Wohlfahrt in der Traube Tonbach als Chef Tournant, -Poissonier, -Entremetier und –Saucier. 2009 ging er als Sous Chef in das Chateaux de Nantilly und danach ins Restaurant L’Arnsbourg von Jean Georges Klein nach Baerenthal, 2011 hielt er dort die Position des Sous Chef inne. Stradner: „Von Harald Wohlfahrt habe ich neben Disziplin und kontinuierlicher Qualität, die Wertschätzung des Produktes erfahren. Von Jean-Georges Klein seine Experimentierfreude und den Mut, Produkte innovativ zu kombinieren.“ Stradner sieht sich in der französischen Küche verankert und geht experimentierfreudig mit Saucen um. Besonders werden dies die Gäste beim Degustationsmenu merken, wo selbst der Klassiker „Rehrücken Baden-Baden“ eine neue Handschrift erhalten soll. Das Brenners Park-Restaurant wird vom Michelin mit zwei Sternen und vom Gault Millau mit 17 Punkten bislang hoch bewertet.